Inhalt: Der Herr (Arno Paulsen), der in seiner Limousine auf
der nächtlichen Avus unterwegs ist, kann der hübschen blonden Anhalterin nicht
widerstehen, nicht ahnend, dass es sich bei ihr um ein Mitglied einer
berüchtigten Bande handelt, die unter der Leitung von Werner Maurer (Mario
Adorf) in Berlin ihr Unwesen treibt. Selbst als Ellen (Elke Sommer) noch eine Freundin
mit einlädt, bei der es sich um einen verkleideten Mann handelt, erregt das
noch keinen Verdacht bei dem Geschäftsmann, der ganz eigene Absichten mit der
jungen Frau hat.
Doch dazu erhält er keine Chance. Zwei Motorradfahrer heften
sich an seine Fersen und er wird von dem Mann im Fonds überwältigt, seines
Geldes beraubt und ohne Fahrzeug zurückgelassen. Robert (Christian Wolff), der mit
seinem Motorrad bei dem Raub beteiligt war, gerät auf der Flucht zum
verabredeten Treffpunkt in eine Verkehrskontrolle wegen zu schnellen Fahrens.
Die inzwischen alarmierte Polizei befragt ihn auch wegen des Überfalls, kann
ihm aber nichts beweisen. Der ermittelnde Kriminalassistent Thiel (Horst
Naumann), der sich in der Jugend-Szene gut auskennt, ahnt aber, dass Robert ihm
eine Hilfe sein könnte und versucht, Vertrauen zu ihm aufzubauen…
"Am Tag als der Regen kam, lang ersehnt, heiß
erfleht..."
Allein 1959 brachte es der Song auf acht Cover-Versionen in
Deutschland, aber in Erinnerung blieb nur das "Original" der
französischen Sängerin Dalida, die die Gilbert Bècaud-Komposition "Le jour
où la pluie viendra", begleitet vom Orchester Raymond Lefèvre, schon Ende
1957 in Frankreich herausgebracht hatte. Doch erst ihre deutschsprachige
Version "Am Tag als der Regen kam" traf Mitte 1959 den Nerv eines
Publikums, das sich von der Mischung aus melancholischer Musik, rauchiger
Stimme und der erlösenden Funktion des Regens offensichtlich angesprochen fühlte,
die kaum gegensätzlicher zur damals in Deutschland populären Schlagermusik
hätte ausfallen können. Zwar besingt Dalida darin auch die Wonnen der Liebe,
aber der tragische Unterton des Songs bleibt gegenwärtig und hält immer die
Waage zwischen Glück und Trauer.
Diesen Eindruck hatte scheinbar auch Regisseur Gerd Oswald,
der „Am Tag als der Regen kam“ nicht nur als Hintergrundmusik nutzte, sondern gleich
seinen Film danach benannte. Bemerkenswerterweise seinen ersten deutschen Film,
denn der 1938 in die USA als 19jähriger emigrierte Oswald war in Hollywood vom
Darsteller zum Regisseur aufgestiegen und hatte in den Jahren zuvor Filme mit
Anita Ekberg („Screaming Miami“ (Die blonde Venus, USA 1958)), Bob Hope („Paris
Holiday“ (Falsches Geld und echte Kurven, USA 1958)) oder Barbara Stanwyck
(„Crime of passion“ (Das war Mord, Mr.Doyle, USA 1957)) gedreht. Im Gegensatz
zu diesen Auftragsarbeiten leichter Unterhaltungsware schwebte ihm für seine
erste Regie-Arbeit in seiner Heimatstadt Berlin offensichtlich etwas ernsteres,
gesellschaftsrelevanteres vor - gut an den atmosphärischen Schwarz-Weiß-Aufnahmen
zu erkennen, mit der er die geteilte, von den Spuren des Krieges gezeichnete
Stadt inszenierte.
Die aus heutiger Sicht geschichtsträchtigen Bilder des stark
beschädigten Reichstagsgebäudes, dessen Kellergewölbe der Jugendbande im Film als
Rückzugsort dienen, und des nur wenige Meter entfernt liegenden, noch offenen
Grenzübergangs am Brandenburger Tor, symbolisierten eine unsichere Nachkriegs-Situation,
die - verbunden mit den soziokulturellen Veränderungen der 50er Jahren – als
Ursache für eine angeblich kriminalisierte und sexuell offensive deutsche
Jugend angesehen wurde, wie sie in der zweiten Hälfte der 50er Jahre häufig im
Film thematisiert wurde. Besonders die Orientierung an US-Vorbildern wurde
kritisch in den Mittelpunkt gerückt. Motorradbanden, Nachtbars und die Regeln
der Coolness, die die soziale Hackordnung innerhalb der Gruppe bestimmten,
beherrschten auch die Szenerie in Oswalds Film.
Die Hinzuziehung von Heinz Oskar Wuttig, der zuvor mit
seinem Drehbuch zu „Die Frühreifen“ (1957) Einfühlungsvermögen für die
sexuellen Belange der Heranwachsenden bewiesen hatte, betonte noch Oswalds aufklärerische
Intention, die an das Vorbild „Die Halbstarken“ erinnert, der 1956 erstmals die
Situation der Jugendlichen in Deutschland nach dem Krieg beleuchtet hatte. Neben
dem identischen Handlungsort Berlin, das als pulsierende, die Nachkriegszeit
brennglasartig zuspitzende Großstadt den idealen Hintergrund für eine
abenteuerliche Story um Bandenkriminalität und moralischen Niedergang abgab, liegt
eine bemerkenswerte Parallele in der Auseinandersetzung mit der
Väter-Generation. Wurde Horst Buchholz in seiner Rolle in „Die Halbstarken“ mit
einem frustrierten Vater konfrontiert, der auf Grund einer Kredit-Bürgschaft gezwungen
ist, am Existenzminimum zu leben, unterstützt Werner Maurer (Mario Adorf) in
„Am Tag als der Regen kam“ seinen ständig alkoholisierten Vater Albert (Gerd
Fröbe) nach dessen Verlust der ärztlichen Zulassung mit dem ergaunerten Geld.
Diese konstruierte Dramatik verklausulierte den
Generations-Konflikt, der in den 50er Jahren zwischen den Kriegsheimkehrern und
einer aufbegehrenden Jugend entstanden war. Trotz der Zerstörungen und der von
Oswald thematisierten Teilung der Stadt mit ihren unterschiedlichen politischen
Systemen, wurden der wenige Jahre zurückliegende Krieg und die Diktatur im Film
tabuisiert und fanden keine Erwähnung. Fröbes überzeugende Darstellung eines
Alkoholikers hätte enorm an Glaubwürdigkeit gewonnen, wären seine Depressionen als
Folge der jüngsten Vergangenheit beschrieben worden, aber dieser Zusammenhang
wurde nicht hergestellt. Stattdessen blieb der psychologische Hintergrund für sein
Verhalten ebenso oberflächlich, wie die geschilderten Mechanismen innerhalb der
Jugendbande. Der Brille tragende Außenseiter wird durch den sozialen Druck zum
Mörder, um seine Zugehörigkeit zu beweisen, und der sonst so großmäulige
Anführer erweist sich in einer schwierigen Situation als Feigling.
Ähnlich vieler ambitionierter Gesellschaftsdramen dieser
Phase nutzte „Am Tag als der Regen kam“ seine unterhaltsame, sich tragisch
zuspitzende Thriller-Handlung, um die Jugend vor den Versuchungen der
Konsumgesellschaft und liberaleren moralischen Standards zu warnen. Äußerlich
zeitgemäß inszeniert, verbarg sich im Sub-Text die pädagogische Intention.
Dafür spricht auch die Besetzung von Christian Wolff als Bandenmitglied Robert,
der damaligen Allzweckwaffe als „anständiger“ junger Mann im deutschen Film.
Nachdem er in „Anders als du und ich“(1957) von der Homosexualität „geheilt“
worden war, verkörperte er in den folgenden Jahren mehrfach einen Jugendlichen,
der erst auf die schiefe Bahn gerät, um schließlich seinen Fehler einzusehen
und doch den „richtigen Weg“ einzuschlagen. Die von ihm gespielten jungen
Männer durften nicht zu brav sein, um eine Identifikation beim Publikum zu
ermöglichen. Erst dadurch erhielt seine spätere Einsicht die gewünschte
Vorbildwirkung.
Gleiches galt für seine Partnerin Corny Collins, mit der
Wolff damals real verheiratet war. In „Am Tag als der Regen kam“ spielte sie
Inge aus Ostberlin, die mit Robert gemeinsam nach Westdeutschland gehen will, was
Bandenboss Werner nicht gefällt. Collins stand für die moderne, aber wohl
erzogene junge Frau – hübsch, aber mit ihren kurzgeschnittenen dunklen Haaren
und hochgeschlossener Kleidung gegensätzlich zur sexuell aufreizenden blonden
Ellen (Elke Sommer) auftretend, der attraktiven Geliebten des Anführers. Trotz
dieser Gegenüberstellung zweier unterschiedlicher Paare bediente „Am Tag als
der Regen kam“ kein typisches Gut-/Böse-Schema, vermied Oswald eine zu einseitige,
rückwärtsgewandte Sichtweise. Inge und Robert verbringen unverheiratet eine Nacht
miteinander und auch wenn an ihren hehren Zukunftsabsichten kein Zweifel
bestehen konnte, bewiesen die Macher damit ihren Sinn für die Realitäten und
verfolgten keine übertriebene Idealisierung ihres Vorzeige-Paars.
Ob ihre Botschaft beim damaligen Publikum ankam, lässt sich
heute nur noch schwer feststellen, von langer Wirkung war sie nicht. „Am Tag
als der Regen kam“ erging es wie den meisten Filmen dieser Phase, die vor den
Gefahren der Moderne warnten, gleichzeitig aber deren Faszination bedienten.
Statt Christian Wolff und Corny Collins wurden Elke Sommer, die hier in einer frühen
Nebenrolle zu sehen war, und Mario Adorf zu internationalen Stars. Adorf gelang
es seiner Rolle als Bandenboss mit blonder Freundin und Cabriolet sympathische
Züge zu verleihen, ließ er neben konsequenter Härte auch soziale Kompetenz erkennen,
nicht zuletzt im Umgang mit seinem Vater. Das nahm dieser Figur die abschreckende
Wirkung, trotz der durch ihn ausgelösten tragischen Konsequenzen. Nicht der
geläuterte Robert bleibt in Erinnerung, sondern der am Ende hilflos wirkende Werner
und sein demoralisierter Vater – und die Stimme Dalidas:
„…dann kamst du, dann
kamst du!“
"Am Tag als der Regen kam" Deutschland 1959, Regie: Gerd Oswald, Drehbuch: Gerd Oswald, Heinz Oskar Wuttig, Will Berthold, Darsteller : Mario Adorf, Gert Fröbe, Christian Wolff, Corny Collins, Elke Sommer, Claus Wilcke, Arno Paulsen, Laufzeit : 81 Minuten