Inhalt: Dr. Corda (Hardy Krüger), Familienvater und
Anästhesie-Arzt in der örtlichen Klinik, hat ein heimliches Liebesverhältnis
mit der Krankenschwester Gabriele Montag (Eva Pflug), was ihren Kollegen nicht verborgen
blieb. Sie versucht deshalb Abstand von ihm zu bekommen und hat den Chefarzt um
ihre Versetzung gebeten, aber Corda kann Gabriele noch einmal zu einem Treffen
überreden, wofür sie auf ihren geplanten Besuch bei der Volkshochschule verzichtet.
Auf Grund eines Notfalls im Krankenhaus verspätet sich
Corda, findet Gabriele aber weder am geplanten Treffpunkt, noch an der
Volkshochschule an, wo er sie ebenfalls sucht. Erst als er erneut in den Wald
zurückkehrt, wo sie sich üblicherweise verabredeten und die Umgebung absucht,
stößt er auf ihren am Fluss liegenden Körper. Gabriele wurde erschlagen.
Geschockt und panisch verwischt er seine Spuren, kehrt mit lehmbeschmierten
Schuhen ins Krankenhaus zurück und versucht nach außen hin Ruhe zu bewahren. Nach
einer unruhigen Nacht neben seiner Frau (Elisabeth Müller) scheint er die Leiche
als Mitglied eines Suchtrupps zufällig zu finden, aber die Polizei fasst ihn
schnell als Täter ins Auge…
Ein schlichterer Beginn ist kaum vorstellbar. Im Stil einer
Akte wurden die Credits zu Beginn mit einer Schreibmaschine auf einfaches
Papier geschrieben - signifikant für einen Film, der sich um größtmögliche
Sachlichkeit bemühte. Drehbuchautor Robert A. Stemmle orientierte sich an dem
realen "Fall Hoflehner", einem österreichischen Anästhesisten, der
1955 fälschlich eines Mordes verdächtigt wurde und nur zufällig seine Unschuld
beweisen konnte. Die Vorverurteilung auf Grund von Indizienbeweisen, die Funktion
der Sachverständigen und die Stellung des Beschuldigten waren für Stemmle
Ausdruck einer veralteten Strafgesetzverordnung, deren Reform er wiederholt
anmahnte.
Er selbst bezeichnete sich als Spezialisten für
Justizirrtümer, hatte 1948 das Drehbuch zu dem DEFA-Film "Affäre
Blum" verfasst, der einen Fall während der Weimarer Republik behandelte, verfilmte
die Story 1962 erneut, diesmal für das westdeutsche Fernsehen, um ein Jahr
später "Der Fall Rohrbach - eine Rekonstruktion" über die Hausfrau
Maria Rohrbach als TV-Trilogie herauszubringen. Ihr war vorgeworfen worden,
ihren Mann zuerst vergiftet und dann zerstückelt zu haben, weshalb sie 1958 auf
Basis eines Sachverständigengutachtens verurteilt wurde. Erst nach vier Jahren
Haft wurde dem Urteil in einem Wiederaufnahmeverfahren widersprochen.
Tatsächlich war ihr ihre stadtbekannte Leichtlebigkeit zum Verhängnis geworden,
die sie in der Augen der Bevölkerung moralisch vorverurteilte - ein
wesentlicher Aspekt auch für die Eigendynamik in „Gestehen Sie, Dr.Corda!“.
Die ermordete Krankenschwester Gabriele Montag (Eva Pflug)
war die Geliebte des verheirateten Anästhesie-Arztes Dr.Corda (Hardy Krüger), die
an diesem Abend ursprünglich zum Englisch-Kurs an der Volkshochschule gehen
wollte. Corda hatte sie überredet, sich mit ihm noch einmal zu treffen. Seine
Frage, ob sie ihn noch liebt, lässt sie unbeantwortet, aber daran wird deutlich,
dass er spürt, dass sie sich von ihm entfernt. Als er sie weder am verabredeten
Treffpunkt, noch an der Volkshochschule anfindet, beginnt er sie zu suchen und
stößt dabei auf ihre Leiche. Anstatt die Polizei zu rufen, versucht er
dilettantisch seine Spuren zu verwischen, begibt sich nach Hause zu seiner Frau
(Elisabeth Müller), um am nächsten Morgen als Mitglied einer Suchgruppe
scheinbar zufällig die am Fluss liegende Tote zu entdecken. Die Polizei braucht
nicht lange, um ihn ins Auge zu fassen. Von seiner Affäre wusste die gesamte
Krankenhaus-Belegschaft, Indizien für seine Anwesenheit am Tatort gibt es
genügend und die offensichtlichen Lügen, die er der Polizei auftischt, machen
ihn zum perfekten Täter.
Leider geht die Story auf die Qualität der Beziehung von Corda
und Gabriele später nicht mehr ein, sondern betont nur dessen hektisches
Reagieren auf den Tod der Geliebten. Stattdessen wird seine Ehefrau Beate zu
einer Idealfigur hochstilisiert, die trotz der erdrückenden Beweislast und
seines Betrugs als Einzige an die Unschuld ihres Mannes glaubt. Obwohl er es
war, der sich unbedingt mit der Krankenschwester treffen wollte, die schon ihre
Verlegung in ein anderes Krankenhaus beantragt hatte, erhält die Liebes-Affäre
zunehmend den Charakter einer früheren Sünde, weshalb Corda seine Rolle als
Ehemann und Vater einer kleinen Tochter nicht in Frage stellen muss. Offensichtlich
wollte Stemmle die Identifikationsfigur Hardy Krüger nicht weiter belasten, um
die Tragik des unschuldig Verurteilten Dr.Corda noch zu betonen, und sparte
sich den logischen Konflikt zwischen ihm und seiner Frau. Und damit die Frage,
wieso er dieser schönen und scheinbar idealen Ehefrau eine Andere vorzog?
Diese manipulative, oberflächliche Charakterisierung, die
zudem in einen unnötig dramatisierenden Selbstmordversuch der Ehefrau mündet
(der damals noch strafrechtlich hätte geahndet werden müssen) nimmt dem Film
ein wenig von seiner sonst realistischen, auf emotionale Schürungen
verzichtenden Qualität. Wie schon ein Jahr zuvor in „Die Frühreifen“ (1957)
gelang es Regisseur Josef von Báky stimmig die bürgerliche Atmosphäre einer
mittelgroßen Stadt einzufangen. Die Arbeit im Krankenhaus, Volkshochschule und
selbst das Fassnachts-Treiben erzeugen ein Umfeld der Normalität, in der der
Mord durch einen unauffällig wirkenden Mann wie nebenbei geschieht. Auch das
Vorgehen der Polizei kommt ohne besondere Härten aus - anders als es der
Filmtitel vermuten lassen könnte. Weder setzen sie Corda besonders unter Druck,
noch verhalten sie sich ungesetzlich. Für Inspektor Guggitz (Siegfried Lowitz)
und seinen Vorgesetzten Oberinspektor Dr.Pohlhammer (Fritz Tillmann) ist der
Mann, der seine Geliebte loswerden wollte, einfach der logische Täter, auf den
alle Spuren hindeuten. Warum sollen sie sich auf die Suche nach dem großen
Unbekannten machen? - Genauso nachvollziehbar verhält sich Cordas Verteidiger (Hans
Nielsen), der ohne die aus US-Justiz-Filmen bekannten Tricks auskommt.
Mit einem klassischen Thriller hat der Film entsprechend wenig
gemeinsam, auch spielt die Suche nach dem wahren Täter nur eine untergeordnete
Rolle. Die Vermarktung betonte leider einen reißerischen Charakter und erzeugte
damit eine Erwartungshaltung, die Stemmle und Von Báky weder erfüllen konnten
noch wollten. Sie vermieden in der Schilderung der Justiz-Vorgänge jeden
Eindruck von Übertreibung, um ihre Kritik an diesem Beispiel möglichst objektiv
ausdrücken zu können. Extrem sind nur die Reaktionen der Bevölkerung, die Corda
und seine Familie vorverurteilen und massiv bedrohen, womit ihnen die Chance
auf ein normales Weiterleben genommen wird. Stemmle wollte damit seinen Wunsch
nach einer Reform der Strafgesetzordnung noch betonen, aber geändert hat sich
seitdem wenig – die hier gezeigten Abläufe könnten heute noch in ähnlicher Form
stattfinden.
"Gestehen Sie, Dr. Corda!" Deutschland 1958, Regie: Josef von Báky, Drehbuch: Robert A. Stemmle, Darsteller : Hardy Krüger, Elisabeth Müller, Lucie Mannheim, Siegfried Lowitz, Hans Nielsen, Eva Pflug, Rudolf Fernau, Paul Edwin Roth, Laufzeit : 94 Minuten
weitere im Blog besprochene Filme von Josef von Báky:
"Die Frühreifen" (1957)