Inhalt:
Das Hotelier-Ehepaar Marisa (Elma Karlowa) und Carlos Fonti (Kurt Großkurth)
schaut verdutzt, als die Handwerker sich aus dem Staub machen und sie mit einem
unbewohnbaren Kasten am Mittelmeer zurücklassen, für den ihre Nichte Vivi (Vivi
Bach) schon Kunden anwirbt. Ihr Freund Theo Reich (Gerd Vespermann) betreibt
ein Reisebüro und bereitet sich schon darauf vor, mit einer großen Zahl Gäste
demnächst ins Hotel zu ziehen, um dort die Sommerferien zu verbringen. Parallel
haben zwei junge Frauen eigene Pläne. Die 18jährige Carola (Margitta Scherr)
büxt aus, um ihren Eltern einen Schrecken einzujagen, weil sie nur an ihre
Geschäfte denken, und Heidi Kirschmann (Ann Smyrner), eine einfache Angestellte
ihres Vaters (Rudolf Prack), staffiert sich als reiche Frau auf der Suche nach
einem ebenso vermögenden Herrn aus.
Sie
alle begegnen sich am Mittelmeer wieder – teils per Schiff, teils auf vier
Rädern angereist – und werden mit dem unfertigen Hotelbau konfrontiert. Doch
kein Problem. Theo Reich kauft von seinem letzten Geld ein paar Zelte und die
Sommerfrische kann bei Gesang, Spaß und Liebeleien beginnen…
Für
Ernst Hofbauer stand "Holiday in St.Tropez" am Beginn seiner Karriere
als Regisseur - sein erster Film "Tim Frazer jagt den geheimnisvollen
Mister X" (1964) erschien erst kurz zuvor im Kino - das Metier des
Schlagerfilms befand sich dagegen am Ende einer langen Erfolgsgeschichte. Im Gegensatz
zum Heimatfilm, dessen Gesangsnummern mehr den folkloristisch-heimatlichen
Charakter betonen sollten, und als kultureller Gegenentwurf zu den beliebten
Operetten-Filmen kamen die Schlagerfilme dem Bedürfnis entgegen, aktuelle Stars
mit ihren Hits nicht nur hören, sondern auch in Aktion sehen zu können. Schon
einer der ersten dieser Hitparaden-Vorläufer mit dem bezeichnenden Titel
"Schlagerparade" (1953) schuf die Grundstruktur, an der sich die Nachfolger
orientierten. Eine belanglos-komödiantische Story gab den Hintergrund für die
Integrierung einer möglichst großen Anzahl an Musiknummern, vorgetragen von verschiedenen
beliebten Interpreten.
Im
Gegensatz zum Heimatfilm bedienten die Schlagerfilme früh die Sehnsucht nach
fernen Ländern. Stars wie Vico Torriani ("Straßenserenade" (1953))
oder Caterina Valente ("Große Star-Parade" (1954)) verbreiteten
gemäßigtes internationales Flair und drehten Mitte der 50er Jahre eine Vielzahl
ähnlich angelegter Filme. Auch deutsche Sänger wie Peter Alexander
("Liebe, Tanz und tausend Schlager" (1955)) oder Conny Froboess
("Der lachende Vagabund" (1958)) starteten auf diese Weise ihre Film-
und späteren Fernseh-Karrieren, ebenso wie die Dänin Vivi Bach, die erst spät
zum Musikfilm-Genre ("Gitarren klingen leise durch die Nacht" (1960))
stieß, als die Konkurrenz des Fernsehens zunahm, das schneller auf
Hitparadenerfolge und aktuelle Musikrichtungen reagieren konnte. Trotzdem kam
Bach, die in Deutschland den Ruf einer „dänischen Bardot“ genoss, in der ersten
Hälfte der 60er Jahre noch zu einigen Auftritten und erfüllte auch in
Ernst Hofbauers zwei Schlagerfilmen – im Jahr darauf folgte noch „Tausend Takte Übermut“ (1965), ebenfalls nach einem Drehbuch Hans Billians – die
Erwartungshaltung der Zuschauer als blond strahlender Mittelpunkt.
An
„Holiday in St.Tropez“ lassen sich zwei aktuelle Strömungen der frühen 60er
Jahre ablesen, auf die Hofbauer in seinen späten Genre-Vertretern geschickt
reagierte - der zunehmende anglo-amerikanische Einfluss auf die Musikbranche
und die Reiselust der Deutschen, die in den Sommerferien in Scharen über die
Alpen gen Mittelmeer fuhren. Denn Hofbauer war kein Anfänger, hatte als Regie-Assistent
von Franz Marischka schon früh Erfahrung bei „Liebe, Sommer und Musik“ (1956)
gesammelt und dessen „Schlagerparade 1961“ (1961) für eigene Kontakte genutzt.
Mit Vivi Bach, Gus Backus, Billy Mo sowie Rex Gildo beim Nachfolgefilm „Tausend Takte Übermut“ verpflichtete er vier der
Hauptakteure für seine eigenen Filme, gab dazu der 15jährigen US-Amerikanerin Peggy
March, die nach einem Nummer 1 Hit in den USA („I will follow him“) in den
deutschen Markt einsteigen wollte, eine Chance und reagierte auf die Erfolge
des englischen Jazz-Klarinettisten Acker Bilk, der Anfang der 60er Jahre zwei
veritable Instrumental-Hits („Le petite fleur“) verzeichnen konnte. Auch
Manfred Schnelldorfer, erst im Winter zuvor Olympiasieger im Eiskunstlauf
geworden, durfte erstmals unter Hofbauer seine Fähigkeiten als Schlagersänger
beweisen – eine damals beliebte Form, sportliche Erfolge zu vermarkten.
Neben
diesen Stars gehörten auch die obligatorischen „Hupfdohlen“ zum Ensemble, hier
als züchtige Internatsschülerinnen unter einer gestrengen Gouvernante (Alice Treff)
auftretend, die aber jede Gelegenheit zu leichter Bekleidung nutzten, um zu
beat-ähnlichen Rhythmen das Tanzbein zu schwingen. Wie Hofbauer und Billian das
unter einen Hut bringen wollten? – In dem sie es nicht so genau nahmen. So
wurde die jugoslawische Adria-Küste, vor deren felsiger Kulisse die Handlung
gedreht wurde, kurzerhand nach Italien versetzt, um das gewohnte Amore- und
Cinzano-Feeling zu verbreiten, was aber auch einen französischen Polizisten
nicht davon abhielt, an den jugoslawischen Gestaden Streife zu laufen. Von
St.Tropez ist im Film absolut nichts zu sehen, aber im Titel machte sich der
berühmte Badeort definitiv gut. Konkret findet Deutschland zwar nur zu Beginn
und größtenteils in einem Reisebüro statt, dessen umtriebiger Chef Theo Reich
(Gerd Vespermann) Reisen in ein mondänes (italienisches) Hotel vermittelt, das
sich dann vor Ort als unbewohnbare Bruchbude erweist, aber deutsch ist im Film
letztlich alles – die mit Akzent vorgetragenen Liedtexte, die Camper-Mentalität
(sämtliche geprellten Urlauber geben sich mit der Unterbringung in Zelten
zufrieden), die Witze und die Vorurteile.
Schon
in der ersten Szene, wenn die italienischen Bauarbeiter die beiden
Hotel-Besitzer im Stich lassen, um als Gastarbeiter in Deutschland „richtig
Geld“ zu verdienen, bediente gängige Klischees, die vor allem in der Story um Heidi
Kirschmann (Ann Smyrner) die schönsten Blüten trieben. Nicht nur das die
attraktive Heidi plant, sich einen Millionär zu angeln, indem sie sich ein
Mercedes-Cabriolet leiht und sich optisch entsprechend aufbretzelt, um ihr
Verkäuferinnen-Image loszuwerden, auch der italienische Lover ist natürlich
nicht weit, bei dem es sich folgerichtig nur um einen Hochstapler handeln kann.
Bestraft wird die gute Heidi für ihr egoistisches Ansinnen nicht - zumindest nicht
nach den Regeln zeitgenössischer Komödien. Sie landet im Ehehafen beim braven
Reisebüro-Besitzer, womit alles seine schönste Ordnung hat. Aber was kann man
von einem Filmstoff anderes erwarten, bei dem die 18jährige Tochter Carola
(Margitta Scherr) aus reicher BRD-Wirtschaftswunder-Familie abhaut und auf „Gammler“
macht, um endlich einmal gemeinsam mit ihren vielbeschäftigten Business-Eltern
(Mady Rahl und Rudolf Prack) Urlaub machen zu können?
Trotz
dieser kleinbürgerlichen Avancen und dem konsequenten Ausspielen altbackener
Witze, überrascht das muntere Treiben, dass Hofbauer jederzeit unterhaltsam und
ohne allzu große Peinlichkeiten vor dem Zuschauer ausbreitete und das viel von
den sozialen Veränderungen in dieser Zeit verriet. Besonders aus dem
Kindermund der zwei frechen Gören, deren Jargon sich von heutigen Heranwachsenden
nur rudimentär unterscheidet, lässt sich heraushören, dass die Zeiten nicht
mehr zurückgedreht werden konnten, auch wenn das multiple Happy-End noch
Ordnung vorgaukeln wollte. Wirklich ernst nahmen die Macher die Chose sowieso
nicht und befriedigten die Erwartungshaltung mit Mittelmeer-Länder-Mix, Kleinkunst-Potpourri
und einen Gag-Dichte, die Fehlschüsse verzieh.
"Holiday in St.Tropez" Deutschland 1964, Regie: Ernst Hofbauer, Drehbuch: Hans Billian, Max Rottmann, Darsteller : Vivi Bach, Gerd Vespermann, Ann Smyrner, Rudolf Prack, Mady Rahl, Gus Backus, Edith Hancke, Hannelore Auer, Margitta Scherr, Laufzeit : 84 Minuten
Abendlicher Eröffnungsfilm beim 13. Hofbauer-Kongress zu Nürnberg vom 24. bis 28.07.2014
Abendlicher Eröffnungsfilm beim 13. Hofbauer-Kongress zu Nürnberg vom 24. bis 28.07.2014
weitere im Blog besprochene Filme von Ernst Hofbauer:
"Tausend Takte Übermut" (1965)
"Schwarzer Markt der Liebe" (1966)
"Schulmädchen-Report - Was Eltern nicht für möglich halten" (1970)
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