Inhalt: Bei ihrem Versuch, mit ihrem Auto weiter in ein
Waldgebiet hinein zu fahren wird Tanja (Anne Famos) von einem Jäger (Gregor
Uhlberg) aufgehalten. Nachdem sie ihr Fahrzeug abgestellt hat, lässt er es sich
nicht nehmen, der jungen Biologie-Studentin, die mit ihrem Fotoapparat die
Tierwelt dokumentieren möchte, die schönsten Einblicke in diesen Landstrich zu
zeigen. Leider kann er sich ihr nur kurz widmen, da er am nächsten Tag zu einer
Weiterbildung muss - nicht aber, ohne sie auf eine kleine Bergsee-Insel
hinzuweisen, deren Natur noch unberührt ist. Dass diese den Namen
„Teufels-Insel“ trägt, hält Tanja für einen Scherz.
Mit einem Ruderboot gelangt sie zum anderen Ufer, um ein
paar Tage allein in der freien Natur zu verbringen. Begeistert von der Tier-
und Pflanzenwelt der Insel, entledigt sie sich bald aller Kleidung und begibt
sich auf Entdeckungstour…
Nur einmal kurz zu Beginn des Films zeigen sich die Spuren
der Zivilisation, als Tanja (Anne Famos) von dem Jäger (Gregor Uhlberg) gebeten
wird, nicht weiter mit ihrem Auto in den Wald hinein zu fahren. Die junge
Biologiestudentin folgt dem erfahrenen Waidmann und lässt sich von ihm die
hiesige Tierwelt zeigen, die sie mit ihrer Kamera dokumentieren möchte.
Offensichtlich ungern lässt er die hübsche Blondine allein, um an einer
Weiterbildung teilzunehmen, aber nicht ohne ihr noch einen Tipp zu geben.
Inmitten eines Bergsees befindet sich eine menschenleere Insel, genannt „Die
Teufelsinsel“, mit einer unberührten Fauna und Flora – ideal für die
Beobachtung der Natur. Nur mit leichtem Gepäck versehen wechselt Tanja zum
anderen Ufer, schläft in einem kleinen Zelt und wird zunehmend eins mit ihrer
Umgebung. Erst noch notdürftig mit einem Bikini aus geflochtenen Gräsern
bekleidet, entledigt sie sich bald jeden Ballasts und wird Teil der Natur.
Der Filmtitel suggeriert Erotik und Suspense, aber das
täuscht. Viel mehr geschieht nicht in "Tanja - die Nackte von der
Teufelsinsel", dessen intensive Tier- und Landschaftsaufnahmen zur
Entschleunigung einer knapp über 60 Minuten andauernden Handlung beitragen, in
der die schöne Nackte mit derselben Unschuld betrachtet wird wie die unberührte
Natur. Außer in einer kurzen Episode mit zwei jungen Frauen, die Tanja mit
Proviant versorgen und sich sogleich unverkrampft ihrer natürlichen Lebensweise
anschließen, bleiben Dialoge sparsam – begleitet wird die Handlung nur von
gelegentlichen an Wilhelm Busch erinnernden Schüttelreimen aus dem Off, die ein
wenig unfreiwillige Komik verbreiten.
Trotz der geschickten Montage des Schwarz-Weiß-Films lässt
sich nicht übersehen, dass er aus zwei unabhängig gedrehten Teilen
zusammengesetzt wurde. Die Spielhandlung um Tanja dient als Leitfaden für die
dokumentarischen Tieraufnahmen, deren Bandbreite weit über die Fauna einer
kleinen Bergsee-Insel hinausgeht – einmal erklettert Tanja sogar Felsgestein,
um Gemsen zu beobachten. Gedreht wurden die Tanja-Szenen offensichtlich am Ufer
eines Sees, aber die Insel als Handlungsort hatte - neben der Legende um einen
angeblich hier hausenden Teufel - die Funktion, die Abgeschiedenheit Tanjas von
ihrer Außenwelt noch zu betonen. Herausgekommen ist ein Film, der sich in
seiner Mischung aus Naturdokumentation und Nacktaufnahmen unter Verzicht auf
jede Handlungszuspitzung jeder Einordnung entzieht und doch ein Abbild der soziokulturellen
Veränderungen nach dem Krieg wurde.
Die Faktenlage ist dünn. Von Regisseur, Drehbuchautor und
Kameramann in Personalunion Julius Hofherr lässt sich kein anderes Werk finden,
Tanja-Darstellerin Anne Famos spielte noch eine Nebenrolle in
Schott-Schöbingers "Andrea - ein Blatt im Wind" (1968) und über die
übrigen Darsteller, von denen nur der als Jäger agierende Gregor Uhlberg
namentlich aufgeführt wurde, ist nichts bekannt. Die Spur führt zu Produzent Hubert
Schonger, der auch als Regisseur und Drehbuchautor schon auf ein sehr umfangreiches
Oevre zurücksehen konnte, in dessen Mittelpunkt Naturaufnahmen, Märchen- und
Heimatfilme standen. Schon 1923 gründete er die Produktionsgesellschaft
„Naturfilm Hubert Schonger“, unter deren Ägide in den 20er und frühen 30er
Jahren eine große Anzahl Natur- und Kulturfilme („Storch in Not“, 1927), aber
auch Sportfilme („Die deutschen Leichtathleten rüsten zur Olympiade“, 1928) und
Auftragsarbeiten für die NSDAP entstanden („Hakenkreuz am Stahlhelm“, 1933).
Wahrscheinlich stammen große Teile der Tieraufnahmen in „Tanja – die Nackte von
der Teufelsinsel“ aus diesem Fundus, wofür auch die teilweise sehr grobkörnigen
Aufnahmen sprechen.
Ab Mitte der 30er Jahre konzentrierte sich Schonger
zunehmend auf Märchenfilme (Schneeweißchen und Rosenrot“ 1938), bevor er mit
„Bergkristall“ (1949, Regie Harald Reinl), einen der ersten Heimatfilme nach
dem Krieg produzierte, bei dem er auch am Drehbuch mitwirkte. Neben den
Märchenfilmen folgten weitere Heimatfilme („Hubertusjagd“ 1959), aber die neugegründete
„Schlongerfilm GmbH“ förderte auch junge Regisseure wie Peter Fleischmann,
Marran Gosov und Klaus Lemke, die zu den Protagonisten des „Neuen deutschen
Kinos“ gehören. Kurz vor „Tanja – die Nackte von der Teufelsinsel“ produzierte
er Lemkes Kurzfilm „Henker Tom“ (1966) mit Werner Enke in der Hauptrolle, der wenig
später Berühmtheit in dem Schwabing-Film „Zur Sache Schätzchen“ (1968) erlangen
sollte. Parallel drehte Marran Gosov den 20minüter „Pfeiffer“ (1967) mit Marthe
Keller, bevor er ein Jahr später die erotische Komödie „Engelchen – oder die Jungfrau von Bamberg“ (1968) herausbrachte.
Offensichtlich stand Schonger dem jungen deutschen Kino nah,
aber mehr noch setzte „Tanja - die Nackte von der Teufelsinsel“ die inhaltliche
Linie zwei seiner eigenen Regie-Arbeiten fort. Schon der in der Schweiz
entstandene „Paradies auf Erden“ (1950, auch bekannt als „Das nackte Paradies“) und
„Paradies ohne Sünde“ (1963) nach einem Drehbuch Peter Fleischmanns
kombinierten die Schönheit der Natur mit dem Wunsch nach einem freien,
ungezwungenen Leben. Das „Paradies“ verstand sich als ein Ort natürlicher
Nacktheit wie er auch in „Das verbotene Paradies“ (1958) über die Entstehung
der Freikörperkultur thematisiert wurde. Dieser spielerische, die parallele Hippie-Bewegung
zitierende Charakter zeichnet auch „Tanja - die Nackte von der Teufelsinsel“ aus,
der trotz des für seine Entstehungszeit hohen Anteils an Nacktaufnahmen keinen
Voyeurismus bediente, sondern beinahe märchenhafte Züge annahm.
Lief am dritten Tag des 1. Auswärtigen Sondergipfel des Hofbauer Kommando in Frankfurt/Main vom 07. bis 09.11.2014
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen