Die Männer (Thomas Alder und Kurt Liederer) haben einen Plan |
Inhalt: Die Plattenfirma „Melodia“ steht kurz vor der
Pleite, da sie nicht über genug Zugpferde verfügt, die Umsatzzahlen
versprechen. Deshalb sollen Firmenanwalt Dr. Peter Hold (Kurt Liederer) und
Manfred Reiner (Thomas Alder) an die italienische Adria-Küste fahren, wo die so
erfolgreiche, wie exzentrische Sängerin Sherry Davis (Hannelore Auer),
begleitet von ihrer Privatsekretärin gerade ihren Urlaub verbringt, verbunden
mit einigen Gesangs-Auftritten. Manfred Reiner soll seinen Erfolg bei Frauen auch
bei der vor kurzem geschiedenen Sherry wirken lassen, um sie als Ehefrau fest an
die „Melodia“ zu binden. Dafür hat er einen psychologisch ausgefeilten Plan
geschmiedet, den er am Urlaubsort angekommen sogleich in die Tat umsetzt. Er
will die eitle Sherry mit Missachtung strafen, wodurch er sich ihre
Aufmerksamkeit verspricht.
Das Objekt ihrer Begierde (Hannelore Auer) |
Doch er ist nicht der Einzige, der etwas im Schilde führt.
Michaela Andreas (Margitta Scherr) checkt als glamouröse Erscheinung im Hotel
ein, um den Vater ihres Verlobten (Gus Backus), ihren Chef Robert Hilman (Harry
Hardt), von sich zu überzeugen, denn dieser ist gegen ihre Verbindung, da er
sie für eine „graue Maus“ hält. Er ahnt nicht, dass sie weiß, dass er inkognito
in seinem eigenen Hotel als Gast nach dem Rechten sehen will…
Schlagerfilm goes Erotikfilm - das langsame Ende eines Genres
Vater (Harry Hardt) und Sohn (Gus Backus) sind unterschiedlicher Meinung |
Ernst Hofbauers zweiter Schlagerfilm "Tausend Takte
Übermut" blieb nach "Ferien in St.Tropez" (1964) nicht nur sein
letzter Ausflug in die seit den frühen 50er Jahren populären Kino-Filme um
aktuelle Gesangsstars und Sternchen, sondern wurde einer der letzten Vertreter
dieses aussterbenden Genres, das vor der tagesaktuelleren Fernseh-Konkurrenz
kapitulierte. Auch für Vivi Bach, mit mehr als zehn Schlagerfilmen seit ihrem
Debüt in "Gitarren klingen leise durch die Nacht" (1960) die wichtigste
Protagonistin der Spät-Phase des Genres, leitete "Tausend Takte
Übermut" das Ende ihrer Kino-Karriere ein. In "Komm mit zur blauen Adria" (1966), einem ähnlich konzipierten Schlagerfilm, der wenig später ebenfalls nach einem Drehbuch Thomas Billians entstand,
hatte sie nur noch einen Gastauftritt - eine ohne Zusammenhang zur eigentlichen Handlung hinein geschnittene, früher gedrehte Gesangsszene.
Manfred Schnelldorfer als singender Taxifahrer |
Parallel zu „Tausend Takte Übermut“ produzierte Dr. Karl-Heinz
Busse noch „Ich kauf‘ lieber einen Tirolerhut“ (1965), der nur drei Wochen später
in den deutschen Kinos anlief. Billian hatte neben dem Drehbuch auch die Regie
übernommen, assistiert von Gündisch, aber trotz Gus Backus, Hannelore Auer und
Manfred Schnelldorfer auf dem Höhepunkt seiner kurzen Karriere als
Schlagersänger konnte der Niedergang nicht mehr aufgehalten werden, wurde diese
Produktion auch die letzte für Busse, der als Drehbuchautor im Heimatfilm
begonnen hatte („Die Fischerin vom Bodensee“, 1956), bevor er zwischen 1962 und
1965 noch sechs späte Musikfilme beisteuerte. Ernst Hofbauer setzte seine Regie-Tätigkeit
stattdessen bei „Die Liebesquelle“(1966) fort - mit Hans-Jürgen Bäumler in der
Hauptrolle, der Schnelldorfer nicht nur als Eiskunstlauf-Star ablöste. Damit
bewies Hofbauer früh Weitsicht, denn trotz der Heimatfilm-Komödien-Attitüde, machte
der Film aus seiner sexuellen Ausrichtung kein Geheimnis mehr, setzte
ausführlich auf Nuditäten und gab ihm die Gelegenheit, die erotischen Anspielungen seiner Schlagerfilme zu konkretisieren.
Der Geschäftsführer (Fritz Benscher) verfolgt eigene Interessen |
In den 50er Jahren wurde noch versucht, den sexuellen
Subtext des Musikfilms mit seinen leicht geschürzten Sängerinnen und
Tänzerinnen mit möglichst tugendhaftem Verhalten der Protagonisten zu deckeln.
Inzwischen durfte das Genre dank der fortschreitenden Liberalisierung mehr
wagen - eine Konsequenz, die die seltsamsten Blüten trieb, denn so sehr es die
Frauen und Männer zwischendurch krachen ließen, zuletzt hatte alles wieder
seine schönste „Pärchen“-Ordnung. In dieser Hinsicht bildet auch „Tausend Takte
Übermut“ keine Ausnahme, aber bis am Ende jedes Töpfchen sein Deckelchen
findet, verzichtete Hofbauer anders als noch in „Ferien in St.Tropez“ auf
familiäre Elemente und ließ keinen Zweifel daran, worum es tatsächlich geht –
um Sex.
Vater und Sohn mit der begehrten Michaela (Margitta Scherr) |
Zwar wurde die Handlung erneut an Mittelmeer-Gestaden
angesiedelt – diesmal geben die italienische Adria und Venedig den stimmigen
Hintergrund ab – aber Urlaub macht hier keiner der Protagonisten. Als Anlass
der Story dient die drohende Pleite der Plattenfirma „Melodia“, weshalb Manfred
Reiner (Thomas Alder), begleitet von seinem Freund und Anwalt Dr. Peter Hold
(Kurt Liederer), mit dem Auftrag nach Italien geschickt wird, die glamouröse
Sängerin Sherry Davis (Hannelore Auer) zu verführen, damit sie einen Vertrag
bei seiner Firma unterschreibt. Während Reiner seine vermeintlich
erfolgsversprechende Strategie bei der exzentrischen Sängerin anwendet, will
Industriellen-Sohn Frank (Gus Backus) seinem Vater Robert Hilman (Harry Hardt)
seine Braut schmackhaft machen. Dem präsidialen Hilman ist die in seiner Firma
arbeitende, ihm persönlich unbekannte Sekretärin Michaela Andreas (Margitta
Scherr) als Schwiegertochter zu wenig vorzeigbar, aber ihr gelingt es mühelos,
den an die Adria gereisten Senior vom Gegenteil zu überzeugen.
Gunter Phillip (noch) in seinem Element |
Auch sein Aufenthalt kommt nicht ohne Hintergedanken aus, denn
er will inkognito als Gast die Qualitäten seines Hotelpersonals überprüfen, die
sich als äußerst dürftig erweist, da der Geschäftsführer Theodor Rassel (Fritz
Benscher) und sein Portier Pizzanini (Fritz Korn) vor allem an ihrer
persönlichen Bereicherung interessiert sind. Größtenteils verbringt Hilman aber
seine Zeit mit der reizvollen Michaela, was seinen Sohn später zu der Bemerkung
verleitet, warum er sie nicht gleich selbst heiratet. Nicht ganz unbegründet,
denn zwischen dem Alten und der jungen Frau knistert es deutlich mehr als
zwischen dem geplanten Liebespaar. Leider kommt es nicht zu dieser Konsequenz,
ebenso wie Gunther Phillip in gewohnter Aufschneider-Rolle nicht den drei Mädels
frönen darf, die ihm generös von der Hotelleitung zur Verfügung gestellt
wurden. Bevor er zum Zuge kommt taucht seine Ehefrau (Edith Hancke) auf, die
den Möchtegern-Casanova brachial zur Räson bringt.
Vivi Bach als witzige Telefonistin |
Doch diese Konzessionen lassen nicht übersehen, mit welcher
Ironie Billian und Hofbauer an den Filmstoff herangingen, bekannte Verwechslungs-Komödienelemente
zitierten – Gunther Phillip wagte sogar den Jerry-Lewis-Sprung – und den
italienischen Schlagersänger Peppino di Capri mit Besen als Arbeiter auf dem
Hoteldach inszenierten, was heute noch lässig wirkt. Besonders Vivi Bach, in
„Holiday in St.Tropez“ gewohnt seriöser Mittelpunkt des irren Geschehens,
bewies hier ihr komödiantisches Talent und persiflierte ihre Rolle als blonder
Blickfang. Selbstverständlich kommt am Ende auch sie wieder unter die Haube,
ebenso wie das geschiedene Schlagerpaar Hannelore Auer und Rex Gildo als „Rick
Tanner“ wieder zusammenfindet, aber diesen am Ende im Minuten-Takt verabreichten
Happy-Ends fehlt jede Ernsthaftigkeit, um das zuvorige frivole Treiben noch zu
kaschieren.
"Tausend Takte Übermut" Deutschland 1965, Regie: Ernst Hofbauer, Drehbuch: Hans Bilian, Max Rottmann, Darsteller : Vivi Bach, Hannelore Auer, Thomas Alder, Kurt Liederer, Rex Gildo, Gunther Phillip, Harry Hardt, Fritz Benscher, Gus Backus, Edith Hancke, Margitta Scherr, Adi Berber, Laufzeit : 93 Minuten
Lief am ersten Abend des 1. Auswärtigen Sondergipfel des Hofbauer Kommando in Frankfurt/Main vom 07. bis 09.11.2014
Lief am ersten Abend des 1. Auswärtigen Sondergipfel des Hofbauer Kommando in Frankfurt/Main vom 07. bis 09.11.2014
weitere im Blog besprochene Filme von Ernst Hofbauer:
"Holiday in St.Tropez" (1964)
"Schwarzer Markt der Liebe" (1966)
"Schulmädchen-Report - Was Eltern nicht für möglich halten" (1970)
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