Freitag, 23. Januar 2015

Schleppzug M 17 (1933) Heinrich George, Werner Hochbaum

Inhalt: Bevor Henner (Heinrich George) mit seinem Schleppkahn in Richtung Berlin aufbricht, nimmt er Jakob (Wilfried Seyferth) an Bord, einen jungen Mann, der vor seinem prügelnden Vater geflüchtet ist. Jakob soll mit auf dem Schiff anpacken, aber auch seine Frau Marie (Berta Drews) und der kleine Sohn Franz (Joachim Streubel) freuen sich über den neuen Passagier, der in der kleinen Familie willkommen geheißen wird. Schon bald zeigen sich die Vorboten der Großstadt, werden die Bauten entlang der Flüsse dichter bis Henner das Zentrum Berlins erreicht – für ihn ein willkommener Ort der Abwechslung, den er nicht ohne Stolz seiner Familie und Jakob präsentiert.

Doch bevor er am kommenden Tag mit seiner Arbeit beginnen kann, wird er nachts zufällig Zeuge, wie zwei Männer und eine Frau entlang des Kais vor der Polizei flüchten. Henner sieht, dass die junge Frau von den zwei Männern im Stich gelassen wird, die ohne sie mit einem Motorboot davon fahren, und versteckt sie spontan vor den Polizisten. Mit einem Kuss bedankt sich Gescha (Betty Amann) bei ihm – ein Moment, den er nicht mehr vergessen kann. Am nächsten Tag begibt er sich in die Kneipen in der Hoffnung, sie wiederzusehen…


Angesichts der Urgewalt, die Heinrich George mit seiner massigen, dennoch beweglichen Gestalt ausstrahlt, scheint Schwäche nicht zu existieren. Er ist der selbstverständliche Souverän, jeder Situation gewachsen. Doch dieses Mannsbild eines Binnenschiffers, das George in "Schleppzug M17" verkörperte, täuscht. Sein breiter, das Bild einnehmender Rücken verbirgt seine innere Leere und Unzufriedenheit, die ein nur nach außen hin funktionierendes Dasein mit Ehefrau, Kind und eigenem Schiff kaschiert. Allein die kurze Begegnung mit einer jungen Frau in Berlin, der er - von ihren zwei Ganoven-Freunden im Stich gelassen - bei der Flucht vor der Polizei hilft, genügt um jedes verantwortliche Verhalten außer Kraft zu setzen. Eine Parallele zu seiner Rolle in "Das Meer ruft" (1933), der knapp zwei Monate zuvor in die Kinos gekommen war. Erneut spielte George einen Mann, dessen Sehnsucht nach einem anderen Leben ihn dazu treibt, seine Familie im Stich zu lassen.

War dieser Wunsch eines Seemanns, der sich nur auf dem Meer zu Hause fühlt, noch verständlich und blieb sein ehrliches Bemühen um Frau und Kind trotzdem offensichtlich, fehlt in „Schleppzug M17“ jede romantische Verklärung. Nur einen Moment ähneln sich die Bilder, als George hinter dem Steuerrad seines Schleppkahns ein Lied zum Besten gibt, während die Landschaft an ihm vorbeizieht. Aber dieser Eindruck zu Beginn des Films hält nicht lange vor – schon bald säumen Industrieanlagen das Ufer, taucht das Schiff in den Bauch der Großstadt und begrenzen hohe Kai-Mauern die Wasserwege. Nur selten bleibt Zeit in der kleinen Kajüte, denn die Arbeit auf dem Schleppkahn ist hart und alle müssen mit anpacken. Dem kräftigen Henner (Heinrich George) steht mit Jakob (Wilfried Seyferth) ein junger Mann zur Seite, den er im letzten Hafen aufgenommen hatte, da dessen betrunkener Vater die Familie terrorisierte, aber seine Frau Marie (Berta Drews) scheint dem zehrenden Leben nicht gewachsen zu sein – immer wieder erwähnt Henner ihren kränklichen Zustand. Einzig sein kleiner Sohn Franz bereitet ihm offensichtlich Freude.

Für Henner sind sein Schiff und das Wasser weniger Zufluchtsort, als notwendige Arbeitsgrundlage. Das erklärt, warum dieser unumstößlich wirkende, mit seiner Ehefrau rau umgehende Binnenschiffer nach der ersten Begegnung mit der hübschen Gescha (Betty Amann) jede Kontrolle verliert. Anstatt auf seinem Schleppkahn zu arbeiten und sich um seine Familie zu kümmern, begibt sich Henner in ein Berlin dunkler Kneipen und Nachtbars, in dem die Menschen versuchen, sich irgendwie von ihrem Dasein abzulenken. Ein größerer Kontrast zu dem einfachen Leben auf dem Schleppkahn ist kaum vorstellbar, kulminierend in dem Unterschied zwischen der Ehefrau und dem Großstadtmädchen Gescha. Es ist nicht allein die stets präsente Sexualität, die Henner in den Bann zieht, sondern eine die alltäglichen Widrigkeiten negierende Lebenslust, die die Menschen in die Vergnügungstempel treibt. Anders als das allgegenwärtige Wasser in „Das Meer ruft“ spielt in „Schleppzug M17“ die Großstadt Berlin die Hauptrolle als gleichzeitiger Ort der Sehnsucht und der Gefahr.

Mit Willy Döll war ein Autor für das Drehbuch verantwortlich, der zuvor schon in dem Stummfilm „Mutter Krausens Fahrt ins Glück“ (1929) sein Händchen für das Berliner Lokal-Kolorit bewiesen hatte, aber darüber warum Heinrich George hier neben Werner Hochbaum das einzige Mal in seiner Karriere auch auf dem Regie-Stuhl Platz nahm, lässt sich nur spekulieren ?











„Schleppzug M17“ wurde ein in mehrerer Hinsicht gewagter Film. Nicht nur, dass er weder das Stadt-, noch das Flussleben idealisierte, auch in den Charakterisierungen vermied er jede Eindeutigkeit. Zwar setzt Gescha geschickt ihren weiblichen Charme ein und weiß den Schiffer um den Finger zu wickeln, aber dahinter steht nicht nur Kalkül. Sie ist eine Verlorene, der Henner mit seiner Stärke imponiert. Als er sie zum Schleppkahn trägt, wehrt sie sich nicht, obwohl es nur schwer vorstellbar ist, dass sie das Leben auf dem Kahn erträgt. Marie scheint dagegen die Idealbesetzung als tüchtige Ehefrau, agiert aber sehr passiv und leidend. Diese Ambivalenz findet sich in allen Protagonisten wieder - bis hin zu Jakob, der Gescha verabscheut, weil sie aus seiner Sicht das Familienleben zerstört, das für ihn gerade zu einem neuen Zuhause geworden war. Seine traumatischen Erfahrungen treiben ihn dazu, die junge Frau mit Gewalt von dem Boot zu vertreiben.

Entscheidend ist aber die von George gespielte Hauptfigur. Obwohl Henner seine Frau betrügt und sich der Illusion hingibt, Gescha gewinnen zu können, bewahrt er sich sogar in peinlichen Momenten seine Standfestigkeit. Brachial geht Henner seinen Weg zwischen Wunschtraum und Pragmatismus und verliert sich weder in schlechtem Gewissen, noch in Erklärungen. Ein einziges Mal nimmt er Frau und Kind mit ins Stadtzentrum, um sie nach nur wenigen Schritten zugunsten der lockenden Gescha allein zurückzulassen. Marie und ihr kleiner Sohn verlaufen sich in den Straßen, gelangen erst spät und verzweifelt zum Boot zurück, doch von Henner gibt es keine Entschuldigung. Als Identifikationsfigur taugt sein Charakter nicht, aber an seiner Kraft scheitern letztlich alle anderen.

Vielleicht übernahm George die Regie, weil er den Mut hatte, einen solchen Protagonisten in den Mittelpunkt zu stellen, denn der Film gleicht seiner Darstellung des Binnenschiffers – roh, ungeschlacht, stark kontrastierend und von intensiver Körperlichkeit zeichnet er das Bild einer Sozialisation zwischen Angst, Mühsal und der Hoffnung auf ein besseres Leben. Im Wissen über die unmittelbar nach den Dreharbeiten eintretende Machtergreifung der NSDAP wirkt „Schleppzug M17“ wie der Vorbote eines finsteren Zeitalters, denn auch Henner übersteht die wenigen Tage in Berlin nicht unbeschadet – körperlich robust geht er seinen Weg weiter, aber seine innere Leere bleibt.

"Schleppzug M 17" Deutschland 1933, Regie: Heinrich George, Werner Hochbaum, Drehbuch: Willi Döll, Darsteller : Heinrich George, Berta Drews, Betty Amann, Wilfried Seyferth, Joachim StreubelLaufzeit : 80 Minuten

Lief am zweiten Tag des 14. Hofbauer-Kongress' vom 02. bis 06.01.2015 in Fürth.

Donnerstag, 22. Januar 2015

Das Meer ruft (1933) Hans Hinrich

Inhalt: Terje Wiggen (Heinrich George) arbeitet als Lotse in einem kleinen Hafen, der zur baltischen Insel Moon gehört. Obwohl er glücklich mit Antje (Erika Helmke) verheiratet ist, träumt er davon, erneut die Meere zu bereisen, denn das Leben an Land langweilt ihn. Als er erfährt, dass der Steuermann auf einem Handelsschiff ausgefallen ist, heuert er dort spontan für ein Jahr an. Selbst als ihm seine Frau mitteilt, dass sie schwanger ist, hält ihn das nicht davon ab, an Bord zu gehen.

Schnell verschafft er sich Respekt als erfahrener Seemann, der auch in Notlagen immer weiß, was zu tun ist. Doch die anhaltende Flaute, die den Zweimaster von den Handelslinien abtreibt, bringt auch ihn in Schwierigkeiten. Zwar zerstört er die verfaulten Wasservorräte, kann aber nicht verhindern, dass der Kapitän (Hans Mierendorff) an Pest erkrankt. Da sich die restliche Crew weigert, mit anzufassen, sorgt er allein für dessen Seebegräbnis. Aus Angst, ebenfalls an der Pest zu sterben, verlassen die Seeleute heimlich das Schiff mit dem Rettungsboot und lassen Terje allein zurück. Als plötzlich ein Sturm aufkommt, gerät er in Seenot…


Die Geschichte des Seemanns Terje Wiggen (Heinrich George) basiert auf der Ballade „Terje Vigen“ von Henrik Ibsen, die 1809 während der napoleonischen Kriege spielt, als englische Schiffe die norwegische Küste blockierten und damit jeden Nachschub an Nahrung unterbanden. Terje Vigen versucht mit einem Ruderboot die Blockade zu durchbrechen, um seine Frau und die kleine Tochter zu versorgen, wird aber auf dem Rückweg von einem englischen Schiff aufgebracht und von dessen Kapitän nach England in Kriegsgefangenschaft geschickt. Erst fünf Jahre später kehrt er zurück und erfährt, dass Frau und Kind verhungert sind. Als erneut Jahre später ein Schiff vor der Küste in Seenot gerät, geht Vigen als Lotse an Bord und trifft dort den Kapitän wieder, der ihn damals gnadenlos daran hinderte, Nahrung für seine Familie zu besorgen. Bebend vor Zorn will Vigen Rache nehmen und den englischen Lord und die Seinen ihrem Schicksal überlassen, aber er besinnt sich eines Anderen, rettet sie und findet seinen inneren Frieden.

Das Drehbuch zu „Das Meer ruft“ versetzte die Handlung auf die baltische Insel Moon zum Zeitpunkt des Beginns des 1.Weltkriegs 1914. Terje Wiggen gehört zum deutschsprachigen Teil der russischen Bevölkerung und muss mit ansehen, dass die deutsche Marine den Seeweg blockiert und damit seine Frau Antje (Erika Helmke) und seine neu geborene Tochter vom Hungertod bedroht werden. Während Wiggens vergeblicher Rettungsversuch und die Folgen daraus zum zentralen Bestandteil der Ballade Ibsens gehören, nimmt dieser Handlungsverlauf im Film erst die zweite Hälfte ein. „Das Meer ruft“ beginnt mit einem Terje Wiggen, der sich als Lotse an Land langweilt und gegen den Willen seiner Frau die erste Gelegenheit ergreift, als Steuermann auf einem Handelsschiff für ein Jahr anzuheuern. Die Szene, in der er ihr zuerst verspricht, doch bei ihr an Land zu bleiben, nachdem er von ihrer Schwangerschaft erfuhr, um im nächsten Moment in See zu stechen, lässt expressiv deutlich werden, welche Sucht das Meer auf Terje ausübt.

Bei Ibsen kommt diese Szene nicht vor, ebenso wenig die kommenden dramatischen Ereignisse um den Zwei-Master, der in eine Flaute gerät. Zudem legte George die Figur seinem Typus entsprechend ernst und schwer an, während Ibsen dem Charakter auch eine gewisse Leichtigkeit verlieh:

„Ich sah ihn einmal einen Morgengang;
er lag im Hafen mit Fisch;
Sein Haar war weiß, doch lacht‘ er und sang
und war wie ein Jüngling frisch“

Im Hinblick auf den Zwiespalt zwischen der Verantwortung für seine Lieben und der Sehnsucht nach dem Meer kam der Film der literarischen Vorlage dagegen sehr nah:













„Das Festland unter sich hielt er kaum aus.
Nein, da war doch besser zu bauen sein Haus
auf der großen, wogenden See!

Ein Jahr darauf hatte Terje gefreit; –
Das kam, eh’s einer gedacht.
Und manche meinten, es sei ihm leid,
dass er sich sesshaft gemacht.
So lebte er denn unter eigenem Dach
einen Winter in Saus und Braus.
Hell blitzten die Scheiben vorm saubern Gemach
mit weißen Gardinen und Blumen im Fach
in dem kleinen, weinroten Haus.

Als Eis und Winter vorm Tauwind wich
versuchte er wieder sein Glück“

Erst als Terje Wiggen seine Tochter nach seiner erneuten Rückkehr erblickt, beginnt er in Ibsens Ballade, sich endlich auf das Familienleben einzulassen. So einfach machte es „Das Meer ruft“ seinem Protagonisten nicht, denn der Film schickte Terje Wiggen erst durch die Hölle, bevor er geläutert zu seiner Frau und der inzwischen geborenen Tochter zurückkehrt. Die sehr spannend erzählte und großartig fotografierte erst Hälfte des Films verfolgte aber noch ein weiteres Ziel. Sie betonte Terjens Stärke und Zuverlässigkeit, der im Gegensatz zur restlichen Crew keinen Moment daran denkt, das Schiff und die Ladung im Stich zu lassen, auch nicht, nachdem der Kapitän an der Pest gestorben war, weil er verfaultes Wasser getrunken hatte. Eine Schwäche, die sich Terje Wiggen nicht zugestanden hätte. Im Gegenteil zerstört er sämtliche Wasservorräte und bringt damit die restliche Besatzung weiter gegen sich auf.

Diese Heldenhaftigkeit nimmt seiner Entscheidung, seine schwangere Frau alleine zurückzulassen, im Auge des Betrachters zwar die Härte, verlieh ihr aber auch etwas Fanatisches. Es erstaunt entsprechend wenig, dass er sofort zur Tat greift, als die Schiffs-Blockade das Leben seiner Familie bedroht. Mehrere Tage rudert er über das Meer, um Nahrung vom Festland zu holen. Auch in Ibsens Ballade greift der Protagonist zu dieser Lösung, aber Terje wagte diesen Schritt nur gemeinsam mit seinem liebsten Verbündeten, dem Meer:


„Wie? War ihm ein Freund denn nicht, alt und treu,
sein großes, wogendes Meer ?“

Heinrich George verkörperte dagegen einen Mann, der stur und ohne Andere daran zu beteiligen, seine Ziele verfolgt. Wie brüchig und trotz der Rettungstat auch egoistisch seine Vorgehensweise war, lassen die Konsequenzen erkennen, die im Film anders als in Ibsens Ballade ausfallen. Dort erfährt Terje, nachdem er aus fünfjähriger Gefangenschaft zurückkam, dass Frau und Tochter verhungert sind, im Film stirbt die Ehefrau dagegen nur zwei Monate vor seiner Rückkehr, ohne dass die Todesursache genauer benannt wird, während die Tochter als Adoptivkind bei einer Freundin aufwächst und ihren Vater nicht mehr erkennt. Der Unterschied ist eklatant, denn in der literarischen Vorlage wird Terjes verzweifelter Rettungsversuch im Nachhinein legitimiert, während der Protagonist im Film seine Frau erneut im Stich ließ.

Er hätte ihr mehr helfen können, wenn er bei ihr geblieben wäre. Auf Grund der tragischen Umstände erwächst dem Protagonisten daraus kein Vorwurf, aber der Film lässt die Ambivalenz hinter seinem äußerlichen Verhalten zu und zeigt die wahre Heldenhaftigkeit im Verzeihen. Entsprechend sind Georges abschließende, unnachahmlich nebenbei gesprochene Worte zu verstehen, die er gegenüber dem Kapitän äußert, nachdem er auf seine Rache verzichtet hatte:



„…und nun seh‘ auch ich klar!“

Besser lässt sich der Bruch mit seinen inneren Dämonen nicht ausdrücken und weiter weg von der auf Hass und Vergeltung aufbauenden Ideologie der NS-Zeit konnte die Verfilmung der Ibsen-Ballade nicht sein.

"Das Meer ruft" Deutschland 1933, Regie: Hans Hinrich, Drehbuch: Josef Pelz von Felinau, Helmut Brandis, Hans Klaehr, Henrik Ibsen (Ballade), Darsteller : Heinrich George, Erika Helmke, Hans Mierendorff, Ludwik Andersen, Albert FlorathLaufzeit : 80 Minuten 

Mittwoch, 21. Januar 2015

Heinrich George und das Jahr 1933

Heinrich George als Franz Biberkopf in "Berlin Alexanderplatz" (1931)
Heinrich George gehörte zu den größten Stars der NS-Zeit, der eng mit der NSDAP zusammenarbeitete und in nicht wenigen Propaganda-Filmen tragende Rollen übernahm, darunter im anti-semitischen "Jud Süss" (1940) und im späten Durchhaltefilm "Kolberg" (1945). Nach dem Ende des 2. Weltkriegs wurde er deshalb von der russischen Besatzungsmacht verhaftet und in das Speziallager 7 Sachsenhausen gesperrt, wo er 1946 verstarb. Weniger bekannt ist dagegen, dass er in den 20er Jahren der Kommunistischen Partei nahe stand, mehrfach als Redner bei deren Veranstaltungen auftrat und seine erste große Hauptrolle 1931 im noch jungen Tonfilm verkörperte - den Franz Biberkopf in "Berlin Alexanderplatz" nach dem Roman des Sozialisten Alfred Döblin, der als Jude 1933 aus Deutschland fliehen musste.

"Schleppzug M17"
Trotz des dadurch erlangten Bekanntheitsgrads, blieb seine Rollenauswahl zunächst begrenzt - 1932 erschien mit dem heute vergessenen "Goethe lebt...!" nur ein Kinofilm mit George in einer Nebenrolle. Anders als andere große männliche Stars seiner Zeit, wie etwa Willy Fritsch, Hans Albers oder Heinz Rühmann, war er weder als Liebhaber, noch als charmanter Abenteurer und schon gar nicht als quirliger Jedermann zu besetzen, sondern verkörperte als knapp 40jähriger, kräftig gebauter Mann wortkarge, häufig sture Typen, die sich auch von den widrigsten Umständen nicht unterkriegen ließen. Ideal waren für Heinrich George dramatische Konstellationen, die im Gegensatz zur Schwemme an leichten Unterhaltungsfilmen dieser Zeit viel über die Realitäten der Gegenwart aussagen konnten - wie im genannten "Berlin Alexanderplatz", auch wenn das Drehbuch Döblins Romanvorlage entschärfte, um Konflikte mit der SA zu vermeiden.

"Das Meer ruft"
1933 sollte das Jahr des Durchbruchs für George werden. Im Februar kam "Das Meer ruft" in die Kinos, zwei Monate später folgte "Schleppzug M 17", bevor "Hitlerjunge Quex: Ein Film vom Opfergeist der deutschen Jugend" und "Reifende Jugend" jeweils im September auf der Leinwand erschienen. Doch von Homogenität konnte keine Rede sein, auch wenn alle vier Filme erst nach der Machtergreifung der NSDAP am 30.01.1933 herauskamen. Gedreht wurden die ersten beiden Filme noch 1932, bevor Heinrich George auf Grund seiner Sympathien für die KPD ein Berufsverbot erhielt. Doch er benötigte nicht lange, um sich mit den Nationalsozialisten zu arrangieren, und übernahm gemeinsam mit seiner Ehefrau Berta Drews, die neben ihm zuvor auch in "Schleppzug M17" spielte, zwei tragende Rollen in dem frühen Propaganda-Film über den Hitlerjungen Quex.

"Reifende Jugend"
In allen vier Filmen verkörperte George autoritäre Typen mit einem selbstverständlichen Führungsanspruch, deren Schicksal viel über die Intention des jeweiligen Films aussagte und damit über dessen Vorbildwirkung. Während Georges Rolle als spät bekehrter Kommunist in "Hitlerjunge Quex: Ein Film vom Opfergeist der deutschen Jugend" so plakativ geriet, dass selbst Joseph Goebbels danach eine subtilere Vermittlung der gewollten Botschaft forderte, lassen sich die Veränderungen des Jahres 1933 auf Basis von Georges Interpretationen an den drei anderen Filmen differenzierter analysieren - von einer komplexen, kritischen Sichtweise in Richtung einer einseitigen, von der NSDAP propagandistisch forcierten Idealisierung:

- Das Meer ruft                                                                                                  23.02.1933
- Schleppzug M 17                                                                                            19.04.1933
- Hitlerjunge Quex: Ein Film vom Opfergeist der deutschen Jugend         19.09.1933
- Reifende Jugend                                                                                            22.09.1933