Reichsführer SS Heinrich Himmler (Werner Peters) will das
verhindern, kann aber den mit einem gefälschten Pass reisenden Golder nicht
aufhalten, der unbeschadet nach Rom gelangt. Dort befindet sich eine
Einsatztruppe der SS unter der Leitung von Hoffmann (Ernst Schröder), deren
mörderisches Vorgehen aber argwöhnisch vom römischen Polizei-Präfekten (Gino
Cervi) betrachtet wird. Deshalb sind sie gezwungen geschickt vorzugehen und
setzen ihre beste Agentin (Dawn Addams) auf den Journalisten an…
Der erwähnte "Tatsachenbericht" über den Widerstand gegen Adolf Hitlers Kriegspläne verband unterschiedliche Aktionen zu einem Agenten-Stück mit Liebesaffäre, in dem keine reale Person außer dem Reichsführer SS Heinrich Himmler vorkam. Trotzdem hätte "Geheimaktion schwarze Kapelle" Anerkennung verdient gehabt, da sich der Film mit einem bis heute wenig bekannten Kapitel des Widerstands auseinandersetzte und gleichzeitig die veränderte Sozialisation Ende der 50er Jahre abbildete. (Die grünen Links führen zur Amazon-Bestellseite).
Oster und viele seiner Mitstreiter wurden später von der
Gestapo verhaftet und zum Tode verurteilt, aber ihr vergeblicher Versuch, die
Nationalsozialisten aufzuhalten ist heute weit weniger bekannt als das
Stauffenberg-Attentat. Noch unbekannter ist die
deutsch-italienisch-französische Co-Produktion „Geheimaktion schwarze Kapelle“,
obwohl Ende der 50er Jahre die Akzeptanz für eine kritische Aufarbeitung der
jüngeren Vergangenheit stieg – Filme wie „Kriegsgericht“ (1959) mit Karlheinz
Böhm oder Bernhard Wickis „Die Brücke“ (1959) erhielten hohe Anerkennung.
Trotzdem galt die Thematik nach wie vor als heikel. Gut zu erkennen am
Verhalten des Journalisten Robert Golder (Peter van Eyck), der die Geheim-Pläne
für den Westfeldzug nur einem angesehenen Mitglied der Kirche überlassen will.
Gebetsmühlenartig wiederholt er, kein Verräter am eigenen Volk sein zu wollen –
ein Vorwurf, dem sich die Widerstandskämpfer noch in den 50er Jahren ausgesetzt sahen. Von Hans Oster sind die Worte überliefert:
„Man könnte nun sagen, dass ich ein Landesverräter sei, aber
das bin ich in Wahrheit nicht. Ich halte mich für einen besseren Deutschen als
all die anderen, die Hitler nachlaufen. Mein Plan ist und meine Pflicht sehe
ich darin, Deutschland und damit die Welt von dieser Pest zu befreien.“
(Quelle: Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte, Wikipedia)
Sieht man von dem geplanten Westfeldzug ab, unter dessen
wiederholtem Aufschub durch Adolf Hitler die Glaubwürdigkeit des Widerstands litt,
blieb im Film fast nichts von dieser realen Situation übrig. Autor Olaf
Herfeldt hatte in seinem Roman die Übergabe der
Angriffs-Pläne und den geheimen Treffpunkt in Rom zu einem Agenten-Thriller mit
Liebesgeschichte vor pittoresker Kulisse kombiniert. Einzig der Reichsführer SS
Heinrich Himmler (Werner Peters) als finsterer Strippenzieher im Hintergrund
stand für die NS-Diktatur, seine Männer in Rom unter der Leitung von Hoffmann
(Ernst Schröder) blieben dagegen austauschbare gedungene Mörder. Dieser weitgehende
Verzicht auf ideologischen Ballast zeigte sich besonders bei den italienischen
Protagonisten. Franco Fabrizi als aristokratischer Kontaktmann der
Widerstandsgruppe mit schickem Cabriolet und Gino Cervi als römischer Polizeipräfekt
walteten im Stil von Lebemännern. Zwar hing Benito Mussolinis Porträt im
Polizei-Präsidium an der Wand, aber Erwähnung findet der „Duce“ im Film nicht.
Im Gegenteil schien selbst der nach Gutdünken handelnde Präfekt schon im
Widerstand gegen Nazi-Deutschland zu stehen.
Diese Konzession an die italienischen Co-Produzenten war möglicherweise
ein Grund dafür, warum der Film in Deutschland wenig Reputation erfuhr, denn trotz
der Freisprechung der obersten Heeresleitung von Schuld am kommenden
Angriffs-Krieg – der Generaloberst (Werner Hinz) bleibt nach Beginn der
West-Offensive gegen seine innere Überzeugung im Amt, um keinem
Hitler-Gefolgsmann Platz zu machen – kamen die Bösewichte allein aus dem
deutschen Lager. Dass die Hauptfigur souverän von Peter van Eyck verkörpert
wurde, half nur bedingt, denn er legte seine Rolle gewohnt zwiespältig an: ein
von den Ereignissen gebrochener, pessimistischer Charakter, der sich
bedingungslos in die sexuell offensiv auftretende Tilla (Dawn Addams) verliebt,
die als Agentin der SS auf ihn angesetzt wurde.
Zugunsten dieser Liebesgeschichte trat die ursprüngliche, mit
dokumentarischen Aufnahmen über den Aufstieg Hitlers beginnende, politische
Dimension des Films in den Hintergrund, auch weil der französische Regisseur
Ralph Habib die Ereignisse in Rom im Stil der damaligen Gegenwart inszenierte. Nächtliche
Partys, Strandleben in Ostia, die Nacktszene in der Umkleidekabine oder die
gemeinsame Nacht in seinem Hotelzimmer – mit den späten 30er Jahren hatte das nur
wenig zu tun. Betont wurde dieser Eindruck noch durch die Besetzung der
weiblichen Hauptrolle mit der us-amerikanischen Schauspielerin Dawn Addams, deren
Optik und ihr selbstbewusst, pragmatisches Auftreten einem modernen Frauenbild
entsprachen. Addams, die als „Femme fatale“ kurz zuvor in „Die feuerrote Baronesse“ (1959) schon wenig aufregte, war mit ihrer reduzierten Erotik ideal
besetzt, da sie trotz ihrer Rolle als Verführerin den moralisch geforderten
Anstand wahrte – die notwendige Voraussetzung für die Akzeptanz des Liebespaars
Golder/Tilla.
Trotzdem war diese Konstellation dem damaligen Publikum schwer
zu vermitteln, wie am letzten Satz der Inhaltsangabe der „Filmbühne“ deutlich wird:
„Für Golder und Tilla bleibt nur noch die Hoffnung, das
Glück ihrer Liebe in der Flucht nach Südamerika zu retten“ (Filmbühne Nr.5002,
Beilage der Pidax-DVD)
Vielleicht wollte der Autor des Textes damit ein mögliches Happy-End konkretisieren, das die sonstigen historischen Umstände nicht hergaben, aber diesen
Gefallen tat ihm der am Ende offen bleibende Film nicht. Für eine Aufarbeitung der realen Hintergründe
des Widerstands gegen die Nationalsozialisten ist „Geheimaktion schwarze Kapelle“
historisch zu ungenau und zu unentschieden zwischen Polit-Thriller und Liebesgeschichte,
aber als düsteres Zeitbild funktionierte er. Die desillusionierten
Lebensentwürfe der beiden Protagonisten wiesen in ihrem Pessimismus schon in
Richtung „Denn das Weib ist schwach…“ (1961), der ebenfalls auf Basis eines
Drehbuchs von Hans Nicklisch entstand. Darin beschrieb er die Ernüchterung nach
einem "Wirtschaftswunder"-Jahrzehnt mit großen sozialen Veränderungen – ein Einfluss der Gegenwart, Ende
der 50er Jahre, der auch „Geheimaktion schwarze Kapelle“ anzumerken
ist.
"Geheimaktion schwarze Kapelle" Deutschland, Italien, Frankreich 1959, Regie: Ralph Habib, Drehbuch: Hans Nicklisch, Olaf Herfeldt (Roman), Darsteller : Peter van Eyck, Dawn Addams, Werner Peters, Franco Fabrizi, Gino Cervi, Ernst Schröder, Werner Hinz, Laufzeit : 98 Minuten
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