Die fünf „Can“ – Filme 1970/71
Zwischen der Veröffentlichung ihres ersten Studio-Albums
„Monster Movie“ August 1969 und ihrer
zweiten LP „Tago Mago“ Februar 1971 erlebte die Kölner Rock-Band „Can“ einige
einschneidende Veränderungen. Nach dem die 500 Stück umfassende, im
Eigenvertrieb hergestellte erste Auflage von „Monster Movie“ nach kurzer Zeit
vergriffen war, wurde sie in größerer Zahl von „United Artists“ neu verlegt.
Dieser überraschende Erfolg brachte „Can“ nicht nur eine gewisse
wirtschaftliche Sicherheit, sondern ließ ihre Popularität erheblich anwachsen.
1968 hatten sie in der Band-Formation erstmals eine Filmmusik zu
„Kamasutra – Vollendung der Liebe“ geschrieben, der 1969 im Zuge der
allgemeinen Sexual-Aufklärungswelle in die deutschen Kinos kam, aber erst ihr Richtungswechsel hin zu einem rockigeren Stil brachte den Durchbruch und
innerhalb eines Jahres die Mitwirkung an fünf deutschen Filmproduktionen, die
mit der psychedelich-progressiven Musikausrichtung der Band eine stilistische Einheit
eingingen.
Malcolm Mooney und Irmin Schmidt |
Im September 1970 erschien die LP „Can Soundtracks“, auf der diese kurze, intensive Schaffensphase zusammengefasst wurde. Zu diesem Zeitpunkt gehörte Malcolm Mooney, der us-amerikanische Sänger
mit dem sie „Monster Movie“ eingespielt hatten, nicht mehr zur Band. Er war in
die USA zurückgegangen und Damo Suzuki, ein japanischer Performance-Künstler, war mit seiner
heiseren, stärker die rhythmischen Aspekte der „Can“-Musik unterstützenden
Stimme an seine Stelle getreten. Entsprechend dieses innerhalb 1970 vollzogenen
Wechsels drückte er drei der fünf Film-Scores seinen persönlichen Stempel auf, während
zwei noch von Mooneys blues-artiger zwischen Falsett und Bass changierender Stimme geprägt wurden. Die übrige
Besetzung – Holger Czukay (Bass), Irmin Schmidt (Keyboard), Jaki Liebezeit
(Schlagzeug) und Michael Karoli (Gitarre) - blieb zwar stabil, passte ihren
Stil aber den sehr unterschiedlichen Sängern an.
Holger Czukay und Damo Suzuki |
Die Reihenfolge der musikalischen Komposition stimmt nicht
mit der Veröffentlichung der Filme überein. „Großer blaugrauer Vogel“ (Regie
Thomas Schamoni), noch mit Malcolm Mooney eingespielt, kam erst April 1971 in
die Kinos, ein halbes Jahr nach der Platten-Veröffentlichung. Auf deren Hülle
steht deshalb „Bottom“, denn so lautete der Arbeits-Titel. Dagegen hatte die mit Damo Suzuki
aufgenommene Musik für „Deadlock“ und „Deep End“ schon im Herbst 1970 Film-Premiere gefeiert, nur „Mädchen mit Gewalt“ war Februar
1970 noch vor Mooneys Ausstieg erschienen. Unabhängig von ihrer individuellen
Ausrichtung atmeten alle fünf Filme die Aufbruchstimmung der frühen 70er
Jahre und stellten sowohl inhaltlich, als auch optisch bisherige Sehgewohnheiten in Frage.
Zuordnung der Sänger noch mit der falschen Nummerierung |
Doch vergleichbar mit der Musik von „Can“, die bis heute
eine weit höhere Wertschätzung im englischsprachigen Ausland erfährt als in
Deutschland, gerieten die Filme schnell in Vergessenheit. 1974/75, als ich ihre
Platten während der „Deutschrock“-Welle für mich entdeckte, basierte der öffentliche
Ruf von „Can“ allein auf der Single „Spoon“, die es als Filmmusik zum TV-Dreiteiler
„Das Messer“ (1971) (später auch auf „Ege Bamyasi“ (1972) veröffentlicht) zu einmaligen
Hitparaden-Ehren gebracht hatte. Die fünf Filmtitel auf der
„Soundtrack“-Plattenhülle hatten dagegen schon damals einen exotischen Klang,
ohne Aussicht auf einen direkten Bezug zum Filmerlebnis. Entsprechend hinterließ „Can-Soundtracks“ weder den Eindruck eines typischen Filmmusik-Albums, noch einer Compilation - trotz der
zwei Sänger -, sondern behielt als verbindendes Unikat zwischen „Monster
Movie“ und „Tago Mago“ seine Eigenständigkeit. Erst mehr als 40 Jahre nach ihrer Entstehung sind alle
fünf Filme wieder allgemein zugänglich, hier unter dem Bindeglied „Can“
zusammengefasst.
"Deep End" (01.09.1970) - Jerzy Skolimowski
"Deadlock" (15.10.1970) - Roland Klick
"Großer graublauer Vogel" (09.04.1971) - Thomas Schamoni
"Deadlock" (15.10.1970) - Roland Klick
"Großer graublauer Vogel" (09.04.1971) - Thomas Schamoni
"Cream - Schwabing Report" (29.08.1971) - Leon Capetanos
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