Inhalt: Staatsanwalts Dr. Robert Kessler (Peter van Eyck)
hat keinen Zweifel an der Schuld des Angeklagten Dr. Werner Rüttgen (Claus
Holm), dass dieser den Mord an seiner Frau begangen hatte, um frei für seine
Geliebte Helga Dahms (Susanne Rüttger) sein zu können, mit der er schon längere
Zeit ein Verhältnis hatte. Doch Kesslers Ansicht basiert allein auf Indizien,
weshalb die überraschende Zeugenaussage von Laura Beaumont (Eva Bartok), die
kurz vor dem Ende seines Plädoyers im Zuschauerraum auftaucht, seine
Argumentation zum Fallen bringt. Sie gibt dem Angeklagten ein Alibi.
Die Verhandlung wird unterbrochen, um die neue Sachlage
prüfen zu können, aber Kessler muss sich der Haltung des Generalstaatsanwalts
(Alfred Balthoff) beugen, der die Freilassung des Angeklagten anordnet. Kessler
glaubt der Zeugin nicht, da er sie von früher her kennt, aber mit dieser Ansicht
steht er allein. Als kurz darauf, der Angeklagte ebenfalls an einem angeblichen
Selbstmord stirbt – tatsächlich hatte der Täter die Tabletten ausgetauscht –
und einen Brief hinterlässt, der den Staatsanwalt beschuldigt, er hätte ihn in
den Tod getrieben, gerät Kessler noch mehr unter Druck. Auf eigene Faust
beginnt er zu ermitteln und wird mit seiner eigenen Vergangenheit konfrontiert…
Als "Unter Ausschluß der Öffentlichkeit" im
Oktober 1961 in die deutschen Kinos kam, stand die Premiere des achten Edgar
Wallace-Streifens "Die seltsame Gräfin" (1961) kurz bevor und lag
Peter von Eycks Auftritt in "Die 1000 Augen des Dr. Mabuse" (1960) schon
mehr als ein Jahr zurück. Dessen Fortsetzung "Im Stahlnetz des Dr.
Mabuse" (1961) sollte ebenfalls noch im Oktober erscheinen, allerdings
ohne Van Eyck, der erst im fünften Teil („Scotland Yard jagt Dr. Mabuse“, 1963)
wieder mitspielte. Der Eindruck entsteht, Regisseur und Drehbuchautor Harald
Philipp wollte, nachdem er im Jahr zuvor zwei Kriegsfilme gedreht hatte
("Strafbataillon 999" und „Division Brandenburg“, 1960), ebenfalls auf
die Gruselkrimi-Karte setzen, die sich damals großer Beliebtheit erfreute. Doch
im Gegensatz zu den Wallace- und Mabuse-Filmen, die trotz erheblicher
Qualitätsunterschiede im Film-Gedächtnis blieben und bis in die heutige
Gegenwart wiederholt vermarktet und im Fernsehen gezeigt wurden, erreichte
„Unter Ausschluß der Öffentlichkeit“ nie deren Popularität.
Anders als die erfolgreichen Krimi-Reihen, deren Stories nur
wenig Berührung mit der Realität aufwiesen, blieb Harald Philipp, der wie sein Co-Autor
Fred Ignor in den 50er Jahren im Schlagerfilm aktiv war, mit seiner Story in
der Gegenwart der BRD verankert. Zwar klingt die Aussage eines Beobachters der
Gerichtsszene zu Beginn, der Staatsanwalt hätte die Geschworenen schon auf
seine Seite gebracht, nach anglizistisch geprägter Dramatik, aber
offensichtlich war es noch nicht im kollektiven Gedächtnis angekommen, dass es
in Deutschland seit 1924 keine Geschworenen mehr gab. Für besonders schwere
Delikte ist bis heute das „Schwurgericht“ zuständig, das nur noch mit dem Namen
daran erinnert, aber der „Großen Strafkammer“ entspricht, der neben den zwei
Schöffen drei Berufsrichter angehören. Im Film ist das gut an der Besetzung der
Richterbank zu erkennen, so wie sich Harald Philipp auch sonst an die
juristischen Gepflogenheiten hielt. Sowohl die Rolle des Generalstaatsanwalts
(Alfred Balthoff), der den ehrgeizigen Dr. Kessler in die Schranken weist, als
auch des Strafverteidigers (Leon Askin) kommen ohne Polemik oder eine
zugespitzte Konfrontation aus. Nachdem die Zeugenaussage den Angeklagten
entlastet hatte, wurde er selbstverständlich aus der Haft entlassen.
Auch die Wallace-Krimis nutzten die in den 60er Jahren
entstehenden Freiräume für sexuell offensivere Elemente, trennten gleichzeitig
aber streng zwischen Gut und Böse und betonten das moralisch einwandfreie
Verhalten des Helden und seines jeweiliges Love-Interests. In dieser Hinsicht
ist „Unter Ausschluß der Öffentlichkeit“ mutiger und direkter. Schon die Anspielung
Dr. Kepplers auf die Teilnahme des verheirateten Konzern-Chefs Generaldirektor
Delgasso (Rudolf Fernau) bei Partys einer Model-Agentur, ließ wenig an der tatsächlichen
Aufgabe der Mannequins zweifeln. Die Nackt-Szene, in der der schwule Fotograf
(Ralf Wolter) die Vorzüge der Mädchen ablichtet, hätte jedem frühen Erotik-Film
zur Ehre gereicht. Besonders aber die Ausarbeitung der Dreieck-Konstellation
zwischen Dr. Kessler, seiner Verlobten Ingrid Hansen (Marianne Koch) und der
überraschend auftretenden Zeugin Laura Beaumont, lässt Harald Philipps
ernsthaften Umgang mit den Veränderungen der Sozialisation nach dem Krieg
erkennen.
Schnell stellt es sich heraus, dass der Staatsanwalt mit der
schönen Französin vor Jahren eine Affäre hatte, die unglücklich für ihn endete.
Seiner Verlobten hatte er davon nichts erzählt, weshalb diese zuerst eifersüchtig
reagiert. Daraus hätte sich erneut die Mär vom angeblich untreuen Helden
entwickeln lassen, der am Ende als Unschuldslamm die zukünftige Ehefrau in die
Arme schließen darf. Stattdessen knistert es zwischen Kessler und der Schönen
wieder gewaltig, als er versucht herauszubekommen, warum sie mit der geschickt
platzierten Zeugenaussage seine Reputation beschädigen wollte. Zudem verfiel
Phillip nicht in den gewohnten Reflex, eine sexuell offensive Frau einseitig
als Luder zu diffamieren, sondern betrachtete sie mit Sympathie. Das gilt auch
für Ingrid Hansen als optisch bravem Gegenpol, die nicht nur als Journalistin jederzeit
selbstbewusst agiert, sondern auch als Verlobte ihre eigenen Schlüsse zieht. Peter
van Eyck blieb gewohnt souverän innerhalb dieses Spannungsfelds, dessen Modernität
den Film über die übliche Krimi-Ware dieser Zeit hinaus hob.
„Wie oft war ich schon unglücklich - mir laufen sie nicht
hinterher wie dir!“
"Unter Ausschluß der Öffentlichkeit" Deutschland 1961, Regie: Harald Philipp, Drehbuch: Harald Philipp, Fred Ignor, Darsteller : Peter van Eyck, Eva Bartok, Marianne Koch, Claus Holm, Wolfgang Reichmann, Werner Peters, Leon Askin, Ralf Wolter, Rudolf Fernau, Laufzeit : 96 Minuten
weitere im Blog besprochene Filme von Harald Philipp:
"Strafbataillon 999" (1960)
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