Inhalt: Sorgfältig
versucht Klaus Troger (Harry Meyen) die Spuren seines Mordes an einer blonden
Frau, die tot auf ihrem Bett liegt, zu verwischen, aber seine Bemühungen
erweisen sich scheinbar als umsonst, als der bekannte Modeschöpfer von Hein
Kersten (Götz George), einem jungen Architekten, erkannt wird, während er das
Haus der Toten verlässt. Troger gelingt es, sich dessen Stillschweigen zu erkaufen,
indem er ein amouröses Abenteuer vortäuscht, aber ihm ist klar, dass diese Lüge
nur kurz Bestand hat, sobald die Zeitungen von dem erneuten Frauenmord
berichten werden.
Um den
Zeugen unauffällig beseitigen zu können, begleitet er Kersten auf eine mondäne
Party, auf der sich auch seine Ehefrau (Magali Noël) befindet, die ihn
offensichtlich betrügt und nur Verachtung für ihn übrig hat. Die übrigen
Anwesenden, die sich zu den besten Kreisen zugehörig fühlen, suchen abendliche
Ablenkung, weshalb die Idee, das „Mörderspiel“ zu veranstalten, mit allgemeiner
Begeisterung aufgenommen wird. An Hand von Spielkarten wird ausgelost, wer als
Opfer, als Täter und als Polizist agiert, aber niemand rechnet damit, dass die
Leiche echt ist…
"Mörderspiel" gehört zu den deutschen Filmen an der Schnittstelle zwischen Unterhaltungsfilm und Gesellschaftssatire, die fast zwanghaft dem Krimi-Genre zugewiesen wurden, um gar nicht erst in eine andere Richtung denken zu müssen. Das hat dem Ansehen des Films geschadet, dessen Qualitäten unter den typischen Erwartungshaltungen vieler Reszensenten begraben wurden, weshalb die am 07.03.2014 von der PIDAX herausgebrachte DVD die Möglichkeit bietet, sich einen eigenen Eindruck zu verschaffen (Die grünen Links führen zur Amazon-Bestellseite).
Als
"Mörderspiel" 1961 in die bundesrepublikanischen Kinos kam, genügte
es schon mit einem Mord an einer Frau zu beginnen, um Assoziationen an
Hitchcock zu wecken - eine Werbebotschaft, die eine Erwartungshaltung schuf, an
der der Film zu unrecht scheiterte. Auch der gleichnamige Kriminalroman von Max
Pierre Schaeffer, der dem Drehbuch als Vorlage diente, ließ vermuten, dass es
in Helmut Ashleys zweitem Film - wie schon in seiner ersten Regiearbeit
"Das schwarze Schaf"(1960) - um die kriminalistische Suche nach einem
Mörder ging, obwohl an dessen Identität vom ersten Moment des Films an kein
Zweifel besteht. Zwar versuchen behandschuhte Hände die Spuren eines Tatorts in
der Anfangsszene zu beseitigen, die konsequent aus der subjektiven Sicht des
Mörders aufgenommen wurde, aber dazu äußert sich die Stimme Harry Meyens aus
dem Off, weshalb sein Anblick in der Rolle des Modeschöpfers Klaus Troger keine
Überraschung mehr bedeutet, als die Kamera ihre Perspektive wechselt.
Dieses vom
Autoren-Team um Ashley hinzugefügte Vorspiel zur eigentlichen Handlung, die
während einer Party der besseren Gesellschaft in einem modernen Loft spielt,
unterschied den Film nicht nur von der literarischen Vorlage, sondern auch von
typischer Genre-Kost, ist gleichzeitig aber der einzige Schwachpunkt des Films.
Für einen mehrfachen Frauenmörder, dem die Polizei bisher ergebnislos nachjagt,
handelt Troger viel zu amateurhaft, als er am frühen Abend aus dem Haus seines
letzten Opfers tritt und prompt von dem jungen Architekten Hein Kersten (Götz
George) gesehen und erkannt wird. Auch das es ihm nicht gelingt den
Hausschlüssel zu entsorgen, ist unglaubwürdig - Kersten hört den Klang des
fallenden Schlüssels und hebt ihn wieder auf. Regisseur Ashley bezweckte mit
dieser leider nicht schlüssig durchdachten Idee eine Umkehrung der
traditionellen Krimi-Handlung - nicht die Suche nach dem schon feststehenden
Mörder sollte im Vordergrund stehen, sondern diejenige nach den Abgründen der
Wirtschaftswunder-BRD.
An dem der
PIDAX-DVD beigefügtem Nachdruck der "Illustrierten Film-Bühne" wird
deutlich, dass Ashleys Intention schon beim Erscheinen des Films ignoriert
wurde. Weder findet in dem Werbetext der Mord zu Beginn Erwähnung, noch der
Fakt, dass Klaus Troger (Harry Meyen) nur deshalb auf die Party mitkommt, um
den lästigen Zeugen unauffällig erledigen zu können. Der Tote während des
"Mörderspiels" ist entsprechend ein Produkt des Zufalls, da ihn
Troger mit Kersten in der Dunkelheit verwechselt. Damit nahm Ashley der
Handlung jeden wesentlichen Aspekt einer typischen "Who done it"-Handlung, aber anstatt sich
auf die entstehende Gesellschafts-Satire einzulassen, wurde Kritik an einer fehlenden
Spannung geübt, die der Regisseur gezielt vermied. Der Blick sollte frei bleiben auf eine
prototypische Ansammlung von angeblichen Erfolgstypen, die sich unfähig zur
Selbstkritik in ihren geschwätzigen Posen gefallen.
"Mörderspiel"
bemühte sich weder um Differenzierungen, noch leise Zwischentöne, aber für
seine so brachiale, wie amüsante Abrechnung mit den Repräsentanten der
"besseren" Gesellschaft - Geschäftsmann, Rechtsanwalt, Arzt,
Architekt, Schauspieler, Journalist, Modeschöpfer - stand Ashley eine große
Anzahl hervorragender Filmschaffender zur Verfügung. Co-Autor Thomas Keck hatte
die Dialoge zu Wolfgang Neuss' Film "Wir Kellerkinder" (1960)
geschrieben und war an "Der letzte Zeuge" (1960) von Wolfgang Staudte
beteiligt, in dessen gesellschaftskritischen Film "Kirmes" (1960)
Götz George und Wolfgang Reichmann zuvor die Rollen der Antipoden übernommen
hatten. Reichmann glänzt hier als besoffener Arzt, aber besonders der als
Sympathieträger besetzte George überrascht, indem er die hohle Fassade des
äußerlich so jovialen Jung-Architekten entlarvt.
Auch Hanne
Wieder ("Das Mädchen Rosemarie" (1958)) und Robert Graf
("Jonas" (1957)) stehen für das moderne deutsche Nachkriegskino,
während die Fellini-Darstellerin Magali Noël ("La dolce vita" (Das
süße Leben, 1960)) und der französische Mime Georges Rivière ("La vergine
di Norimberga" (Die Gruft der lebenden Leichen, 1963)) zum internationalen
Flair der deutsch-französischen Co-Produktion beitrugen. Bemerkenswert ist auch
die Beteiligung von Eberhard Schröder als Regie-Assistent, der später zu einem
wichtigen Protagonisten des Erotik-Films ("Die Klosterschülerinnen"
(1972)) wurde. Ebenso lässt es sich nicht übersehen, dass mit dem zweifachen
Oscar-Preisträger Sven Nykvist ("Fanny und Alexander" (1972)) ein
Könner hinter der Kamera stand, der eine Handlung mit originellen Einstellungen
einfing, die zuletzt Kriminalhandlung sein wollte. Angesichts der egozentrischen
Selbstdarsteller, die hier die Szenerie beherrschen, wird der Serienmörder zur
unscheinbaren Nebenfigur.
weitere im Blog besprochene Filme von Helmut Ashley:
"Das schwarze Schaf" (1960)
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