Inhalt:
Peter
van Booven (O.W. Fischer), ständig pleite und von seinen Gläubigern verfolgt,
will die junge Gerda (Gertrud Kückelmann) dazu überreden, ihr gemeinsames Kind
abtreiben zu lassen. Mehr als ein kurzes Abenteuer wäre das zwischen ihnen
nicht gewesen und sie würden auch nicht zusammenpassen. Ohne ihr Unglück weiter
zu beachten, begibt er sich zu dem Chefarzt Professor Linz (Carl Wery), der mit
seinem Vater befreundet war, um ihn um einen Eingriff bei Gerda zu bitten.
Zuerst ihm wohlwollend begegnend, verweigert der Arzt empört Van Boovens
Ansinnen und wirft ihn aus seiner Praxis.
Als er aus dem Krankenhaus tritt, begegnet er Sybilla Zander (Ruth
Leuwerik), einer ehemaligen Klassenkameradin, die sich wegen ihrer Schmerzen am
Hinterkopf bei dem mit ihr befreundeten Professor untersuchen lassen will. Er
erkennt die unscheinbare, allein stehende junge Frau aus reichem Hause sofort
wieder, die sich nicht verändert hat – schon während der Schulzeit hatte er sie
„Alte Schachtel“ genannt. Wenig später kehrt er nochmals ins Krankenhaus
zurück, da er seinen Hut vergaß, und wird zufällig Zeuge eines Gesprächs unter
Ärzten, in dem Professor Linz seine tödliche Diagnose äußert. Sybilla hat
seiner Meinung nach nur noch sechs Monate zu leben. Wieder in seiner kleinen
Wohnung, erfährt er von seiner Vermieterin (Lina Carstens), dass ein
ungehobelter Kerl nach ihm gefragt hätte, der bald wieder kommen will. Peter
van Booven fasst einen perfiden Plan…
Ein Abenteurer, dem die Gläubiger im Nacken sitzen und dessen einzige
Reaktion darauf, dass seine Geliebte schwanger ist, darin liegt, sich bei einem
Arzt um eine Abtreibung zu bemühen, hört in dessen Praxis zufällig mit, dass
eine frühere Klassenkameradin an einem unheilbaren Tumor leidet und nur noch
wenige Monate zu leben hat. Zwar machte er sich schon damals über das
altmodische, unscheinbare Aussehen der Industriellentochter lustig, aber
angesichts des verlockenden Erbes, dass auf einen Schlag seine Probleme lösen
könnte, setzt er seinen gesamten Charme ein, um ihre frühere Bekanntschaft
wieder aufzufrischen. Mit Erfolg, denn die nach einer Operation noch
geschwächte junge Frau, die nichts von ihrem tatsächlichen Zustand weiß - der
mit ihr befreundete Arzt wagt es nicht, sie über ihren baldigen Tod aufzuklären
- freut sich über dessen Aufmerksamkeiten und verliebt sich in den attraktiven
Mann.
Angesichts dieser Schmonzette überrascht es nicht, dass der Text als
Fortsetzungsroman Anfang der 50er Jahre in der "Hör Zu"
veröffentlicht wurde, geschrieben von deren langjährigen Chefredakteur Eduard
Rhein unter dem Pseudonym Hans-Ulrich Horster. Entsprechend geringschätzig
fielen die Kommentare der zeitgenössischen Kritiker ("oberflächlich
konstruiert", "konventionell und falsch im Stoff") für einen
Filmplott aus, der auch in heutigen Komödien vorstellbar wäre. Erst die
Zusammenführung zweier gegensätzlicher kaum vorstellbarer Menschen unter
emotional zugespitzten Bedingungen, die folgerichtig zu geschlechtsimmanenten
Charakter Veränderungen führen - aus dem hässlichen Entchen wird ein schöner
Schwan und aus dem egoistischen Schwerenöter ein verantwortungsvoller Ehemann.
Äußerlich beschreitet "Ein Herz spielt falsch" genau diesen Weg, aber
es wird deutlich, wie zeitlos, konkret und stimmig Regisseur Rudolf Jugert und
seine Drehbuchautorin Erna Fentsch, Ehefrau von Carl Wery und mehrfache
Mitstreiterin Jugerts („Ich heiße Niki“, 1952), die Romanvorlage umsetzten.
Dank seines Charmes vermied O.W. Fischer eine gänzlich unsympathische
Gestaltung des berechnend vorgehenden männlichen Protagonisten Peter van
Booven, aber an Konsequenz ließ er es nicht missen. Die von ihm schwangere
Gerda (Gertrud Kückelmann) weist er zurück, bis sie sich das Leben nehmen will.
Mit der Erinnerung an seinen verstorbenen Vater versucht er dessen Freund Professor
Linz (Carl Wery) zu einer Abtreibung zu überreden und für den Blumenstrauß, mit
dem er bei seiner früheren Klassenkameradin Sybilla Zander (Ruth Leuwerik) am
Krankenbett Eindruck schinden will, verkauft er ein Andenken an den gefallen
Sohn seiner Vermieterin (Lina Carstens). Selbst heute ließe sich kaum ein
männlicher Filmstar auf das Risiko ein, eine ähnlich negativ besetzte
Hauptfigur zu spielen, die Anfang der 50er Jahre zudem gegen die sehr viel
konservativeren moralischen Standards verstieß. So überzeichnet diese Figur
angelegt wurde, so authentisch vermittelt sie die häufig gebrochenen
Lebensläufe in der Nachkriegszeit. O.W. Fischer spielte van Booven als
Getriebenen, der nach dem Krieg die Kontrolle über sein Leben verloren hat und
dem jedes Mittel recht ist, um seiner Notlage zu entkommen. Trotz dessen
Charakterlosigkeit fiel es damals nicht schwer, sich mit dessen Situation zu
identifizieren.
Ruth Leuwerik verkörperte das Gegenteil – eine altmodisch wirkende junge
Frau, die von geradezu atemberaubender Verlässlichkeit und innerer Ruhe ist.
Schon während ihrer gemeinsamen Schulzeit nannte sie Van Booven eine „Alte
Schachtel“, aber diese Bezeichnung erweist sich hier als Prädikat. Denn im
Gegensatz zu den üblichen Geschichten vom „Hässlichen Entchen“ ändert sie sich
nicht, sondern gewinnt in den Augen des Betrachters gerade dadurch, dass sie
sich selbst treu bleibt. Ruth Leuwerik, die zuvor schon zwei Filme an der Seite
Dieter Borsches gedreht hatte und mit „Königliche Hoheit“ (1953, Regie Harald
Braun) noch im selben Jahr eine weitere Zusammenarbeit folgen ließ, wurde durch
„Ein Herz spielt falsch“ endgültig zum großen Filmstar. Zwei weitere gemeinsame
Filme mit O.W. Fischer unter der Regie Helmut Käutners („Bildnis einer Unbekannten“ (1954) und „Ludwig II.: Glanz und Elend eines Königs“ (1955))
gaben Ruth Leuwerik erneut die Gelegenheit, einen selbstbewussten und
eigenständigen Frauen - Typus zu spielen, der auch viel über ihre enge
Zusammenarbeit mit Braun, Käutner und Jugert aussagt, die die frühen Jahre
ihrer Karriere prägten und mit denen sie auch später wiederholt zusammen
arbeitete.
Harald Braun, der einen Großteil der Käutner-Filme der 50er Jahre
produzierte (bis er früh 1960 starb), besetzte sie erstmals in einer Hauptrolle
in „Vater braucht eine Frau“ (1951) und Rudolf Jugert, seit Käutners erstem
Film „Kitty und die Weltkonferenz“ (1939) als Regie-Assistent an dessen Seite
tätig - bis er 1948 in „Film ohne Titel“ selbst erstmals die Regie übernahm –
profitierte in „Ein Herz spielt falsch“ ungemein von Leuweriks exaktem und
unaufgeregtem Spiel. Ihre Präsenz, die auch in den letzten Minuten des Films,
als ihr Tod unmittelbar bevorsteht, jedes Abgleiten in Kitsch verhindert und
O.W. Fischers schnelle Wandlung vom Saulus zum Paulus in den Hintergrund
drängt, verlieh dem Film die notwendige Seriosität, um hinter dem
klischeehaften Treiben den Angriff auf die damaligen Moralvorstellungen zu
erkennen. „Ein Herz spielt falsch“ klingt zwar nach schicksalsschwerem
Liebesdrama, aber Jugerts ein hohes Tempo vorlegender Unterhaltungsfilm wagte
die Grobheit menschlicher Abgründe um eine zentrale Frauenfigur, die sich
keinen gängigen Vorurteilen anbiederte.
"Ein Herz spielt falsch" Deutschland 1953, Regie: Rudolf Jugert, Drehbuch: Erna Fentsch, Hans-Ulrich Hörster, Darsteller : Ruth Leuwerik, O.W. Fischer, Carl Wery, Getrud Kückelmann, Lina Carstens, Günther Lüders, Gert Fröbe, Ernst F. Fürbringer, Rudolf Vogel, Laufzeit : 98 Minuten
weitere im Blog besprochene Filme von Rudolf Jugert:
"Der Meineidbauer" (1956)
"Studentin Helene Willfüer" (1956)
"Die feuerrote Baronesse" (1959)
"Die Wahrheit über Rosemarie" (1959)
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