Inhalt:
Manuel Aranda (Alain Noury) landet in Wien, um die Leiche seines ermordeten Vaters
zu überführen, ahnt aber nicht, dass er seit seiner Ankunft beobachtet wird.
Ein Profi-Killer wurde auf ihn angesetzt, der verhindern soll, dass Aranda zu
viel über die Hintergründe des Todes seines Vaters erfährt. Der junge Mann hat
viele Fragen, denn er begreift nicht, warum dieser von einer alten Frau getötet
wurde, die danach mit einer Zyankali-Kapsel Selbstmord beging.
Für
die Polizei scheint die Angelegenheit geklärt, weshalb er auf eigene Faust auf
Spurensuche geht. Als er am Grab der Mörderin Valerie Steinfeld (Ruth Leuwerik)
erstmals deren Nichte Irene Waldegg (Doris Kunstmann) begegnet, ist schon das
Gewehr des Killers auf ihn gerichtet, aber bevor dieser abdrücken kann, wird er
selbst durch einen gezielten Schuss getötet – ein Vorgang, von dem Manuel
Aranda nichts erfährt. Offensichtlich gibt es Interessenten, die nichts gegen
seine Nachforschungen haben, sondern sich Vorteile davon versprechen…
Die Simmel-Offensive der frühen 70er Jahre
Zwar
gelang dem österreichischen Journalisten und Schriftsteller Johannes Mario
Simmel mit seinem Roman "Es muss nicht immer Kaviar sein" schon 1960
ein großer Erfolg, der es auch zu einer zeitnahen Verfilmung mit O.W. Fischer
in der Hauptrolle brachte, aber erst Regisseur Alfred Vohrer begann 1971, nach
seinem Abschied von dem Edgar-Wallace-Franchise mit "Der Mann mit dem
Glasauge" (1969), mit sieben innerhalb von drei Jahren gedrehten
Simmel-Filmen dessen schriftstellerisches Werk umfassend für das Kino zu adaptieren.
Gemeinsam mit dem Autor Manfred Purzer, dessen moderner, von den späten 60er
Jahren beeinflusster Stil - sein erstes
Drehbuch schrieb er zu "Komm nur, mein liebstes Vögelein" (1968),
Regie Rolf Thiele - auch die aus den 50er und 60er Jahren stammenden Romane
entsprechend des Publikumsgeschmacks Anfang der 70er Jahre modernisierte.
Nachdem
sie zuvor bei "Inspektor Perrack greift ein" (1970) schon einmal
erfolgreich zusammengearbeitet hatten, starteten sie die Simmel-Reihe mit
dessen aktuellen Beststeller "Und Jimmy ging zum Regenbogen". Der
eintretende Erfolg an den Kinokassen zog in schneller Abfolge weitere
Verfilmungen nach sich, deren Chronologie zufällig wirkt. "Liebe ist nur
ein Wort" (1971) basierte auf einem 1963 erschienenen Roman, "Der
Stoff, aus dem die Träume sind" (1972) griff dagegen wieder Simmels neueste
Veröffentlichung auf, bevor mit "Und der Regen verwischt jede Spur"
(1972) ein Film im "Simmel-Stil" nachgeschoben wurde - eine Methodik,
die an die späten Edgar-Wallace-Verfilmungen erinnerte, deren Drehbücher nicht
mehr nach den Original-Romanen, sondern im „Wallace-Style“ verfasst wurden. Das
Drehbuch dazu erdachte Purzer gemeinsam mit dem französischen Autor Michel Gast
(„Die Klosterschülerinnen“ (1972)) nach einer Kurzgeschichte von Alexander
Puschkin.
Bei
den 1973 folgenden Verfilmungen "Alle Menschen werden Brüder" und
"Gott schützt die Liebenden“ kamen erneut ältere Romane von 1967 und 1957
zu Ehren, bevor Vohrer nach dem brandneuen Bestseller "Die Antwort kennt
nur der Wind" 1974 seinen letzten Beitrag ablieferte. Manfred Purzer
schrieb noch das Drehbuch zu dem 1962 erschienenen Roman „Bis zur bitteren
Neige“, den der Fernsehregisseur Gert Oswald herausbrachte. Mit dem neunten
Film der Simmel-Reihe „Lieb Vaterland magst ruhig sein“ (1976) auf Basis des
letzten noch nicht verfilmten Simmel-Romans der 60er Jahre setzte Roland Klick,
Regisseur und Autor in Personalunion, den vorläufigen Schlusspunkt.
Dass
die seit mehr als 10 Jahren populären Romane Johannes Mario Simmels erst Anfang
der 70er Jahre im großen Stil verfilmt wurden, war kein Zufall. Bei dem frühen
„Es muss nicht immer Kaviar sein“ handelte es sich um eine gemäßigte Satire auf
internationale Gepflogenheiten im Agenten-Milieu, deren Anspielungen nicht
wehtaten, aber Simmels bevorzugte, seine eigene jüdische Vergangenheit
reflektierende Beschäftigung mit den Verbrechen der Nazi-Zeit und deren
mangelhafte Aufarbeitung in der Bundesrepublik nach dem Krieg, benötigte die
gesellschaftspolitischen Veränderungen Ende der 60er Jahre, um auch im Kino
große Publikumsschichten zu erreichen. Simmel bettete seine dramatischen
Hintergründe in einen unterhaltenden Kontext, der ihm zu seinem eigenen
Leidwesen über Jahrzehnte den Vorwurf der Trivialität einbrachte, der sich für
Vohrer aber als ideal erwies. Erst die dezenten kritischen Aspekte verliehen
den meist mit einer Liebesgeschichte verbundenen, publikumswirksam inszenierten
Thrillern die notwendige Modernität, um sie aus der Masse herauszuheben,
erwiesen sich für die Reputation der Simmel-Romane beim Feuilleton aber als
wenig förderlich.
Und Jimmy ging zum Regenbogen
"Und
Jimmy ging zum Regenbogen" kann in dieser Hinsicht als prototypisch
gelten, denn obwohl sich Vohrers erster Simmel-Film mit der bis heute aktuellen
Thematik von Naziverbrechern auseinandersetzte, die nach dem Krieg ein
bürgerliches Dasein führen konnten - auch dank der Interessen staatlicher
Behörden - blieb er als reiner Unterhaltungsfilm in einer zunehmend
verblassenden Erinnerung. Der junge französische Darsteller Alain Noury, der
noch in "Und der Regen verwischt jede Spur" von Vohrer in der
Hauptrolle besetzt wurde, und die ebenfalls in zwei Simmel-Filmen auftretende
Doris Kunstmann verkörperten ein im Stil der frühen 70er Jahre attraktives
Paar, deren Annäherung Vohrer mit einer weichgezeichneten Linse und
romantischer Musik ins Bild rückte, die die innere Tragik ihrer Begegnung noch
betonen sollte. In der Kombination mit den knallharten Interessen der
widerstreitenden englischen, französischen und US-amerikanischen Geheimdienste
- wie in fast allen Vohrer-Simmel-Verfilmungen mit Herbert Fleischmann als
charismatischem Mittelpunkt - entwickelte sich daraus ein Verwirrspiel, das die
jeweiligen Motive und inneren Zusammenhänge lange im Ungewissen belässt.
Manuel
Aranda (Alain Noury) war nach Wien gekommen, um die Leiche seine Vaters zu
überführen, aber die seltsamen Umstände seines Todes - eine alte Bibliothekarin
hatte ihn ermordet, um danach mit einer Zyankali-Kapsel Selbstmord zu begehen -
lassen ihm keine Ruhe, weshalb er sich gegen den Willen der Behörden um die
Aufklärung der näheren Hintergründe bemüht. Schon am Grab der Mörderin Valerie
Steinfeld, an dem er deren Nichte Irene Waldegg (Doris Kunstmann) erstmals
begegnet, in die er sich sofort verliebt, entgeht er nur knapp und ohne sein
Wissen einem Mordanschlag, dessen Hintergründe sich dem Betrachter zu diesem
Zeitpunkt nicht erschließen. Denn Aranda hatte mit der gefährlich werdenden
Suche nach der Vergangenheit seines Vaters noch nicht begonnen.
In
Rückblenden aus der Zeit des Nationalsozialismus beginnt der Film eine
parallele Handlung mit Valerie Steinfeld (Ruth Leuwerik) im Zentrum, deren
jüdischer Ehemann geflohen ist und deren gemeinsamer Sohn Heinz (Franz Elkins)
als Halbjude zunehmend in die Mühlen der Rassenpolitik gerät. Gemeinsam mit dem
engagierten Anwalt Dr. Forster (Horst Tappert) versucht Valerie zu beweisen,
dass sie ihren Mann betrogen hätte, und ihr Sohn nicht von diesem abstammt.
Diese Szenen beeindrucken in der Konfrontation mit einer Gerichtsbarkeit, die
über die Wahrheit dieser Schutzbehauptung urteilen soll, und demaskieren die
Verlogenheit der rassistischen Argumentation. Besonders das der Halbjude Heinz
trotz seiner Benachteiligung ein glühender Nazi ist, der seinen Vater hasst und
seinen "Freispruch" sofort zum Eintritt in die Waffen-SS nutzt,
bleibt als Symbol für die ideologische Verblendung in Erinnerung.
Diese
Szenen verfehlen ihre kritische Wirkung nicht, aber sie gehen in einer mehr als
2stündigen Laufzeit unter, die sich nicht auf die tragischen Konsequenzen der
mangelnden Aufarbeitung von Nazi-Verbrechen beschränkte. Als hätte die Begegnung
des Sohnes des Ermordeten mit der Nichte der Mörderin nicht genügt, um an Hand
einer langsamen Aufklärung der Hintergründe für Spannung zu sorgen, kombinierte
Simmel den Plot noch mit Geheimdienstinteressen, chemischen Waffen,
Experimenten an Menschen und einer Vielzahl an Nebenschicksalen, die allein
einen ganzen Film wert gewesen wären. Judy Winter als Prostituierte und
Doppelagentin, sowie Horst Frank als SS-Mann, der sie trotz des Wissens über
ihre Rolle verehrt, hätten eine tiefer gehende Betrachtung verdient gehabt,
aber angesichts der Fülle an Themen und Schicksalen gelang es dem Film nicht,
mehr als ein wenig an der Oberfläche zu kratzen.
Um
"Und Johnny ging zum Regenbogen" - ein Zitat, dass zur
Entschlüsselung eines Geheim-Codes führt – eine weiter gehende
gesellschaftskritische Dimension zuzubilligen, bleibt der Film zu plakativ und
klischeehaft. Besonders die Initialzündung der Story - der Grund für den Mord
an dem alten Mann - wird zu sehr an den äußeren Umständen festgemacht, so
perfide und menschenverachtend diese auch waren. Eine charakterliche
Entwicklung der Betroffenen innerhalb von drei Jahrzehnten wurde dagegen nicht
in Betracht gezogen. So offensichtlich diese Schwächen sind, sollten sie nicht
übersehen lassen, dass nur auf diese Weise der Zugang zu großen
Publikumskreisen gelang. Sowohl Simmels Roman, als auch Vohrers filmische
Umsetzung spiegeln den Zeitgeist der frühen 70er Jahre nahezu ideal wider, als die
noch sehr konservativ geprägte Gesellschaft erst langsam begann, sich der Auseinandersetzung mit ihrer unmittelbaren Vergangenheit zu nähern.
"Und Jimmy ging zum Regenbogen" Deutschland, Österreich 1971, Regie: Alfred Vohrer, Drehbuch: Manfred Purzer, Johannes Mario Simmel (Roman), Darsteller : Alain Noury, Doris Kunstmann, Horst Frank, Horst Tappert, Judy Winter, Ruth Leuwerik, Herbert Fleischmann, Heinz Baumann, Klaus Schwarzkopf, Laufzeit : 133 Minuten
weitere im Blog besprochene Filme von Alfred Vohrer:
"Bis dass das Geld euch scheidet" (1960)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen