Inhalt: Als
der langjährige Förster Ferdinand Aiblinger (Willy Rösner) des nachts glaubt,
zwei Schmugglern auf die Spur gekommen zu sein, muss er feststellen, dass es
sich nur um Direktor Emil Zoppel (Ernst Waldow) aus Berlin handelt, der seinen
Urlaub in den bayerischen Bergen verbringt. Gemeinsam mit dem Knecht der
Pension seiner zwei Nichten Barbara (Edith Mill) und Gretl (Elisabeth Terval)
Aiblinger, versucht dieser einem seltenen Nachtvogel auf die Spur zu kommen.
Diese Art Misserfolg begleitete den Förster schon länger, weshalb er gegen
seinen Willen in die Pension versetzt wird und ein jüngerer Kollege seine
Stelle übernimmt.
Entsprechend
ablehnend reagiert er auf seinen Nachfolger Franz Sixt (Helmuth Schneider), als
dieser abends ausgerechnet in der Pension seiner Nichten auftaucht und ganz
offensichtlich mit ihnen flirtet. Es kommt zu einem offenen Streit, den Sixt
damit beendet, dass er die Gaststätte verlässt. Sie ahnen nicht, dass
Schmuggler ihre Ware im Keller der Pension versteckt hatten, als sie in der
Nacht zuvor von Grenzpolizisten gestört wurden. Als sie deshalb versuchen,
wieder an ihr Schmuggelgut heranzukommen, werden sie zufällig von dem jungen
Förster gestört. Der Schuss, der ihn trifft, verletzt ihn nicht schwer, aber
die Tatwaffe gehört eindeutig dem alten Förster Aiblinger, weshalb er von der
Polizei als Verdächtiger verhaftet wird...
Als
"Jägerblut" Weihnachten 1957 in die deutschen Kinos kam, hatte das
Heimatfilm-Genre seine Hochphase schon überschritten. Zwar bestand nach wie vor
eine große Nachfrage, aber die Standards, die sich seit den frühen 50er Jahren
als Erfolg versprechend erwiesen hatten, wurden in der Regel nur noch leicht
verändert wiederholt - ein signifikantes Verhalten für eine abklingende Phase,
die von dem möglichst risikolosen Versuch bestimmt wird, letzten
wirtschaftlichen Nutzen aus einem Erfolgsmodell zu ziehen. Der Hintergrund
einer intakten, vertrauten Landschaft gehörte von Beginn an zu den Grundlagen
des Heimatfilms, ebenso wie eine hierarchisch geprägte, die traditionellen
Geschlechterrollen betonende Sozialisation, aber zunehmend war der häufig
ernsthafte, teilweise dramatische Grundtenor früher Heimatfilme einer
ausgewogenen Unterhaltungsmischung gewichen - komödiantische Elemente und eine
voraussehbare Liebesgeschichte, die nur Komplexität vortäuschte, wechselten sich mit eingestreuten folkloristischen
Szenen ab, um eine möglichst große Zuschauerzahl zu befriedigen. Die eigenständigen
Heimatfilme unter der Regie von Hans H. König blieben eine seltene Ausnahme
innerhalb des Genres, aber in "Jägerblut", seinem letzten Film als
Regisseur - wie gewohnt mit Johannes Kai als Drehbuchautor an seiner Seite -
schien ihn diese individuelle Ausrichtung verlassen zu haben.
Zum
wiederholten Mal stand ein Förster im Mittelpunkt, der in die Mühlen aus
Ablehnung, Eifersucht und Verbrechen gerät. Da der alternde Förster Ferdinand
Aiblinger (Willy Rösner) seinen Aufgaben nicht mehr gewachsen zu sein scheint,
wird er von Franz Sixt (Helmuth Schneider) abgelöst, der auch das Forsthaus neu
bezieht. Schon an einem der ersten Abende, als Sixt sich in die Gaststätte der
Pension der Schwestern Barbara (Edith Mill) und Gretl Aiblinger (Elisabeth
Terval) begibt – Tanz und Heimatgesang inbegriffen – gerät er in Streit mit
seinem dickköpfigen Vorgänger. Auch Toni Moosbacher (Jan Henricks),
ortsansässiger Frauenheld, reagiert nicht erfreut auf den Neuankömmling, der
Gretl zu nah rückt. Zudem erschwert der junge Förster seine einträgliche Arbeit
als Schmuggler, die er mit den beiden Brüdern Benno (Hans von Bosordy) und Simon
Schaidler betreibt. Zusätzlich wird der bayerische Bergort noch von den
gewohnten Witzfiguren bevölkert, wie dem „preußischen“ Touristen aus Berlin
(Ernst Waldow), der nachts nach einer Eule sucht, die es in den Bergen nicht
gibt, und Schleifspuren eines Seils an einem Baum für eine Tierspur hält. Gemeinsam
mit dem Knecht seiner Pension begibt er sich auf nächtliche Ausflüge, die meist
in alkoholischen Exzessen münden, was wiederum den Ärger der Ehefrau (Ruth
Lommel) des Urlaubers und der Magd hervorruft, die ein Auge auf ihren Kollegen
geworfen hat.
Es dauert
nicht lange, bis es zu einem Schuss kommt. Der neue Förster wird getroffen und
sein Vorgänger verhaftet, weil die Patrone aus seiner Dienstpistole stammt, die
am Tatort aufgefunden wird. Aiblinger gibt zwar zu, den Verlust seiner
Dienstwaffe nicht gemeldet zu haben, weil er zuvor schon in die Kritik geraten
war, schwört aber, unschuldig zu sein – doch die Indizien sprechen gegen ihn. „Jägerblut“
verfügt über sämtliche Voraussetzungen für eine wilde Schmonzette. Große
Liebesgefühle im Kampf um eine begehrte Frau und dramatische Szenen um Recht
und Unrecht könnten auf der Leinwand herrschen, während die Flachlandtiroler
neckischen Spielchen nachgehen und der Damenchor heimatliches Volksliedgut
erklingen lässt. Und was macht Hans H. König daraus? – Einen straff erzählten, fast
provokativ zurückhaltenden Film.
Der Schuss
auf Franz Sixt hat nur eine Fleischwunde zur Folge, die den Protagonisten nicht
aus der Bahn wirft. Dass Aiblinger auf ihn geschossen haben soll, glaubt außer
der Polizei Niemand, denn auf das übliche Schüren übertriebener Emotionen -
Hassgefühle, Verzweiflung oder dramatische Vorwürfe - verzichtete König
vollständig. Auch die Liebesgeschichten bewahren sich in „Jägerblut“ einen eigenartig
nebensächlichen Charakter. Besonders um Edith Mill, die in den meisten
Heimatfilmen unter Königs Regie die Hauptrolle spielte und hier ebenfalls ihren
Abschied vom Genre gab, geschieht fast nichts. Mit Ludwig Angerer (Armin
Dahlen) entwickelt sich eine Beziehung, die nur kurz Irritationen ausgesetzt
wird. Selbst die Eifersüchteleien um ihre Schwester Gretl, die versucht Toni
Moosbacher gegen den Förster auszuspielen, erhalten keinen ernsthaft dramatischen
Gestus, so wie den komödiantischen Szenen die übliche Penetranz und Überheblichkeit
fehlt.
Oberflächlich
betrachtet erscheint „Jägerblut“ heute als typischer, die gängigen Stilmittel
verwendender Genre-Vertreter, doch im Vergleich wird deutlich, dass Hans H.
König die Thematik nicht nur entschlackte, sondern auch Klischees vermied. Die
beiden weiblichen Protagonistinnen werden zwar geheiratet, aber weder untergeordnet,
noch müssen sie als zu rettende Opfer für die männlichen Helden herhalten -
besonders Edith Mill tritt wie häufig in Königs Filmen („Der Fischer vom Heiligensee“ (1955)) selbstbewusst und bestimmt auf. Ihr grantiger Onkel, der
gegen seinen Willen pensioniert wird, nimmt als Familienältester nicht die
Position eines Oberhauptes ein – ein klassisches Motiv im Heimatfilm - sondern
wird gezwungen, sich in seine Situation zu fügen. Zu verdanken ist der
geradlinige Charakter des Films einer kammerspielartigen Szenerie, in der nur
selten Statisten ins Bild gerückt werden, und einer Bildsprache, die neben den
klassischen Gebirgsbildern mit nächtlichen Aufnahmen von Schluchten und
Baumwipfeln auch eine melancholisch, düstere Stimmung verbreiten kann, wie sie
auch in dem von Edith Mill gesungenen Lied nachzuempfinden ist.
Ob Hans H.
König, der in seinem vorletzten Heimatfilm „Heiße Ernte“ (1956) eine individuellere
Storyanlage wählte, in „Jägerblut“ den Gesetzen der Branche folgen musste,
bleibt Spekulation. Es wurde sein letzter Film, mit dem es ihm gelang, die
klassischen Genre-Regeln in einen nachvollziehbaren, unangenehme Auswüchse
vermeidenden Rahmen unterzubringen.
weitere im Blog besprochene Filme von Hans H. König:
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