Sonntag, 10. November 2013

Er kann's nicht lassen (1962) Axel von Ambesser

Inhalt: Pater Brown (Heinz Rühmann) lässt sich auch als Gemeindepfarrer der kleinen Insel Evert's Rock, auf die er vom Bischof strafversetzt wurde, nicht unterkriegen. Rigoros mischt er sich in einen Streit um ein Fässchen Whiskey ein, was ihm nur wenige Sympathiepunkte bei den hart gesottenen irischen Schmugglern einbringt. Als er in einem unzugänglichen Kellergewölbe des Pfarrhauses ein wertvolles Gemälde findet, das kurz darauf gestohlen wird, kann er deshalb auf keine Informationen von Seiten der Einheimischen hoffen. Der Diebstahl geschah ausgerechnet in dem Moment, als er beim Bischof (Rudolf Forster) zum Rapport antreten musste, weil er mit dem Fund erneut Schlagzeilen verursacht hatte – mit dem Ergebnis, dass er sofort wieder auf die Insel zurückkehren soll, um das Bild wieder zu beschaffen.

Selbstverständlich gelingt Brown dieses Unterfangen, aber er verschont die Diebe, indem er sie zur Beichte bittet – niemals zuvor war die Kirche so gut gefüllt, wie an diesem Tag. Dieser Erfolg verhindert zwar seine Strafversetzung in den Innendienst, aber trotzdem muss er mit seiner Haushälterin (Lina Carstens) den Gang in eine neue Gemeinde antreten. Angeblich bestand dort das einzige Verbrechen der letzten sieben Jahre aus dem Diebstahl eines Golfballs, aber schon auf seiner Fahrt zum Pfarrhaus wird er Zeuge eines heftigen Streits zwischen seit langem verfeindeten Nachbarn…


Auch wenn "Er kann's nicht lassen" am Ende von "Das schwarze Schaf" (1960) als Fortsetzung schon angekündigt wurde, dauerte es beinahe zwei Jahre bis Heinz Rühmann als "Pater Brown" wieder auf die Leinwand zurückkehrte - nicht zum letzten Mal, denn Lucio Fulci sollte ihn 1967 in der internationalen Produktion "Operazione San Pietro" (Die Abenteuer des Kardinal Braun) erneut auf das Publikum loslassen, aber das hatte mit den gemütlichen Schwarz-Weiß-Krimis der frühen 60er Jahre um den detektivisch begabten Geistlichen nichts mehr gemeinsam. Dagegen wurde "Er kann's nicht lassen" dem sehr erfolgreichen Erstling stark nachempfunden, weshalb es überrascht, dass der Cast fast vollständig ausgetauscht wurde - nur die unverzichtbaren Lina Carstens und Heinz Rühmann gehörten erneut zur Crew.

Wie weit Rühmann selbst darauf Einfluss nahm, bleibt Spekulation, aber mit Axel von Ambesser übernahm ein Regisseur die Leitung, der zuvor schon "Der Pauker" (1958) und "Der brave Soldat Schwejk" (1960) mit ihm gedreht hatte - Kameramann Ashley hatte bei "Das schwarze Schaf" das erste Mal am Regiepult gestanden. Sieht man von Siegfried Lowitz einmal ab, der Browns besten Freund Flambeau im ersten Teil spielte und hier nur einmal kurz erwähnt wird, spielte der Austausch der übrigen Darstellerriege keine entscheidende Rolle. Rudolf Forster als Bischof gab ganz offiziell den Nachfolger und gehörte wie Grit Boettcher und Siegfried Wischnewski ebenso dem damaligen Mabuse/Edgar-Wallace-Darstellerkreis an, wie die Kollegen in "Das schwarze Schaf". Bemerkenswerter ist dagegen, dass mit Egon Eis ganz offiziell der Mann das Drehbuch übernahm, der seit "Der Frosch mit der Maske" (1959) entscheidend an der Entwicklung der Edgar-Wallace-Filmreihe beteiligt war - dem Film selbst ist das nicht positiv anzumerken.

Zwar setzte "Er kann's nicht lassen" erneut auf die Qualitäten seines Hauptdarstellers, schneidet im direkten Vergleich aber schlechter ab. War "Das schwarze Schaf" noch klar gegliedert in einen kurzen Kriminalfall zu Beginn, um den Charakter des Priesters mit detektivischem Spürsinn einzuführen, bevor sich der restliche Film einem komplexen Mordkomplott widmete, kann sein Nachfolger den typischen Hang zur krampfhaften Steigerung nicht leugnen. Dass Brown (Heinz Rühmann) beim Bischof (Rudolf Forster) antreten muss, weil er ein wertvolles Bild gefunden hat - womit er erneut auf den Titelseiten der Zeitungen landete - , von diesem aber sofort wieder zurückgeschickt wird, weil er den just während seiner Anreise begangenen Diebstahl des Bildes aufklären soll, um nach dessen Wiederbeschaffung doch in eine angeblich besonders harmlose Gemeinde versetzt zu werden, ist mindestens eine Wendung zu viel.

Die Macher konnten der Versuchung nicht widerstehen, Szenen, die im ersten Film gut angekommen waren, verstärkt zu bedienen. Die Auseinandersetzungen zwischen Pater Brown und dem Bischof gehörten in "Das schwarze Schaf" zu den Höhepunkten, waren aber sinnvoll platziert und überzeugten in ihrer Kritik an einer wenig liberalen kirchlichen Haltung. Dagegen ist Browns Versuch, die Münzsammler - Leidenschaft des Bischofs herauszufordern, völlig unnötig, wie auch der Einsatz von körperlicher Gewalt. Wahrscheinlich wurden die Judo-Szenen aus "Der Pauker" hier zum Vorbild, so dass Regisseur Von Ambesser und Heinz Rühmann darauf zurückgriffen und Brown sich mit einem Schulterwurf über die Kaimauer gegen einen Angreifer verteidigt. Abgesehen davon, dass sich ein paar hartgesottene irische Kerle kaum davon einschüchtern lassen, ist es gerade die Intelligenz, gepaart mit der friedlichen Aura des Geistlichen, die diese Figur so außergewöhnlich werden lässt. Endgültig ins Alberne verfällt der Film am Ende mit einer Verfolgungsjagd, die sowohl film- als auch storytechnisch nicht zu dem - trotz Rühmanns humorvollem Spiel - letztlich ernsthaften Kriminalfilm passt.

Den damaligen Kinobesuchern wird es egal gewesen sein, denn die Ansicht des Erstlings lag schon fast zwei Jahre zurück und ein unmittelbarer Vergleich war nur schwer möglich. Zwar fehlte „Er kann’s nicht lassen“ die atmosphärische Dichte und innere Schlüssigkeit des Vorgängerfilms, aber Heinz Rühmann blieb seiner Verkörperung des detektivisch begabten Pfarrers treu - letztlich die entscheidende Komponente für den Erfolg. Zudem ließ auch der Nachfolger für die Entstehungszeit erstaunlich liberale Ansichten erkennen, auch wenn die Kritik an der katholischen Kirche dezenter ausfiel. Der junge Mann, der seine Drogenabhängigkeit überwunden hat, und seine Freundin (Grit Boettcher), die mit ihm in "Wilder Ehe" zusammenlebt, werden zu Sympathieträgern, für die sich Brown einsetzt. Aus heutiger Sicht erscheint das wenig gewagt, zumal die moralischen Standards am Ende wieder in Ordnung gebracht werden, aber es trägt zum Vergnügen bei der Ansicht dieser im besten Sinn altmodischen Filme bei, auch wenn „Er kann’s nicht lassen“ zeitweise ein wenig aus der seriösen Spur gerät.

"Er kann's nicht lassen" Deutschland 1962, Regie: Axel von Ambesser, Drehbuch: Egon Eis, Carl Merz, G.K.Chesterton (Roman), Darsteller : Heinz Rühmann, Lina Carstens, Rudolf Forster, Grit Boettcher, Ruth Maria Kubitschek, Siegfried Wischnewski, Horst Tappert, Laufzeit : 91 Minuten

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