Inhalt: Seit
ihrer Hochzeit 1960 haben Henry (O.W.Fischer) und Liane (Liselotte Pulver) viel
Zeit im gemeinsamen Doppelbett verbracht, besonders an den folgenden
Hochzeitstagen, weshalb sich Liane auch an ihrem dritten Jahrestag auf ein
gemeinsames Frühstück mit ihrem Mann freut. Doch weit gefehlt – weder gibt es
besondere Speisen, noch Geschenke. Ihr Mann ist schon lange bei der Arbeit in
seinem Zeitungsverlag und nur das Hausmädchen Cilly (Ruth Stephan) serviert wie
gewohnt das tägliche Frühstück.
So schnell
gibt Liane nicht auf, zieht sich schick an und geht ins Pressehaus ihres
Mannes, ohne sich von dessen Vorzimmerdame (Edith Hancke) aufhalten zu lassen.
Doch es hilft nicht, denn er hat den Hochzeitstag vergessen und will abends nur
noch ins Bett, ohne zu begreifen, warum seine Frau den ganzen Tag so einen Aufriss
macht. Erst am nächsten Tag evrsteht er ihr Verhalten und geht zum direkten
Angriff über. Zuerst beschwert er sich bei ihr, nicht an ihr Jubiläum gedacht
zu haben, um danach zerknirscht zu gestehen, sich im Datum vertan zu haben. Liane
ist beruhigt und freut sich auf ein feudales Abendessen, worauf sie sich mit
ausführlicher Schönheitspflege vorbereitet – doch ihr Mann versetzt sie, da er
zu einem wichtigen Termin muss…
Die von der PIDAX am 17.01.2014 herausgebrachte DVD "Frühstück im Doppelbett" füllt nicht nur eine Lücke im umfangreichen Oevre Liselotte Pulvers, sondern gibt einen Einblick in die frühen 60er Jahre, der beweist, dass Fitness- und Gesundheitswahn oder die "sexuelle Revolution" schon früh in der Bundesrepublik ankamen. Der Film geriet trotz seiner prominenten Besetzung in Vergessenheit, da er sich sehr nah am damaligen Zeitgeschehen orientierte - genau das macht ihn heute wieder interessant.(Die grünen Links führen zur Amazon-Bestellseite).
Mit
"Frühstück im Doppelbett" entriss die „Pidax film media ltd.“ erneut einen Film
der Vergessenheit, der angesichts der beteiligten Künstler sofort die Frage
provoziert, warum er zuvor in der Versenkung verschwand. Die Besetzung mit
Liselotte Pulver, die im selben Jahr den Bambi als beste nationale Darstellerin
verliehen bekam, O.W.Fischer, seit Beginn der 50er Jahre erfolgreich, dem dank
der Karl-May-Filme sehr populären Lex Barker und der als "Sex-Bombe"
bekannten Ann Smyrner erfüllte höchste Ansprüche, aber auch Regisseur Axel von
Ambesser und Autor Ladislas Fodor gehörten zu den erfolgreichsten Vertretern
ihrer Zunft. Fodor schrieb parallel die Drehbücher zu der "Mabuse" -
Filmreihe und Von Ambessers ebenfalls mit Liselotte Pulver in der Hauptrolle im
Jahr zuvor herausgebrachter Film "Kohlhiesls Töchter" (1962) gehört
heute noch zu den bekanntesten deutschen Filmkomödien dieser Zeit.
Doch Von
Ambesser und Fodor verstanden "Frühstück im Doppelbett" nicht als
reinen Unterhaltungsfilm, sondern als Gesellschaftssatire, die das Schicksal vieler
zeitaktueller Filme ereilte - sie wurde schnell altmodisch. Während die Story
um das junge Ehepaar Henry (O.W.Fischer) und Liane Clausen (Lieselotte Pulver),
das in den Routinemodus verfällt und sich scheiden lassen will, wenig
überraschend verläuft, vergeht kaum eine Minute, in der nicht irgendeine
Anspielung auf gegenwärtige Ereignisse oder gesellschaftliche Entwicklungen
geäußert wird - meist aus dem Mund O.W.Fischers in der Rolle eines
Zeitungsverlegers (sein Vorname „Henry“ spielte auf Stern-Herausgeber und
Chefredakteur „Henry Nannen“ an), aber immer aus einer konservativen Haltung
heraus. Zwar geben sich die Eheleute Clausen modern, jonglieren mit neuen
Partnern und gehen scheinbar leichtfertig mit einer Scheidung um, aber damit
wollten die Macher nur aktuelle Strömungen in der jungen BRD persiflieren.
Ernst meinten sie es damit nicht, denn geradezu penetrant betont der Film, dass
es zu keinen sexuellen Interaktionen mit den geplanten Nachfolgern kommt –
entsprechend rückständig erscheint der Film heute in seiner Betonung der
klassischen Geschlechterrollen etwa im Vergleich zu dem im selben Jahr
erschienenen Liebesfilm "Schloss Gripsholm".
Besonders
Liselotte Pulver, die häufig moderne, selbstständig agierende Frauenrollen
spielte, wirkt trotz ihres gewohnt frechen Mundwerks als verwöhnte Ehefrau, die
sich nur um ihr Aussehen und die Wohnungseinrichtung kümmert, fehlbesetzt. Die
Hausarbeit wird ihr von Cilly (Ruth Stephan) abgenommen und von Kindern ist nie
die Rede, weshalb ihre Rolle ganz untypisch nicht der Identifikation diente.
Möglicherweise konnten ihre Vorwürfe an den viel beschäftigten Ehemann, der
glatt den dritten Hochzeitstag vergisst, das damalige Publikum noch überzeugen,
aber aus heutiger Sicht wirken ihre Reaktionen unangemessen. Nachdem Henry am
nächsten Tag noch gerade die Kurve bekommen hatte – er behauptet sich im Datum
geirrt zu haben – versetzt er seine Frau beim geplanten Abendessen, weil er die
einmalige Gelegenheit bekam, Nikita Chruschtschow, den Regierungschef der UDSSR,
zu interviewen und es ihm vom Flughafen aus nicht mehr gelingt, sie zu
benachrichtigen. Ihr folgendes Techtelmechtel mit dem Fitnesstrainer Victor
(Lex Barker) und die plötzliche Scheidungsforderung, weil ihr Mann darauf
äußerlich gelassen reagierte, wirken völlig überzogen, weshalb dieser
Konstellation von Beginn an die Glaubwürdigkeit fehlte.
Entsprechend
kann es nicht funktionieren, „Frühstück im Doppelbett“ auf eine reine Komödie
zu reduzieren, viel mehr sollte der Film als das betrachtet werden, als das ihn
Von Ambesser und Fodor beabsichtigten – als zugespitzte satirische Betrachtung
der frühen 60er Jahre. Für diese These sprechen auch die künstliche,
theaterartige Kulisse oder die Einblendungen von Nikita Chruschtschow, der
angeblich direkt mit Henry kommuniziert. Keinen Moment versuchte der Film, real
zu wirken – einmal findet Liselotte Pulver unter Fotografien Prominenter wie
Franz-Josef Strauß, Konrad Adenauer oder Willy Brandt auch ein Fotos von sich
in der Rolle der weniger schönen Kohlhiesl Tochter aus ihrem letzten Film. Die
Macher planten einen Rundumschlag auf alle neuen Zeiterscheinungen, der
beweist, dass fast alles, was heute noch populär ist, damals schon seinen
Anfang nahm.
Lex
Barkers, seinen sonstigen Heldentypus kontrastierende Rolle ist eine
Verballhornung des beginnenden Fitness- und Gesundheitswahns, die in ihrer
klischeehaften Ausgestaltung nichts an Aktualität verloren hat. Yoga,
Gemüsesäfte und Schlankheitsmaschinen bestimmten schon die Freizeit der
Besserverdienenden und was die Macher davon hielten, zeigte sich in ihrer
Charakterisierung des Yoga- und Fitnesstrainers Victor, der ständig
Lebensweisheiten von sich gibt, dabei sein Einkommen aber nicht vergisst. Zudem
hat er keine Hemmungen, sofort nach Henrys Abwesenheit dessen Frau anzubaggern,
um genauso schnell den Schwanz einzuziehen, als dieser vermittelt, nichts
dagegen zu haben. War Victor zu Beginn noch ganz der charmante Draufgänger,
wird er plötzlich zum ungeschickten Frischluftfanatiker, weshalb Liane die
Nacht bei ihm auf dem Balkon in einem Schlafsack übernachten muss. Natürlich
ohne Sex – idiotischer hätte man diese Figur kaum degradieren können.
Ann Smirnow
als sexuell erfahrene Jung-Autorin Claudia, die ihren erotischen,
autobiografischen Roman von Henry verlegen lassen will, kommt dagegen besser
weg, aber ihre Rolle spielte ironisch auf die zunehmenden Sex-Welle seit
Nabokovs Erfolg mit „Lolita“ an. Mehrfach verwendet Henry spöttisch den Begriff
„Sexuelle Revolution“ in diesem Zusammenhang, der offensichtlich keine 68er-Erfindung
war. Auch Bemerkungen zur „Spiegel“-Affäre oder über das fortgeschrittene Alter
von Bundeskanzler Konrad Adenauer fallen, aber „Frühstück im Doppelbett“ kann
seine konservative Gesinnung nicht verbergen. Besonders die wiederholt von der
Hausangestellten Cilly vorgetragenen Klassenkampf - Parolen sollten, angesichts
ihres gut bezahlten Arbeitsplatzes, nur der Lächerlichkeit preisgegeben werden
– inclusive ihres angeblich allwissenden Arbeiterführer-Bruders.
Bei seinem
Erscheinen traf der Film noch auf eine mehrheitliche Zustimmung, aber die
fortschreitende Entwicklung der 60er Jahre überholte dessen keineswegs immer
unzutreffende, aber zu einseitigen ironischen Seitenhiebe schnell – zwei Jahre
später drehte Axel von Ambesser die Episode „Lolita“ zu der frühen
Erotik-Komödie „Das Liebeskarussell“(1965). Für ein Publikum der 70er Jahre
musste der Film schon altmodisch wirken - erst aus heutiger Sicht verbirgt sich
dahinter dessen Stärke als stimmiges Zeitdokument der frühen 60er Jahre.
"Frühstück im Doppelbett" Deutschland 1963, Regie: Axel von Ambesser, Drehbuch: Ladislas Fodor, Darsteller : Liselotte Pulver, O.W.Fischer, Lex Barker, Ann Smirnow, Ruth Stephan, Edith Hancke, Laufzeit : 96 Minuten
weitere im Blog besprochene Filme von Axel von Ambesser:
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