Inhalt: „Das
verbotene Paradies“ beginnt, begleitet vom Off-Kommentar Georg Thomallas, mit
dokumentarischen Aufnahmen deutschen Badevergnügens und zeichnet die
Entwicklung von hochgeschlossenen Badeanzügen und Geschlechtertrennung bis zum
freizügigen Bikini nach. Doch damit nicht genug, denn auch die FKK-Bewegung
wird in bunten Bildern wieder gegeben, die vor allem junge unbekleidete Frauen
bei gymnastischen Übungen auf der Wiese, am Strand und im Wasser zeigen.
Ein
Ruderboot mit fünf neugierigen älteren Insassen nähert sich vom See aus einem
abseits gelegenen Camp mit jungen Leuten in Badebekleidung. Diese fühlen sich
beobachtet, stürzen sich ins Wasser und kippen das Boot um, was eine Diskussion
zwischen der Besitzerin der Ferienanlage, Margit Sund (Maly Delschaft), und dem
Ehepaar Dettmann zur Folge hat. Herr Dettmann (Bruno Fritz) äußert sich empört
darüber, dass der Ruf seiner Tochter Inge (Brigitte Olm), die sich im Camp
aufhielt, darunter leidet und ist gegen deren Verbindung mit Margit Sunds Sohn
Thomas (Siegfried Breuer Jr.). Erneut scheint eine Liebe an den moralischen
Vorstellungen der Eltern zu scheitern, was Dr. Theo Krailing (Jan Hendriks),
einem Jugendfreund Margit Sunds, dazu animiert, eine Geschichte aus seiner
Jugend zu erzählen, um die Anwesenden umzustimmen…
Der von der PIDAX am 24.01.2014 herausgebrachte Film "Das verbotene Paradies" gehört zu den Skurrilitäten einer sich verändernden Gesellschaft, Ende der 50er Jahre. Obwohl er dank reichlicher Nacktaufnahmen in den ersten Minuten als früher Erotik-Film bekannt sein müsste, geriet er schnell in Vergessenheit, da die Freiwillige Selbstkontrolle die Veröffentlichung vierzehnmal zurückpfiff und dafür sorgte, dass die offenherzigen Bilder des Beginns dank einer die moralischen Grenzen einhaltenden Handlung wieder relativiert wurden. Unterhaltender Einblick in eine Phase des Widerstreits zwischen 50er Jahre Moral und Moderne (Die grünen Links führen zur Amazon-Bestellseite).
Angesichts der jungen Frauen, die sich - fast verschämt zwischen dokumentarischen Bildern eingeblendet - in den ersten 10 Minuten des Films nackt auf der Leinwand tummeln - meist aus einer Totalen bei gymnastischen Gruppenübungen betrachtet, aber auch die körperlichen Vorzüge aus der Nähe in Augenschein nehmend - überrascht es nicht, dass der von Arthur Brauner produzierte Film 1958 vierzehnmal vor seiner Aufführung von der FSK abgelehnt wurde, wie die "PIDAX Film" auf der Hülle ihrer DVD erwähnt. So harmlos und ohne sexuelle Attitüde die Nacktaufnahmen aus heutiger Sicht wirken, erfüllte "Das verbotene Paradies" die Voraussetzungen für einen veritablen Skandal und hätte es zum Ruf eines frühen Erotik-Films bringen können, denn die Einbindung in historische Dokumente deutscher Badekultur und Georg Thomallas launiger Kommentar aus dem Off lassen nicht übersehen, dass entgegen der selbst gewählten alters- und geschlechterübergreifenden Thematik fast ausschließlich junge und attraktive Frauen nackt ins Bild gerückt wurden.
Doch das
Gegenteil trat ein. "Das verbotene Paradies", welches mit Wolfgang
Lukschy, Günter Pfitzmann, Siegfried Schürenberg und Ingeborg Schöner über
damals bekannte Darsteller verfügte und unter der Regie Max Nossecks (als Max
Meier) entstand, der während seines Exils nach der Flucht vor den
Nationalsozialisten auch in Hollywood arbeitete, erregte weder Aufmerksamkeit,
noch blieb er in Erinnerung. Leider lassen sich die von der FSK erwirkten
Änderungen nicht mehr nachvollziehen, aber dem Film gelang in seiner
endgültigen Fassung das Kunststück, jeden weiteren provokativen oder erotischen
Anflug im Keim zu ersticken. Stattdessen entstand ein Unikat, das nach dem
dokumentarischen Beginn zwar in der damaligen Gegenwart anknüpfte, diese aber
nur als Rahmen für die tatsächliche Handlung des Films nutzte - eine vor 1914
spielende Story über den fiktiven Lehrer Professor Wetterstein (Wolfgang
Lukschy), der mit seinen Ideen über die Körperkultur im Freien bei seinen
konservativen Zeitgenossen aneckte.
Ob dessen
pädagogischen Vorstellungen der Anfang des letzten Jahrhunderts aufkommenden
"FKK"-Bewegung nahe standen, wird im Film nicht näher erläutert, denn
von Nackten ist nichts mehr zu sehen. Zwar beschwört die Rahmenhandlung einen
moralischen Konflikt in der Gegenwart, aber dieser erscheint seltsam zahnlos,
als hätte die FSK hier eingegriffen. Als Auslöser dient ein Streit zwischen
jungen Leuten in züchtiger Badebekleidung, die in einem Zeltlager abseits des
sonstigen Strandlebens campieren, und Neugierigen mittleren Alters, die mit
einem Boot über den See fahren, um sich deren Treiben näher anzusehen. Es ist
gut vorstellbar, dass ursprünglich die Konfrontation von Spannern und Nackten
beabsichtigt war, wie es die Zeichnung auf dem der DVD beigefügten Nachdruck
der "Illustrierten Filmbühne" vermittelt. Damit hätte sich auch deren
rüde Reaktion erklärt, das Boot mit den "Spießern" umzukippen.
Stattdessen entstand eine konstruiert wirkende Diskussion zwischen der
Besitzerin der Ferienanlage Margit Sund (Maly Delschaft) und dem Ehepaar
Dettmann, deren Tochter Inge (Brigitte Olm) sich gegen den Willen ihrer Eltern
in dem keineswegs verrucht wirkenden Camp aufhielt und Gegenstand von Klatsch
und Tratsch wurde.
Anstatt das
Verhalten der älteren Generation zu hinterfragen, gerät nur die Beziehung von Inge
zu Thomas (Siegfried Breuer Jr.), dem Sohn Margit Sunds, in den Fokus, die von
den Dettmanns auf Grund der Ereignisse missbilligt wird. Damit schlägt die
Stunde des Dr. Theo Krailing (Jan Hendriks), der wie gerufen erstmals nach
Jahrzehnten bei Margit Sund auftaucht und eine Geschichte aus ihrer gemeinsamen
Jugend erzählt, womit die eigentliche Handlung des Films beginnt. Diese
verdankt ihren Unterhaltungswert vor allem einem überzeugend als hinterlistigem
Assessor auftretenden Günter Pfitzmann, der nach außen Moral predigt und die
Klage gegen den angeblich unsittlichen Professor selbst übernimmt, mit den
Kameraden der schlagenden Verbindung aber gerne zwielichtige Lokale aufsucht
und das hübsche Industriellen-Töchterchen Elsa (Ingeborg Schöner) wegen der
Mitgift heiraten will, da ihm seine Gläubiger auf den Fersen sind. Entsprechend
nimmt die Story mehr einen komödiantischen als dramatischen Charakter an und
hätte als solitärer Film besser funktioniert.
Dass die
Macher ursprünglich ein Plädoyer für die Freikörperkultur beabsichtigten, lässt
sich nur noch rudimentär an dem knapp 80minütigen Film ablesen, denn
offensichtlich blieb nur die vor dem ersten Weltkrieg spielende Story von
Veränderungen verschont, da sie einen moralisch akzeptierten Konsens widerspiegelte.
Mit den Absichten des Pädagogen Professor Wetterstein, der die Ausübung
sportlicher Betätigung im Freien für Heranwachsende propagierte, um sie vor
schädlichen Einflüssen zu bewahren, konnte Ende der 50er Jahre Jeder mitgehen.
Nicht aber mit den Freuden der nach dem Krieg wieder auflebenden
Freikörperkultur, die in den 60er Jahren ihren Durchbruch erlebte. Dafür kam
"Das verbotene Paradies" noch zu früh, dessen Gegenwartsbezug
rückständiger wirkt als die Ereignisse kurz nach der Jahrhundertwende. Dass
dank der Erzählung von Theo Krailing Inge und Thomas am Ende wieder eine Chance
bekommen, ändert daran nichts - zu brav und moralisch integer werden sie
beschrieben, als das sich daraus ein Plädoyer für mehr Toleranz, über die
Vorstellungen eines Professor Wetterstein hinaus, ableiten ließe.
Dass „Das
verbotene Paradies“ keinen bleibenden Eindruck hinterließ, ist schade und
verständlich zugleich. Als Gesamtwerk wirkt der Film uneinheitlich, ist in seiner
Intention nicht schlüssig und verliert seine aufklärerische Absicht an typische
Komödienelemente. Gleichzeitig zeigt sich in seiner Handlung trefflich der
Widerstreit zwischen Moderne und der sehr konservativen Nachkriegsgesellschaft.
Die Nacktaufnahmen des Beginns wurden akzeptiert, aber die folgende Handlung
durfte nicht vom moralischen Pfad abweichen.
"Das verbotene Paradies" Deutschland 1958, Regie: Max Nosseck, Drehbuch: H.G. Bondy, Darsteller : Wolfgang Lukschy, Günter Pfitzmann, Jan Hendricks, Siegfried Schürenberg, Ingeborg Schöner, Bruno Fritz, Georg Thomalla (Specher), Laufzeit : 78 Minuten
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