Inhalt: Walter Lorenz (Walter Giller) arbeitet gegen geringe
Bezahlung als Klavierspieler und Dirigent an der Musik-Akademie von Professor
Hochstätter (Alexander Engel), die ständig in Geldnöten ist. Während der
Professor die klassische Ausbildung bevorzugt, ist Walter auf der Suche nach
dem ultimativen Schlager, von dem er sich den Durchbruch erhofft. Dank der
Sängerin Sherry Sommer (Nadia Tiller) bekommt er einen Auftrag als Arrangeur
bei einem Revuetheater und nutzt die Gelegenheit, vom Orchester eine seiner
Kompositionen spielen zu lassen, wird jedoch vom Direktor als missliebiger
Konkurrent rausgeworfen.
Friedl Hensch und die Cyprys |
Wie bei seiner Freundin Barbara Blanc (Germaine Damar), die
Nichte des Professors und eine begabte Tänzerin ohne Engagement, geht ohne
Protektion nichts. Verleger und Produzenten sind nicht bereit, Newcomer zu
fördern. Als sich Barbara bei dem Musikverleger Otto Bonnhoff (Walter Gross)
für Walters Komposition „Sei lieb zu mir“ einsetzen will, nutzt sie einen
unbeobachteten Moment, um die Noten in einen Brief-Umschlag des bekannten
Komponisten Fred Pauli (Karl Schönböck) zu stecken, der gerade von der Post
gebracht worden war. Im Glauben „Sei lieb zu mir“ sei von Pauli, bringt
Bonnhoff das Stück groß raus und macht es zu einem Erfolg…
Von der Operette zur Starparade – der „Schlagerfilm“ wird
zum eigenständigen Genre
Walter (Walter Giller) mit Bob (Harald Juhnke) und Cherry Sommer (Nadja Tiller) |
Während der Heimatfilm trotz aller Ressentiments einen
festen Platz in der deutschen Filmgeschichte besitzt, gilt der Schlagerfilm als
beiläufige Sub-Genre-Erscheinung - gut daran zu erkennen, dass die zeitliche
Einordnung und Abgrenzung schwer fällt. Der Filmwissenschaftler Jürgen Trimborn
erkannte im Schlagerfilm eine Ablösung des Heimatfilms Ende der 50er Jahre (siehe
„Der deutsche Heimatfilm der fünfziger Jahre. Motive, Symbole und
Handlungsmuster“, Köln: Teiresias-Vlg. Leppin 1998). Daraus folgernd werden die
frühen 60er Jahre häufig als Hochphase des Genres angesehen, um im gleichen
Atemzug große Stars wie Vico Torriani, Catarina Valente oder Peter Alexander
aufzuzählen. Deren Karrieren befanden sich aber schon ab Mitte der 50er Jahre
im Dauerhoch, abgesehen davon, dass sie nicht die Ersten waren, die dank des
Schlagerfilms groß raus kamen.
Germaine Damar in einer Tanzszene |
Mit der Luxemburgerin Germaine Damar wurde Anfang der 50er
Jahre eine begabte junge Tänzerin für den Musikfilm entdeckt, die bald schon im
aufkommenden Schlagerfilm reüssierte, als dessen erster Vertreter
"Schlagerparade" gelten kann. Nicht nur wegen des konkreten
Filmtitels, sondern dank eines sich langsam wandelnden Musikgeschmacks. Neben den
bekannten Schlagern der Vorkriegszeit, Operetten- und Volksmusik sowie diversen
Orchesterklängen traten zunehmend Interpreten in die Öffentlichkeit, deren
Lieder textlich und musikalisch auf die Modernisierung der Gesellschaft nach
dem Krieg reagierten. Zudem wurde „Schlagerparade“ die dritte Produktion der neu
gegründeten „Melodie Film“, die zu den Initiatoren des Schlagerfilms gehörte
und dem Metier bis 1960 („Schlager-Raketen“) treu blieb – ein weiteres Indiz
für die parallel zum Heimatfilm aufkommende Popularität des Genres.
Ein Hauch von Rock'n Roll - die Mundharmonika-Solisten |
Erik Ode sammelte seine ersten Musikfilm-Erfahrungen bei der
Verfilmung der Franz Lehàr-Operette „Land des Lächelns“ (1952), bei der er gemeinsam
mit dem Heimatfilm-Regisseur Hans Deppe („Schwarzwaldmädel“ (1950)) Regie
führte. Mehr noch steht der gebürtige Italiener, Liedtexter („Ich hab‘ noch
einen Koffer in Berlin“) und Drehbuchautor Aldo von Pinelli beispielhaft für
die nahe Verwandtschaft der Genres. In den Nachkriegsjahren einer der aktivsten
Drehbuchautoren im Heimatfilm („Die Alm an der Grenze“, 1951), wechselte er ab „Südliche
Nächte“ (1953) zu einem führenden Vertreter des Schlagerfilms („Wenn die Conny
mit dem Peter“, 1958). Die Handlung von „Südliche Nächte“, der zwei Monate vor „Schlagerparade“
in die Kinos kam und ebenfalls von der „Melodie Film“ produziert wurde, spielte
im Umfeld eines Varieté-Theaters und zeigte frühe Anklänge an touristische Werbung,
die im sogenannten „Tourismusfilm“ der späten 50er Jahre ihr Blüte erlebte. Pinellis
Partner am Drehbuch von „Schlagerparade“ war Hans Fritz Köllner, mit verantwortlich
für den NS-Propaganda-Film „Fronttheater“ (1942), der Kriegshandlungen und Gesangs-Auftritte
zur Ablenkung der Soldaten kombinierte. Köllners Schwerpunkt blieb auf dem Musikfilm
(„Stern von Rio“ (1955)), er schrieb aber auch das Drehbuch zu dem Heimatfilm „So
lange noch die Rosen blüh‘n“ (1956).
Eigenarten des Schlagerfilms
Johannes Heesters "Man müsste Klavier spielen können" |
Angesichts dieser Gemengelage aus Operetten-, Varietè-,
Heimat- und Tourismusfilm scheint die Abgrenzung zum „Schlagerfilm“ fast unmöglich.
Tatsächlich lässt sich kaum ein einschlägiger Film finden, der keine
stilistischen Anleihen bei den Genre-Verwandten nahm, späte Vertreter wie „Wenn
die Musik spielt am Wörthersee“ (1962) sind häufig fast bis zur Unkenntlichkeit
mit dem Heimatfilm verwoben (siehe „Der Weg in die Moderne - der Heimatfilm der Jahre 1958 bis 1969“). Trotzdem zeichnen schon „Schlagerparade“ eigenständige,
abgrenzende Genre-Merkmale aus, auch wenn die Musikauswahl noch die
Übergangsphase vom traditionellen Musikfilm widerspiegelte. Neben dem
französischen Chansonnier Maurice Chevalier, den Wiener Sängerknaben und
Johannes Heesters, der den Vorkriegs-Schlager „Man müsste Klavier spielen
können“ intonierte, traten aktuelle Stars wie Rudi Schuricke, das Cornell-Trio
oder Friedl Hensch und die Cyprys auf – offensichtlich sollten unterschiedliche
Bedürfnisse befriedigt werden.
Maurice Chevalier |
Im späteren Schlagerfilm nahmen die altmodischen Nummern zwar
ab, aber die Vielfalt blieb signifikant für ein Genre, dessen Musikstil im
Gegensatz zum Heimatfilm oder einer Operetten-Verfilmung nicht homogen war. Der
Schlagerfilm verstand sich als „Große Starparade“ - wie sich ein unter der Regie von Paul Martin im
folgenden Jahr herauskommender Genre-Vertreter folgerichtig nannte – und damit
als Bühne für bekannte, aber auch junge aufkommende Sänger wie Peter Alexander,
Udo Jürgens oder Catarina Valente. Neben reinen Schauspielern traten die
Künstler je nach Gewichtung der Handlung in fiktiven Rollen oder unter ihrem
eigenen Namen auf. Zu einer Zeit, in der nur wenige Deutsche einen eigenen
Fernseher besaßen, war das oft die einzige Möglichkeit, von Schallplatten her bekannte
Stars in Aktion sehen zu können – nicht ohne Grund verlief der Niedergang des
Schlagerfilms parallel zum endgültigen Durchbruch des aktuelleren Fernsehens.
Fred Pauli (Karl Schönböck) vor dem RIAS-Tanzorchester |
Ebenso signifikant für den Schlagerfilm ist eine Story, die
nur den Rahmen für die Show-Nummern abgibt. Die oft wiederholte Kritik an den vorhersehbaren
Handlungsmustern erstaunt deshalb, denn die Oberflächlichkeit ist quasi genre-immanent,
Originalität eine Ausnahme. Das erste Interesse galt den Interpreten, um die eine
Story gestrickt wurde, die meist in Künstlerkreisen spielte und mit einem
größeren Show-Block endete. Der Vorteil lag auf der Hand – dank der Möglichkeit
aufwendiger Choreografien war das Programm attraktiver und die komprimierte Auftrittsform
beließ noch gewisse zeitliche Freiheiten für die Handlung.
„Schlagerparade“ 1953
Barbara (Germaine Damar) und Walter (Walter Giller) mit Max Balduweit (Bully Buhlan) |
Die „Schlagerparade“ wurde in dieser Hinsicht prototypisch. Komponist
Walter (Walter Giller) und Tänzerin Barbara (Barbara Blanc) bilden ein junges, erfolgloses
Künstlerpaar, dass auf Grund fehlender Beziehungen keine Chance erhält. Erst
dank einer Verwechslung und des fairen Star-Komponisten Fred Pauli (Karl
Schönböck) löst sich am Ende bei einer großen Show-Veranstaltung alles zum
Guten auf. So weit, so bekannt. Und doch ist „Schlagerparade“ ein positives
Beispiel dafür, wie entspannt, witzig und ohne Moralkeule eine solche
Rahmenhandlung ablaufen kann.
Verleger (Walter Gross) mit Sekretärin (Ruth Stephan) und Laufbursche (Wolfgang Jansen) |
Giller und Damar geben ein lässiges Paar ab, das sich auch
mal küsst, ohne gleich vom Heiraten zu sprechen. Im Gegenteil. Dafür ist Sänger
Bully Buhlan zuständig in der Rolle des Warenhausverkäufers Max Balduweit. Er
schwärmt für Fräulein Angelika (Renate Danz), Tochter von Walters Zimmer-Vermieterin
Frau Gabler (Loni Heuser). Balduweit besorgt Walter auch einen Job im
Warenhaus, kann aber nicht verhindern, dass dieser noch am selben Tag wieder rausgeschmissen
wird, weil er den Flügel in der Instrumenten-Abteilung nachts zum Komponieren
nutzte. Wenn Balduweit gegenüber Walter von seinem Traum eines kleinen
Gebrauchtwagens und späterer Heirat spricht, dann lässt der Film keinen Zweifel
daran, was er davon hält – die Sympathien gehören eindeutig dem unangepassten
Walter. Auch Angelika macht ihrem Verehrer klar, dass er lockerer werden muss,
will er eine Chance bei ihr haben. Getragen von den gut aufgelegten
Nebendarstellern Nadja Tiller, Ruth Stephan, Walter Gross, Wolfgang Jansen und
Harald Juhnke blieb die Handlung jederzeit in einem leichtfüßigen,
unterhaltsamen Fluss.
Aus heutiger Sicht mag das brav wirken, war im Zeitkontext
aber erstaunlich modern und offen gegenüber der häufig als „brotlose Kunst“
verschrienen Tätigkeit eines Musikers. Auch die sanfte Kritik an dem nur
Altbewährtes fördernden Musikverleger wurde trotz des „Happy-Ends“ nicht
abgeschwächt. Ihm war der abschließende Erfolg nicht zu verdanken, sondern Fred
Pauli, dessen wiederholt geäußerten Worte, er hätte auch einmal klein angefangen,
wie ein Plädoyer für den Mut zu Neuem klingt – so neu wie der damals junge Schlagerfilm.
Das ändert aber nichts daran, dass es wenige Genres gibt, die schneller vom Zeitgeist
überholt wurden. Die Meinung über diese semi-dokumentarischen Filme basiert fast
immer auf dem persönlichen Geschmack an den musikalischen Darbietungen,
kombiniert mit einer Kritik an der hohlen Story. Doch Schlagerfilme – und darin
liegt der entscheidende Unterschied zu den verwandten Genres – waren Filme für
den Moment. Aus diesem heraus verdienen sie eine Beurteilung und da schneidet „Schlagerparade“
sehr gut ab.
"Schlagerparade" Deutschland 1953, Regie: Erik Ode, Drehbuch: Aldo von Pinelli, Hans Fritz Köllner, Darsteller : Germaine Damar, Walter Giller, Nadja Tiller, Karl Schönböck, Walter Gross, Ruth Stephan, Loni Heuser, Harald Juhnke, Renate Danz, Bully Buhlan, Wolfgang Jansen, Laufzeit : 93 Minuten
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