Inhalt: Während
des Besuchs der weiblichen Oberprima in einer großen Fabrikanlage kommt es zu
einem skandalösen Vorfall. Als die Lehrerin eine ihrer Schülerinnen vermisst,
läuft sie zurück zu dem Bus, mit dem sie gekommen waren, um sie zu suchen. Und
findet sie – gemeinsam mit dem Busfahrer beim Sex auf der Rückbank.
Selbstverständlich meldet sie das Verhalten der Schülerin dem Direktor, der
daraufhin die Lehrerkonferenz einberuft, um ihren Verweis von dem Gymnasium zu
beraten.
Zuvor soll
auch der Elternrat dazu gehört werden, der sich einstimmig empört zeigt. Einzig
der Psychologe Dr. Bernauer (Günter Kieslich) ergreift Partei für die
Schülerin. Mit weiteren Beispielen aus seiner Berufspraxis versucht er den
Eltern zu vermitteln, wie sich junge Mädchen heutzutage verhalten…
Ein Film
wie "Schulmädchen-Report - Was Eltern nicht für möglich halten", der
1970 eine zehn Jahre andauernde Fortsetzungs-Welle lostrat, gilt heute als
rückständig, nur noch dazu geeignet, um sich über die ersten, noch sehr
verklemmten Gehversuche eines beginnenden neuen sexuellen Zeitalters zu
amüsieren. Auch die wenigen, zurückhaltenden Nacktaufnahmen haben jeden
Sensationscharakter verloren, ganz abgesehen von den konstruierten, von Laien
gespielten Sexgeschichten, die männlich geprägte Fantasien an allzeit
promiskuitiv veranlagte junge Frauen bedienten.
Tatsächlich
waren die Macher mit diesem Format ihrer Zeit voraus. Der Psychologe Günther
Hunold hatte seit den frühen 60er Jahren Sexualforschung betrieben und 1969 ein
Buch mit Gesprächsprotokollen herausgebracht, in dem 14 bis 20jährige junge
Frauen von ihren sexuellen Erfahrungen berichteten. Produzent Wolf C. Hartwig, der
dieses Buch zum Anlass für seinen Film nahm, bewies schon 1957 mit "Liebe,
wie die Frau sich wünscht", dass er die Dynamik der sich verändernden
moralischen Standards begriffen hatte, und engagierte mit Ernst Hofbauer einen
Regisseur, der mit "Schwarzer Markt der Liebe" (1966) und
"Heisses Pflaster Köln" (1967) ebenfalls früh das Potential der
zunehmenden Liberalisierung auf der Kinoleinwand erkannte. Doch nicht wegen
seiner Nacktdarstellungen wurde der erste „Schulmädchen-Report“ zum
überragenden Erfolg an der Kino-Kasse – in dieser Hinsicht hatten schon viele Erotik-Filme
der späten 60er Jahre mehr vorzuweisen – sondern aus der Kombination mit einer
realistischen, die bürgerliche Gesellschaft polarisierenden Thematik: dem sich
verändernden Sexualverhalten junger Frauen, das als Anzeichen einer wachsenden
Emanzipationsbewegung gewertet wurde.
Um sich dem
Film jenseits heutiger Trash-Gelüste nähern zu können, ist es notwendig sich
die historische Schnittstelle vor Augen zu führen, zu der der Film 1970 in die
Kinos kam. Weder hatten junge Frauen gerade erst eine neue Einstellung zum Sex
entwickelt, noch hatte diese auch nur annähernd den Grad einer Normalität
erreicht, wie es die Spielszenen im Film weismachen wollten. Der entscheidende
Schritt zur sexuellen Revolution war die Erfindung der Anti-Baby-Pille Anfang
der 60er Jahre, die ein Jahrzehnt einleitete, dass mit freier Liebe, Kommunen
und Drogen-Exzessen vor allem bürgerliche Fantasien befeuern sollte. Damit
zusammenhängende Ereignisse, meist im Milieu von Rock-Bands oder Film-Stars
angesiedelt, wurden medial ausgeschlachtet – auch in den Jugendzeitschriften Mitte
der 60er Jahre wurde das sexuelle Erwachen schon ausführlich thematisiert - wodurch
aus heutiger Sicht häufig der falsche Eindruck entsteht, 1970 hätte schon eine
liberalere Haltung vorgeherrscht.
Doch die
moralischen Standards hatten sich zu diesem Zeitpunkt kaum verändert. Im
Gegenteil galten freie Liebe, lange Haare, Studentenproteste oder Rock-Musik
als Ausdruck einer anti-bürgerlichen Haltung, der die große Mehrheit der
Bevölkerung kritisch gegenüber stand. Zwar traten junge Frauen in den Großstädten
selbstbewusster auf, aber das sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass die
Grenze zur Rufschädigung nach wie vor sehr schmal war – ein sexuell offensives
Vorgehen, wie es die Darstellerinnen im Film an den Tag legten, konnte sich
keine Frau leisten, auch die solidarische Haltung mit ihrer vom Verweis
bedrohten Mitschülerin war unvorstellbar. Entsprechend unrealistisch sind die
meisten der im Film gezeigten Spielszenen, aber sie bedienten die Vorurteile
aufs trefflichste – letztlich der Auslöser für den Geschlechter übergreifenden Massenansturm
auf die Kinosäle. Schon die Szene zu Beginn, die die Versammlung des Elternrats
auslöst, um über den Schulverweis der beim Sex mit dem Busfahrer erwischten Schülerin
zu beraten, führte direkt in die feuchtesten Vorstellungen von einer moralisch
entarteten weiblichen Jugend.
Abgesehen
davon, dass der Busfahrer auch heute noch größte Probleme bekäme (und mit
Sicherheit seinen Job verlöre), ist besonders die Zurschaustellung des
Geschlechtsakts fernab jeder Realität. Selbst vorausgesetzt, sie hätte es vor
lauter Geilheit nicht mehr ausgehalten, hätte sich die Schülerin einen versteckteren
Ort suchen können, an dem sie nicht mittendrin gestört wird – die Lehrerin
musste sie quasi erwischen. Als Ausnahmefall wäre eine solche Szene noch
vorstellbar, aber der „Schulmädchen-Report“ nimmt diese per Psychologen zum
Anlass, ein grundsätzliches Plädoyer über das veränderte weibliche
Sexualverhalten zu halten. Mit weiteren, ähnlich gearteten Beispielen
untermauert Dr. Bernauer vor dem Elternrat seine These, um damit den
Schulverweis der Schülerin zu verhindern. Allen diesen Storys ist neben den
gewährten Blicken auf nackte weibliche Körper gemein, dass die Sexualität
ausschließlich von den Frauen ausgeht. Männer werden zu passiven Profiteuren
der auf diese Weise dokumentierten gesellschaftlichen Veränderungen, was die
Spielszenen als das outet, was sie tatsächlich sind – Ausdruck männlicher
Wunschvorstellungen.
Trotzdem
wäre es falsch, den „Schulmädchen-Report“ als reines Vehikel für
sensationslüsterne Zuschauer zu betrachten, denn das hätte nicht zu dessen nachhaltigen
Erfolg geführt. Hartwig und Hofbauer zeigten ein gutes Gespür für die damaligen
Tendenzen, die aus den Aussagen der jungen Frauen heraus zu hören sind, die von
Friedrich von Thun hinsichtlich ihrer sexuellen Erfahrungen befragt wurden.
Seltsamerweise werden diese in heutigen Betrachtungen oft als „Fake“ angesehen,
obwohl sie sich im Gegensatz zu den Spielszenen wesentlich näher am damaligen
Zeitgeist befanden. Unabhängig davon, wie viele Frauen Thun interviewen musste,
um an diese privaten Informationen zu gelangen, oder ob einzelne davon gestellt
waren, vermittelten sie das reale Bild einer neuen weiblichen Generation –
weder promiskuitiv, noch auf der Suche nach dem nächsten sexuellen Kick, wie es
die Spielszenen vorgaukelten, sondern selbstbewusst agierend.
Damit wagte
sich der „Schulmädchen-Report“ 1970 weit mehr hinaus als mit den ausgedachten
Sex-Szenen, die aber dank des erfolgreichen Plädoyers des Psychologen letztlich
auch ihre, die konservative Moral herausfordernde, Funktion erfüllten. So
übertrieben, amateurhaft und unfreiwillig komisch Hofbauers Film im Detail
häufig erscheint, so richtig war der Zusatz „Was Eltern nicht für möglich
halten“ im Filmtitel. Die Welt, die der „Schulmädchen-Report“ 1970 vor den
Betrachtern entfaltete, hatte mit der damaligen Realität nur wenig gemeinsam,
aber er besetzte Sexualität positiv und verband sie zumindest ansatzweise mit
einem realistischen Umfeld. Hofbauers Film gelang so das Kunststück, große
Zuschauerkreise zu erschließen, deren sexuelle Ansichten zwar nicht
„revolutioniert“, aber langsam und unmerklich ausgehöhlt wurden.
"Schulmädchen-Report - Was Eltern nicht für möglich halten" Deutschland 1970, Regie: Ernst Hofbauer, Drehbuch: Günther Heller, Günther Hunold (Buchvorlage), Darsteller : Günter Kieslich, Wolf Harnisch, Helga Kruck, Friedrich von Thun, Lisa Fitz, Jutta Speidel, Laufzeit : 85 Minuten
weitere im Blog besprochene Filme von Ernst Hofbauer:
"Holiday in St.Tropez" (1964)
"Tausend Takte Übermut" (1965)
"Schwarzer Markt der Liebe" (1966)
weitere im Blog besprochene Filme von Ernst Hofbauer:
"Holiday in St.Tropez" (1964)
"Tausend Takte Übermut" (1965)
"Schwarzer Markt der Liebe" (1966)
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