Inhalt: Der
zu Reichtum gekommene Unternehmer Jupp Grapsch (Gert Fröbe) lässt sich und
seine Frau Lisbeth (Luise Ullrich) zwar unmittelbar mit seiner Mercedes
Limousine vorfahren - was die Herren Politiker können, kann er auch - aber Lust
hat er auf die Salzburger Festspiele nicht. Schon in der Pause beschließt er,
das Festspielhaus wieder zu verlassen, und nimmt seine Frau mit in ein
Restaurant. Dort sieht er zufällig eine junge Frau (Christiane Nielsen), geht
zu ihr und begrüßt sie freundlich. Seine Frau beschwert sich, aber Grapsch
bemüht sich gar nicht erst, die Wogen zu glätten, denn von seiner Ehefrau, die
trotz ihres teuren Kleides nur einen biederen Eindruck hinterlässt, hat er nach
20 Ehejahren die Nase voll.
Von ihrer
Tochter Heidi (Corny Collins) erfährt Lisbeth die sonst allgemein bekannte
Tatsache, dass ihr Mann mit der jungen Frau ein Verhältnis hat und ihr eine
schicke Wohnung mit entsprechender Ausstattung finanziert. Sie reagiert
traurig, hofft aber, dass ihr Mann, mit dem sie nach dem Krieg die gemeinsame
Firma aufgebaut hatte, wieder zur Vernunft kommt. Doch im Gegenteil - er will
die Scheidung, in die sie aber nicht einstimmt. Es kommt zu einer Verhandlung
vor dem Familiengericht, auf die sich Jupp Grapsch mit speziellen Methoden
vorbereitet...
Man kann nicht genug betonen, mit welcher Konsequenz sich die Firma PIDAX des deutschen Films annimmt. Bis im Juni 2013 Alfred Vohrers Films "Verbrechen nach Schulschluß" (1959) von der PIDAX auf DVD heraus gebracht wurde, waren seine Arbeiten vor seinen Edgar-Wallace-Verfilmungen in Vergessenheit geraten. Mit "Bis dass das Geld euch scheidet" erschien am 06.12.2013 ein weiterer Film seiner Frühphase, der nicht nur auf seine späteren Filme hinweist, sondern signifikant für die populären "Gesellschaftsdramen" in der Folge von "Die Halbstarken" (1956) steht, die neben ihrem Unterhaltungswert sehr viel über diese Phase in der damaligen BRD verraten. (Die grünen Links führen zur Amazon-Bestellseite).
"Bis
dass das Geld euch scheidet" war Alfred Vohrers letzter Film, bevor er
unter der Produktion von Horst Wendlandt erstmals die Regie bei einem
Edgar-Wallace-Film übernahm. "Die toten Augen von London" (1961)
wurde der Beginn einer langen und erfolgreichen Zusammenarbeit, die bis heute
den Ruf des Regisseurs als dem neben Harald Reinl ("Der Frosch mit der Maske", 1959) einflussreichsten Kreativen der Kriminalreihe bestimmt. Der
thematische Bruch zwischen einem Gegenwarts-Drama und der Verfilmung eines
englischen Kriminalromans der 20er Jahre hätte auch kaum größer sein können,
weshalb Vohrers Frühphase als Regisseur in Vergessenheit geriet. Zu unrecht,
denn Vohrer orientierte sich zwar an Reinls Wallace-Umsetzungen, entwickelte
daraus aber einen eigenen Stil, der auch in "Bis dass das Geld euch
scheidet" schon erkennbar ist. Ein Film, bei dem es nie ganz deutlich
wird, ob es sich um ein Lustspiel, eine Satire oder ein ernsthaftes Drama
handelt - und der jederzeit den Eindruck vermittelt, er könnte in einen
Kriminalfall umkippen. Allein die Sequenz, in der Fröbes Gesicht im Schatten verschwindet, bevor Luise Ullrichs Antlitz wieder aus dem Schatten auftaucht könnte unmittelbar aus einem Wallace-Krimi stammen.
Inhaltlich
befand sich Alfred Vohrer noch auf der Linie seiner erfolgreichen
Jugend-Problemfilme "Schmutziger Engel" (1958) und "Verbrechen
nach Schulschluß" (1959), die in Folge von "Die Halbstarken"
(1956) eine Hochphase im deutschen Kino erlebten. Neben schon populären
Genre-Darstellern wie Heidi Brühl, Sabine Sinjen und Christian Wolff, galt
seine Vorliebe besonders Corny Collins, die er in "Bis dass das Geld euch
scheidet" schon zum dritten Mal besetzte. Oberflächlich scheint das Thema
Ehescheidung nichts mit den Problemen Heranwachsender zu tun zu haben, aber der
Film wechselte nur die Perspektive. Galt der Fokus zuvor Jugendlichen, die dank
eines unbescheidenen oder unmoralischen Lebenswandels in Gefahr gerieten, ihren
Ruf zu verlieren, im Gefängnis zu landen oder gar zu Tode zu kommen, steht in
"Bis dass das Geld euch scheidet" ein Ehepaar mittleren Alters im
Mittelpunkt, dass während des allgemeinen Wirtschaftsaufschwungs zu Reichtum
gelangte, woraus der Ehemann nun das Recht zu ziehen glaubt, seine Ehefrau
gegen eine Jüngere einzutauschen.
Die
Intention blieb immer die Selbe - die Warnung vor den Versuchungen einer
modernen Gesellschaft. Drehbuchautor Heinz Oskar Wuttig verarbeitete wie schon
für "Die Frühreifen" (1957) eine zuvor in einer Zeitschrift
("Quick") veröffentlichte Romanvorlage, die zwar den damaligen
Publikumsgeschmack traf, deren Autorin Angela Ritter heute aber gänzlich unbekannt
ist. In diesem Fall zu Recht, denn strukturell entwickelte die Story auf Basis
veralteter Geschlechterrollen eine vorhersehbare Dramatik, deren Absichten
wenig verschlüsselt wurden. Während der neureiche, grobschlächtige Mann (Gerd
Fröbe) sein Vermögen genießen will, in dem er sich eine junge Geliebte
(Christiane Nielsen) leistet, bewahrt die kunstinteressierte, bescheiden
gebliebene Ehefrau (Luise Ullrich) den Familienfrieden. Sie ist zugunsten ihrer
Kinder - die fast erwachsene Tochter Heidi (Corny Collins) und ein etwa
10jähriger Sohn, beide offensichtlich verwöhnt - bereit, den Seitensprung zu
verzeihen, weshalb sie nicht in die Scheidung einwilligt, die ihr Mann fordert.
Neben den
Familienmitgliedern existieren diverse Nebenfiguren, die Komplexität vorgaukeln,
letztlich die angestrebte Botschaft aber nur unterstreichen. Dem jungen Adligen
Poldi (Peter Parak), dem Verlobten von Tochter Heidi, wird zuerst vorgeworfen,
noch nichts im Leben geleistet zu haben, weshalb er entschlossen beweist, um
welch fleißigen und soliden Burschen es sich bei ihm handelt. Interessanter ist
der von Wolfgang Lukschy gespielte professionelle Frauenverführer, der sein
Geld damit verdient, Ehefrauen in Flagranti zu erwischen, damit sie schuldig
geschieden werden - ein egoistisches, nahe der Kriminalität agierendes Subjekt,
dass nur der finsteren Modernisierung der Gesellschaft entsprungen sein konnte.
Und nicht zuletzt die junge Geliebte, die kein Problem damit hat, einen
dicklichen, älteren Mann seiner Familie wegzunehmen, nur um ihren eigenen
wirtschaftlichen Vorteil daraus zu ziehen.
Ähnlich wie
bei seinem Drehbuch für "Die Frühreifen" gelang es Heinz Oskar Wuttig
diese altmodische Story im Detail zu beleben, unterstützt von Alfred Vohrers
Regie, der von Familienidylle á la "Ferien auf Immenhof" (1957)
schlagartig zu Satire wechselte - etwa wenn Jupp Grabsch (Gert Fröbe) so gar
nichts mit den Salzburger Festspielen anfangen kann - oder echte Spannung
aufbaut, als es zum klassischen Show-Down vor Gericht kommt. In den Credits
wird seltsamerweise nicht erwähnt, dass mehrere Szenen aus Gert Fröbes erstem Film
"Berliner Ballade" (1948) in die Handlung integriert wurden. Diese
sollten die Rede seiner Frau Lisbeth unterstreichen, in der sie vor Gericht
ihre gemeinsame Aufbauarbeit nach dem Krieg schildert, woraus sich die
moralische Verpflichtung ergeben soll, jetzt nicht einfach eigene Wege zu
gehen. Da Fröbe im Vergleich zu seiner Rolle als "Otto
Normalverbraucher" deutlich an Bauchumfang zugelegt hatte, wurde nur Luise
Ullrich in die Szenen von 1948 eingefügt, während ein schmales Fröbe-Double
ausschließlich von Hinten zu sehen ist. Die Handlung wurde deshalb von
Düsseldorf (wie es in der „Illustrierten Film-Bühne“ noch geschrieben steht)
nach Berlin verlegt, da nur von dort Bilder des jungen Fröbe inmitten der
Ruinen existierten. Das sein Vorname "Jupp" eine rheinländische
Version von Josef ist, wurde ignoriert.
Eigenständige,
für ihre Zeit moderne Details – weder werden der untreue Ehemann, noch seine
Geliebte einseitig negativ dargestellt, was auch dem differenzierten Spiel
Fröbes und Christiane Nielsens zu verdanken ist – lassen sich aus dem
Zeitkontext heraus erkennen, aber auch im Vergleich zu heutigen
Beziehungsgeschichten, überrascht es, wie konsequent der Film letztlich bleibt.
Ohne seinen Unterhaltungscharakter zu verlieren oder übertrieben auf die Tränendrüse
zu rücken, gelang es Vohrer ein persönliches Drama wiederzugeben, dass sich
auch Heute noch - entschlackt vom Ballast der 50erJahre Moral-Keule – seine
Authentizität bewahrt hat.
"Bis dass das Geld euch scheidet" Deutschland 1960, Regie: Alfred Vohrer, Drehbuch: Heinz Oskar Wuttig, Angela Ritter (Roman), Darsteller : Gert Fröbe, Luise Ullrich, Corny Collins, Wolfgang Lukschy, Christiane Nielsen, Laufzeit : 96 Minuten
weitere im Blog besprochene Filme von Alfred Vohrer:
"Schmutziger Engel" (1958)
"Die toten Augen von London" (1961)
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