Inhalt: Als
die drei Freunde Willy (Willy Fritsch), Kurt (Oskar Karlweis) und Hans (Heinz
Rühmann) von einer längeren Reise wieder in die Heimat zurückkommen, müssen sie
erfahren, dass ihnen außer ihrem Auto nichts mehr gehört. Der
Gerichtsvollzieher steht schon vor der Tür und auch ihr Anwalt kann ihnen keine
besseren Nachrichten übermitteln - wie viele Andere trieb auch sie der
„schwarze Freitag“ in die Pleite.
Doch die
Laune lassen sie sich nicht davon verderben, sondern beschließen spontan,
nachdem sie mit leerem Tank liegen geblieben waren, eine Tankstelle zu
eröffnen, die sie im Tausch gegen ihr Auto erwerben. Doch die Kundschaft stellt
sich nur spärlich ein, weshalb es besonders erfreulich ist, dass ausgerechnet
die hübsche Lilian (Lilian Harvey) häufiger vorbeikommt. Allerdings trifft sie
dabei jedes Mal auf einen Anderen der drei Freunde, da sich diese mit der
Arbeit abwechseln, und beginnt mit ihnen anzubändeln. Nicht erstaunlich, dass sich Jeder von ihnen Hoffnung macht...
"Die
Drei von der Tankstelle" war nicht nur einer der ersten deutschsprachigen
Tonfilme, sondern der erste Film der die musikalischen Darbietungen unmittelbar
mit der Handlung verzahnte und damit nicht nur für die deutsche Filmoperette,
sondern auch für das amerikanische Film-Musical wegweisend wurde. Am 1.Oktober
1937 wurde der Film in Deutschland verboten, was sich mit der großen Anzahl
nicht mehr von den Nationalsozialisten geduldeten Künstlern erklären lässt, die
wesentlich zum Gelingen des Films beitrugen. Aber auch der Leichtigkeit einer
Story zu verdanken war, die zwar nur wenig Inhalt, aber viel Lässigkeit im
Spiel der Geschlechter aufweist, die selbst modernen Filmen noch gut zu Gesicht
stände.
1. Die
Künstler:
In der
Erinnerung an die Beteiligten fällt auf, dass der Film für viele von ihnen
während der Hochphase ihrer Karriere entstand, die durch die Machtergreifung
der Nationalsozialisten 1933 jäh abgebrochen wurde. Das gilt auch für den
österreichischen Regisseur Wilhelm Thiele, der sich während der Stummfilmzeit
als Spezialist für leichte Unterhaltungsfilme profiliert hatte. Auch nach
"Die Drei von der Tankstelle" blieb er dem Metier treu und drehte
unter anderen mit dem damaligen deutschen Filmstar Renate Müller zwei Filme
("Die Privatsekretärin", 1931), bevor er sich wegen seiner jüdischen
Herkunft 1933 gezwungen sah, aus Deutschland wegzugehen. Schon 1935 entstand
sein erster Hollywood-Film, aber an seine früheren Erfolge konnte er nicht mehr
anknüpfen, auch nicht als er nach dem Krieg wieder in Deutschland als Regisseur
arbeitete ("Der letzte Fußgänger", 1960 mit Heinz Erhardt).
Mit seiner
Hauptdarstellerin Lilian Harvey hatte er zuvor schon mehrere Filme gedreht,
darunter auch "Liebeswalzer" (1930), der sie zum ersten weiblichen
UFA-Star des deutschen Tonfilms werden ließ. Ihre nachfolgenden Filme "Die
Drei von der Tankstelle" und "Der Kongress tanzt" (1931)
förderten ihre Reputation und brachten sie bis nach Hollywood, allerdings ohne
den gewünschten Erfolg. Die Geschichte der deutsch-britischen Darstellerin ist
ebenfalls nicht ohne Tragik, denn nach ihrer Rückkehr nach Deutschland kam sie
im inzwischen von den Nationalsozialisten gelenkten Filmbetrieb nicht mehr
zurecht und wirkte nur noch in wenigen Filmen mit. 1943 - sie war inzwischen
nach Frankreich emigriert - wurde ihr die deutsche Staatsbürgerschaft
aberkannt.
Dagegen
ließ sich Oskar Karlweis, der heute Unbekannteste des männlichen
Darsteller-Trios, nicht unterkriegen. Der jüdische Mime ging 1933 zurück nach
Österreich, emigrierte in die USA und feierte vor allem als Bühnendarsteller
große Erfolge - auch am Broadway. Das Schicksal der Emigration teilten auch die
Drehbuchautoren Paul Frank und Franz Schulz mit unterschiedlichen Konsequenzen.
Franz Schulz, der die Drehbücher zu Klassikern wie "Bomben auf Monte
Cassino" ( 1931) schrieb und mit Regisseur Thiele mehrfach zusammen
arbeitete, konnte als Autor schon in den 30er Jahren in Hollywood Fuß fassen,
während Paul Frank noch viele Jahre in Europa vor den Nationalsozialisten
flüchtete, bevor ihm 1941 die Überfahrt nach Amerika gelang. Dort kam er als
Drehbuchautor nicht mehr zurecht und wurde später zum Pflegefall.
Das
Schicksal der "Comedian Harmonists", die in "Die Drei von der
Tankstelle" erstmals in einem Film auftraten, ist bekannter, aber ähnlich
signifikant für den Aderlass des deutschen Films nach der Machtergreifung der
Nationalsozialisten, da drei ihrer Mitglieder "nicht arischer"
Herkunft waren. Hier sangen die sechs Vokalisten "Ein Freund, ein guter
Freund" und "Liebling, mein Herz lässt dich grüßen", zwei ihrer
berühmtesten Lieder, die auch als Schallplatte ein großer Erfolg wurden.
Komponiert wurden sie von Werner Richard Heymann, der neben "Die Drei von
der Tankstelle", unter anderen auch die Musik zu "Liebeswalzer",
"Der Kongress tanzt" (mit dem bis heute berühmten Lied "Das
gibt's nur einmal, das kommt nicht wieder") und "Bomben auf Monte
Cassino" schrieb. Schon zu Murnaus "Faust -eine deutsche
Volkssage" (1926) hatte er die Filmmusik geschrieben, benötigte aber nach
seiner Emigration mehrere Jahre bis er auch in Hollywood - besonders an der
Seite von Regisseur Ernst Lubitsch (unter anderen "Ninotschka" (1939)
und "Sein oder Nichtssein"(1942)) - erfolgreich wurde. Der aus
Königsberg stammende Komponist kehrte nach dem Krieg wieder nach Deutschland
zurück und arbeitete auch aktiv am deutschen Nachkriegsfilm mit (unter anderen
"Alraune", 1952).
Von den
prägenden Künstlern des Films konnten einzig Willy Fritsch und Heinz Rühmann,
die die gegensätzlichen Pole des männlichen Trios einnahmen, ihre Karrieren
ungehindert fortsetzen und wurden später auch von der nationalsozialistischen
Propaganda-Maschinerie eingespannt.
Im Gegensatz zu Heinz Rühmann war der nur
wenig ältere Fritsch zu diesem Zeitpunkt schon ein großer Star und war mehrfach
gemeinsam mit Lilian Harvey aufgetreten. Folgerichtig wurde er als Favorit der
Protagonistin besetzt, während Heinz Rühmann den witzigen Side-Kick gab - eine
Rolle, die seine Karriere beflügeln sollte.
2. Die
Story:
Inhaltlich
ist sie mit wenigen Worten zusammenzufassen. Drei enge Freunde - Willy (Willy
Fritsch), Kurt (Oskar Karlweis) und Hans (Heinz Rühmann) - eröffnen aus der
finanziellen Not heraus eine Tankstelle, die regelmäßig von der verwöhnten
Tochter eines Großindustriellen, Lilian Cossmann (Lilian Harvey), angefahren
wird. Sie flirtet mit allen drei Männern, so das Jeder von ihnen glaubt, seine
Traumfrau gefunden zu haben, aber ihr Herz gehört nur Willy. Als sie ihnen bei
einer Verabredung die Wahrheit sagen will, kommt es zum Eklat. Willy beschwert
sich bei ihrem Vater, dem Konsul Cossmann (Fritz Kampers), über dessen
schlechte Erziehung und denkt nicht daran, Lilian zu heiraten, sondern zieht
mit seinen zwei enttäuschten Freunden davon. Natürlich ist das letzte Wort in
dieser Angelegenheit noch nicht gesprochen.
Auffällig
daran ist das Selbstbewusstsein, mit dem hier Lilian Harvey agieren kann,
gemeinsam mit Olga Tschechowa, die Lilians Vater als dessen zukünftige Frau
wunderbar im Griff hat. Zwar kommt es einen Moment lang zu Willys moralischen
Einwänden, als er dem Konsul die Leviten liest, aber wirklich ernst nimmt das
Niemand. Im Gegenteil haben die Frauen längst einen neuen Plan, ihren Willen
durchzusetzen, ohne deshalb Abbitte leisten zu müssen. Willy versucht zwar mit
allen Mitteln standhaft zu bleiben, hat aber letztlich keine Chance gegen die
süße Lilian.
Zu
gewichtig sollte man den emanzipatorischen Aspekt nicht nehmen - auch der
anfänglichen Pleite der drei jungen Herren, nebst dem Auftritt des
Gerichtsvollziehers, fehlt jede Ernsthaftigkeit trotz ihres Bezugs zum
"schwarzen Freitag" - aber angesichts der damaligen moralischen
Standards überrascht die uneingeschränkt sympathische Charakterisierung einer
weiblichen Hauptrolle, deren fröhliche Ausgelassenheit nicht von einer
verantwortungsvollen, ernsthaften Haltung abgelöst werden musste - eine
Veränderung, die zeitgenössische US-Komödie nach wie vor Frauenrollen
abverlangen, die sich kurzfristig auf "moralischen Abwegen" befanden.
3. Die
Musik:
Zu
Verdanken ist das einer Musik, die beinahe jede Szene unmittelbar begleitet und
dem Film eine Leichtigkeit verleiht, die ihn über moralische Bedenken einfach
hinwegträgt. Die Art, wie hier die Freundschaft unter Männern besungen wird,
hat nichts vom damals üblichen Corps-Geist alter Kameraden, sondern vermittelt
den Eindruck von Herzlichkeit und Nähe. Am Ende, wenn Lilian endgültig mit
Willy vereint ist, trösten sich Kurt und Hans miteinander.
Letztlich
spielt es in "Die Drei von der Tankstelle" keine Rolle, ob der Film
gerade der Romantik oder der Albernheit frönt, da er sich keinen Regeln
unterwirft und bis zum Ende den Eindruck von frei und unabhängig handelnden
Personen hinterlässt. Natürlich ist das nur ein Traum, aber nicht viele
Unterhaltungsfilme haben ihn geträumt, sondern - wie etwa im Heimatfilm der
50er Jahre - eher die Vorzüge einer bestimmten Ordnung betont. Diese existiert
hier nicht, weshalb sich "Die Drei von der Tankstelle" seine (nicht
nur für einen deutschen Film) seltene Qualität bis heute bewahrt hat.
"Die Drei von der Tankstelle" Deutschland 1930, Regie: Wilhelm Thiele, Drehbuch: Franz Schulz, Paul Frank, Darsteller : Willy Fritsch, Lilian Harvey, Oskar Karlweis, Heinz Rühmann, Olga Tschechowa, Laufzeit : 90 Minuten
weitere im Blog besprochene Filme von Wilhelm Thiele:
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