Inhalt:
Sommer 1939 – der Gefreite Asch (Joachim Fuchsberger) und der Kanonier Vierbein
(Paul Bösiger) leisten gemeinsam ihren Wehrdienst ab. Während Asch gut mit dem
täglichen Drill zurecht kommt und auch immer wieder Zeit findet, sich den
Liebesdingen außerhalb der Kaserne zu widmen, vergeht kein Tag, an dem Vierbein
nicht gnadenlos schikaniert wird. Der musisch veranlagte, wenig sportliche
junge Mann eignet sich als Opfer für seine Vorgesetzten, die selbst gerne Weib,
Alkohol und Gesang frönen, um gleichzeitig von ihren Untergebenen eiserne Disziplin
einzufordern.
Als
Vierbein brutal zusammen geschlagen wird, reicht es Asch mit den Methoden der
Unteroffiziere und er ersinnt einen Plan, diese gegeneinander auszuspielen…
Angesichts
der Tatsache, dass sowohl die Romanvorlage von Hans Hellmut Kirst als auch der
Film 1954 ein großer Publikumserfolg waren, ist davon auszugehen, dass es sich
dabei um ein aus heutiger Sicht eher unkritisches Werk handelt. Betrachtet man
allerdings die erhebliche Aufregung, die Kirsts Buch neun Jahre nach dem Ende
des 2.Weltkriegs verursachte, wird offensichtlich, dass er damit den Nerv
seiner Zeit traf. Auch wenn der Begriff „08/15“ ein Maschinengewehr aus der
Zeit des 1.Weltkrieges bezeichnete und in der Armee als Synonym für „üblich“
und später „veraltet“ schon lange im Gebrauch war, so ist es dem Film und der
Buchvorlage zu verdanken, dass er in den allgemeinen Sprachgebrauch Einzug
fand. Ein überzeugenderes Argument für die damalige Bedeutung ist nur
schwerlich zu finden.
Als ehemaliger Wehrmachts-Offizier und Lehrer für Kriegsgeschichte verbrachte
Kirst nach dem Krieg neun Monate lang in einem amerikanischen
Internierungslager, von wo er als „unbelastet“ entlassen wurde. Franz-Josef
Strauss warf ihm damals vor, ein Anhänger des Nationalsozialismus gewesen zu
sein, und rief 1954 zum Boykott gegen dessen Roman auf. Der Grund lag aber
keineswegs in Kirsts Vergangenheit, sondern weil sich dieser mit seiner
Trilogie gegen die Wiedereinführung einer deutschen Armee aussprach und sich
damit gegen Bundeskanzler Adenauer und dessen Verteidigungsminister Strauss
stellte. Aus heutiger Sicht wird deutlich, dass die unterschiedlichen Haltungen
- angesichts der damals noch sehr gegenwärtigen Vergangenheit - nicht eindeutig
parteipolitisch zugeordnet werden konnten.
Ob die „08/15“ – Trilogie ernsthaft als Gegenargumentation für eine
militärische Aufrüstung in Deutschland hinzugezogen wurde, darf zumindest
angesichts des Films bezweifelt werden. Zu schmal ist der Grat zwischen Kritik
und Faszination an der Armee, als das damit eine eindeutige Ablehnung hätte
hervorgerufen werden können. Aber konnte man das von einem langjährigen
Soldaten, der ein Buch für eine Bevölkerung geschrieben hatte, deren männlicher
Teil selbst größtenteils aus ehemaligen Soldaten bestand, wirklich erwarten? –
Das die seriöse Kritik Film und Buch als „trivial“ ablehnten (und damit für
eine bis heute gültige Einordnung sorgten), kann nicht als Argument dafür
herhalten, dass das damals sehr konservative Feuilleton sich etwa an der mangelnden
Aufarbeitung der Zeit des Nationalsozialismus störte. Viel mehr wurde der
umgangssprachliche und plakative Stil kritisiert, der den Film aus heutiger
Sicht erst für die Analyse interessant macht und der in seiner Zeit die
Massenbegeisterung auslöste.
„08/15“ besitzt einerseits eine Authentizität im Hinblick auf die damalige
menschliche Psyche, die selbst durch einen bestens recherchierten
Dokumentarfilm nicht mehr so direkt vermittelt werden kann, andererseits -
durch seinen fast völligen Verzicht auf den politischen Hintergrund des
Nationalsozialismus - eine Allgemeingültigkeit der Beschreibung der inneren
Abläufe einer Armee, die bis in die Gegenwart reicht. Dass die zeitgenössische
Filmkritik den vulgären Charakter kritisierte, der den Spaß an der Armee betont
hätte, mag Mitte der 50er Jahre gerechtfertigt gewesen sein. Heute wirken die
Saufgelage und grölend gesungenen Lieder eher abstoßend. Kaum vorstellbar, dass
ein junger Mann angesichts des dort gezeigten Treibens, Lust auf das
„Abenteuer“ Armee bekommen hätte.
Im Gegenteil besteht heute sicherlich eine höhere Identifikation mit dem
sensiblen, musisch veranlagten Kanonier Vierbein (Paul Bösiger), der in „08/15“
als Opfer herhalten muss, und durch die anhaltenden Schikanen beinahe in den
Selbstmord getrieben wird. Kirst wollte mit dieser Figur die
menschenverachtende und rücksichtslose Seite der Armee demonstrieren, aber an
Hand des eigentlichen Helden, Gefreiter Asch (Joachim Fuchsberger), wird seine
wirkliche Intention deutlich. Dieser ist zwar ein Freigeist, der dem
Nationalsozialismus kritisch gegenüber steht, aber auch ein besonders guter
Soldat. Seine trickreiche Rache an diversen Vorgesetzten erfüllt eher den
Komödiencharakter des Films, denn so geschickt er hier auch agiert, wäre er an
wirklich hart agierenden Vorgesetzten gescheitert. Letztlich vermittelt „08/15“
keine umfassende Kritik an der Armee, sondern nur an der Inkompetenz und
Unmenschlichkeit einiger seiner Mitglieder. Die höchsten Offiziere – hier in
Persona des Major Luschke (Wilfried Seyferth) – verhalten sich dagegen immer in
der Sache menschlich angemessen und souverän.
Aus heutiger Sicht wirkt „08/15“ verharmlosend. Die Wehrmacht hatte scheinbar
mit dem Nationalsozialismus nichts zu tun und wurde von verantwortlichen
Männern geleitet, die auch in der Lage waren, interne Probleme zu lösen.
Negative Auswüchse lagen immer nur in der Schuld Einzelner. Doch damit erfasst
man nicht Kirsts Leistung, dessen Roman nicht ohne Grund von fast sämtlichen
einflussreichen Stellen vehement abgelehnt wurde. Kirst nimmt hier die Position
des „kleinen Mannes“ ein, indem er aus der Sicht eines Gefreiten eine Armeezeit
schildert, die sicherlich Vielen aus dem Herzen gesprochen hat.
Trotz dieser wenig kritischen Sichtweise, die den niederrangigen Soldaten als Opfer der „Umstände“ stilisiert, überraschen doch viele provokante Details. In seinen besten Momenten, wenn der Film etwa dem schreienden Wachtmeister (Feldwebel) Platzek (Hans-Christian Blech) aufs Maul schaut, nimmt „08/15“ schon Bilder aus Kubricks „Full Metal Jacket“ vorweg. Die Szenen in der Unteroffizierkantine sind in ihrer rohen Vulgarität auch kein Ruhmesblatt für die Armee und die offenkundige Promiskuität, die sämtliche Beteiligten an den Tag legen, haben nichts von dem moralischen Anstand, der auch in der jungen Bundesrepublik noch lange gepredigt wurde. Auch zurückblickend erstaunt die Direktheit, mit der hier Sexualität - auch von weiblicher Seite her - eingefordert und gestattet wird.
Trotz dieser wenig kritischen Sichtweise, die den niederrangigen Soldaten als Opfer der „Umstände“ stilisiert, überraschen doch viele provokante Details. In seinen besten Momenten, wenn der Film etwa dem schreienden Wachtmeister (Feldwebel) Platzek (Hans-Christian Blech) aufs Maul schaut, nimmt „08/15“ schon Bilder aus Kubricks „Full Metal Jacket“ vorweg. Die Szenen in der Unteroffizierkantine sind in ihrer rohen Vulgarität auch kein Ruhmesblatt für die Armee und die offenkundige Promiskuität, die sämtliche Beteiligten an den Tag legen, haben nichts von dem moralischen Anstand, der auch in der jungen Bundesrepublik noch lange gepredigt wurde. Auch zurückblickend erstaunt die Direktheit, mit der hier Sexualität - auch von weiblicher Seite her - eingefordert und gestattet wird.
Die wenigen Hinweise auf die politischen Verhältnisse (nur Aschs Schwester
Ingrid darf als Mitglied des BDM ihre geistige Verwirrtheit bezeugen) lassen
sich durch die Konzentration der Handlung auf den Kasernenhof im 1.Teil der
Trilogie verkraften. Erst durch das Heraustreten aus dieser geschlossenen Anlage,
wird in Teil 2 („08/15 – Zweiter Teil“, 1955) und 3 („08/15 In der Heimat“,
1955) zunehmend deutlicher, wie wenig der populäre Film 1954 in der Lage war,
sich den schrecklichen Hinterlassenschaften der Nazi-Diktatur zu widmen.
„08/15“ hat es deshalb zurecht auf keine Liste der Anti-Kriegsfilme oder gar der Filme geschafft, die sich kritisch mit dem Nationalsozialismus auseinandersetzen, aber man sollte seine Funktion trotzdem nicht unterschätzen. Mehr als über die Zeit, zu der die Handlung spielt (sie endet mit dem Beginn des 2.Weltkrieges am 01.09.1939), sagt der Film etwas über das Befinden der Deutschen Mitte der 50er Jahre aus, über ihre Haltung und (mangelnde) Fähigkeit zur Verarbeitung der unmittelbaren Vergangenheit. Und auch über die Qualität der Diskussion, die zur Wiedereinführung einer deutschen Armee führte. Mit einem engagierten Werk wie Wickis „Die Brücke“ (1959) kann „08/15“ nicht mithalten, aber es ist in seiner Popularität näher an den tatsächlichen Empfindungen in Deutschland.
„08/15“ hat es deshalb zurecht auf keine Liste der Anti-Kriegsfilme oder gar der Filme geschafft, die sich kritisch mit dem Nationalsozialismus auseinandersetzen, aber man sollte seine Funktion trotzdem nicht unterschätzen. Mehr als über die Zeit, zu der die Handlung spielt (sie endet mit dem Beginn des 2.Weltkrieges am 01.09.1939), sagt der Film etwas über das Befinden der Deutschen Mitte der 50er Jahre aus, über ihre Haltung und (mangelnde) Fähigkeit zur Verarbeitung der unmittelbaren Vergangenheit. Und auch über die Qualität der Diskussion, die zur Wiedereinführung einer deutschen Armee führte. Mit einem engagierten Werk wie Wickis „Die Brücke“ (1959) kann „08/15“ nicht mithalten, aber es ist in seiner Popularität näher an den tatsächlichen Empfindungen in Deutschland.
"08/15" Deutschland 1954, Regie: Paul May, Drehbuch: Paul May, Ernst Von Salomon, Hans Hellmut Kirst (Roman), Darsteller : Joachim Fuchsberger, Paul Bösiger, Helen Vita, Hans Christian Blech, Mario Adorf, Laufzeit : 103 Minuten
weitere im Blog besprochene Filme von Paul May:
weitere im Blog besprochene Filme von Paul May:
"08 / 15 .- zweiter Teil" (1955)
"08 / 15 In der Heimat" (1955)
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