Montag, 25. März 2013

Ich denke oft an Piroschka (1955) Kurt Hoffmann

Inhalt: Während er im Sommer 1955 mit dem Zug fährt, denkt Andreas (Gunnar Möller) an die Zeit vor 30 Jahren zurück, als der damalige Student den Sommer in Ungarn verbrachte. Auf der Reise in die Puszta lernte er in Budapest Greta (Wera Frydtberg) kennen, erlebte einen wunderschönen Tag mit ihr und verabredet sich mit ihr in ein paar Wochen am Plattensee.

Doch in den kommenden Wochen sollte sein Leben von der 17jäjrigen Piroschka (Liselotte Pulver) bestimmt werden, der Tochter des Bahnhofvorstehers des Ortes, an dem er seine Ferien verbringt. Obwohl sie sich näher kommen, fährt Andreas heimlich an den Plattensee, um Greta wieder zu treffen, nachdem er von ihr einen Brief erhalten hatte. Doch er hat die Rechnung ohne Piroschka gemacht, die ihm nachfährt…


Es gibt Filme, die in Würde altern - man sieht ihnen an, dass sie nicht mehr ganz auf der Höhe der Zeit sind, aber ihr Thema bleibt aktuell. So wie in "Ich denke oft an Piroschka", der eine Sehnsucht beschreibt, die Niemand ehrlich von sich weisen wird - die Sehnsucht nach einer romantischen Liebesgeschichte. Im Mittelpunkt steht Andreas (Gunnar Möller), der sich bei einer Zugfahrt im Jahr 1955 an den Sommer des Jahres ’25 zurück erinnert und damit an das Mädchen Piroschka (Lieselotte Pulver). Zwar lagen 30 Jahre zwischen der damaligen Gegenwart und dem geschilderten Geschehen, aber die moralischen Standards, besonders bezüglich der Beziehung zwischen Mann und Frau, hatten sich in dieser Zeit kaum verändert.

Verändert hatten sich aber die politischen Verhältnisse, so dass es 1925, kurz nach dem Ende der KuK Monarchie Österreich-Ungarn, noch deutlich leichter war nach Ungarn zu reisen. 1955 dagegen lag Ungarn hinter dem „eisernen Vorhang“, was erklärt, warum der Film die ungarische Folklore so stark betonte. Aus heutiger Sicht sind diese Szenen etwas gewöhnungsbedürftig. Nicht wegen ihrer Qualität, sondern wegen des inszenatorischen Stil, der vermittelt, in der Puszta fände täglich ein Volksfest statt und die hier gezeigten Tänze und Gesänge wären von spontaner, natürlicher Anmutung. Dabei ist es offensichtlich, dass hier ausgebildete Tänzer und Sänger am Werk sind. Hinzu kommt noch das ungarische ("Paprika") Temperament, besonders verkörpert von den "ur-ungarischen" Volksschauspielern Gustav Knuth und Rudolf Vogel, die hier in tragenden Nebenrollen zu sehen sind. Zwar war es 1925 in Ungarn nicht ungewöhnlich, deutsch zu sprechen, aber untereinander wird kaum Jemand in dieser Sprache kommuniziert haben, wie es hier regelmäßig geschieht.

Diese Details sind der Entstehungszeit des Films geschuldet. Doch darüber lässt es sich leicht hinwegsehen, denn die Story selbst ist zeitlos, was besonders dem Spiel von Liselotte Pulver zu verdanken ist, deren Popularität dank dieser Rolle deutlich zunahm. Seit sie in „Föhn“ (1950) an der Seite von Hans Albers gleich eine dramatische Rolle gespielt hatte, war sie zu einer beliebten Komödien-Darstellerin geworden. Allerdings in heute größtenteils vergessenen Filmen, darunter „Klettermaxe“ (1952), ihrem ersten Film unter Regisseur Kurt Hoffmann, zu dessen bevorzugter Schauspielerin sie später werden sollte (unter anderen „Das Wirtshaus im Spessart“ (1958)). Hoffmann selbst hatte sich seit seinem ersten Film - „Paradies der Junggesellen“ (1939) mit Heinz Rühmann in der Hauptrolle - schon einen Namen als Regisseur für Unterhaltungsfilme gemacht, auch mit „Quax, der Bruchpilot“ (1941), der einer der Lieblingsfilme Adolf Hitlers wurde. Die Nähe zu nationalsozialistischem Gedankengut blieb in seinen vor 1945 entstandenen Filmen allerdings rudimentär, weshalb Hoffmann nach dem Krieg ohne Einschränkungen als Regisseur weiter arbeiten konnte.

Liselotte Pulver gelang es, ihre Rolle als 17-jährige junge Frau natürlich und ohne Übertreibungen zu gestalten. Ihr Temperament, ihre Sehnsüchte und ihre Gefühle bleiben authentisch, so dass ihre (Schweizer) Herkunft keine Rolle spielte - sie ist verliebt und wirkt in ihrer unabhängigen Art selbstbewusst und modern. Der wohl erzogene und gebildete Andreas erscheint dagegen altmodísch, funktioniert in seiner leicht linkischen Art aber auch heute noch als Identifikationsfigur für einen jungen, unerfahrenen Mann. Beinahe erscheint es unwirklich, dass ein solcher Typ von zwei Frauen begehrt wird, denn darum geht es in diesem Film, der keine lineare Geschichte erzählt, sondern die Atmosphäre eines Sommers einfängt.

Andreas begegnet auf der Hinreise zu seinem Ferienaufenthalt in der ungarischen Puszta Greta, mit der er einen romantischen, aber letztlich nicht erfolgreichen Abend in Budapest verlebt. Endlich am Ziel seiner Reise angekommen, lernt er Piroschka kennen, die Tochter des Bahnhofvorstehers und verbringt mit ihr ein paar schöne Wochen bis er Post von Greta bekommt. Heimlich reist er zu ihr an den Plattensee, aber Piroschka lässt ihn nicht aus den Augen.

“Ich denke oft an Piroschka“ verzichtet nicht nur auf lustspielartige Verwechslungen oder besonders komödiantische Szenen, sondern bleibt im Gegenteil ernst in der Darstellung eines unbeschwerten Sommers. Traumwandlerisch umging Hoffmann die Gefahren von Klischees und Kitsch, und schuf etwas außergewöhnliches und zeitloses, nicht nur für den deutschen Film - eine wirklich schöne romantische Liebesgeschichte.

"Ich denke oft an Piroschka" Deutschland 1955, Regie: Kurt Hoffmann, Drehbuch: Per Schwenzen, Joachim wedekind, Hugo Hartung (Roman), Darsteller : Liselotte Pulver, Gunnar Möller, Gustav Knuth, Rudolf Vogel, Wera Frydtberg, Laufzeit : 93 Minuten

weitere im Blog besprochene Filme von Kurt Hoffmann:

"Quax, der Bruchpilot" (1941)
"Drei Männer im Schnee" (1955)
"Heute heiratet mein Mann" (1956)
"Das Wirtshaus im Spessart" (1958)
"Wir Wunderkinder" (1958)
"Das Spukschloss im Spessart" (1960)
"Schloss Gripsholm" (1963)
"Herrliche Zeiten im Spessart" (1967)

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