Inhalt: Während
des 2.Weltkriegs genügten kleine Verfehlungen, um wegen Hochverrats oder
Feigheit vor dem Feind angeklagt zu werden, in der Regel gefolgt von einem
schnell vollzogenen Todesurteil. Doch als der Russland-Feldzug ins Stocken kam,
benötigte die Wehrmacht jeden gesunden Mann, weshalb das Strafbataillon 999 ins
Leben gerufen wurde, wo wegen geringer Verbrechen vorbestrafte Männer,
Kommunisten oder Deserteure versammelt wurden, die zu sogenannten
"Himmelsfahrtkommandos" ins Feld geschickt wurden.
Auch Ernst
Deutschmann (Georg Thomas), ein Bakteriologe, wurde zum Dienst in dem
Strafbataillon verurteilt, weil man ihm Selbstverstümmelung vorwarf, um sich
dem Wehrdienst zu entziehen. Tatsächlich unternahm er einen Selbstversuch, um
ein Serum zu entwickeln, aber er stand der SS im Wege, weshalb Dr.Kukil (Ernst
Schröder), ein ehrgeiziges Parteimitglied, ein entsprechendes Gutachten
verfasste. Im Lager trifft er auf weitere, ähnlich bestrafte Soldaten wie den
ehemaligen Offizier Von Bartlitz (Werner Hessenland), der gegen den Befehl
seiner Vorgesetzten gehandelt hatte, als er mit einem Rückzug das Leben seiner
Soldaten rettete. Sie und die anderen verurteilten Kameraden geraten in die
Fänge des Hauptfeldwebels Krüll (Werner Peters), der als Schleifer gefürchtet
ist...
Als
"Strafbataillon 999" 1960 in die deutschen Kinos kam, war das Urteil
über den Film schon gesprochen. Die Geschichte basierte auf einem Roman des
zwar sehr erfolgreichen, aber vom Feuilleton missachteten Vielschreibers Heinz
G.Konsalik, dessen Werke zur Trivialliteratur gezählt werden - eine
Einschätzung, die den Autor selbst nicht störte, da er sich seiner großen
Leserschaft sicher sein konnte. Auf Grund dieses Erfolges war ein Jahr zuvor
mit "Der Arzt von Stalingrad" erstmals einer seiner Romane verfilmt
worden, aber diesmal schrieb Konsalik auch am Drehbuch, gemeinsam mit Wolfgang
Menge, der bei der Fernsehserie "Stahlnetz" (ab 1958) schon ein gutes
Händchen für kontroverse Stoffe bewiesen hatte.
Trotzdem
wurde der Film nicht als seriöse Auseinandersetzung mit der Thematik begriffen,
obwohl das "Strafbataillon 999" einen hohen Bekanntheitsgrad während
des Krieges besaß und bis dahin noch keine historische Aufarbeitung erfahren
hatte. Tatsächlich hatte es Konsalik mit der Realität nicht immer genau
genommen, wie eine historische Studie Jahrzehnte später feststellen sollte. Er
hatte die Situation übertrieben, indem er behauptete, die Männer wären ständig
schikaniert und teilweise unbewaffnet an die Front geschickt worden, obwohl die
Einheiten auch seriös befehligt wurden, und er hatte den Widerstands-Geist des
Strafbataillons nicht erwähnt. Hitler musste die Division (die damals schon
trotz ihrer Größe "Bataillon" genannt wurde) mehrfach verlegen oder
zurückziehen lassen, da sie - von den politischen Häftlingen unterwandert -
Angriffsstrategien verriet oder in großer Zahl zum Gegner überlief.
Zudem hatte
Konsalik zur Identifikation einige edle Charaktere entworfen, die nicht nur aus
fadenscheinigen Gründen verurteilt worden waren, sondern trotz dieser
ungerechten Behandlung jederzeit mutig und fair - auch gegenüber ihrem
Heimatland - blieben. Ähnlich wie in der "08/15" - Trilogie von
1954/55 machen zwar feige und sadistische Vorgesetzte den Soldaten das Leben
schwer, aber Nazis gab es in der Wehrmacht offensichtlich keine. Einzig zu
Beginn, als der Arzt Ernst Deutschmann (Georg Thomas) zu Unrecht wegen
Selbstverstümmelung in Berlin verurteilt wird - er hatte im Selbstversuch ein
von ihm entwickeltes Serum getestet - werden die Insignien der Machthaber
sichtbar, während unter den Soldaten weder Hitlergruß, noch sonst irgendwelche
Elogen an den "Führer" zu existieren scheinen.
Auch Sonja
Ziemann, der einzige Star des Films, hatte - von kleinen Zugeständnissen an ein
weibliches Publikum einmal abgesehen - vor allem die Funktion, den Unterschied
zwischen den Schreibtischtätern in Berlin und den tapferen Kämpfern an der
Front noch zu betonen. Julia Deutschmann (Sonja Ziemann) versucht die
Verurteilung ihres Mannes wieder aufheben zu lassen und muss sich dabei mit dem
windigen Arzt und Parteimitglied Dr. Kukill (Ernst Schröder), dessen Gutachten
ausschlaggebend für das Urteil war, und dem zuständigen Standartenführer der SS
auseinandersetzen. Doch während ihr Mann in Russland in Lebensgefahr gerät und
Bomben über Berlin fallen, haben die Herren nur Augen für die schöne Julia, die
sie mit eindeutigen Absichten bedrängen.
Der Vorwurf
einer historisch ungenauen Darstellung und die Verharmlosung der Rolle der
Wehrmacht ist gerechtfertigt, aber darüber hinaus macht "Strafbataillon
999" wenig falsch. So plakativ und mit einfachen Mitteln zuspitzend
Konsalik vorgeht, so beeindruckend konkret ist der Film. Schon die ersten
Szenen, die beispielhaft die Rigorosität zeigen, mit der die Männer zum Tode
oder zum "Strafbataillon 999" verurteilt werden - letztlich
gleichbedeutend mit einem Todesurteil - sind von schockierender Wirkung und
beleuchten kritisch die unmenschliche Vorgehensweise der Gesetzesvertreter.
Auch die Offiziere im Strafbataillon halten sich nicht zurück in ihrer
Verachtung für die "Verbrecher", die in ihrer Einheit Dienst schieben
müssen, und haben keine Probleme damit, sie in Todeskommandos zu verheizen -
Nachschub steht ja genügend zur Verfügung.
Zwar gibt
es mit Oberleutnant Obermaier (Heinz Weiss) eine menschlich anständige
Ausnahme, aber dem gegenüber steht mit Hauptfeldwebel Krüll (Werner Peters) ein
kleingeistiger Feigling, der als sadistischer Schleifer die Soldaten
schikaniert. Entscheidend für die Wirkung des Films und seine für die Entstehungzeit
Ende der 50er Jahre erstaunlich kritische Haltung, ist nicht diese vertraute
Konstellation, sondern das der Film keine Konzessionen an die damaligen (und
heutigen) Publikumserwartungen macht. Die langen Kriegshandlungen zum Ende des
Films verdeutlichen nur die ausweglose Situation, in die die Soldaten geschickt
wurden, und vermitteln keine heroischen Gefühle. Im Gegenteil verhöhnt das
konsequente Ende jeden anständigen Gestus und lässt keinen Zweifel an einem
Menschen verachtenden System.
"Strafbataillon 999" Deutschland 1960, Regie: Harald Phillip, Drehbuch: Wolfgang Menge, Harald Philip, Heinz G.Konsalik (Roman), Darsteller : Sonja Ziemann, Werner Peters, Georg Thomas, Ernst Schröder, Heinz Weiss, Laufzeit : 104 Minuten
weitere im Blog besprochene Filme von Harald Philipp:
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