Inhalt: Kurz nachdem er aus dem Gefängnis entlassen wurde,
überfällt Pedro Ortiz (Mario Adorf) die Haftanstalt, um auch seinen Freund
Carlos (Thomas Fritsch) zu befreien, den er dort kennengelernt hatte. Gemeinsam
mit ihm, José (Klaus Kinski), Fernando (Sieghardt Rupp) und der schönen Juanita
(Marisa Mell) will er sich endlich die Beute aus seinem Goldraub holen, die er
in einem unwegsamen Berggelände versteckt hatte. Auch der Bar-Pianist Woody
(Walter Giller) schließt sich der Gruppe an.
Doch zuvor will Ortiz sich noch an Rex Kelly (Edmund Purdom)
rächen, der ihn damals ins Gefängnis gebracht hatte. Inzwischen arbeitet er
nicht mehr als Sheriff, sondern als Vorstand einer Bank, weshalb Ortiz seine
Frau (Marianne Koch) und seinen Sohn entführt, um ihn zu zwingen, seine eigene
Bank auszurauben. Beide nimmt er auch auf den beschwerlichen Weg zu der
versteckten Beute mit, weshalb sich Rex Kelly an seine Fersen heftet…
Die
Produzenten von "Der letzte Ritt nach Santa Cruz" hatten prinzipiell
alles richtig gemacht, denn sie hatten die Zeichen der Zeit erkannt. Während
sich der Erfolg des Italo-Westerns erst anbahnte - Sergio Leone drehte seinen
ersten Western "Per un pugno di dollari“ (Für eine Handvoll Dollar)
parallel, ebenfalls mit Marianne Koch in der weiblichen Hauptrolle - siedelten
sie ihre Geschichte auch schon in den staubigen Gefilden der südlichen USA, im
Grenzgebiet zu Mexico, an. Entscheidender für die Wegbereitung des Westerns im
deutschen Kino, waren aber die Erfolge der Karl May -Verfilmungen "Der Schatz
im Silbersee" (1962) und "Winnetou I" (1963), von dem sie
konsequenterweise gleich Mario Adorf als Bösewicht übernahmen. Auch die Besetzung
Klaus Kinskis als Bandit erwies sich als prophetisch, denn nach seinen
Schurken-Rollen in den Edgar-Wallace Verfilmungen sollte "Der letzte Ritt
nach Santa Cruz" der Beginn einer langen Western-Karriere werden.
Die Verpflichtung Edmund Purdoms, einem damals populären englischen Darsteller,
für die Heldenrolle Rex Kelly, war dem Versuch geschuldet, internationale
Standards erreichen zu wollen, wie es im Euro-Western zu Beginn üblich war,
aber die Besetzung zweier wichtiger Nebenrollen mit Walter Giller und Thomas
Fritsch verweisen schon auf deutsche Eigenheiten. Giller war damals sehr
populär, während Fritsch als viel versprechender Newcomer und jugendlicher Held
galt, aber auch ihre Dreitagebärte können nicht darüber hinweg täuschen, dass
sie in dem Western wie Fremdkörper agieren. Man könnte das als nebensächlich ansehen,
wenn die Gestaltung ihrer Rollen nicht symptomatisch für das Drehbuch von
Herbert Reinecker und Rolf Olsens Regie-Arbeit wäre, die erstmals im Western-Genre
arbeiteten.
Es sind weniger die fehlende Härte und die trotz der staubigen Umgebung meist
saubere Kleidung und glatten Gesichter, die im Gegensatz zu Leones für den Italo-Western
stilbildenden Werk stehen - "Der letzte Ritt nach Santa Cruz"
orientierte sich in dieser Hinsicht eindeutig an den Karl May-Verfilmungen -
sondern die fehlende Authentizität in den Charakterisierungen, die an pubertäre
Western-Fantasien erinnern und selbst klischeehafte US-Western nicht erreichen.
Der Film hinterlässt über seine gesamte Laufzeit den Eindruck, als wollten ein
paar deutsch/österreichische Filmemacher in ihrem Filmstudio-Sandkasten einmal
Western spielen - angesichts einer Darstellerriege, die bei diversen späteren
Gelegenheiten beweisen sollte, wie überzeugend sie dieses Szenario zu
verkörpern in der Lage ist, ein Armutszeugnis.
Nun kann dieser Vorwurf auch einer Vielzahl der Karl-May Verfilmungen aus deutscher
Produktion gelten, aber dort wurde eine intensive Identifikation mit den Protagonisten
erreicht, die hier vollständig fehlt. Darin zeigt sich die Schwäche eines
Drehbuchs, das Konflikte immer nur andeutet, ohne sich weiter auf sie
einzulassen. So muss eine an TV-Vorabendserien erinnernde Familienkostellation,
bestehend aus Frau und kleinem - in seiner piepsigen, altklugen Art, nervenden -
Sohn reichen, um den anständigen Rex Kelly zu einem „Verbrechen“ zu motivieren,
denn er ist gezwungen seine eigene Bank auszurauben, um sie zu retten, nachdem
sie in die Gewalt des Bandenbosses Pedro Ortiz (Mario Adorf) geraten sind.
Einen Moment besteht die Gefahr von seinem eigenen Nachfolger als Sheriff
verhaftet zu werden, aber Kelly kann sich mit Gewalt befreien. Doch anstatt
diesen inneren Konflikt auf Grund der ungerechfertigten Anschuldigung weiter zu
verfolgen, die Edmund Purdom auch die Möglichkeit gegeben hätte, seiner sonst
oberflächlichen Figur mehr Tiefe zu verleihen, kommt der Film nicht mehr darauf
zurück.
Ähnliches gilt für seinen Gegenspieler Pedro Ortiz, der als sehr gefährlich
gilt, was er zu Beginn auch unter Beweis stellt, indem er seinen Freund Carlos
(Thomas Fritsch) aus dem Gefängnis befreit, aus dem er selbst erst kurz zuvor
entlassen wurde. Für Carlos soll Ortiz eine Art Vaterfigur sein, aber ihre
Beziehung lässt sich nicht nachempfinden, da der als Identifikationsfigur für
die Jugend vorgesehene glattgesichtige Fritsch nur darauf aus ist, seinen guten
Charakter zu beweisen, der mit Verbrechern nichts gemein hat – wie konnte der
Knabe nur im Gefängnis landen? Noch unglaubwürdiger ist Woody Johnsons (Walter
Giller) Anbiederung an Pedro Ortiz, denn seine penetrante unterwürfige
Kriecherei müsste den selbst verliebtesten Gangster misstrauisch werden lassen.
Leider erschließt sich auch die Beziehung zwischen der attraktiven Juanita
(Marisa Mell) und Ortiz keinen Moment, obwohl sie gut vorstellbar ist, aber der
Film verweigert sich familiengerecht jeder erotischen Andeutung.
Das zwingt den optisch überzeugenden Mario Adorf ständig dazu, zwischen üblem Schurken
und inkonsequentem Weichling zu wechseln. Mal darf er den abtrünnigen, da inzwischen anständig gewordenen Carlos aus dem Hinterhalt erschießen,
damit Fritsch den Heldentod sterben kann, mal nimmt er ohne Grund Kellys Frau
mit auf den beschwerlichern Weg und betreut deren Sohn Steve, als wären sie auf
einem Familienausflug. Ursprünglich hatte er sich an Kelly rächen wollen, der
ihn ins Gefängnis gebracht hatte, doch während er kein Problem damit hat, einen
hilflosen Großgrundbesitzer eiskalt zu ermorden, schickt er jedesmal einen
seiner Männer vor, um Kellys Verfolgung zu unterbinden. Dabei besitzt er alle
Trümpfe und könnte ihm seinen Willen diktieren. Stattdessen ermöglicht er es Kelly
so, im Kampf Mann gegen Mann seine Streitmacht zu reduzieren. Man könnte darin
auch die Demaskierung eines angeblich harten Burschen erkennen, bei dem es sich
um einen Feigling handelt, aber dafür fehlt es Adorfs Rolle an charakterlicher
Tiefe.
"Der letzte Ritt nach Santa Cruz" erinnert mehr an harmlose deutsche
Unterhaltungsfilme als an einen spannenden Western, aber wahrscheinlich genügte
es Anfang der 60er Jahre schon, dass Adorf und Kinski zwischendurch mordlüsternen
Wahnsinn aufblitzen ließen und eine anständige Ehefrau und ihr blonder Junge in
Gefahr gerieten, um den Betrachtern den Angstschweiß auf die Stirn zu zaubern.
Mit den Rollen von Giller und Fritsch als angeblichen Verbrechern war der Zenit
an Tiefgründigkeit und Differenziertheit zudem schon erreicht, weshalb man auf
weitere Ambitionen in der Rollengestaltung verzichtete, sieht man von Marisa
Mells krampfhaft, gequältem Gesichtsausdruck einmal ab, mit dem sie sich selbst
in die Luft jagt.
Ob man dem Film heute noch einen gewissen, unfreiwilligen Charme zugesteht oder in ihm einen legitimen Vertreter des damaligen Zeitgeistes sieht, der einige Strömungen frühzeitig erkannte, liegt im Auge des Betrachters. "Der letzte Ritt von Santa Cruz" blieb einer der wenigen Versuche im deutschen Film, die härtere Gangart der Italo-Western mitzugehen, reihte sich hinsichtlich der Story und Charakterisierungen aber nur in die harmlosen, dafür aber kommerziell erfolgreichen Karl-May Filme ein.
Ob man dem Film heute noch einen gewissen, unfreiwilligen Charme zugesteht oder in ihm einen legitimen Vertreter des damaligen Zeitgeistes sieht, der einige Strömungen frühzeitig erkannte, liegt im Auge des Betrachters. "Der letzte Ritt von Santa Cruz" blieb einer der wenigen Versuche im deutschen Film, die härtere Gangart der Italo-Western mitzugehen, reihte sich hinsichtlich der Story und Charakterisierungen aber nur in die harmlosen, dafür aber kommerziell erfolgreichen Karl-May Filme ein.
"Der letzte Ritt nach Santa Cruz" Deutschland/Österreich 1964, Regie: Rolf Olsen, Drehbuch: Herbert Reinecker, Darsteller : Mario Adorf, Edvard Purdom, Marianne Koch, Klaus Kinski, Walter Giller, Thomas Fritsch, Sieghardt Rupp, Marisa Mell, Laufzeit : 93 Minuten
weitere im Blog besprochene Filme von Rolf Olsen:
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