Inhalt:
Albert Teetjen (Erwin Geschonneck) und seine Frau Stine (Käthe Braun) betreiben
schon lange eine Metzgerei im Hamburger Stadtteil Wandsbek, aber ihre
Geschäfte laufen immer schlechter, da sie mit den moderner ausgestatteten und
größeren Läden nicht mehr mithalten können. Als die NSDAP an die Macht gekommen
war, glaubte Teetjen, dass sich auch an seiner Situation etwas ändert, weshalb
er in die Partei eintrat, aber inzwischen schwinden seine Hoffnungen. Doch
seine Frau erinnert ihn an seinen Kriegskameraden aus dem Weltkrieg, Hans Peter
Footh (Willy A.Kleinau), der es als SS-Standartenführer inzwischen zu großem
Einfluss gebracht hat, doch ihr Mann weigert sich, ihn um Hilfe zu bitten. Erst
als Stine zufällig an einen Briefumschlag mit einem Anschreiben der Amtsärztin Dr.
Käthe Neumeier (Gefion Helmke) gelangt – diese hatte den Umschlag der Mutter
und ihrem behinderten Sohn gegeben, die unter ärmlichen Verhältnissen im
Dachstuhl wohnen, damit sie sich an Footh wenden können – kann sie ihren Mann
überreden, ein Bittgesuch an den früheren Kameraden zu richten.
Footh, der
es sich feudal eingerichtet hat und ein luxuriöses Leben genießt, reagiert erst
uninteressiert, bis ihm einfällt, dass Teetjen Schlachtermeister ist. Die NSDAP hat in
Hamburg noch ein unerledigtes Problem, dass bisher verhindert, dass Adolf
Hitler in die Hansestadt kommt. Vier Kommunisten waren zum Tode verurteilt
worden, weil sie angeblich schuld am Tod von 18 Menschen sind, die bei
Auseinandersetzungen mit der SA in Altona 1932 starben - doch das Todesurteil
konnte noch nicht vollzogen werden, weil der zuständige Henker erkrankt war. Da
käme der Bittsteller Teetjen für Footh gerade richtig…
Während die
Kinoproduktion in der BRD erst langsam wieder anlief, hatte sich die DEFA unter
sowjetischer Führung seit 1946 etabliert. Doch während den frühen Filmen wie
Staudtes "Die Mörder sind unter uns" (1946) noch der ideologische
Freiraum anzumerken war, unter dem sie entstehen konnten, galten Anfang der
50er Jahre schon genaue Anforderungen und Richtlinien, die sowohl die heroische
Rolle des kommunistischen Widerstands betonen, als auch einen positiven
Ausblick auf die Zukunft geben sollten. "Das Beil von Wandsbek"
versprach eine angemessene Umsetzung, denn das Drehbuch basierte auf dem 1943
veröffentlichten Roman von Arnold Zweig, der den Selbstmord eines nationalsozialistischen
Henkers, von dem er 1938 in der "Deutschen Volkszeitung" - einer von
der KPD im Exil herausgegebenen Wochenzeitung - gelesen hatte, zum Anlass
seines Romans nahm.
Zweig verband
dieses Ereignis mit dem "Altonaer Blutsonntag" vom 17.Juli 1932 als
die SA im Hamburger Stadtteil Altona aufmarschierte - eine bewusste
Provokation, da das Arbeiterviertel traditionell als linksgerichtet galt. Es
kam zu den erwartet schweren Auseinandersetzungen, in dessen Folge 18 Menschen
starben, davon 16 durch Kugeln der Polizei. Die Ermittlungen, die sich allein
gegen die Kommunisten richteten, brachten keine Ergebnisse, bis die Justiz kurz
nach der Machtergreifung der NSDAP vier junge Antifaschisten und Kommunisten
zum Tode verurteilte - ein Urteil, dass erst 1992 wieder aufgehoben wurde.
Inzwischen ist es erwiesen, dass der Henker, der die Hinrichtung an den vier
Männern vornahm, nicht - wie Zweig damals annahm - Derselbe ist, der später
Selbstmord beging, aber der Autor entwickelte daraus eine Ereignisfolge, deren
Intention sich unabhängig vom historischen Hintergrund erschließt. Für die
DEFA war der Zusammenhang zum "Altonaer Blutsonntag" dagegen von wesentlicher
Bedeutung, denn der Widerstand der Kommunisten gegen das nationalsozialistische
Regime sollte zum Auslöser für das Scheitern eines Mannes werden, der sich von
den Nationalsozialisten kaufen ließ. Mit Erwin Geschonneck in der Hauptrolle
des Henkers Albert Teetjen und Falk Harnack, Widerstandskämpfer und seit 1948
künstlerischer Direktor der DEFA, auf dem Regiestuhl, der gemeinsam mit
Wolfgang Staudte auch am Drehbuch mitwirkte, waren die Voraussetzungen für ein
Gelingen des Films ideal. Entsprechend der Richtlinien wurde Arnold Zweigs
Roman um eine Nebenhandlung erweitert, die den heldenhaften Widerstand der
Kommunisten im III. Reich betonen sollte.
Der Schlachtermeister Teetjen wendet sich an
seinen früheren Kriegskameraden und jetzigen SS-Standartenführer Footh (Willy
A.Kleinau), um ihn wegen seiner schwierigen materiellen Lage um Hilfe zu
bitten, was schließlich dazu führt, dass er gegen viel Geld die Hinrichtung von
vier unschuldigen Männer ausführt, da der zuständige Henker erkrankt ist. Damit
hilft er der Hamburger NSDAP aus der Klemme, da Adolf Hitler nur unter der
Voraussetzung, dass die vier Männer hingerichtet worden sind, seinen Besuch in der
Hansestadt ankündigte. Diesen bei
Arnold Zweig solitär erzählten Vorgang verbindet der Film mit den Aktivitäten einer
funktionierenden kommunistischen Widerstandszelle. In einer frühen Szene des
Films besucht die Amtsärztin Dr. Käthe Neumeier (Gefion Helmke) einen
behinderten jungen Mann, der mit seiner Mutter in einer ärmlichen Dachwohnung
über der Fleischerei Teetjen lebt. Nicht nur, dass der selbstbewusste junge
Mann keine Angst davor hat, die Bücher von Karl Marx und anderen verbotenen
Autoren in seiner Bibliothek zu bewahren, auch sonst ist er aktiv antifaschistisch
und stellt nachts Flugblätter her. Die Ärztin dagegen vertritt den Typus des
Mitläufers. Sie war früher selbst kommunistisch, gehört inzwischen aber einer
bürgerlichen Schicht an, die die Ideen der Nationalsozialisten zwar
verabscheut, aber mit ihnen zusammen arbeitet, da sie den Ernst der Lage noch
nicht begriffen hat. Deshalb übergibt sie der Mutter des jungen Mannes ein
Empfehlungsschreiben an den einflussreichen SS-Mann Footh, um diesen um
Unterstützung zu bitten - angesichts der Umstände eine absurde Idee, die aber
dazu führt, dass Stine Teetjen (Käthe Braun), die Ehefrau des Schlachters, in
den Besitz des Schreibens kommt, welches sie an ihren Mann weitergibt, der
damit Footh anschreibt.
Diese konstruiert
wirkende Eingangssequenz sollte die Mitwirkung der Kommunisten an der späteren Identifikation
des Täters begründen und die daraufhin beschlossene Maßnahme, den Fleischer zu
ächten, als Solidaritätsbewegung der Bevölkerung kennzeichnen. Als die Ärztin
im Haus des SS-Mannes Wochen nach der Hinrichtung ihren Briefumschlag entdeckt
und die Mutter des Jungen darauf anspricht, erfährt sie, dass diese den Umschlag
an Frau Teetjen weiter gegeben hatte, womit klar wird, wieso sich die Teetjens
plötzlich die Modernisierung ihres Fleischerladens leisten konnten. Doch bevor
es dazu kommt, dient ihre Rolle dazu, nochmals den Heldenmut der Kommunisten zu
betonen. Nachdem sie von einer im Sterben liegenden Kommunistin darauf hingewiesen wurde, prüft sie gemeinsam mit dem Gefängnisdirektor die Gerichtsakten und kommt zu
dem Ergebnis, das das Todesurteil eine von den Machthabern gewollte Farce ist.
Zudem besucht sie die vier Verurteilten in ihren Zellen und gibt damit Jedem
von ihnen die Gelegenheit, seinen Standpunkt nochmals zu vertreten, Solidarität
einzufordern und zum Kampf für die gerechte Sache aufzurufen, die am Ende
siegen wird.
Angesichts
der beißenden Darstellung der Nationalsozialisten um den ehrgeizigen und
selbstverliebten SS-Standartenführer Footh wirken diese Szenen unrealistisch -
kaum vorstellbar, dass sich eine Ärztin so frei und sprachlich unangepasst
innerhalb eines so diffizilen Umfelds hätte bewegen können. Die wiederholten
Warnungen vor den Nationalsozialisten, die bekunden sollten, dass die
Kommunisten die Gefahr frühzeitig erkannten und den Widerstand nie aufgaben, wirken
zunehmend bemüht und angesichts der realen Gefahr für jeden Regimegegner auch
verharmlosend - der behinderte junge Mann verlässt nachts um eins den Dachstuhl
seiner Wohnung, um zu einem in der Straße gelegenen Keller zu gehen, wo die
Druckerpresse steht - standen aber ganz im Sinn der ideologischen Zielsetzung
der DEFA. Um so mehr überrascht es, das „Das Beil von Wandsbek“ der erste
DEFA-Film wurde, dessen Aufführung in der DDR verboten wurde und folgende
Aussage des SED-Politbüros provozierte:
„Noch krasser offenbaren sich die Fehler des kritischen
Realismus in dem Film „Das Beil von Wandsbek“, der nicht die Kämpfer der
deutschen Arbeiterklasse zu den Haupthelden macht, sondern ihren Henker. Die
Verfilmung dieses Stoffes war ein ernster Fehler der DEFA-Kommission und des
DEFA-Vorstandes.“
Tatsächlich spielten die „Kämpfer der deutschen
Arbeiterklasse“ in Zweigs Roman nur eine untergeordnete Rolle, denn er wollte
am Beispiel des Fleischers die Propaganda der Nationalsozialisten, sich für die
Arbeiter und einfachen Leute einzusetzen, als Lüge entlarven. An Hand des
differenziert beschriebenen Charakters des Fleischers, der von den
Nationalsozialisten für deren Zwecke missbraucht wird, verbunden mit den Vorgängen
am „Altonaer Blutsonntag“, gelang Zweig das schlüssige Bild einer Gesellschaft
im Übergang von der Weimarer Republik zur faschistischen Diktatur. Die Ächtung
des Fleischers, nachdem sich das Gerücht in Wandsbek verbreitete, er hätte die
Männer geköpft, drückte das innere Unbehagen einer Bevölkerung aus, die
keineswegs hinter den Ideen der Nationalsozialisten stand, letztlich aber auch
nicht in der Lage war, sich aufzulehnen. Der Fleischer und einmalige Henker
wird zum schwächsten Glied einer sich verändernden Gesellschaft, nicht zur
Zielperson einer konzertierten Aktion des Widerstands, wie es der Film positiv
darzustellen versuchte.
Der Versuch misslang, weil „Das Beil von Wandsbek“ Arnold
Zweigs Intention weiter transportierte und die Nebenhandlung den Charakter der nachträglichen Hinzufügung nicht verlor. Das war besonders dem überragenden Spiel Geschonnecks
und Brauns zu verdanken, die das Ehepaar Teetjen menschlich nachvollziehbar
verkörperten. Ihre Ängste und der damit verbundene Anpassungswille, ihre
Leichtgläubigkeit und Kleingeistigkeit, seine Sturheit und das gewollt wirkende
konservative Auftreten, ihre Eitelkeit und christliche Gesinnung, aber auch ihr
Versuch, gemeinsam ein bisschen Glück erfahren zu wollen, entfalten ein
komplexes Bild der menschlichen Psyche, von dem sich kein Betrachter lossagen
kann. Zudem betonte Harnacks am Neorealismus orientierter Stil die Armut und
Tristesse, und damit die Ausweglosigkeit ihrer Situation, die sich am Ende zu
einem Bild zweier verlorener Menschen verdichtet, die gleichzeitig zu Tätern
und Opfern werden.
Der Umgang mit der Thematik war signifikant für die Frühphase
des „Kalten Krieges“. Während ein kritischer Stoff wie Arnold Zweigs Roman zu
Beginn der 50er Jahre kaum eine Chance auf eine Verfilmung in der BRD hatte
(erst 1982 wurde er in einem Fernsehfilm umgesetzt), galt es in der DDR die
eigene Staatsdoktrin darin unterzubringen, die den kommunistischen Staat als
das „bessere“ Deutschland darstellte. Dafür war Zweigs Blick auf die erste
Hälfte der 30er Jahre nicht geeignet, denn der Versuch die Geschichte - wenn
auch nur in wenigen Aspekten – umzuschreiben, musste misslingen, zu generell
war seine Analyse eines Deutschlands auf dem Weg in die Diktatur. Regisseur
Falk Harnack verließ die DDR 1952 als Reaktion auf das Filmverbot, der Film kam
1962 stark geschnitten in die DDR-Kinos – die privaten Szenen des Ehepaars
wurden größtenteils entfernt – aber das alles konnte dem Film letztlich nichts
anhaben, dessen grundsätzliche Aussage bis heute nichts von ihrer Gültigkeit verloren
hat.
"Das Beil von Wandsbek" DDR 1951, Regie: Falk Harnack, Drehbuch: Falk Harnack, Wolfgang Staudte, Erich Conradi, Hans Robert Bortfeld, Arnold Zweig (Roman), Darsteller : Erwin Geschonneck, Käthe Braun, Gefion Helmke, Willy A.Kleinau, Claus Holm, Gisela May, Hilde Sessak, Laufzeit : 107 Minuten
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