Inhalt:
1940 – der 18jährige Hans Teichmann (Hansjörg Felmy) und seine Kameraden Gerd
Heyne (Horst Frank), Emil Stollenberg (Thomas Braut) und Vögele (Ernst
Reinhold) treten ihren ersten Dienst als angehende Offiziere auf dem Minensuchboot
„Albatros“ an, und lassen sich ihre gute Laune auch nicht von dem
unfreundlichen Empfang durch Leutnant Pauli (Siegfried Lowitz) vermiesen. Im
Gegenteil – schon bald überqueren Teichmann und ein Freund den nahe gelegenen
See mit ihrer Jolle, bis sie fast mit einem Motorboot zusammen stoßen, dem
Teichmann unfreundliche Worte hinterher ruft.
Zurecht wie
er findet, auch als er erfährt, dass die Frau seines Flotillen-Chefs Erich
Wegener (Heinz Engelmann) am Steuer saß. Zur Strafe muss er ihr beim Einkauf
und der Einrichtung der Wohnung helfen, aber die Nähe zu der jungen und
hübschen Frau Engelmann (Sabine Bethmann) empfindet Teichmann zunehmend als
Vergnügen. Als er sie küsst, wehrt sie sich einen Moment nicht, weist ihn dann
aber von sich, womit sein Job bei ihr beendet ist. Kurz darauf sticht er mit
dem Minensuchboot in See, wo es zu dramatischen Ereignissen kommt, in die auch
sein Flotillen-Chef verwickelt wird…
Obwohl der
Kriegsfilm seit der "08/15" - Trilogie (1954/55) erfolgreich in den
deutschen Kinos lief, hielten sich die Produzenten mit der Darstellung von
Kampfhandlungen merklich zurück. Das änderte sich mit "Der Stern von Afrika" und "Haie und kleine Fische", die kurz nacheinander im
Herbst 1957 in die deutschen Lichtspielhäuser kamen. Basierte "Der Stern von Afrika" noch auf der Biografie eines bekannten Kampffliegers und stand
in der Tradition zuvor entstandener Kriegsfilme, die der Thematik auf diese
Weise einen seriösen Anstrich geben sollte ("Canaris" 1954),
verarbeitete der sonst unbekannt gebliebene Schriftsteller Wolfgang Ott in
"Haie und kleine Fische" seine persönlichen Erfahrungen als Soldat
der Marine und wirkte auch am Drehbuch der Verfilmung mit.
Sein
überraschender Erfolg als Autor stand signifikant für die damalige Sehnsucht
nach Stoffen, die das Erleben eines durchschnittlichen Soldaten im Krieg
wiedergaben, weshalb "Haie und kleine Fische" stilbildend für die
zukünftigen Kriegsfilme werden sollte. Im Mittelpunkt steht der angehende
Marine-Offizier Hans Teichmann (Hansjörg Felmy), der als gerade 18jähriger kurz
nach Kriegsbeginn auf einem Minensuchboot dient, bevor er 1941 an Bord eines
U-Bootes versetzt wird. Das gab Regisseur Frank Wisbar die Gelegenheit, zuerst
Gefechte auf See zu zeigen, bevor er die intensiven Erlebnisse der Männer unter
Wasser mit der Enge an Bord, Luftknappheit und Torpedoangriffen wiedergab, die
vom Gegner mit Echolot-Suche und Wasserbomben beantwortet wurden. Geschickt
verband Wisbar dazu originale Aufnahmen mit gespielten Szenen, was einen
authentischen Eindruck hinterlässt, auch wenn einzelnen davon die
Studio-Atmosphäre anzumerken ist.
Regisseur
Frank Wisbar hatte zum Zeitpunkt seines ersten deutschen Films nach dem Krieg
schon eine bewegte Vergangenheit hinter sich. Mit "Anna und
Elisabeth" war er 1933 erstmals bei den Nationalsozialisten angeeckt, die
seinen Film als Verstoß "gegen das gesunde Volksempfinden"
betrachteten, bevor er mit "Fährmann Maria" (1936) zwar wenig
Begeisterung bei Joseph Göbbels auslöste, aber einen exemplarischen
Fantasy-Film mit Sybille Schmitz in der Hauptrolle ablieferte. 1946 drehte er
mit "Strangler of the swamp" ein Remake des Films in Hollywood,
nachdem er 1938 in die USA emigriert war, da seine halbjüdische Frau unter die
Rassegesetze fiel. Erfolg hatte er dort erst, als er begann, für das Fernsehen
zu arbeiten und daraufhin eine eigene Produktionsgesellschaft aufbaute. Seine
Rückkehr nach Deutschland wurde von der Intention begleitet, die jüngere
Vergangenheit aufzuarbeiten, weshalb er nach "Haie und kleine Fische"
mit "Hunde, wollt ihr ewig leben" (1958), "Nacht fiel über
Gotenhafen" (1959) und "Fabrik der Offiziere" (1960) drei
weitere während des 2.Weltkriegs spielende Filme herausbrachte, die trotz ihres
offensichtlichen Unterhaltungscharakters eine kritische Betrachtungsweise
versuchten.
Die bemerkenswerteste
Szene in "Haie und kleine Fische" erinnert direkt an Wisbars
Schicksal. Horst Frank, der Teichmanns Freund und Kameraden Gerd Heyne spielt,
der gerade zum Oberleutnant befördert wurde, sinniert angesichts des Todes
seines Vaters im KZ Bergen-Belsen darüber, was denn wäre, wenn er eine Frau
heiratet, die nicht jüdisch wäre wie seine Großeltern. Dann wären seine Kinder
Achtel-Juden und hätten eine Überlebenschance - nur kurz danach erschießt er
sich selbst. Abgesehen von dieser kurzen, spät im Film angeordneten Sequenz,
die verdeutlicht, dass die nationalsozialistische Ideologie in jeden
Lebensbereich eindrang, taucht sie im übrigen Film nicht mehr auf. Stattdessen
verkörperte Hansjörg Felmy den Typus des unangepassten Burschen, der zwar
freiwillig zur Marine geht und auch für sein Vaterland kämpfen will, darüber
hinaus aber jede soldatische Disziplin vermissen lässt und auch einen
Vorgesetzten schlägt, wenn es der moralischen Gerechtigkeit dient - eine idealisierte Mischung aus Kriegsheld
und antiautoritärem Geist, die mehr die Coolness der 50er Jahre, als das
Soldatenleben in der Wehrmacht abbildete.
Der Beginn
des Films erinnert entsprechend an eine Sommerfrische. Während ihr Vorgesetzter
Leutnant Pauli (Siegfried Lowitz) nur Wert auf korrekte Kleidung und
respektvolles Grüßen legt, darüber hinaus aber nichts vom soldatischen Handwerk
versteht, vergnügt sich Teichmann mit Freunden beim Segeln und hilft der Frau
seines Flottillenchefs Erich Wegener (Heinz Engelmann) "zur Strafe"
für freche Bemerkungen beim Einkaufen und Einrichten der Wohnung. Da es sich
bei Frau Engelmann (Sabine Bethmann) zudem um eine hübsche und junge Frau
handelt, kann Charmeur Teichmann einfach nicht dagegen an, mit ihr anzubändeln
- zwar wird er von ihr zurückgewiesen, aber nur weil es Sitte und Anstand so
verlangen. Die "Tragik" dieser verhinderten Liebesgeschichte, die
sich durch die gesamte Handlung zieht, kann ihren konstruierten und
unrealistischen Charakter zwar nicht ablegen, förderte aber Hansjörg Felmys Reputation
als ganzer Kerl und Womanizer.
Felmy, der
auch in "Der Stern von Afrika" mitspielte (ebenso wie Horst Frank), gab
die wichtige Identifikationsfigur, die die linear erzählte und sich
vorhersehbar entwickelnde Story unbedingt benötigte. Seine Kriegserlebnisse -
Lebensgefahr, Erfolg, Mannschaftsfeiern, aber auch großes Leid und der Verlust
enger Freunde - deckten sich mit den Erfahrungen vieler Betrachter, ohne das
schwierige Themen wie Kriegsverbrechen oder ideologische Verflechtungen berührt
wurden. Selbst der Feind wird auch in den gefährlichsten Momenten kaum einmal sprachlich verdammt, so dass der Film keinen Moment vermitteln kann, warum es
überhaupt zum Krieg gekommen war und welche Ziele damit verfolgt wurden. Schuld
daran sind abstrakt die "Haie" - also die Nationalsozialisten - die
die "kleinen Fische" - die Soldaten
- einem gefährlichen und sinnlosen Abenteuer aussetzten. Diesen Abenteuer-Charakter
vermittelt zumindest der Film, der Teichmann die Gelegenheit gibt, zu zeigen,
dass er ein mutiger Kämpfer ist, der sich damit letztlich auch den Respekt
seines U-Boot-Kommandanten Jochen Lüttke verdient, den Wolfgang Preiss als
autoritären Offizier gibt, der für den ängstlichen Berichterstatter - kein
Soldat und der Partei nahe stehend - nur Verachtung übrig hat. Seine
Bemerkungen wirken aus heutiger Sicht kleinlich und unsouverän, sprachen den
ehemaligen Soldaten aber aus dem Herzen.
"Haie
und kleine Fische" galt zum Zeitpunkt seiner Entstehung als
"Anti-Kriegsfilm" und an Frank Wisbars Intention lässt sich auch
nicht zweifeln, aber gleichzeitig wird deutlich, welche Kompromisse
notwendig waren, um mit einem Kriegsfilm an der Kinokasse Erfolg zu haben. Aus
heutiger Sicht wirkt der Film nicht nur verharmlosend, sondern regelrecht naiv
in der völligen Abwesenheit einer alles beherrschenden Diktatur. Zudem spielte
Felmy den Soldaten in einer Mischung aus kernigem Held und Freigeist, wie er in
der Realität nicht hätte überleben können, mit der die Identifikation 1957 aber
leicht fiel. Dass der Film Kampfhandlungen konkret zeigte und Teichmann am Ende
als Einer von Wenigen überlebte, genügte schon als Kritik an einem Krieg, der
noch nicht lange genug vorbei war, um ihn in auch nur annähernd ermessen zu
können.
"Haie und kleine Fische" Deutschland 1957, Regie: Frank Wisbar, Drehbuch: Alf Teichs, Wolfgang Ott (Roman), Darsteller : Hansjörg Felmy, Horst Frank, Wolfgang Preiss, Sabine Bethmann, Mady Rahl, Siegfried Lowitz, Laufzeit : 98 Minuten
weitere im Blog besprochene Filme von Frank Wisbar:
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