Inhalt: Wie
jeden Tag ist Maria Gassl (Marianne Hold), begleitet von dem Nachbarjungen
Loisl, auf dem Bodensee, um für ihren Lebensunterhalt zu fischen. Ihr Fang ist
sowieso schon spärlich, aber als die Zwillingsschwestern Schweizer (Isa und
Jutta Günther) absichtlich mit ihrem Motorboot in ihr Netz fahren, bleibt nicht
mehr viel übrig. Gemeinsam mit Loisl versucht Maria die wenigen Fische auf dem
Markt zu verkaufen, aber sie hat keine Chance gegen die Fischereifirma Bruckberger,
die ihre gezüchtete Ware deutlich günstiger anbieten kann. Zufällig trifft sie auch auf
Hans Bruckberger (Gerhard Riedmann), der erst seit kurzem wieder in seiner
Heimat zurück ist, und der nicht wenig erstaunt auf die inzwischen erwachsen
gewordene schöne junge Frau reagiert.
Sie macht
ihm Vorwürfe, dass seine Firma ihrem Großvater die Fangrechte unter Preis
abkaufen will und sie bewusst beim Fischen gestört wurde. Hans versteht zuerst
nicht, wovon sie spricht, aber schnell bekommt er heraus, dass seine Eltern die
wirtschaftliche Notsituation der alteingesessenen Fischer-Familie Gassl
ausnutzen und die beiden Zwillingsmädchen die aus ihrer Sicht arrogante Maria
bestrafen wollten. Er schreitet ein und bringt die Sache in Ordnung, aber Maria
bleibt weiterhin abweisend ihm gegenüber, was ihn nur noch weiter antreibt…
Ein Jahr
nach "Der Fischer vom Heiligensee" kam auch "Die Fischerin vom
Bodensee" in die deutschen Kinos, unter der Regie von Harald Reinl, der
zuerst Heimatfilme drehte, bevor er sich im Action- und Krimi-Genre („Der Frosch mit der Maske“ (1959)) einen Namen machte. Außer dem Fischer bzw. der
Fischerin und dem dazugehörigen See vor einem atemberaubendem Berg-Panorama
haben beide Filme nur wenig gemeinsam, denn während Heinz H.König ein
ernsthaftes Melodrama entwarf, drehte Reinl ein Sammelsurium aus den
beliebtesten Ingredienzien des Heimatfilm-Genres in der Tradition von
"Grün ist die Heide" (1951). Die dramatische Liebesgeschichte um die
schöne, aber arme und vaterlose Fischerin Maria Gassl (Marianne Hold) und den
Sohn aus wohlhabendem Hause Hans Bruckberger (Gerhard Riedmann), wird umrankt
von viel Bodensee-Folklore, alkoholgetränktem Überschwang („Im Himmel gibt’s
kein Bier“), Gesang („Die Fischerin vom Bodensee“) und Bauernschwank - eine
Mischung, die damals hervorragend ankam.
Die Konsequenz,
mit der der Film die Klischees und Geschlechterrollen in einer
abwechslungsreichen Inszenierung bediente, ist bemerkenswert und lässt
"Die Fischerin vom Bodensee" zu einem exemplarischen Beispiel für das
Heimatfilm-Genre werden. Männer und Frauenrollen werden hier eindeutig
definiert, was sich schon am selbstbewussten Auftreten des naseweisen
Fischerjungen Loisl beweist, der Maria Gassl bei ihrer Arbeit begleitet. Als
gleich zu Beginn die Zwillingsschwestern Anny und Fanny Schweizer (in dieser Zeit
notorisch mit Isa und Jutta Günther besetzt) mit ihrem Motorboot absichtlich
das Fischernetz kaputt fahren, hat Loisl für die verwöhnten Fratzen aus reichem
Hause nur Verachtung übrig. Tatsächlich kann ihnen ihr Vater Anton Schweizer
(Rudolf Bernhard), ein erfolgreicher Holzhändler, nichts abstreiten, weshalb
sie als ernsthafte Ehe-Kandidatinnen für den begehrten Junggesellen Hans
Bruckberger nicht in Frage kommen. Trotz der nach außen hin behaupteten
Freundschaft zwischen Bruckberger und den Zwillingsmädchen, behandelt er sie meist
wie verzogene Gören, weshalb er sie auch dazu vergattert, nachts Marias Netz
mit Fischen zu füllen, nachdem er von ihrem Anschlag erfahren hatte.
An der
Verbindung zwischen ihm und einer der Schweizer-Töchter hat vor allem seine
Mutter Stefanie Bruckmeier (Annie Rosar) Interesse, die den wirtschaftlichen
Vorteil ihrer Familie im Auge hat. Annie Rosar gibt in der Nebenhandlung den
Part der herrschsüchtigen Alten, die ihren Ehemann Karl (Joe Stöckel) so knapp
hält, dass der eine uneheliche Tochter erfindet, um 100 Mark Alimente monatlich
kassieren zu können, die er immer persönlich über die Grenze bringt. Gemeinsam
mit seinem Freund Anton Schweizer nutzt er die Gelegenheit, um einmal im Monat
am Stammtisch seinem Vergnügen nachgehen zu können. Reinl gestaltet diese
Szenen im Stil eines Bauernschwanks, dessen Realitätsanspruch gegen Null geht,
aber er nutzt die Konstellation für typische Seitenhiebe auf die Geschlechter,
wobei die Männer deutlich besser wegkommen.
Während die
Alte immer streng und diszipliniert den Laden führt, fragt man sich, wofür ihr
Mann in dem Fischerei-Betrieb zuständig ist. Weniger hübsche Mägde beleidigt er
ganz selbstverständlich wegen ihres Aussehens, während er seine Frau ständig zu
besänftigen versucht. Darüber hinaus gibt er als gut gelaunter Dampfplauderer
den Sympathieträger. Doch zunehmend gerät er gegenüber seiner Frau in
Erklärungsnot, was ihn am Ende zu einer Notlüge zwingt, die dramatische Folgen
hat – doch in diesem Moment begreift er, dass er ein Mann ist und setzt sich
gegenüber seiner Frau durch, was sie sofort mit freudiger Unterwürfigkeit
belohnt. Eine solche Situation wäre für seinen Sohn Hans unvorstellbar, den
Gerhard Riedmann mit kernig, selbstbewusster Männlichkeit spielt. Im Gegensatz
zu seinem Vater packt er - kaum wieder an den Bodensee zurück gekommen – in der
Firma seiner Eltern an und begegnet auf dem Markt Maria, als sie versucht, ihre
wenigen Fische zu verkaufen, die gerade so zum Überleben für sie und ihren
Großvater (Joseph Egger) reichen, bei dem sie aufgewachsen ist. Ihre Mutter war
bei ihrer Geburt gestorben und nahm das Geheimnis mit ins Grab, wer Marias
Vater ist.
Marianne
Hold hatte zwar seit „Duell in den Bergen“ (1950) unter der Regie von Luis
Trenker schon mehrere Hauptrollen gespielt, aber „Die Fischerin vom Bodensee“
ließ sie zum großen Star in den späten 50er Jahren werden, ein Ruhm, der nur
bis zum Ende der Heimatfilm-Ära anhielt – schon 1964 spielte sie in dem
Karl-May-Film „Der Schut“ ihre letzte Rolle. Als Maria verkörperte sie das
Idealbild einer unnahbaren, jungfräulichen Schönheit, die für einen echten Kerl
zur Herausforderung werden muss. Der Wettkampf beim Maifest ist geradezu
prototypisch zugespitzt, als sie - in der historischen Tracht einer unverheirateten
jungen Frau gekleidet – zuerst kaum hinsehen kann, als Hans versucht, als
Erster den Maibaum zu erklettern, um seinen dabei gewonnenen Tanz nach kurzer
Zeit wieder abzubrechen. Ihre ständigen Zurückweisungen wirken angesichts der
Tatsache, dass an ihren gegenseitigen Gefühlen von Beginn an kein Zweifel
besteht, etwas übertrieben, erfüllen aber die Erwartungen an das Klischee, dass
nur der stärkste und beste Mann die begehrenswerteste Frau erhält. Hans, der
nicht daran zweifelt, sie zu erobern und zwischendurch auch schon mal anmerkt,
man müsste sie wegen ihres Trotzes übers Knie legen, gewinnt sie letztlich,
indem er sie gegen ihren Willen küsst – ein richtiger Mann nimmt sich seine
Frau, die ihm danach hoffnungslos verfällt.
Dank der
Lüge seines Vaters kommt es noch einmal zu einer kurzen Irritation zwischen
ihnen, aber in „Die Fischerin vom Bodensee“ gibt es keine wirklichen Gefahren
wie etwa in „Der Fischer vom Heiligensee“, sondern nur eine dramatische
Liebesgeschichte inmitten eines fröhlichen und unbeschwerten Treibens in
schönster landschaftlicher und historischer Umgebung, die sich als Urlaubsort
geradezu anbietet. Dass sich am Ende auch die Vaterfrage klärt und Marias Armut
damit Geschichte ist, setzt dem Ganzen noch die Krone auf, so dass letztlich
nur zwei Fragen offen bleiben – soll man den Film wegen seiner vorhersehbaren
Story und seines klischeehaften Weltbilds kritisieren oder eine Machart
bewundern, die die damalige Erwartungshaltung des Publikums in Perfektion umsetzte und die damit verbundene Faszination bis heute transportieren kann?
"Die Fischerin vom Bodensee" Deutschland 1956, Regie: Harald Reinl, Drehbuch: Ernst Neubach, Karl-Heinz Busse, Harald Reinl, Darsteller : Marianne Hold, Gerhard Riedmann, Annie Rosar, Joe Stöckel, Josef Egger, Isa und Jutta Günther, Laufzeit : 88 Minuten
weitere im Blog besprochene Filme von Harald Reinl:
"Schloss Hubertus" (1973)
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