Inhalt: Julius
Savini (Harry Wüstenhagen) veranstaltet Führungen für interessierte Touristen
in der Villa seines Chefs Abel Bellamy (Gert Fröbe), um sein Gehalt ein wenig
aufzubessern. Der schwerreiche Amerikaner weilt derweil in den USA und ahnt
nichts von der Nebenbeschäftigung seines Sekretärs, wird aber durch das
Missgeschick eines Besuchers darauf aufmerksam gemacht. Ein etwas zu
neugieriger Mann entdeckt eine Geheimtür, die sich mit dem Arm einer
Bogenschützen-Statue öffnen lässt, was ihm einen grünen Pfeil einbringt, der
sich tödlich in seinen Rücken bohrt.
Wieder
zurück in London reagiert Bellamy sehr erbost darauf, dass Savini fremde
Menschen in sein Haus ließ. Zudem war ihm der Ermordete nicht unbekannt, dem es
dank des grünen Bogenschützen nicht gelang, das Geheimnis zu entdecken, dass sich
hinter der Tür verbirgt. Diese führt zu einer versteckten Wohnung im
Kellergeschoss, in der Bellamy eine alte Frau gefangen hält. Entsprechend
nervös reagiert er, als er erfährt, dass er neue Nachbarn hat. Ein Mr.Howett
(Hans Epskamp) ist in die Villa gegenüber eingezogen, gemeinsam mit seiner
Adoptivtochter Valery (Karin Dor), eine geborene Bellamy…
Wie geplant kam beim vierten Edgar Wallace-Film der Rialto
Filmgesellschaft wieder Regisseur Jürgen Roland an die Reihe, erneut mit
Drehbuchautor Wolfgang Menge und Hauptdarsteller Klausjürgen Wussow an seiner
Seite. Doch diese Planmäßigkeit täuscht, denn "Der grüne
Bogenschütze" wurde ihr letzter Wallace - Film, eine von Jürgen Roland
frühzeitig getroffene Entscheidung, die der Umsetzung deutlich anzumerken ist.
Angesichts der großen Zahl späterer Edgar-Wallace-Filme, die häufig
unfreiwillig komisch oder bewusst überzeichnet wurden, ist es in Vergessenheit
geraten, dass "Der grüne Bogenschütze" die für Edgar Wallace-Krimis
typischen Eigenarten schon zu einem frühen Zeitpunkt ins Extreme steigerte.
Die
Käuzchen schreien sich die Seele aus dem Leib und die Nebelmaschinen laufen am
Limit, wenn Valerie Howett (Karin Dor) nachts ein Boot besteigt, um die finster
gelegene alte Villa des reichen Abel Bellamy (Gert Fröbe) zu besuchen - mehr
waberndes England-Feeling ist kaum möglich. Allein Gert Fröbe ist die Ansicht
des Films wert, so dick trägt er als schwergewichtiger Amerikaner auf, der eine
alte Frau (Hela Gruel) in einer geheimen Wohnung im Keller seines Hauses
festhält und auch sonst vor keiner kriminellen Missetat zurückschreckt. Wann
hat es im Wallace-Film je einen charismatischeren Bösewicht gegeben, der seine
Gesinnung keinen Moment verbirgt und alle Menschen wie Dienstboten behandelt,
dessen tatsächlichen Pläne aber im Unklaren bleiben ?
Autor
Wolfgang Menge gab sich in seiner Überarbeitung des ursprünglich von Wolfgang
Schnitzler verfassten Drehbuchs die größte Mühe, die Verwirrung auf die Spitze
zu treiben. Puzzleartig reiht er Szene an Szene und führt eine Vielzahl an
Personen ein, ohne erzählerische Stringenz zu entwickeln. Im Gegenteil, wird
die Story immer undurchsichtiger, desto mehr Fakten aufgedeckt werden - eine
ironische Überspitzung der typischen Wallace-Eigenart, am Ende die
unwahrscheinlichste Lösung zu präsentieren. Der als Basis dienende
Kriminalroman "The green archer", den Edgar Wallace 1923
veröffentlichte, ist wesentlich nachvollziehbarer erzählt und rechtfertigte
auch den Titel "Der grüne Bogenschütze", der im Film dagegen nur eine
untergeordnete Rolle spielte. Seine abschließende Enttarnung wird fast
nebensächlich abgehandelt - ein klarer Verstoß gegen die Erwartungshaltung des
Publikums und signifikant für die Intention der Macher.
Sowohl die
"Stahlnetz" - Fernsehserie (1958 - 1968), als auch der wenige Jahre
später entstandene "Polizeirevier Davidswache" (1964) lassen in ihrer
sachlichen, der Realität verpflichteten Inszenierung deutlich werden, warum
Jürgen Roland und Wolfgang Menge mit dem Wallace-Universum nicht warm werden
konnten. Schufen sie mit "Der rote Kreis" (1960) noch einen Zwitter
zwischen strukturiertem Kriminalfilm und Wallace-Elementen, der im Gesamtwerk
einen seriösen Eindruck hinterlässt, sollte "Der grüne Bogenschütze"
zur großen Abschiedssause werden. Aus heutiger Sicht schwer vorstellbar,
vermittelte diese vierte Wallace-Verfilmung innerhalb von weniger als zwei
Jahren schon einen inflationären Charakter - gut aus Eddie Arents am Ende
geäußerten Worten herauszuhören, der den plötzlich von außen kommenden Lärm
damit erklärt, dass dort schon der nächste Wallace-Film entsteht. Für Arent das
richtige Stichwort, denn er blieb der Serie treu, spielte aber in "Der
grüne Bogenschütze" erstmals konsequent die Witzfigur, nachdem er in
"Die Bande des Schreckens" (1960) schon Tendenzen in diese Richtung
gezeigt hatte.
Für
Klausjürgen Wussow als Inspector Featherstone blieb es dagegen der letzte
Auftritt in einem Wallace-Streifen. Gegen seinen Machismo kam nicht einmal
Joachim Fuchsberger an, denn die Verbindung zur schönen Valerie stellt er
letztlich dadurch her, dass er ihre Mutter schon als seine Schwiegermutter
betrachtet - Widerspruch zwecklos. Nicht einmal der Austausch von
Zärtlichkeiten war noch notwendig, womit Roland die Geschlechter-Klischees der
Reinl-Verfilmungen gelungen persiflierte, letztlich aber die
Erwartungshaltungen des Publikums erneut nicht erfüllte.
Entsprechend
hinterlässt "Der grüne Bogenschütze" im Wallace-Universum einen
zwiespältigen Eindruck - dank des besonders schaurig finsteren Settings und der
von Fröbe und Arent verkörperten Figuren, verbreitet der Film bestes
Wallace-Feeling, welches die verwirrende Handlung mit ihren unerwarteten
Brüchen dagegen nicht befriedigt. Erkennt man darin den Stilwillen seiner Macher,
wird "Der grüne Bogenschütze" zu einer gelungenen Umsetzung, die sich
selbst nicht ernst nimmt und die damaligen Klischees ironisch bricht - innerhalb des Wallace-Universums eine Ausnahme.
weitere im Blog besprochene Filme von Jürgen Roland:
"Der rote Kreis" (1960)
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