Inhalt: New
Orleans, Mitte der 30er Jahre während der Karnevalszeit. Nicht nur die Mardi
Gras Umzüge ziehen die Menschen an, sondern auch die verwegenen Kunstflieger in
ihren kleinen und wendigen Maschinen. Der Journalist Burke Devlin (Rock Hudson)
lernt dort die Familie Shumann kennen, als er dem neunjährigen Jack Shumann
(Christopher Olsen) zu Hilfe kommt. Er ist der Sohn des ehemaligen
Weltkrieg-Flieger-As Roger Shumann (Robert Stack), der sein Dasein als Flieger
bei Wettrennen fristet, und LaVerne Shumann (Dorothy Malone), die mit gewagten
Stunts auftritt.
Devlin hilft der in Geldknappheit steckenden Familie und deren Mechaniker Jiggs
(Jack Carson), in dem er sie in seiner Wohnung schlafen lässt. Nachts erfährt
er von LaVerne viel über deren Leben und will einen Zeitungsartikel über die
Menschen schreiben, die immer am Rand des Todes leben. Doch sein Redakteur hält
nichts von den "Zigeunern" und schmeißt Devlin, als dieser deshalb
wütend reagiert, raus. Als er daraufhin wieder zu dem Veranstaltungsgelände,
kommt er noch rechtzeitig zu dem Wettfliegen und wird Zeuge eines tödlichen
Unfalls...
"The Party's next door! - And that's the way it's
always been!"
Angesichts
der blonden Schönheit, die diese Worte mit einem Glas Bourbon in der Hand
spricht, möchte man an Ironie glauben, aber Douglas Sirk erzählt hier nach
William Faulkner's Roman "Pylon" eine Geschichte der Gegensätze. Und
bewies mit "The Tarnished Angels", wie virtuos er in der Lage ist, ein überzeugendes
menschliches Drama aufzubauen. Zwei Jahre
zuvor drehte er mit den selben Hauptdarstellern (nur Lauren Bacall fehlte
diesmal) "Written in the Wind", dessen bonbonfarbene Buntheit die
darunter verborgene Tragik nur langsam zum Vorschein kommen ließ - die
Schwarz-Weiß Bilder in "The Tarnished Angels" lassen dagegen keine Illusionen mehr entstehen. Dabei böten sich bunte Farben erneut an, denn Sirk erzählt
seine Geschichte während der Karnevalszeit in New Orleans. Die Menschen auf den
Straßen und in ihren Wohnungen feiern mit fantasievollen Maskierungen, während
parallel eine große Flugschau stattfindet - ein buntes Spektakel mit Jahrmarkt,
Stunts und Flugzeug-Rennen um eine von Pylonen abgesteckte Strecke.
Schon die
ersten Bilder inmitten der Zuckerwatten und Karussell-Fröhlichkeit, lassen den
Gegensatz zu den tatsächlichen Empfindungen der Menschen deutlich werden,
weshalb Sirk nur wenige Elemente benötigt, um den Betrachter mit den
Protagonisten vertraut zu machen. Burk Devlin (Rock Hudson), Journalist einer
ansässigen Zeitung, schlendert über das Jahrmarktgelände und kommt einem Jungen
zu Hilfe, der von einem Mechaniker damit geärgert wird, dass er in Frage
stellt, wer sein Vater ist. Dabei handelt es sich bei Jack Shumann (Christopher
Olsen) eindeutig um den Sohn von LaVerne (Dorothy Malone) und Roger Shumann
(Robert Stack). Doch angesichts der blonden Schönheit LaVerne, die auch bei
Devlin sofort Begehrlichkeiten weckt, sind Verdächtigungen dieser Art schnell
ausgesprochen. Besonders wenn man weiß, dass der Mechaniker Jiggs (Jack Carson)
immer mit der Familie Shumann von Flugschau zu Flugschau reist.
Douglas
Sirk entwirft hier ein Gebilde gegenseitiger Abhängigkeiten, deren tatsächliche
Tragweite sich erst zum Schluss herausstellt. Jeder Glamour, der sich auf Grund
der Flugzeuge, des abenteuerlichen Ambientes mit seinen Heldengeschichten und
der schönen Ehefrau ergeben könnte, wird schon beim ersten Blick in Roger
Shumann’s mürrisches Gesicht vertrieben. Ganz abgesehen davon, dass die Familie
in Geldnöten steckt und nicht weiß, wie sie ihre Unterkunft bezahlen soll.
Devlin hilft ihnen und lädt sie dazu ein, in seiner Wohnung unterzukommen.
Devlin
selbst macht trotz aller scheinbaren Entspanntheit auch keinen frischen
Eindruck und es ist erstaunlich, wie zerknautscht und fast depressiv Rock
Hudson hier gegen sein übliches Image spielt. Die Gespräche, die sich zunehmend
zwischen ihm und LaVerne entwickeln, haben von Beginn an den Charakter der
Begegnung zweier Menschen, die nach Liebe und Anerkennung dürsten, Trotzdem
lässt Sirk keinen Zweifel daran, dass hier keine romantische Geschichte erzählt
wird. LaVerne leidet unter der ablehnenden Haltung ihres Ehemannes, der kaum
einmal mit ihr spricht, während Devlin, der Ablenkung im Alkohol sucht, sich in
seinem intellektuellen Anspruch unterfordert und von der Umgebung nicht
anerkannt fühlt. Durch das nächtliche Gespräch mit LaVerne noch zusätzlich
aufgeheizt, will er eine Reportage über die Familie schreiben, aber sein
Redakteur lehnt die „Zigeuner“, wie er sie nennt, ab. Verletzt und wütend
attackiert Devlin ihn und wird rausgeschmissen.
Zurückgekehrt
zu der Flugschau, wird er Zeuge eines Wettkampfes zwischen Roger Shumann und
einem jungen Flieger, der von Matt Ord (Robert Middleton) ein Flugzeug gestellt
bekommt. Matt Ord ist ein wohlhabender Geschäftsmann Ende Fünfzig, der mit den
Flugwettbewerben Geld verdient, ohne selbst sein Leben zu riskieren, und wird
von Shumann entsprechend abgelehnt. Zudem hat er ein Auge auf LaVerne geworfen.
Entgegen der sonst nah an die Personen herangehenden Kamera, inszeniert Sirk
die Flugkämpfe als beeindruckendes optisches Spektakel, deren Spannung
regelrecht greifbar wird. Die Flugzeuge, die in möglichst engen Kehren um die
Pylone fliegen, berühren sich beinahe, und es überrascht nicht, dass tödlichen
Unfälle keine Ausnahme sind. So auch diesmal, als dem jungen Flieger bei einem
Crash mit Shumann ein Flügel seiner Propellermaschine abbricht. Er stürzt ab,
während Shumann sein brennendes Flugzeug noch landen und sich retten kann.
Die Art wie
Sirk hier den Tod inszeniert, ist typisch für seine Filme - er nimmt ihn ernst,
betont gleichzeitig aber dessen Beiläufigkeit. Als später Männer den Sarg aus
einer Halle tragen, sieht man im Vordergrund einen Propeller starten. Trotz des
Unglücks macht sich Shumann sofort auf die Suche nach einer Ersatzmaschine, um
am nächsten Tag wieder mitfliegen zu können. Doch das einzige zur Verfügung
stehende Flugzeug gehört Matt Ord und hat einen kaputten Motor. Shumann drängt
seinen Mechaniker Jiggs, diesen zu reparieren, und fordert seine Frau dazu auf,
Matt Ord dazu zu überreden, ihm die Maschine zur Verfügung zu stellen, wohl
wissend, dass sie ihm dafür schöne Augen machen muss.
Sirks
Meisterschaft lag in der geschickten Zuspitzung der Emotionen, die geradezu zwingend
auf eine vulkanartige Eruption hinführte, hier aber geht er noch einen Schritt
weiter. Nach zwei Dritteln der Laufzeit kommt es zu einer Katastrophe, die
normalerweise das Ende eines Films bedeutet hätte oder zu einer Lösung hätte
führen müssen. Doch Sirk setzt seinen Film zwar fort, verzichtet aber abrupt
auf die sich bisher steigernde Dramatik und verfällt in einen fast
emotionslosen Gleichklang. Damit verändern sich auch die Gewichtungen zwischen den
einzelnen Personen. Lag Sirks Augenmerk lange Zeit auf Devlin und LaVerne, während Robert Stack als wortkarger und meist
unfreundlicher Pilot im Hintergrund agierte, zeigt sich jetzt dessen Bedeutung
für das innere Gefüge. Anders als üblich hatte die Katastrophe keine reinigende
Wirkung, sondern lässt erst die innere Leere der Beteiligten deutlich werden. Das
Ende verspricht zwar ein wenig Hoffnung auf Veränderung, aber davon abgesehen hinterlässt
„The Tarnished Angels“ nur verlorene Seelen.
"The tarnished angels" USA 1957, Regie: Douglas Sirk, Drehbuch: George Zuckerman, William Faulkner (Roman), Darsteller : Rock Hudson, Dorothy Malone, Robert Stack, Jack Carson, Robert Middleton, Laufzeit : 87 Minuten
weitere im Blog besprochene Filme von Detlef Sierck / Douglas Sirk:
"Zu neuen Ufern" (1937)
"La Habanera" (1937)
"Magnificent obsession" (Die wunderbare Macht, 1954)
"All that heaven allows" (Was der Himmel erlaubt, 1955)
"La Habanera" (1937)
"Magnificent obsession" (Die wunderbare Macht, 1954)
"All that heaven allows" (Was der Himmel erlaubt, 1955)
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