Überall versuchen sich die Menschen schon auf die neuen Zeiten einzustellen, entfernen Parteiabzeichen oder ziehen sich als Soldaten zivile Kleidungsstücke an. Einige versuchen auch noch von der Situation zu profitieren und scheuen sich dabei nicht, über Leichen zu gehen...
Herbert
Asch (Joachim Fuchsberger), inzwischen zum Leutnant befördert, nähert sich mit
seiner Einheit dem heimatlichen Stützpunkt. Allerdings kann von einem
geordneten Rückzug nicht mehr die Rede sein, denn das Land befindet sich im
Frühling 1945, kurz vor dem Ende des 2.Weltkrieges, in Auflösung. Während die
amerikanischen Truppen, ohne noch auf großen Widerstand zu treffen, die
einzelnen Ortschaften übernehmen und neue Organisationen aufbauen, versuchen
sich die Deutschen auf diese Verhältnisse einzustellen. Alles was eine zu große
Nähe zur nationalsozialistischen Partei beweisen könnte, wird hastig entfernt,
während viele Soldaten versuchen an Zivilkleidung zu kommen, um so der
Gefangenschaft zu entgehen.
"08/15
- In der Heimat" vermittelt diese Übergangsphase in einer Authentizität,
wie sie im Film ähnlich nicht mehr zu sehen war. Bernhard Wickis "Die Brücke" (1959) konzentrierte sich auf das letzte sinnlose Gefecht kurz vor
dem Ende des Krieges, in dem Jugendliche in politischer Verblendung zu einem
Zeitpunkt geopfert wurden, als es längst geboten war, die Waffen niederzulegen.
"08/15 – In der Heimat" verwendete dieses Motiv ebenfalls, aber als ein
Ereignis von vielen, weshalb der sinnlose Tod zweier Hitlerjungen an Prägnanz
verliert. Wolfgang Staudtes "Die Mörder sind unter uns" (1946)
beschäftigte sich mit der unmittelbaren Phase nach dem Krieg. Die Verdrängung
der eigenen Vergangenheit spielte hier eine entscheidende Rolle und damit die
Problematik, Schuldige zur Verantwortung zu ziehen, aber das totale Chaos wie
es hier gezeigt wurde, war schon wieder einer gewissen Ordnung gewichen.
Nicht nur
inhaltlich, auch inszenatorisch verließ der dritte Teil die gewohnte Ordnung. Erstmals
findet die Story nicht mehr innerhalb militärischer Einheiten statt, denn die
Soldaten sind nur noch auf sich allein gestellt. Stattdessen bestimmen zwei
Kriegsverbrecher die Handlung. Oberst Hauk (Hannes Schiel) und sein Adjutant
Oberleutnant Greifer (Michael Janisch), bei denen es sich in Wirklichkeit um
Vertreter des Sicherheitsdienstes der SS handelt, haben sich fälschlicherweise
Wehrmachts-Uniformen angezogen, um sich diverse Reichtümer anzueignen. Sie
nutzen die allgemeine Verunsicherung und scheuen bei ihren Unternehmungen weder
Folter noch Mord. Asch durchschaut schnell ihre wahren Beweggründe und macht
sich zusammen mit Kowalski (Peter Carsten) auf die Verfolgung.
Bisherige Konstanten,
die in den zwei ersten Teilen von Bedeutung waren, wurden im abschließenden
Teil nicht mehr aufgegriffen. Aschs Ehefrau, die dieser im zweiten Teil betrogen
hatte (eine für die damalige Zeit bemerkenswerte Konsequenz) - und damit auch
ihr gemeinsames Kind – existieren hier nicht mehr. Auch Aschs Schwester Ingrid,
die mit ihrer BDM-Begeisterung für das nationalsozialistische Element in den
ersten beiden Teilen sorgte und als Geliebte der tragischen Figur Vierbein
versagte, wurde thematisch fallen gelassen. Selbst beim Wiedersehen Aschs mit
seinem Vater finden sie keine Erwähnung mehr. Dieser Bruch in der sonst
konsequent eingehaltenen Kontinuität der drei Filme - selbst O.E.Hasse spielt
als Oberbefehlshaber hier wieder eine wichtige Rolle - verdeutlicht, dass Aschs moralisches Verhalten
in „08/15 – zweiter Teil“ der Erwartung an eine Identifikationsfigur nicht
entsprochen hatte, weshalb er hier wieder zum Junggesellen wurde. Entsprechend
unverkrampft kann er sich gegenüber einem Offiziersliebchen (Renate Ewert)
verhalten, die er ungeniert mitnimmt - einem allein stehenden Mann ließ man
diesen Flirt durchgehen.
Auch der generelle
Fatalismus, der für „08/15 – zweiter Teil“ signifikant war, lässt sich in
„08/15 – In der Heimat“ nicht mehr feststellen. Hinterließen die Soldaten im
russischen Winter noch einen demoralisierten und ungepflegten Eindruck, tritt
Leutnant Asch hier wieder adrett mit vorbildlicher Frisur auf und selbst
Kowalski zeigt sich frisch rasiert. Bedenkt man, dass sie seit sechs Jahren in
einem Krieg kämpfen, dessen Niederlage sich schon lange abzeichnete, ist ihnen
das weder psychisch noch physisch anzumerken. Offensichtlich ging „08/15 –zweiter Teil“ für das damalige Empfinden zu weit in der Beschreibung des
Verlusts jeder soldatischer Disziplin, denn obwohl „08/15 – In der Heimat“ den
Niedergang Deutschlands noch steigerte und von strukturierten militärischen
Aktionen nicht mehr die Rede sein konnte, hinterlassen die Wehrmachtssoldaten hier einen psychisch und physisch deutlich besseren Eindruck.
Durch die
enge Verzahnung mit dem Zivilleben in Deutschland - in den ersten beiden Teilen fand die Handlung fast ausschließlich innerhalb des Militärs statt - wird im letzten Teil der
Trilogie erst offensichtlich, dass kontroverse Themen wie die Existenz von Konzentrationslagern - und
damit die gezielte Verfolgung von Juden und politisch anders Denkender –
vollständig ausgespart wurden, womit der Film die in den 50er Jahren noch verbreitete Haltung betonte, der "Durchschnittsbürger" hätte davon nichts bemerkt. Betrachtet man die
Gestaltung der Identifikationsfigur Asch, dessen Intelligenz im
Umgang mit seinen Vorgesetzten und sein frühes Durchschauen der Nationalsozialisten,
lässt sich diese Behauptung nicht aufrecht erhalten. Kirst und Regisseur Paul May deshalb Verharmlosung vorzuwerfen, fällt schwer, denn „08/15 – In der
Heimat“ ist in vielen Details erstaunlich kritisch, die Abschwächungen und
Kompromisse, besonders hinsichtlich der Konsequenzen nach dem 2.Teil, verdeutlichen aber auch, bis zu welchem Punkt das Publikum damals bereit war,
in dieser Hinsicht mitzugehen.
weitere im Blog besprochene Filme von Paul May:
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