Inhalt: Anfang
der 50er Jahre - unter dramatischen Umständen flieht Anna Kaminski (Eva
Kotthaus) über die innerdeutsche Grenze, die zwar noch einen provisorischen
Charakter hat, aber schon streng bewacht wird. Leicht verletzt auf der
westdeutschen Seite angekommen, trifft sie dort den Grenzsoldaten Carl Altmann
(Erik Schumann), der ihr Hilfe anbietet. Ohne darauf einzugehen, begibt sie
sich in das nahe gelegene Städtchen und sucht Otto (Gustav Knuth) und Elsbeth
Friese (Camilla Spira) auf, die wenig erfreut über ihren Besuch sind, denn Anna
ist die Mutter ihres Enkelsohns Jochen, der hier bei seinen Großeltern lebt.
Ihr Sohn war im Krieg gefallen und hatte Anna nicht mehr geheiratet. Durch die
Trennung Deutschlands hatten sie entschieden, den Enkelsohn bei sich zu
behalten, weil er es im Westen besser hätte. Als Anna auch diesmal zum
wiederholten Male den Jungen mitnehmen will, verweigern sie ihr diese Bitte mit
der Begründung, dass sie ihn schließlich mit ihrem Einverständnis adoptiert
hätten. Doch Anna flieht in der Nacht mit Jochen und bittet Carl Altmann nun
doch um Hilfe, um ihn über die Grenze zu schmuggeln. Willi (Georg Thomalla),
ein Freund von Altmann, hilft ihr dabei, indem er sie in seinem LKW versteckt,
doch als sie in der DDR ankommen, ist der Junge verschwunden...
Anna
Kaminskis (Eva Kotthaus) Schicksal kam Ende des zweiten Weltkriegs sicher nicht
selten vor. Als ihr Freund an die Front befohlen wurde, war sie schwanger von
ihm und an eine Hochzeit nicht zu denken. Nachdem dieser im Krieg fiel, blieb
sie als allein erziehende Mutter mit einem unehelichen Kind zurück. In ihrer
Not wandte sie sich an die Eltern ihres Freundes, die Ihre Hilfe allerdings an
die Bedingung einer Adoption ihres Enkelkindes knüpften, in die Anna
gezwungenermaßen einwilligte. Diese Vorgeschichte, die sich nur aus wenigen
Worten Annas erschließt, liegt zum Beginn der Filmhandlung schon einige Jahre
zurück, aber sie ist die Ursache für das dramatische Geschehen und typisch für Regisseur
Helmut Käutner.
Schon in
seinen ersten, noch während der Zeit des Nationalsozialismus entstandenen
Filmen, betonte er die Verlogenheit der allgemeinen Moralvorstellungen, die den
realen menschlichen Bedürfnissen widersprach und sie zu einem Verhalten zwang,
dass erst die späteren tragischen Folgen ermöglichte („Große Freiheit Nr.7“,
1943). Die Nachkriegsjahre hatten in der moralischen Strenge nicht nachgelassen,
obwohl die gemeinsamen Erfahrungen im Krieg Verständnis für Annas Situation
hätte erzeugen müssen. Doch erst der moralische Druck als uneheliche Mutter zwang
sie zum Einverständnis in die Adoption. Anfang der 50er Jahre hatte sich ihre
finanzielle Situation geändert, weshalb Anna in der Lage wäre, ihren Sohn
Jochen wieder zu sich zu holen, aber zwei Fakten behindern ihren Wunsch – rechtlich
ist Jochen das Adoptivkind seiner Großeltern und die neue innerdeutsche Grenze
verläuft ausgerechnet zwischen den beiden unweit von einander entfernten
Heimatorten.
Helmut
Käutner nahm sich als einer von Wenigen schon Mitte der 50er Jahre der Teilung
Deutschlands an, weshalb "Himmel ohne Sterne" nur ein Film werden
konnte, der auf beiden Seiten des eisernen Vorhangs provozieren musste. Dabei
hätte es sich der westdeutsche Regisseur in seiner Anklage an die Trennung
Deutschlands leicht machen können, in dem er die politischen Umstände und damit
besonders die sowjetische Besatzungsmacht angeprangert hätte, aber das
entspräche nicht Käutners Linie, der die Ursachen nie im Grossen, sondern immer
im Kleinen suchte. "Ich habe die Grenze nicht gemacht!" legt er
seinen Protagonisten häufig in den Mund, aber er lässt kein Zweifel daran, dass
die tatsächlichen Probleme untereinander eben doch selbst erzeugt sind und die
Umstände immer als Ausrede dafür herhalten müssen.
Von
Bedeutung ist in diesem Zusammenhang die Nebenfigur Mischa Bjelkin, einem sehr
jungen sowjetischen Soldaten, von Horst Buchholz in einer seiner ersten Rollen
mit erstaunlicher Zurückhaltung gespielt, auch bedingt dadurch, dass seine
Umgebung kein Russisch versteht. Er verdeutlicht, dass für Jeden eine Wahl in
seinen Entscheidungen besteht, auch ohne sich davon Vorteile zu versprechen. Gegensätzlich
charakterisiert Käutner dagegen die westdeutsche Seite, die - dank des schnell
eintretenden wirtschaftlichen Erfolgs in der jungen BRD - nur noch wenige
Gedanken an die kommunistisch regierten Landsleute in der DDR verschwendet. Die
Wahl der sympathischen Darsteller Camilla Spira und Gustav Knuth als Großeltern
Elsbeth und Otto Friese, die den adoptierten Enkelsohn nicht mehr hergeben
wollen, ist geschickt, denn Käutner vermeidet damit Einseitigkeiten und
demonstriert authentisch, wie schnell sich die Menschen damals an die neue
Situation gewöhnt hatten, besonders, wenn sie persönlich davon profitierten.
Auch den
DDR-Alltag zeigte Käutner ohne Beschönigungen, vermeidet dabei aber für die
Zeit typische Abqualifizierungen. So zeigt sich auch, dass es für Anna, die in
einem volkseigenen Betrieb arbeitet (sehr gut Siegfried Lowitz als korrekter,
aber nicht unmenschlicher Leiter), in der DDR leichter ist, als allein
erziehende Mutter ihr Leben zu organisieren, obwohl sie sich sogar noch um ihre
Großeltern (Lucie Höflich, Erich Ponto) kümmern muss, die sie nicht allein
lassen will, weshalb für sie eine Flucht in den Westen nicht in Frage kommt.
Wer aus heutiger Sicht glaubt, erst nach dem Bau der Mauer wurde es schwierig
in den Westen zu fliehen, wird hier eines Besseren belehrt, denn auch wenn
Anfang der 50er Jahre die Perfektion der späteren „Todesstreifen“ noch nicht bestand,
so galt schon der Schießbefehl der ständig patrouillierenden Grenzsoldaten.
Auch in
"Himmel ohne Sterne" spielt Käutner wieder seine Stärke aus, eine
Vielzahl von Darstellern so agieren zu lassen, dass ein komplexes Geflecht an
Beziehungen entsteht. Selbst kleine Rollen sind hervorragend besetzt (Georg
Thomalla, Josef Offenbach, Wolfgang Neuss) und die Wahl der beiden Hauptrollen
(der Sachse Erik Schumann als westdeutscher Grenzer, die aus der BRD stammende
Eva Kotthaus als Anna) ist intelligent, besonders da beide damals von der DEFA besetzt
wurden. Man spürt an jeder Einstellung des Films, wie ernst es Käutner damit
war, ein ausgewogenes Bild beider Seiten zu zeigen. Betonte er in seinen Filmen
aus der nationalsozialistischen Zeit noch die individuelle Freiheit des Einzelnen,
die im Widerspruch zur äußeren Reglementierung stand, scheinen die Beteiligten hier
nicht in der Lage zu sein, sich aus den ihnen aufgesetzten Strukturen und
Vorurteilen zu befreien.
"Himmel
ohne Sterne" fehlt jeglicher Optimismus, positive Momente entstehen nur im
Verhalten einzelner Menschen, die aber wenig am Fortlauf des Dramas ändern
können. In dieser Konsequenz wirkt der Film manchmal übertrieben melodramatisch,
da er die Umstände so aneinander reiht, dass sich alles zum Negativen fügen
muss, womit er sich auf einer Linie mit den Filmen Douglas Sirks befindet. Indem
Käutner nicht einmal den Liebenden zugesteht, sich über bestehende Grenzen
hinweg zu setzen, und ihnen damit einiges ihrer Reputation nimmt, geht er weit
über die übliche Sezierung einer gesellschaftlichen Situation hinaus. "Himmel
ohne Sterne" ist keine differenzierte Analyse, sondern eine unparteiische Anklage,
etwas an den bestehenden Zuständen zu ändern – nicht erstaunlich, dass der
unbequeme Film bis heute die ihm zustehende Anerkennung nicht erfahren hat.
"Himmel ohne Sterne" Deutschland 1955, Regie: Helmut Käutner, Drehbuch: Helmut Käutner, Darsteller : Eva Kotthaus, Erik Schumann, Horst Buchholz, Siegfried Lowitz, Erich Ponto, Wolfgang Neuss, Josef Offenbach, Georg Thomalla, Lina Carstens, Gustav Knuth, Laufzeit : 104 Minuten
weitere im Blog besprochene Filme von Helmut Käutner:
"Kleider machen Leute" (1940)
"Große Freiheit Nr. 7" (1944)
"Unter den Brücken" (1945)
"Bildnis einer Unbekannten" (1954)
"Ein Mädchen aus Flandern" (1956)
"Die Zürcher Verlobung" (1957)
"Schwarzer Kies" (1961)
"Die Rote" (1962)
"Große Freiheit Nr. 7" (1944)
"Unter den Brücken" (1945)
"Bildnis einer Unbekannten" (1954)
"Ein Mädchen aus Flandern" (1956)
"Die Zürcher Verlobung" (1957)
"Schwarzer Kies" (1961)
"Die Rote" (1962)
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