Inhalt: Die
Padua, das Schiff auf dem Fiete (Gustav Knuth) und Jens (Günther Lüders) als
Seeleute arbeiten, hat endlich wieder im Hamburger Hafen angelegt. Sie freuen
sich Hannes (Hans Albers) wieder zu sehen, der als „Singender Seemann“ in der
„Großen Freiheit“ auf der Reeperbahn auftritt. Nach vielen Jahren gemeinsamer
Seefahrt hatte Hannes sich entschlossen an Land zu bleiben, da ihn sein Bruder
um viel Geld betrogen hatte und ihm dadurch die Chance nahm, eine Ausbildung zu
finanzieren, um nicht nur als einfacher Matrose zur See fahren zu können.
Doch trotz
seines Erfolges auf der Reeperbahn ist er nicht glücklich, weshalb er nur
unwillig zu seinem Bruder geht, als dieser ihn an sein Sterbebett ruft.
Wiederholt macht er ihm Vorwürfe für das, was er ihm angetan hat, aber sein
Bruder denkt nur an Gisa (Ilse Werner), seine frühere Geliebte, um die er sich nicht
mehr gekümmert hatte. Er bittet Hannes, zu Gisa aufs Land zu fahren, wo sie bei ihrer Mutter auf dem Bauernhof arbeitet. Als er kurz darauf stirbt, kann Hannes trotz seines Grolls nicht anders, als seinen letzten Wunsch zu erfüllen. Gisa leidet unter den ständigen Vorwürfen ihrer Mutter, sich unverheiratet auf einen Mann eingelassen zu haben. Sie hält auch Hannes für unmoralisch, was dieser energisch von sich weist, aber er bietet Gisa an, mit ihm nach Hamburg zu kommen, wo er für sie sorgen wird. Erst zögert sie, aber nach erneuten Anschuldigungen ihrer Mutter entschließt sie sich, Hannes zu begleiten...
Obwohl
Helmut Käutner 1943 wegen „Romanze in Moll“ mit dem Propaganda-Ministerium in
Konflikt geraten war, da der melodramatische Film zu sehr einen individuellen
Lebensentwurf herausstrich, durfte er mit „Große Freiheit Nr.7“ den ersten
Agfa-Farbfilm der Terra - Filmgesellschaft drehen, der mit Hans Albers in der
Hauptrolle als Würdigung der deutschen Handelsmarine gedacht war. Dazu gab es klare
Vorgaben seitens des Ministeriums. Im Film durfte nichts auf den fortgeschrittenen
Krieg hinweisen, sondern sollte eine positive Grundstimmung vorherrschen, um
das Volk bei Laune zu halten. Um gegen diese Richtlinien nicht zu verstoßen,
setzten in dieser Phase viele Regisseure auf historische oder fantastische
Geschichten wie „Münchhausen“ (1943) unter der Regie von Josef von Báky, in dem
Hans Albers die Titelrolle übernommen hatte. Auch die Gattung des Musikfilms galt
als unverfänglich – ein Genre, das Regisseur Käutner vertraut war. Mit „Wir
machen Musik“ hatte er zuletzt 1942 einen erfolgreichen Vertreter auf die
Leinwand gebracht - mit Ilse Werner an der Seite von Marika Rökk.
Entsprechend
versprach auch "Die große Freiheit Nr.7" eine mit vielen populären
Nummern gespickte Musikrevue (unter anderen „La Paloma“ und „Auf der Reeperbahn
nachts um halb eins“) zu werden, mit dem "Blonden Hans" Albers und
Ilse Werner in den Hauptrollen und populären Komödianten wie Gustav Knuth und
Günther Lüders in Nebenrollen. Dank nur weniger Aufnahmen im Hamburger Hafen –
der größte Teil der Dreharbeiten fand in Prag statt – konnte Käutner Hinweise
auf den Krieg vermeiden, verzichtete aber auch sonst auf jeden konkreten Bezug
zur politischen Realität, obwohl die Handlung in der damaligen Gegenwart
stattfand. Doch dieser äußerliche Anschein täuschte, denn Helmut Käutner nutzte
die abwechslungsreiche Geschichte um Liebe, Reeperbahn und die Sehnsucht nach
dem Meer, um ein authentisches Zeitbild zu schaffen, geprägt von nachvollziehbaren
menschlichen Emotionen. Schon der geplante Titel „Große Freiheit“ stieß im
Propagandaministerium auf Ablehnung, weshalb der mögliche Symbolcharakter mit
der Hinzufügung der Hausnummer 7 abgeschwächt werden musste. Trotzdem fand
Käutners Film keine Gnade vor den Augen Joseph Goebbels, dem die Handlung zu
schwermütig und pessimistisch angelegt war, weshalb der Film nicht zur
Aufführung kam. Selbst nach dem Krieg wurde „Große Freiheit Nr.7“ nicht
empfohlen, da die Handlungsweise der Protagonisten als moralisch verwerflich
galt.
Zwar
beginnt der Film humorvoll, wenn sich die beiden Hamburger Seeleute Fiete
(Gustav Knuth) und Jens (Günther Lüders) vor dem Landgang mit einem Kölner
Kollegen über die Qualitäten ihrer jeweiligen Heimatstädte in die Haare kommen,
aber schon als sie ihren alten Freund Hannes (Hans Albers) im Lokal „Große
Freiheit Nr.7“ zu besuchen, wo er jeden Abend als „Singender Seemann“ auftritt,
wird Wehmut spürbar. Hannes war lange Zeit gemeinsam mit Fiete und Jens auf dem
Viermast-Schoner „Padua“ über die Meere gesegelt, bevor er sich entschieden
hatte, an Land zu bleiben. Obwohl ihm die Herzen bei seinen Auftritten
zufliegen, ist der eingefleischte Seemann Hannes mit seinem Job auf der
Reeperbahn unglücklich, den er hatte annehmen müssen, weil ihn sein Bruder
mehrfach um sein Geld betrogen hatte und ihm dadurch die Chance genommen wurde,
eine Ausbildung auf See zu machen. Doch trotz seiner stattlichen Erscheinung bleibt
er gutmütig bis zur Naivität, weshalb er gegen seine ursprüngliche Absicht auch
den letzten Wunsch seines Bruders erfüllt und ihm auf dessen Sterbebett
verspricht, sich um dessen ehemalige Geliebte Gisa (Ilse Werner) zu kümmern.
Diese lebt
weit von Hamburg entfernt wieder bei ihrer Mutter auf einem Bauernhof, wo sie nach
dem Tod des Vaters tatkräftig mitarbeiten muss. In wenigen Szenen schildert
Käutner, welchen Anfeindungen sie in der ländlichen Gegend ausgesetzt ist, da
sie sich nicht wie ein anständiges Mädchen verhalten hatte. Sogar ihre Mutter
schämt sich für sie, weshalb Hannes nicht viele Worte braucht, um sie dazu zu überreden,
wieder nach Hamburg zurückzukehren. Käutner versucht gar nicht erst, Gisas
Handlungsweise zu relativieren, sondern schildert sie als junge Frau, die ein
Faible für direkt und frech daher kommende Kerle hat, ohne deshalb ihren
Anstand in Frage zu stellen. Auch bei Hannes hinterlässt die hübsche Gisa einen
großen Eindruck, weshalb er sich gerne um sie kümmert und sie zu sich in seine
Wohnung nimmt, obwohl sich die Leute schnell das Maul darüber zerreißen.
Doch es ist
seine Figur, die das kommende Missverständnis erst herauf beschwört. Während
sie einfach ihre Emotionen lebt, kann er nicht aus seiner Haut. Weder erkennt
er, dass er nicht Gisas Typ ist, noch dass ihn Anita (Hilde Hildebrand), die
Chefin der „Großen Freiheit“, liebt. Käutner macht kein Geheimnis daraus, dass auch
hier die Gesetze der Reeperbahn gelten. Ganz offensichtlich machen sich die
Mädchen an die Matrosen heran, um Geld zu verdienen. Aus heutiger Sicht wirkt
die damalige Anmache fast romantisch, aber das ist nur der veränderten
Sichtweise auf die Sexualität geschuldet. Zudem spielt Günther Lüders den
verprellten Seemann Jens auch in seinem Unglück mit einer gewissen Komik, was
seine Enttäuschung etwas abschwächt. Hannes singt zwar dort, sieht sich aber
moralisch über seiner Umgebung stehend, weshalb Anita für ihn nicht als „ernste“
Beziehung in Frage kommt. Stattdessen verbietet er Gisa, die sich seine
Auftritte ansehen will, dorthin zu gehen, weil sich das für ein anständiges Mädchen
nicht gehört. Dabei hätte das seine Chancen bei ihr wahrscheinlich erhöht, denn
als Sänger ist er charmant und lässig, während er sonst versucht, besonders
solide aufzutreten. Gisa lernt dagegen mit Willem (Hans Söhnker) genau den
Typen kennen, auf den sie steht, obwohl es offensichtlich ist, dass er den
Umgang mit Frauen gewöhnt ist.
Käutner nutzte
den Agfa-Film, um mit satten Farben und starken hell/dunkel Kontrasten seine am poetischen Realismus
orientierte Bildsprache fortzuführen, wie er sie zuvor in seinen Schwarz/Weiß
Filmen schon entwickelt hatte und in seinem folgenden Film „Unter den Brücken“
zur Meisterschaft führen sollte. Auch thematisch bleibt er dem Realismus nah, schildert das Leben in
Hamburg lakonisch und ohne seine Figuren zu bewerten. Wie in Hannes
melancholischen Liedern ist das Dasein eine Abfolge von Glück und Trauer, ohne
Garantien auf irgendein Gelingen – eine der nationalsozialistischen
Ideologie gänzlich widersprechende Sichtweise. „Große Freiheit Nr. 7“ hat sich seine Zeitlosigkeit nicht nur
wegen seiner unvergesslichen Lieder und Hans Albers eindrucksvollem Spiel bis heute bewahrt.
"Große Freiheit Nr. 7" Deutschland 1944, Regie: Helmut Käutner, Drehbuch: Helmut Käutner, Richard Nicolas, Darsteller : Hans Albers, Ilse Werner, Hans Söhnker, Hilde Hildebrand, Gustav Knuth, Günther Lüders, Laufzeit : 106 Minuten
weitere im Blog besprochene Filme von Helmut Käutner:
"Kleider machen Leute" (1940)
"Unter den Brücken" (1945)
"Bildnis einer Unbekannten" (1954)
"Himmel ohne Sterne" (1955)
"Ein Mädchen aus Flandern" (1956)
"Die Zürcher Verlobung" (1957)
"Schwarzer Kies" (1961)
"Die Rote" (1962)
"Unter den Brücken" (1945)
"Bildnis einer Unbekannten" (1954)
"Himmel ohne Sterne" (1955)
"Ein Mädchen aus Flandern" (1956)
"Die Zürcher Verlobung" (1957)
"Schwarzer Kies" (1961)
"Die Rote" (1962)
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