Montag, 23. Mai 2016

Schmutziger Engel 1958 Alfred Vohrer

Der souveräne Lehrer Dr. Agast (Peter van Eyck)
Inhalt: Gerade hatte der beliebte Studienrat Dr.Agast (Peter van Eyck) gemeinsam mit seinem Sohn Dieter (Jörg Holmer) das Ruderboot-Rennen im Doppelzweier auf der Innen-Alster gewonnen, als Beate (Corny Collins) ihn schon mit einem Blumenstrauß an der Anlegestelle empfängt. Die Blumen hatte sie zuvor ihrer Klassenkameradin Ruth (Sabine Sinjen) entwendet, die damit Dieter gratulieren wollte, für den sie schwärmt. Doch sie hat keine Chance gegen Beate, die es nicht nur auf ihren Lehrer abgesehen hat, sondern auch dessen Sohn schon auf ihrer Seite weiß.

Böses Mädchen (Corny Collins), braves Mädchen (Sabine Sinjen)
Dessen Begeisterung für Beate, die verwöhnte Tochter eines reichen Unternehmers, teilt Dr.Agast aber nicht, der sie im Gegenteil nicht nur im Unterricht kritisiert, sondern ihre ständigen Annäherungsversuche konsequent und eindeutig zurückweist. Dr.Agast, der als Favorit für das Amt des Direktors im neuen Schulgebäude gilt, interessiert sich stattdessen für seine neue Kollegin Norma Berg (Doris Kirchner), der er den Hof macht. Das bemerkt auch die eifersüchtige Beate, die sich das nicht gefallen lassen will…


Dr. Agast hilft Peter (Rex Gildo)
Als Alfred Vohrer 1958 erstmals bei "Schmutziger Engel" die Regie übernahm, besaß er schon langjährige Erfahrungen im Filmgeschäft. Gelernt hatte er unter Harald Braun, dem er seit den frühen 40er Jahren mehrfach assistierte, nachdem er als Soldat im Krieg seinen rechten Arm verloren hatte. In den 50er Jahren konzentrierte er sich auf die Synchronisations-Regie, bevor er im "Halbstarken-Film" reüssierte, so genannt nach dem gleichnamigen Horst Buchholz-Erfolg von 1956. Für das Drehbuch nach dem in der "Welt am Sonnabend" erschienenen Roman "Im Hauptfach: Liebe" war mit Harald G.Petersson ein Veteran verantwortlich. Schon in den 30er und 40er Jahren viel beschäftigt, startete der früher mit der inzwischen verstorbenen Schauspielerin Sybille Schmitz verheiratete Autor nach einer knapp 10jährigen Auszeit noch einmal richtig durch. Vohrer begleitete er bei einigen frühen Edgar-Wallace-Filmen ("Das Gasthaus an der Themse", 1962), noch mehr war er verantwortlich für die Erfolgsgeschichte der Karl-May-Filme. Nach seinen Drehbüchern entstanden "Der Schatz im Silbersee" (1962) und die "Winnetou"-Trilogie.

Studienrat Kalweit (Werner Peters) hält sich für geeigneter als Direktor
Neben diesen Voraussetzungen konnte "Schmutziger Engel" auch mit einem prominenten Cast überzeugen. An erster Stelle sei Peter van Eyck genannt, damals im Zentrum seiner Karriere. Bis zu seinem frühen Tod mit 58 Jahren im Jahr 1969 übernahm er ab Mitte der 50er Jahre Hauptrollen in mehr als 50 Kinofilmen. Daneben verfügt der Film über attraktive und populäre Darstellerinnen, beginnend bei der 17jährigen Sabine Sinjen, seit "Die Frühreifen" (1957) auf dem Weg zum Kino-Star, dazu Corny Collins, Dauergast im "Moral-Film" dieser Zeit ("Am Tag als der Regen kam", 1959), Doris Kirchner, Edith Hancke und Adelheid Seeck. Hans Nielsen, Werner Peters, Ralf Wolter und der junge Alexander "Rex" Gildo in männlichen Nebenrollen vervollständigten eine beeindruckende Besetzung, die die Frage aufwirft, warum der in Hamburg gedrehte "Schmutziger Engel" – alles andere als ein Anfänger-Werk - im Gegensatz zum Großteil von Vohrers Filmen in der Versenkung verschwand?

Beate (Corny Collins) weiß ihre Reize einzusetzen...
Dem ließe sich entgegnen, dass sehr nah am jeweiligen Zeitgeist orientierte Filme häufig dieses Schicksal ereilte. Besonders der wenig verklausulierte pädagogische Auftrag der Jugend-Problemfilme der späten 50er Jahre verlor schnell den Wettlauf gegen die Zeit. Junge Männer sollten vor dem Abrutschen in die Kriminalität gewarnt werden, junge Frauen galt es vor dem Verlust ihres Rufes zu bewahren, der durch sexuelle Liberalisierung und Emanzipation drohte. „Schmutziger Engel“ scheint in dieser Hinsicht prototypisch zu sein: gleich zu Beginn wird Peter Utesch (Rex Gildo) eines Diebstahls überführt, weshalb er von der Schule verwiesen wird. Er hatte einem Mädchen imponieren wollen. Nur Studienrat Dr.Torsten Agast (Peter van Eyck) gibt ihm noch eine Chance, bringt ihn an einem anderen Gymnasium unter und lässt ihn die von ihm übernommene Schuld abarbeiten. Eine souveräne Vorgehensweise, die an Heinz Rühmanns Rolle im parallel erschienenen „Der Pauker“ (1958) erinnert, hier aber nur eine Nebenrolle spielte.

...nur bei Papa (Hans Nielsen) gibt sie die brave Tochter
Im Mittelpunkt steht die Schülerin Beate (Corny Collins), Tochter aus reichem Unternehmer-Haus, gewöhnt alles zu bekommen was sie will. Mit ihrer offenen Sexualität verführt sie die Männer reihenweise – auch Peter Utesch wurde ihretwegen kriminell – nur am Studienrat Agast beißt sie sich die Zähne aus. Negative weibliche Figuren wie diese gehörten zum Standard-Repertoire des Moralfilms, ihr Beispiel sollte vor den Gefahren von Egoismus und Unmoral warnen. Doch damit endeten die Parallelen, denn in „Schmutziger Engel“ fehlte der gefährdete positive Gegenpol. Sabine Sinjen als Klassenkameradin Ruth ist mit ihrem Pferdeschwanz zwar positiv konnotiert, aber viel zu brav und blass, um als Identifikation dienen zu können. Im Gegensatz zu ihrer Rolle in „Die Frühreifen“, in dem sie neben Hauptdarstellerin Heidi Brühl fasziniert ist vom Luxus und Lebenswandel einer Gruppe junger Männer – und damit Gefahr läuft, moralisch abzurutschen – ist Ruth hier nur ein nettes Mädchen, ohne charakterliches Profil. Ihre Freundschaft zu der berechnenden Beate, mit deren Machenschaften sie nichts zu tun hat, wirkt unglaubwürdig.

Dr. Agast wirbt um die Kollegin Norma Berg (Doris Kirchner)
Diese Eindimensionalität durchzieht den gesamten Film. Anders als Hans Söhnker in „Wegen Verführung Minderjähriger“ (1960) gerät Peter van Eyck in seiner Lehrer-Rolle trotz der sich ungeniert anbietenden Schülerin keinen Moment in Versuchung. Stattdessen wird sein Werben um die neue Studienrätin Norma Berg (Doris Kirchner) von der korrektesten Seite gezeigt. Bevor sich der Witwer, der mit seinem jugendlichen Sohn Dieter (Jörg Holmer) ein freundschaftliches Verhältnis pflegt, Norma annähert, ihr auch nur das „Du“ anbietet, stellt er ihr einen Heiratsantrag. Dass Dr. Agast, nachdem sich Beate die Bluse in seiner Wohnung selbst zerrissen hatte, in die Mühlen des Gesetzes gerät, löst deshalb nur ein Scheindrama aus – selbstverständlich halten alle zu dem hochanständigen, beliebten Lehrer. Nur sein Sohn zeigt kurz Aversionen, da Beate ihn zuvor verführt hatte, und gemäß Rollenklischee Werner Peters als missgünstiger Kollege, der selbst gerne Direktor im neuen Schulgebäude werden möchte. Dass Beates Vater (Hans Nielsen) sich für seine Tochter einsetzt und den Lehrer anzeigt, wird dagegen akzeptiert – schließlich wendet sie bei ihm alle Tricks an.

Beate gesteht vor einem Tribunal ihrer Mitschüler die Wahrheit...
Es hätte nur an wenigen Stellschrauben gedreht werden müssen, um aus der Story ein ambivalentes Drama entstehen zu lassen. Die Andeutung einer Schwäche bei dem Lehrer, eine weniger konkrete Inszenierung des körperlichen Übergriffs in dessen Wohnung, die unterschiedliche Interpretationen zugelassen hätte, und eine Charakterisierung der Schülerin, die auch Verständnis für deren Jugend aufgebracht hätte. Das war offensichtlich nicht gewollt. Stattdessen zweifelt nicht einmal der Staatsanwalt an dem Angeklagten und von Rufschädigung ist in „Schmutziger Engel“ keinen Moment die Rede. Dessen am Ende wieder hergestellte Reputation war auch Ende der 50er Jahre, trotz der Vorurteile gegenüber sexuell aktiven Frauen, genauso unrealistisch wie das von den Mitschülern erzwungene Geständnis Beates, das den Tatbestand der Folter erfüllte und vor keinem Gericht Bestand gehabt hätte.

...kommt aber gut davon
Dem Unterhaltungswert des Films, der wie im Jugend-Problemfilm üblich auch freizügige Blicke zuließ, schadete das nicht, verhärtet aber den Eindruck, dass es Vohrer und Autor Petersson mehr um eine schöne Kolportage-Story als um pädagogische Aufklärung ging. In ihrem Film fehlte die entscheidende Essenz - die Warnung vor dem gesellschaftlichen Niedergang. Nicht nur dem Lehrer wurde ein Happy-End erster Klasse gegönnt, auch Beate muss nur wenig einstecken. Ihr Papa tadelt sie noch liebevoll, bevor sie den Flieger Richtung Schweizer Internat besteigt, schon begleitet von einem Kavalier, der ihren Koffer trägt. Einsicht in ihr vorheriges Verhalten oder gar Büßergang Fehlanzeige. Fast scheint es, als wollte Vohrer dem „Moralfilm“ mit „Schmutziger Engel“ am Ende eine lange Nase drehen.

"Schmutziger Engel" Deutschland 1958, Regie: Alfred Vohrer, Drehbuch: Harald G. Petersson, Roland Ragge (Roman), Darsteller : Peter van Eyck, Corny Collins, Sabine Sinjen, Doris Kirchner, Edith Hancke, Adelheid Seeck, Jörg Holmer, Werner Peters, Hans Nielsen, Rex Gildo, Ralf Wolter, Laufzeit : 90 Minuten

weitere im Blog besprochene Filme von Alfred Vohrer:

"Bis dass das Geld euch scheidet" (1960)

Mittwoch, 18. Mai 2016

Straßenbekanntschaften auf St. Pauli (1968) Werner Klingler

Ingo Werner (Rainer Brandt) und Nachtclub-Boss Radebach (Reinhard Kolldehoff)...
Inhalt: Wiederholt bereitet die Kommissarin der Sittenpolizei Renate Petersen (Sibille Gilles) dem Nachtclub-Besitzer Radebach (Reinhard Kolldehoff) mit ihren Razzien auf der Reeperbahn Ärger. Dessen minderjährige Striptease-Tänzerinnen sorgen für gute Geschäfte, aber die ständigen Durchsuchungen und Kontrollen vergraulen seine besten Kunden, auch wenn Petersen ihm bisher noch nichts nachweisen konnte. Um bei Radebach dessen Assistenten Jensen (Jürgen Feindt) auszustechen, schlägt der Szene-Fotograf Ingo Werner (Rainer Brandt) vor, von Petersens 18jähriger Tochter Susanne (Suse Wohl) Nacktfotos zu schießen. Damit könnte man die Kommissarin erpressen.

...lassen sich bei ihrem Erfolgsprogramm nicht gerne stören
Radebach ist einverstanden, aber Werner überschätzt seine Wirkung auf die 18jährige. Zwar streitet sich die Schülerin oft mit ihrer strengen Mutter und hätte gerne mehr Freiheiten, aber nackt ausziehen will sie sich vor seiner Kamera nicht. Deshalb lässt Werner sein Model Gerti (Dagmar Lassander) auf das Mädchen los, die mit ihr früher in eine Klasse gegangen ist. Ihr gelingt es Susannes Vertrauen zu gewinnen und geht mit ihr ohne Wissen der Mutter abends in Radebachs Strip-Schuppen. Doch dann eskaliert die Situation…


St. Pauli - Sehnsuchtsort und moralischer Abgrund
Kein Ort steht mehr für den deutschen Erotik-Film der 60er Jahre. Die Geschichte der Reeperbahn als Vergnügungsmeile begann schon im 19.Jahrhundert, der deutsche Film brauchte bis in die 60er Jahre des 20.Jahrhunderts, bis er den Hamburger Stadtteil St. Pauli jenseits von Hans Albers-Lokalkolorit („Große Freiheit Nr.7“, 1944) als Handlungsort für sich entdeckte. 

Zwar hatten einzelne Filmemacher schon zuvor hinter die Kulissen der verlockenden Reklameschilder gesehen, aber erst die fortschreitende Liberalisierung ließ den ungehinderten Blick auf eine Welt zu, die längst legendär war. Genauer - sich aus heutiger Sicht schon im Niedergang befand. Der Grund für die Konjunktur des Bordellviertels mit seinen vielfältigen Vergnügungs-Etablissements lag nicht in einer plötzlich ausgebrochenen Toleranz, sondern in dessen Stellvertreterrolle für die soziokulturellen Veränderungen nach dem Krieg. Die Halbwelt eignete sich vorzüglich für „Sex-and-crime“-Stories mit dezenten Nacktaufnahmen, kombiniert mit der Warnung vor den Folgen des moralischen Verfalls.



Sittenpolizistin Petersen (Sibille Gilles) und Kommissar Torber (Günther Stoll)
„Straßenbekanntschaften auf St Pauli“ sind diese Voraussetzungen deutlich anzumerken. Schnell und preiswert setzte der Film auf den damaligen Boom im jungen Erotik-Film, geschickt mit einem Filmtitel werbend, der nur wenig mit der eigentlichen Story zu tun hatte. Anders als es auch das Filmplakat suggerieren sollte, spielte Prostitution hier nur eine Nebenrolle. Im Mittelpunkt stehen die Ereignisse in einer Striptease-Bar, in der bevorzugt Minderjährige auftreten. Deren Besitzer Radebach (Reinhard Kolldehoff) bekommt deshalb regelmäßig Besuch von der Polizei. Zwar endeten die Razzien bisher ergebnislos, da Jensen (Jürgen Feindt) - Radebachs „rechte Hand“ - die Mädchen immer rechtzeitig in einem Kellerversteck unterbringen konnte, aber Renate Petersen (Sibille Gilles), die Kommissarin der Sittenpolizei, beginnt zu nerven. Der einschlägig in der Szene bekannte Fotograf Ingo Werner (Rainer Brandt) will Jensen bei Radebach ausstechen und versucht Susanne (Suse Wohl), die 18jährige Tochter der Kommissarin, zu Nacktaufnahmen zu verführen, um Petersen damit zu erpressen.

Leider nur wenig St.Pauli Atmosphäre im...
Trotz der Lichtreklame zu Beginn, Aufnahmen von der Herbert-Straße und dem Hafengebiet wirkt der zentrale Handlungsort austauschbar, könnte die Strip-Bar in jeder größeren Stadt gelegen sein. Anders als bei Rolf Olsen („Der Arzt von St.Pauli“, 1968) oder Jürgen Roland („Polizeirevier Davidwache“, 1964), in deren Filmen die Reeperbahn die heimliche Hauptrolle einnahm und immer Sympathien für die hier lebenden und arbeitenden Menschen mitschwangen, ist das Viertel in „Straßenbekanntschaften auf St Pauli“ ein von anonym wirkenden dunklen Gassen geprägter reiner Sündenpfuhl. 

...Milieu (Jürgen Feindt mit honorigem Gast)
Vielleicht war der geringe lokale Bezug zu St. Pauli auch den begrenzten Produktionsmitteln zu verdanken.
1968 waren Schwarz-Weiß-Aufnahmen schon eine Ausnahme im erotischen Film. Sie könnten auf eine frühere Entstehungszeit hinweisen. Dafür spricht auch die Besetzung mit Günther Stoll, seit dem Durbridge-Dreiteiler „Melissa“ (1966) zum Star aufgestiegen, und Dagmar Lassander, die parallel in weiteren Erotik-Filmen („Andrea - wie ein Blatt auf nackter Haut“ (1968)) Hauptrollen spielte, bevor sie im italienischen Kino reüssierte, in eher untergeordneten Rollen. Stoll bekam in der zweiten Hälfte des Films als ermittelnder Kommissar zwar mehr Screentime, seine Figur blieb mit einem einzigen coolen Gesichtsausdruck aber ohne charakterliche Tiefe, und Lassander als Model Gerti stand story-technisch im Schatten der braven Susanne aus gutem Kommissariat-Hause. Für Suse Wohl - im Gegensatz zu Dagmar Lassander auch nackt zu sehen - blieb diese Rolle ihr einziger Film-Auftritt. Ein Wechsel in der Besetzung hätte „Straßenbekanntschaften auf St Pauli“ gut getan, aber vielleicht wirkte Lassander zu lasziv für eine Schülerin, die dank der Versuchungen einer liberalen Moderne auf die schiefe Bahn gerät.

Für die brave Susanne (Suse Wohl)...
Drehbuchautor Jürgen Knop besaß Erfahrungen im Genre („Treibgut der Großstadt“, 1967) und war wenig später am großartigen „Mädchen mit Gewalt“ (1970) beteiligt, aber in „Straßenbekanntschaften auf St.Pauli“ gelang die Mischung aus Sex-, Kriminalfilm und Sozialstudie nicht, weil der moralische Zeigefinger immer spürbar blieb. Der klischeehaften Mutter-Tochter Beziehung um einen leicht aufmüpfigen 18jährigen Teenager, der mit anderen Jugendlichen Zelten möchte und heimlich raucht, stand eine Halbwelt gegenüber, für die der Film keine Sympathien aufbrachte. Das lag besonders an der Gestaltung der eigentlichen männlichen Hauptrolle, dem vom späteren Synchronisations-Guru Rainer Brandt gespielten Fotografen Ingo Werner, der hier die Rolle des Verführers innehatte. Er agiert viel zu brachial und ohne Charme, um glaubwürdig vermitteln zu können, warum die Schülerin Susanne sich von ihm fotografieren lässt. Als sie sich ziert, nackt auszuziehen, fordert er von Gerti (Dagmar Lassander), sie soll sich an ihre frühere Mitschülerin heranmachen.

...wird die Begegnung mit Gerti (Dagmar Lassander) ...
Wie Gerti es gelang, Susannes Vertrauen zu gewinnen, ließ der Film lieber weg. Offensichtlich musste es genügen, dass sie inzwischen zum erfolgreichen Model geworden war, um Susanne von den Verlockungen des Nachtlebens zu überzeugen. Statt zu ihrer Oma zu fahren, geht sie lieber mit ihr in die Striptease-Bar von Radebach, wo sie an einem Model-Wettbewerb mitmacht und zur „Miss Nacht“ gewählt wird. Eine wenig glaubwürdige Wendung, die auf Werner Klinglers Einfluss zurückgehen könnte. Regisseur Klingler, damals schon Ende 60, war seit den frühen 30er Jahren im Filmgeschäft tätig und blieb sowohl während des Nationalsozialismus, als auch in den Boom-Jahren der 50er Jahre vielbeschäftigt. Noch 1962 verantwortete er den vierten Film der erfolgreichen Mabuse-Reihe „Das Testament des Dr.Mabuse“, aber seit 1965 hatte er keinen Regie-Auftrag mehr übernommen, vielleicht auch nicht bekommen.

...zum Alptraum.
Dass er 1968 im jungen Erotik-Film noch ein letztes Mal Regie führte (er starb vier Jahre später) überrascht nur vordergründig. In den späten 50er Jahren hatte er sich intensiv am damals aufkommenden Moralfilm beteiligt, mit dem bevorzugt die weibliche Jugend vor den Gefahren einer liberaleren Sexualität und veränderten Geschlechterrollen gewarnt werden sollte. Den Widerspruch, damit gleichzeitig den Voyeurismus männlicher Betrachter zu bedienen, erfüllte schon sein erster von drei „Arzt“-Filmen „Frauenarzt Dr. Bertram“ (1957), der trotz seines selbstgewählten moralischen Anspruchs ungeniert leicht bekleidete Mannequins zeigte. Auch sein Beitrag zum damals populären Kriegsfilm „Blitzmädels an die Front“ (1958) verband weibliche Schauwerte mit oberflächlicher Geschichtsverarbeitung. In dieser Hinsicht war „Straßenbekanntschaften auf St. Pauli“ eine konsequente Fortführung, verglichen mit den schillernden St.Pauli-Geschichten eines Rolf Olsen oder Jürgen Roland blieb Klinglers Film aber altbacken und wenig authentisch.

"Straßenbekanntschaften auf St. Pauli" Deutschland 1968, Regie: Werner Klingler, Drehbuch: Jürgen Buchmann, Jürgen KnopDarsteller : Günther Stoll, Rainer Brandt, Dagmar Lassander, Suse Wohl, Sibille Gilles, Rainhard Kolldehoff, Jürgen Feindt, Hilde Sessak, Evelyn KünnekeLaufzeit : 75 Minuten