Mittwoch, 21. Januar 2015

Heinrich George und das Jahr 1933

Heinrich George als Franz Biberkopf in "Berlin Alexanderplatz" (1931)
Heinrich George gehörte zu den größten Stars der NS-Zeit, der eng mit der NSDAP zusammenarbeitete und in nicht wenigen Propaganda-Filmen tragende Rollen übernahm, darunter im anti-semitischen "Jud Süss" (1940) und im späten Durchhaltefilm "Kolberg" (1945). Nach dem Ende des 2. Weltkriegs wurde er deshalb von der russischen Besatzungsmacht verhaftet und in das Speziallager 7 Sachsenhausen gesperrt, wo er 1946 verstarb. Weniger bekannt ist dagegen, dass er in den 20er Jahren der Kommunistischen Partei nahe stand, mehrfach als Redner bei deren Veranstaltungen auftrat und seine erste große Hauptrolle 1931 im noch jungen Tonfilm verkörperte - den Franz Biberkopf in "Berlin Alexanderplatz" nach dem Roman des Sozialisten Alfred Döblin, der als Jude 1933 aus Deutschland fliehen musste.

"Schleppzug M17"
Trotz des dadurch erlangten Bekanntheitsgrads, blieb seine Rollenauswahl zunächst begrenzt - 1932 erschien mit dem heute vergessenen "Goethe lebt...!" nur ein Kinofilm mit George in einer Nebenrolle. Anders als andere große männliche Stars seiner Zeit, wie etwa Willy Fritsch, Hans Albers oder Heinz Rühmann, war er weder als Liebhaber, noch als charmanter Abenteurer und schon gar nicht als quirliger Jedermann zu besetzen, sondern verkörperte als knapp 40jähriger, kräftig gebauter Mann wortkarge, häufig sture Typen, die sich auch von den widrigsten Umständen nicht unterkriegen ließen. Ideal waren für Heinrich George dramatische Konstellationen, die im Gegensatz zur Schwemme an leichten Unterhaltungsfilmen dieser Zeit viel über die Realitäten der Gegenwart aussagen konnten - wie im genannten "Berlin Alexanderplatz", auch wenn das Drehbuch Döblins Romanvorlage entschärfte, um Konflikte mit der SA zu vermeiden.

"Das Meer ruft"
1933 sollte das Jahr des Durchbruchs für George werden. Im Februar kam "Das Meer ruft" in die Kinos, zwei Monate später folgte "Schleppzug M 17", bevor "Hitlerjunge Quex: Ein Film vom Opfergeist der deutschen Jugend" und "Reifende Jugend" jeweils im September auf der Leinwand erschienen. Doch von Homogenität konnte keine Rede sein, auch wenn alle vier Filme erst nach der Machtergreifung der NSDAP am 30.01.1933 herauskamen. Gedreht wurden die ersten beiden Filme noch 1932, bevor Heinrich George auf Grund seiner Sympathien für die KPD ein Berufsverbot erhielt. Doch er benötigte nicht lange, um sich mit den Nationalsozialisten zu arrangieren, und übernahm gemeinsam mit seiner Ehefrau Berta Drews, die neben ihm zuvor auch in "Schleppzug M17" spielte, zwei tragende Rollen in dem frühen Propaganda-Film über den Hitlerjungen Quex.

"Reifende Jugend"
In allen vier Filmen verkörperte George autoritäre Typen mit einem selbstverständlichen Führungsanspruch, deren Schicksal viel über die Intention des jeweiligen Films aussagte und damit über dessen Vorbildwirkung. Während Georges Rolle als spät bekehrter Kommunist in "Hitlerjunge Quex: Ein Film vom Opfergeist der deutschen Jugend" so plakativ geriet, dass selbst Joseph Goebbels danach eine subtilere Vermittlung der gewollten Botschaft forderte, lassen sich die Veränderungen des Jahres 1933 auf Basis von Georges Interpretationen an den drei anderen Filmen differenzierter analysieren - von einer komplexen, kritischen Sichtweise in Richtung einer einseitigen, von der NSDAP propagandistisch forcierten Idealisierung:

- Das Meer ruft                                                                                                  23.02.1933
- Schleppzug M 17                                                                                            19.04.1933
- Hitlerjunge Quex: Ein Film vom Opfergeist der deutschen Jugend         19.09.1933
- Reifende Jugend                                                                                            22.09.1933

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