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Montag, 12. Oktober 2015

Auf der Reeperbahn nachts um halb eins (1969) Rolf Olsen

Hannes (Curd Jürgens) kommt nach acht Jahren wieder frei
Inhalt: Der nächtliche Einbruch in eine Apotheke im Stadtteil St.Pauli endet tödlich für den Besitzer, aber von den Tätern, die ihre Beute an einen anonym bleibenden Kontaktmann weiter reichen, fehlt jede Spur. Das organisierte Verbrechen hat längst die Reeperbahn im Griff. Auch für Pit Pitter Pittjes (Heinz Reincke), der ein altmodisches Hippodrom betreibt, sind Schutzgelderpressungen Alltag, aber mehr noch hat er Probleme mit dem Gerichtsvollzieher, der ihm auch noch seine Pferde pfänden will. In Zeiten, in denen nur noch Sex zählt, hat sein Etablissement längst ausgedient.

Hannes und sein bester Freund Pitter (Heinz Reincke)
Währenddessen wird sein alter Freund Hannes (Curd Jürgens) nach acht Jahren aus dem Gefängnis entlassen. Sein erster Weg führt ihn gezwungenermaßen zum Kommissariat, wo ihn Kriminalrat Norbert Krause (Konrad Georg) empfängt, um ihn davor zu warnen, das Gesetz in eigene Hände zu nehmen. Denn Hannes beteuert nach wie vor seine Unschuld und will beweisen, dass ein Anderer seine damalige Geliebte ermordet hat. Nur so hat er eine Chance, seinen Ruf wiederherzustellen und damit sein Kapitänspatent zurückzuerhalten. Doch nach acht Jahren hat sich die Welt draußen stark verändert…

Nach zwei St.Pauli-Filmen wagte sich Rolf Olsen 1969 an einen Klassiker: "Auf der Reeperbahn nachts um halb eins"  von 1954 mit den großen Stars Hans Albers und Heinz Rühmann in den Hauptrollen. Damals eine gleichwertige Besetzung gewichtete Olsen seine freie Interpretation wieder in Richtung des erfahrenen Seemanns "Hannes" - eine idealtypische Rolle für seinen favorisierten Hauptdarsteller Curd Jürgens.

Offensichtlich hatten die Macher der DVD zu Olsens Film nur das Original gesehen. Anders ist der Hüllentext "Hannes ist bis vor kurzem zur See gefahren, doch die Wehmut verschlägt ihn zurück nach St.Pauli, wo er sich zur Ruhe setzen will" nicht zu verstehen, der exakt den Inhalt des 54er Films wiedergibt. Auch das Cover-Foto, dass zwei Sekunden vor dem Filmende aufgenommen wurde, zeugt von wenig Kenntnis über Olsens Film. Nichtsdestotrotz eine lohnenswerte Anschaffung.







Hannes trifft eine alte Bekannte (Birke Bruck)
Ein Jahr nach "Der Arzt von St.Pauli" (1968) holte sich Regisseur Rolf Olsen erneut Curd Jürgens ans Set, um mit ihm einen weiteren St.Pauli-Film zu drehen. Diesmal sollte der charismatische Schauspieler in besonders große Fußstapfen treten, denn Olsen plante ein Remake des 1954 erschienenen „Auf der Reeperbahn nachts um halb eins“. Darin hatte das Hamburger Urgestein Hans Albers die Rolle des „Hannes“ gespielt, seine eigene Rolle als „Singender Seemann“ aus dem Helmut-Käutner-Film „Große Freiheit Nr.7“ (1944) zitierend, der den titelgebenden Schlager berühmt gemacht hatte. Albers zur Seite stand Heinz Rühmann als sein bester Freund Pittes, bei Olsen eine Rolle für Heinz Reincke, der neben Curd Jürgens zur Stammbesetzung der St.Pauli-Filme zählte. Doch während die Rollen der Filmstars Rühmann und Albers in der 54er Version gleichwertig angelegt waren, stand Reincke erwartungsgemäß im Schatten von Curd Jürgens, auf den die gesamte Handlung zugeschnitten wurde.

Hannes und Pitter: singend durch die Nacht auf der Reeperbahn
Diese unterschiedliche Gewichtung lässt schon erkennen, dass Rolf Olsen das Remake sehr frei interpretierte. In den Credits seines Films tauchten die Autoren der 54er Version konsequenterweise nicht auf - verantwortlich für das Drehbuch war allein der Regisseur, der der Handlung seinen gewohnten „Sex and Crime“- Stempel aufdrückte. Zudem war Curd Jürgens anders als Hans Albers kein großer Sänger, sollte aber ein paar der klassischen Reeperbahn-Schlager intonieren, was Olsen in einer zentralen Szene unterbrachte: Hannes (Curd Jürgens) und Pit Pitter (Heinz Reincke) streifen eine Nacht lang über die Reeperbahn, immer ein Lied auf den Lippen. Eine Parallele zum Albers/Rühmann-Film, in dem die beiden Protagonisten ebenfalls mit einer gemeinsamen Nacht auf der Reeperbahn ihr Wiedersehen feierten, aber interessanter sind die Unterschiede, die viel über die soziokulturelle Entwicklung der BRD in den voraus gegangenen 15 Jahren aussagen.

Der Kriminalrat (Konrad Georg) warnt Hannes
Hannes Rückkehr nach acht Jahren ist hier nicht der Seefahrt geschuldet, sondern einer langjährigen Gefängnisstrafe, die der frühere Kapitän wegen des Mordes an seiner Geliebten ableisten musste. Entsprechend desillusioniert spielte Jürgens einen Mann, der seine Unschuld beweisen will, um seinen Ruf wieder herzustellen – die einzige Chance, sein Kapitänspatent wieder zurück zu erhalten. Im Gegensatz zum gut gelaunt vom Schiff kommenden Hans Albers wird der Hannes der späten 60er sogleich mit Schutzgelderpressung, Mord und den kriminellen Machenschaften des nach außen hin ehrenwert auftretenden Geschäftsmanns Lauritz (Fritz Tillmann) konfrontiert, dessen Ehefrau es war, die Hannes angeblich tötete. Gegenüber dem hier von Olsen entfalteten Moloch wirkt die aufgesetzte Kriminalhandlung des Originals wie Sozialromantik, auch wenn der Regisseur hinsichtlich der Gewaltdarstellungen im Vergleich zu seinem „Der Arzt von St.Pauli“ zurückhaltender blieb.

Schutzgelderpresser (Karl-Otto Alberty und Erik Schumann) bei Pitter
Die Rettung des verschuldeten und aus der Mode geratenen Reeperbahn-Etablissements von Freund Pit, die im Rühmann/Albers-Film noch im Mittelpunkt stand, spielte hier dagegen kaum noch eine Rolle. Zwar zitierte Olsen die Szenen mit den falschen Etiketten für den Billigwein und die Rettung der Dressurpferde vor dem Schlachthaus, aber an eine Zukunft mit neuer Einrichtung und modernem Show-Programm glaubte hier Niemand mehr. Um die Finanzierung dafür zu übernehmen, fehlte Hannes - anders als seinem potenten Vorgänger - auch schlicht das nötige Kleingeld. Während der 54er Film einen ungebremsten Optimismus ausstrahlte, der soziale Schranken und finanzielle Schwierigkeiten mühelos überwand, entfaltete Olsen einen pessimistischen Blick auf eine dekadente und egoistische Gesellschaft – und nutzte diesen Hintergrund wie in „Der Arzt von St.Pauli“ für den Kampf des Einzelgängers gegen alle Widrigkeiten.

Hannes ist von Antje (Jutta D'Arcy) begeistert
Die Reeperbahn gab dafür den so faszinierenden, wie verkommenen Handlungsort ab, während sie dem sonst braven Geschehen im 50er Jahre Original einen Hauch von Unmoral verlieh. Die damals gewagte Konstellation um Pits Tochter Antje (Jutta D’Arcy) wurde von Olsen konkreter und authentischer angepackt. Hannes ist ihr leiblicher Vater, erfuhr aber nie davon, da Pit seine schwangere Freundin während er auf See war heiratete, um das Kind zu legitimieren. Antjes Mutter war früh verstorben, aber anders als seinem Vorgänger Heinz Rühmann wurde Reincke keine Pseudo-Ehefrau zur Seite gestellt, die die hausfraulichen Pflichten erledigte, ohne dem liebenden Vater Emotionen abzuringen. Den Job übernahm hier Cousine Martha, gewohnt resolut von Heidi Kabel gespielt. Auch stand noch kein zukünftiger Schwiegersohn aus reichem Haus parat, sondern verliebt sich Antje in ihren eigenen, höchst charmanten Vater.

Gemeinsam auf Helgoland kommen sie sich näher
Da Pit sich nicht überwinden kann, seinem Freund die Wahrheit zu sagen, kommt es wie im Original zum gemeinsamen Ausflug von Antje und Hannes nach Helgoland. Nur ein Zufall verhindert, dass sie sich küssen. Ein Wagnis, dass der 50er Jahre Film nicht einging. Die Fahrt nach Helgoland diente im Original nur dem Zweck, der Tochter und ihrem Verehrer ein paar gemeinsame Stunden zu verschaffen, heimlich von Hannes am unwilligen Schwiegervater vorbei organisiert. Nur ein Missverständnis brachte Pit dazu, seinen Freund über seine Vaterschaft aufzuklären – bei Olsen ist er dazu gezwungen. Auch die Konsequenzen daraus sind im Nachfolger ehrlicher. Kein künstlich dramatisierter Konflikt trennt die Freunde, da Hannes Pits Beweggründe versteht.

Die feine Gesellschaft um Unternehmer Lauritz (Fritz Tillmann)
Die Souveränität des alles beherrschenden Curd Jürgens bleibt das bestimmende Element in Olsens Film, der viel anreißt, aber wenig vertieft. Die privaten Szenen um die Tochter (Diana Körner) des kriminellen Unternehmers Lausitz nehmen leider zu wenig Raum ein im aktionistischen Geschehen. Ihre Empörung über Hannes - für sie der verurteilte Mörder ihrer Mutter - ihr Verhältnis zum Vater, die Party in dessen Villa oder ihre angedeutete Liebesbeziehung zu Till Schippmann (Fritz Wepper) bleiben Momentaufnahmen, höchstens für kurze Nacktszenen geeignet. Wepper, an beiden vorherigen unter der Regie Olsens entstandenen St.Pauli-Filmen beteiligt, wird hier zum reinen Stichwortgeber, ohne seiner Rolle eigene Konturen geben zu können. Das gilt auch für die Vielzahl an Schlägern und gedungenen Mördern, die hier die Leinwand bevölkern – selbst prägnante Darsteller wie Erik Schumann und Karl-Otto Alberty konnten sich nur wenig profilieren.

Nebenfiguren: Till (Fritz Wepper) und Unternehmertochter (Diana Körner)
Entscheidend für die Wirkung des Films war das nicht, worin sich beide Versionen von „Auf der Reeperbahn nachts um halb eins“ wieder gleichen. Zwar hatte sich die Reeperbahn seit Mitte der 50er Jahre parallel zur allgemeinen Liberalisierung in Westdeutschland verändert, aber sie behielt als Ort der Extreme weiterhin die Hoheit über das Handeln der hier lebenden Menschen. Am Ende verlässt Hannes wie zuvor in „Große Freiheit Nr.7“ und der 54er Version wieder diesen Ort der Sehnsucht, um aufs Meer zurückzukehren. Doch diesmal ohne das schwermütige Gefühl des Scheiterns an Land, sondern voller Vorfreude auf die Seefahrt – und begleitet von Pitter. Das wäre Heinz Rühmann in seiner Rolle damals nicht eingefallen.

"Auf der Reeperbahn nachts um halb eins" Deutschland 1969, Regie: Rolf Olsen, Drehbuch: Rolf Olsen, Darsteller : Curd Jürgens, Horst Naumann, Heinz Reincke, Fritz Wepper, Jutta D'Arcy, Diana Körner, Fritz Tillmann, Erik Schumann, Christiane Rücker, Hans-Otto Alberty, Konrad Georg, Laufzeit : 98 Minuten

weitere im Blog besprochene Filme von Rolf Olsen:

Montag, 11. Mai 2015

Studentin Helene Willfüer (1956) Rudolf Jugert

Inhalt: Helene Willfüer (Ruth Niehaus) wird feierlich die Doktorwürde von Professor Matthias (Hans Söhnker) verliehen – ein nicht selbstverständliches Ereignis. Zwar erweckte Helene sofort große Aufmerksamkeit bei ihrem Doktor-Vater, der die intelligente, engagierte junge Frau zu sich als Assistentin ins Forschungslabor holte, aber ihr Auftauchen setzte unaufhaltsame Prozesse in Gang. Yvonne Matthias (Elma Karlowa), die Ehefrau des Professors, erkennt in ihr sofort eine Nebenbuhlerin. 

Nicht nur, dass ihr Mann viel Zeit mit ihr im Labor verbringt, mehr noch ärgert Yvonne, dass Helene sich mit Dr. Reiner (Erik Schumann) anfreundet, einem Arzt, der wie sie der Musikleidenschaft frönt. Unglücklich in ihrer Ehe, war sie mit Dr. Reiner ein Verhältnis eingegangen. Doch im Gegensatz zu ihr leidet der junge Arzt, der sich selbst Schmerzmittel injiziert, an dieser Situation. Für ihn ist Helene ein Hoffnungsschimmer und er verliebt sich in die junge Frau. Sie scheint seine Gefühle zu erwidern, aber tatsächlich versucht sie nur ihre Gefühle für den Professor zu vergessen…


Ein großer Teil der in den 50er Jahren in Deutschland herausgekommenen Filme waren Remakes früher Tonfilme, häufig stammten die ersten Kinofassungen populärer Literatur noch aus der Stummfilmzeit. Auch "Studentin Helene Willfüer", basierend auf dem 1928 erschienenen Roman "Stud. chem. Helene Willfüer" von Vicki Baum, führt unmittelbar zurück in die Zeit der Weimarer Republik, erlebte 1930 am Ende der Stummfilm-Ära eine erste Verfilmung mit Olga Tschechowa in der Hauptrolle, und steht doch exemplarisch für das Frauenbild der 50er Jahre, das sich in den drei Jahrzehnten zuvor nur wenig gewandelt hatte. Autorin Vicki Baum, von deren Romanen heute nur noch "Menschen im Hotel" (verfilmt USA 1932 und Deutschland 1960) über einen gemäßigten Bekanntheitsgrad verfügt, verdankte "Stud. chem. Helene Willfüer" ihren Aufstieg zu einer der erfolgreichsten Schriftstellerinnen der Weimarer Republik. Ihr blieb die Anerkennung der seriösen Literaturkritik zwar verwehrt, aber ihre der Unterhaltungsliteratur zugeordneten Bücher gestatten heute noch einen authentischen Blick in den damaligen Zeitgeist.

"Stud. chem. Helene Willfüer" entstand in der Phase einer "neuen Sachlichkeit" nach dem 1.Weltkrieg und zeichnete das Bild einer selbstständigen Frau, die Wert auf ein modernes, an pragmatischen Gesichtspunkten orientiertes attraktives Äußeres legte und trotz eines unehelichen Kindes ihr Studium zu Ende führte, um einem Beruf nachzugehen. Damit berührte Vicki Baum zwar Tabus, bewies aber Gespür für eine Gesellschaft im Wandel - ein Grund für ihren Erfolg, neben ihrem Geschick auch konservative Gemüter mit einem Ende zu befriedigen, das den Status quo wieder herstellte. Diese unentschiedene Haltung wurde ihr zwar vorgeworfen, lässt aber übersehen, wie sehr allein schon die Schilderung einer versuchten Abtreibung provozierte. Nicht nur in den 20er Jahren, auch der Drehbuch-Fassung zu Rudolf Jugerts Film ist dieser Kompromiss anzumerken, denn Mitte der 50er Jahre galten die in "Stud. chem. Helene Willfüer" publikumswirksam ausgebreiteten Lebensumstände einer jungen Studentin keineswegs als opportun. Im Gegenteil hatte die Zeit des Nationalsozialismus die vorsichtige Emanzipationsbewegung der 20er Jahre wieder zurückgeworfen.

„Die ist richtig – mit dem Einen kommt sie, mit dem Anderen geht sie“

Mit dieser wenig anerkennend gemeinten Aussage stand die Konzertbesucherin sicherlich nicht allein. Helene Willfüer (Ruth Niehaus) war in Begleitung ihres Doktor-Vaters Professor Matthias (Hans Söhnker) zum Konzert-Saal gekommen, um diesen gemeinsam mit dem Arzt Dr. Rainer (Erik Schumann), der zuvor als Dirigent das Konzert gegeben hatte, wieder zu verlassen. Eine Frau riskierte schnell ihren „guten Ruf“, doch Ruth Niehaus erwies sich als Idealbesetzung zwischen größtmöglicher Ernsthaftigkeit und einem frei bestimmten Leben. Wie schon in ihrer ersten Hauptrolle im Heimatfilm „Rosen blühen auf dem Heidegrab“ (1952) blieb ihre Sexualität hinter ihrem so schönen, wie züchtigen Äußeren nur unterschwellig spürbar und wirkte sie im Umgang mit den beiden Männern nie berechnend. Diese Position nahm Elma Karlowa als Yvonne Matthias ein, die Ehefrau des Professors, die ihn nicht nur mit Dr.Rainer betrügt, sondern alles unternimmt, um die Nebenbuhlerin Helene Willfüer auszuschalten. Karlowa, die schon in „Rosenmontag“ (1955) an der Seite von Ruth Niehaus spielte, gab hier den weiblichen Antipoden und schuf damit erst den Freiraum für Willfüers den damaligen Regeln widersprechendes Verhalten.

Es ist Jugert und seinem Drehbuchautoren Frederick Kohner hoch anzurechnen, dass sie diese negativ besetzte Figur nicht vollständig demontierten, sondern in ihrer Emotionalität menschlich nachvollziehbar werden ließen. Es bleibt der Moment in Erinnerung, in dem sie ihre Einsamkeit an der Seite eines Ehemanns ausdrückt, für den sie ihre Karriere als Musikerin aufgab, der seine Zeit aber am liebsten im Forschungslabor verbringt. Hans Söhnker, in den 50er Jahren prädestiniert für die Rolle des älteren Liebhabers („Männer im gefährlichen Alter“ (1953)), kann hier nur schwerlich vermitteln, wie es zu der Verbindung zu der sehr emotionalen Musikerin gekommen war. An Karlowas Seite wirkt er als Forscher seltsam passiv, fast schon hilflos gegenüber dem exaltierten Verhalten seiner Ehefrau. Wirklich konsequent ist er nur gegenüber Helene Willfüer, die er nicht nur sofort als Assistentin zu sich ins Labor holt, sondern niemals Zweifel an ihr äußert – weder als sie wegen Mordverdachts verhaftet wird, noch als sie ein uneheliches Kind bekommt.

Diese Idealisierung eines gereiften, hoch angesehenen Mannes, dessen Haltung außerhalb der vorherrschenden Meinung stand, hatte schon in Baums Roman die Funktion, eine größere Akzeptanz beim Leser für die Protagonistin zu erzeugen – und sorgte letztlich auch für deren Legitimation. Jugert deutete dieses Ende im Gegensatz zu Vicki Baum nur an, aber er blieb der Romanvorlage in ihrem unterhaltenden Charakter treu. Besonders Harald Juhnke als Kommilitone Meier und Ina Peters als quirlige Mitbewohnerin nehmen der Handlung viel von ihrer Ernsthaftigkeit. Wenn Juhnke sich den Säugling packt, um ihn mit modernen Methoden zu windeln, hat der Zuschauer schon fast vergessen, dass Helene Willfüer den Heiratsantrag des Kindsvaters ablehnte, weil sie ihre Karriere nicht als Ehefrau eines Landarztes aufgeben wollte, sondern stattdessen vorhatte, das Kind, von dem er nichts wusste, abzutreiben.

Die von Erik Schumann gespielte tragische Rolle des jungen Arztes, der lieber Musiker geworden wäre als die Familien-Tradition als Landarzt fortzusetzen, wurde in Jugerts Film zusätzlich in Richtung einer Kriminalhandlung gewichtet. Nach dem abgelehnten Heiratsantrag stirbt er durch eine Injektion, wofür Helene Willfüer verantwortlich gemacht wird, die den Toten auffindet. Die gesamte folgende nicht in Baums Roman enthaltene Gerichtssequenz wirkt übertrieben und sollte nur von den tatsächlichen Inhalten ablenken. Der Betrachter weiß, dass Helene unschuldig ist, aber Jugert überspielte damit die Zeit ihrer Schwangerschaft, die sie im Gefängnis verbringt, so wie der uneheliche Verkehr zwischen ihr und dem Verstorbenen zuvor nur angedeutet wurde. Auch von Seiten der Bevölkerung sind kaum kritische Stimmen zu hören. Einmal deutet Helene kurz an, dass sie wegziehen will, weil sie die unausgesprochenen Vorwürfe spürt, aber näher konkretisiert der Film das nicht.

Die Absicht dahinter liegt auf der Hand. Regisseur und Autor vermieden negativ besetzte Details, um die Identifikation mit der Hauptfigur aufrecht zu erhalten. Kombiniert mit einer Vielzahl an unterhaltsamen Elementen wurde der eigentliche Handlungsschwerpunkt relativiert, wodurch Helene Willfüers für die damalige Zeit ungewöhnlich mutige Konsequenz fast einen nebensächlichen Charakter erhielt. Das nahm „Studentin Helene Willfüer“ zu Unrecht die Reputation, denn gerade die Vorsicht, mit der Rudolf Jugert seine Handlung vorantrieb, vermittelt, wie gewagt es in den 50er Jahren noch war, eine selbstbewusst und eigenständig agierende Frau in den Mittelpunkt eines Unterhaltungsfilms zu stellen.

"Studentin Helene Willfüer" Deutschland 1956, Regie: Rudolf Jugert, Drehbuch: Frederick Kohner, Vicki Baum (Roman), Darsteller : Ruth Niehaus, Hans Söhnker, Elma Karlowa, Erik Schumann, Harald Juhnke, Otto WernickeLaufzeit : 97 Minuten

weitere im Blog besprochene Filme von Rudolf Jugert:

Sonntag, 2. Juni 2013

Heiße Ernte (1956) Hans H.König

Inhalt: Wie jedes Jahr im August kommen zahlreiche Erntehelfer nach Tettnang in die Nähe des Bodensees, um bei der Hopfenernte mit anzupacken. Nach Geschlechtern getrennt werden sie in Baracken untergebracht, von wo aus sie jeden Tag zu den Feldern gebracht werden - für viele von ihnen eine wichtige Erwerbsquelle. Doch diesmal kommt es für Konrad Stammer (Erik Schumann), Sohn des Gutsbesitzers und engagierter Organisator des Ernteeinsatzes, zu einer überraschenden Wiederbegegnung.

Unter den Arbeiterinnen befindet sich Auschra (Edith Mill), eine junge Vertriebene, bei deren Familie er als Soldat während des 2.Weltkriegs im Memelland Unterkunft gefunden hatte. Schon damals hatte sie ihm gefallen, weshalb seine Gefühle für sie erneut entflammen. Zuerst zurückhaltend, beginnt Auschra seine Liebe zu erwidern, womit sie erhebliche Konflikte herauf beschwört. Konrad Stammer ist mit Sybille Scharfenberg (Hanna Rucker), der Tochter des benachbarten Gutsbesitzers (Ernst F.Fürbringer), verlobt und mit Stanislaus Sadowski (Harald Schmid) taucht ein Mann aus Auschras Heimat auf, der für sich ältere Rechte an ihr einfordert...


Während seiner nur wenige Jahre andauernden Karriere als Regisseur und Drehbuchautor widmete sich Hans H. König größtenteils dem Heimatfilm, bevor er nach "Jägerblut" (1957) wieder ausschließlich als Schriftsteller arbeitete. Beginnend mit "Rosen blühen auf dem Heidegrab" (1952), entstanden seine Werke während der Hochphase des Genres, weshalb seine außergewöhnliche Art der Inszenierung unter den die Erwartungshaltung des Publikums meist auf übliche Weise bedienenden Heimatfilmen in Vergessenheit geriet. An "Heiße Ernte" arbeitete König zudem das vierte Mal mit Edith Mill zusammen, der damaligen Frau seines Bruders, die erneut die weibliche Hauptrolle übernahm. Auch Johannes Kai, der seinen Namen nach dem Krieg änderte, da er unter seinem gebürtigen Namen Hanns Wiedemann für einschlägige Publikationen während der Zeit des Nationalsozialismus verantwortlich war, war das dritte Mal an einem seiner Drehbücher beteiligt, dass sich offensichtlich am neorealistischen Reißer "Riso amaro" (Bitterer Reis, 1949) von Giuseppe De Santis orientierte.

In beiden Filmen steht der Einsatz einfacher Arbeiter - hier zur Ernte von Hopfen, in "Riso amaro" zur Anpflanzung von Reis - im Mittelpunkt, die aus wirtschaftlichen Gründen gezwungen sind, entfernt von ihrer Heimat unter wenig komfortablen Bedingungen einem harten Broterwerb nachzugehen. Auch die Unterbringung in Baracken, die teilweise handgreiflichen Auseinandersetzung der Frauen auf engstem Raum, die der Regisseur zur Befriedigung voyeuristischer Einblicke nutzte (von König gleichzeitig wieder ironisiert, indem er die Männer schamlos glotzen lässt) und die realistische Darstellung des Arbeitseinsatzes, erinnern stark an "Riso amaro", aber König verzichtete auf jegliche politische Relevanz und schilderte die Gutsherrn als untadelige Autoritäten, die ihre Arbeiter unter fairen Bedingungen beschäftigen.

Auch "Riso amaro" nutzte seinen gesellschaftskritischen Gestus nur oberflächlich, legte seine Protagonisten aber komplexer an. Anders als Silvana Mangano, die in ihrer Rolle kriminell handelte und provozierend erotisch auftrat, muss allein der Hintergrund als nach dem Krieg Vertriebene dafür herhalten, das Auschra (Edith Mill) mit den Vorurteilen ihrer Umgebung konfrontiert wird. Ihr wird promiskuitives Verhalten und kalte Berechnung unterstellt, um den Sohn des Gutsbesitzers Konrad Stammer (Erik Schumann), der mit der Tochter des benachbarten Gutsbesitzers Sybille Scharfenberg (Hanna Rucker) verlobt ist, zu verführen. Doch König lässt weder einen Zweifel am Anstand von Auschra, noch an seiner kritischen Haltung gegenüber den so Urteilenden. Die Vorurteile gegenüber den Vertriebenen waren sicherlich Realität in der jungen BRD, aber König nutzte sie nur zur Dramatisierung, ohne einen generellen gesellschaftskritischen Bezug herzustellen.

Auch die männlichen Charaktere unterschieden sich deutlich zwischen beiden Filmen. Vittorio Gassman ist als charmanter Krimineller in „Riso amaro“ differenzierter gestaltet als Helmut Schmid, der – das dritte Mal von Hans H.König in seinen Filmen besetzt - mit seiner  körperbetonten Energie für die Rolle des Bösewichts geradezu prädestiniert wirkt. Wieder aus dem Gefängnis entlassen, verdingt sich Stanislaus Sadowski (Helmut Schmid) ebenfalls als Erntearbeiter, hat es aber nur auf Auschra abgesehen, der er bei der Flucht aus dem Memelland beigestanden war, nachdem ihre Eltern gestorben waren. Daraus macht er gegenüber Konrad Stammer - der im Vergleich zu Stanislaus blass bleibt, auch wenn er um seine Liebe kämpft - ältere Rechte an ihr geltend, als sich zwischen dem jungen Gutsherrn und Auschra etwas anbahnt. So lässt es sich begründen, warum der Film später den Titel "Der Gutsherr und das Mädchen" erhielt, der nur noch auf diese klassenübergreifende Liebesgeschichte hinwies, obwohl diese Änderung sicherlich auch von dem Vorbild "Riso amaro" ablenken sollte.

Unnötigerweise, denn auch wenn Königs Film die italienische Lässigkeit im Umgang mit moralischen Standards vermissen ließ, so unterschied sich sein Heimatfilm - sowohl in den spontan wirkenden musikalischen Einlagen, den ungekünstelten Naturaufnahmen, als auch dem Umgang der Geschlechter untereinander - wesentlich von vielen volkstümelnden und moralisch verlogenen Kreationen des Genres. Zwar entsprach die negative Charakterisierung der "selbstbewussten und unabhängigen Frau" Sybille - die ihren Verlobten folgerichtig an Auschra verliert - der damals gängigen Meinung, aber entscheidender für die abschließende Wirkung des Films war, dass die Produktionsgesellschaft in das von König geplante Ende eingriff. Anstatt dem eindrucksvoll agierenden Helmut Schmid als Wüterich Stanislaus die abschließende Konsequenz zu überlassen, was den guten Gesamteindruck gesteigert hätte, musste Edith Mill in einer später nachgedrehten Szene unrealistischerweise einen meterhohen Absturz überleben, da dem Publikum das negative Ende nicht zuzumuten gewesen wäre.

"Heiße Ernte" Deutschland 1956, Regie: Hans H. König, Drehbuch: Johannes Kai, Hans H. König, Carl Winston, Darsteller : Edith Mill, Erik Schumann, Helmut Schmid, Hanna Rucker, Maria Sebaldt, Ernst F. Fürbringer Friedrich DominLaufzeit : 92 Minuten


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Mittwoch, 1. Mai 2013

Himmel ohne Sterne (1955) Helmut Käutner



Inhalt: Anfang der 50er Jahre - unter dramatischen Umständen flieht Anna Kaminski (Eva Kotthaus) über die innerdeutsche Grenze, die zwar noch einen provisorischen Charakter hat, aber schon streng bewacht wird. Leicht verletzt auf der westdeutschen Seite angekommen, trifft sie dort den Grenzsoldaten Carl Altmann (Erik Schumann), der ihr Hilfe anbietet. Ohne darauf einzugehen, begibt sie sich in das nahe gelegene Städtchen und sucht Otto (Gustav Knuth) und Elsbeth Friese (Camilla Spira) auf, die wenig erfreut über ihren Besuch sind, denn Anna ist die Mutter ihres Enkelsohns Jochen, der hier bei seinen Großeltern lebt.

Ihr Sohn war im Krieg gefallen und hatte Anna nicht mehr geheiratet. Durch die Trennung Deutschlands hatten sie entschieden, den Enkelsohn bei sich zu behalten, weil er es im Westen besser hätte. Als Anna auch diesmal zum wiederholten Male den Jungen mitnehmen will, verweigern sie ihr diese Bitte mit der Begründung, dass sie ihn schließlich mit ihrem Einverständnis adoptiert hätten. Doch Anna flieht in der Nacht mit Jochen und bittet Carl Altmann nun doch um Hilfe, um ihn über die Grenze zu schmuggeln. Willi (Georg Thomalla), ein Freund von Altmann, hilft ihr dabei, indem er sie in seinem LKW versteckt, doch als sie in der DDR ankommen, ist der Junge verschwunden...


Anna Kaminskis (Eva Kotthaus) Schicksal kam Ende des zweiten Weltkriegs sicher nicht selten vor. Als ihr Freund an die Front befohlen wurde, war sie schwanger von ihm und an eine Hochzeit nicht zu denken. Nachdem dieser im Krieg fiel, blieb sie als allein erziehende Mutter mit einem unehelichen Kind zurück. In ihrer Not wandte sie sich an die Eltern ihres Freundes, die Ihre Hilfe allerdings an die Bedingung einer Adoption ihres Enkelkindes knüpften, in die Anna gezwungenermaßen einwilligte. Diese Vorgeschichte, die sich nur aus wenigen Worten Annas erschließt, liegt zum Beginn der Filmhandlung schon einige Jahre zurück, aber sie ist die Ursache für das dramatische Geschehen und typisch für Regisseur Helmut Käutner.

Schon in seinen ersten, noch während der Zeit des Nationalsozialismus entstandenen Filmen, betonte er die Verlogenheit der allgemeinen Moralvorstellungen, die den realen menschlichen Bedürfnissen widersprach und sie zu einem Verhalten zwang, dass erst die späteren tragischen Folgen ermöglichte („Große Freiheit Nr.7“, 1943). Die Nachkriegsjahre hatten in der moralischen Strenge nicht nachgelassen, obwohl die gemeinsamen Erfahrungen im Krieg Verständnis für Annas Situation hätte erzeugen müssen. Doch erst der moralische Druck als uneheliche Mutter zwang sie zum Einverständnis in die Adoption. Anfang der 50er Jahre hatte sich ihre finanzielle Situation geändert, weshalb Anna in der Lage wäre, ihren Sohn Jochen wieder zu sich zu holen, aber zwei Fakten behindern ihren Wunsch – rechtlich ist Jochen das Adoptivkind seiner Großeltern und die neue innerdeutsche Grenze verläuft ausgerechnet zwischen den beiden unweit von einander entfernten Heimatorten.

Helmut Käutner nahm sich als einer von Wenigen schon Mitte der 50er Jahre der Teilung Deutschlands an, weshalb "Himmel ohne Sterne" nur ein Film werden konnte, der auf beiden Seiten des eisernen Vorhangs provozieren musste. Dabei hätte es sich der westdeutsche Regisseur in seiner Anklage an die Trennung Deutschlands leicht machen können, in dem er die politischen Umstände und damit besonders die sowjetische Besatzungsmacht angeprangert hätte, aber das entspräche nicht Käutners Linie, der die Ursachen nie im Grossen, sondern immer im Kleinen suchte. "Ich habe die Grenze nicht gemacht!" legt er seinen Protagonisten häufig in den Mund, aber er lässt kein Zweifel daran, dass die tatsächlichen Probleme untereinander eben doch selbst erzeugt sind und die Umstände immer als Ausrede dafür herhalten müssen.

Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang die Nebenfigur Mischa Bjelkin, einem sehr jungen sowjetischen Soldaten, von Horst Buchholz in einer seiner ersten Rollen mit erstaunlicher Zurückhaltung gespielt, auch bedingt dadurch, dass seine Umgebung kein Russisch versteht. Er verdeutlicht, dass für Jeden eine Wahl in seinen Entscheidungen besteht, auch ohne sich davon Vorteile zu versprechen. Gegensätzlich charakterisiert Käutner dagegen die westdeutsche Seite, die - dank des schnell eintretenden wirtschaftlichen Erfolgs in der jungen BRD - nur noch wenige Gedanken an die kommunistisch regierten Landsleute in der DDR verschwendet. Die Wahl der sympathischen Darsteller Camilla Spira und Gustav Knuth als Großeltern Elsbeth und Otto Friese, die den adoptierten Enkelsohn nicht mehr hergeben wollen, ist geschickt, denn Käutner vermeidet damit Einseitigkeiten und demonstriert authentisch, wie schnell sich die Menschen damals an die neue Situation gewöhnt hatten, besonders, wenn sie persönlich davon profitierten.

Auch den DDR-Alltag zeigte Käutner ohne Beschönigungen, vermeidet dabei aber für die Zeit typische Abqualifizierungen. So zeigt sich auch, dass es für Anna, die in einem volkseigenen Betrieb arbeitet (sehr gut Siegfried Lowitz als korrekter, aber nicht unmenschlicher Leiter), in der DDR leichter ist, als allein erziehende Mutter ihr Leben zu organisieren, obwohl sie sich sogar noch um ihre Großeltern (Lucie Höflich, Erich Ponto) kümmern muss, die sie nicht allein lassen will, weshalb für sie eine Flucht in den Westen nicht in Frage kommt. Wer aus heutiger Sicht glaubt, erst nach dem Bau der Mauer wurde es schwierig in den Westen zu fliehen, wird hier eines Besseren belehrt, denn auch wenn Anfang der 50er Jahre die Perfektion der späteren „Todesstreifen“ noch nicht bestand, so galt schon der Schießbefehl der ständig patrouillierenden Grenzsoldaten.

Auch in "Himmel ohne Sterne" spielt Käutner wieder seine Stärke aus, eine Vielzahl von Darstellern so agieren zu lassen, dass ein komplexes Geflecht an Beziehungen entsteht. Selbst kleine Rollen sind hervorragend besetzt (Georg Thomalla, Josef Offenbach, Wolfgang Neuss) und die Wahl der beiden Hauptrollen (der Sachse Erik Schumann als westdeutscher Grenzer, die aus der BRD stammende Eva Kotthaus als Anna) ist intelligent, besonders da beide damals von der DEFA besetzt wurden. Man spürt an jeder Einstellung des Films, wie ernst es Käutner damit war, ein ausgewogenes Bild beider Seiten zu zeigen. Betonte er in seinen Filmen aus der nationalsozialistischen Zeit noch die individuelle Freiheit des Einzelnen, die im Widerspruch zur äußeren Reglementierung stand, scheinen die Beteiligten hier nicht in der Lage zu sein, sich aus den ihnen aufgesetzten Strukturen und Vorurteilen zu befreien.

"Himmel ohne Sterne" fehlt jeglicher Optimismus, positive Momente entstehen nur im Verhalten einzelner Menschen, die aber wenig am Fortlauf des Dramas ändern können. In dieser Konsequenz wirkt der Film manchmal übertrieben melodramatisch, da er die Umstände so aneinander reiht, dass sich alles zum Negativen fügen muss, womit er sich auf einer Linie mit den Filmen Douglas Sirks befindet. Indem Käutner nicht einmal den Liebenden zugesteht, sich über bestehende Grenzen hinweg zu setzen, und ihnen damit einiges ihrer Reputation nimmt, geht er weit über die übliche Sezierung einer gesellschaftlichen Situation hinaus. "Himmel ohne Sterne" ist keine differenzierte Analyse, sondern eine unparteiische Anklage, etwas an den bestehenden Zuständen zu ändern – nicht erstaunlich, dass der unbequeme Film bis heute die ihm zustehende Anerkennung nicht erfahren hat.

"Himmel ohne Sterne" Deutschland 1955, Regie: Helmut Käutner, Drehbuch: Helmut Käutner, Darsteller : Eva Kotthaus, Erik Schumann, Horst Buchholz, Siegfried Lowitz, Erich Ponto, Wolfgang Neuss, Josef Offenbach, Georg Thomalla, Lina Carstens, Gustav Knuth, Laufzeit : 104 Minuten

weitere im Blog besprochene Filme von Helmut Käutner: