Direktor Heidebrink (Hans Nielsen) lässt sich von Helga (Karin Dor) überreden... |
...und Fred (Fred Bertelmann) soll es wieder richten |
Der Plan scheint einfach. Fred fährt zu einem verabredeten
Ort, wo Heidebrink seine Tochter und deren Freundin an der Straße aussteigen
lässt, und nimmt sie mit. Zufällig hat er dasselbe Ziel. Doch ein anderer
Fahrer kommt ihm zuvor, der nur zu gerne die hübschen jungen Frauen mitnimmt
und Fred muss sehen, dass er ihnen auf den Fersen bleibt.
"Das blaue Meer" - Sehnsuchtsbegriff des Tourismusfilms
Thomas Engels Film "Das blaue Meer und Du" war nach "Der lachende Vagabund" (1958) sein zweiter Film mit dem in den 50er Jahren erfolgreichen Sänger und Schauspieler Fred Bertelmann. Beide Filme, in denen Bertelmann als polyglotter Deutscher der Reiselust quasi voranschritt, wurden zu "Tourismusfilmen" in Reinkultur. Als Genre tritt der "Tourismusfilm" heute kaum in Erscheinung, da er sich vom Schlagerfilm nur wenig abgrenzte und sich stark an einem Zeitgeist orientierte, der sich vehement wandelte. Am Beispiel der fünf Filme, die zwischen 1957 und 1966 das "blaue Meer" (einmal die "blaue Adria") in ihrem Titel führten, zeichnet der Blog diese Entwicklung nach:
- "Unter Palmen am blauen Meer" (1957)
- "Das blaue Meer und du" (1959)
- "Mein Schatz komm mit ans blaue Meer" (1959)
- "Auf Wiedersehen am blauen Meer" (1962)
- "Komm mit zur blauen Adria" (1966)
"Denk ich an Capri, dann denk ich auch an Tina, sie liebte einen Lord,
aber als sie mich sah, die schöne Signorina, lief sie ihm gleich fort, lief sie ihm gleich fort."
Fred Bertelmann als deutscher Tourist in "Der lachende Vagabund" (1958) |
sang Fred Bertelmann in seinem Nummer 1-Hit von 1957
"Der lachende Vagabund“, auf dessen Basis auch der gleichnamige Film unter
der Regie von Thomas Engel 1958 herauskam. Die Inszenierung dieses Lieds gleich
in der ersten Szene des Films, sagt viel aus über das Männerbild der späten
50er Jahre. Mit einem großen Fotoapparat um den Hals, die Füße in Socken und
Sandalen, schmetterte der Frauenschwarm das Lied vor der malerischen Kulisse
eines Ortes an der jugoslawischen Adria-Küste. Ein Bild von einem deutschen
Touristen, das der Betrachter vor Augen haben sollte, um die Charakterisierung
des Hauptdarstellers in "Das blaue Meer und du" nachvollziehen zu
können, der ein Jahr später unter der Leitung des nahezu identischen
Kreativ-Teams entstand.
Bei den Anfangs-Credits noch mit einer anderen Blondine an der Seite... |
Neben Regisseur Engel waren die Drehbuchautoren Fritz
Böttger und Per Schwenzen, Kameramann Hans Hölscher und Produzent Willi Seyn
erneut mit an Bord, diesmal unterstützt von Arthur Brauner. Zudem gab Hans
Nielsen wieder einen Generaldirektor und Ursula Herking seine weibliche
Begleitung. Doch anders als im "lachenden Vagabund" spielte Fred
Bertelmann hier zu Beginn keinen Frauenhelden, sondern einen schüchternen
Wissenschaftler, der mit einer Pille experimentiert, die Selbstbewusstsein
verleihen soll. Nötig hätte er sie nicht, denn alle Frauen in der Fabrik von
Generaldirektor Heidebrink (Hans Nielsen) sind Fred verfallen, der ihre
schmachtenden Blicke und eindeutigen Angebote aber nicht wahrnimmt. Warum der
Mann so gut bei den Frauen ankam? - Siehe oben.
...gilt Freds Aufmerksamkeit bald nur noch Helga |
Doch selbst mit diesen Vorkenntnissen fällt der Zugang zu
„Das blaue Meer und du“ nicht leicht, denn der Film wurde ganz auf einen Star
zugeschnitten, dessen Film- und Sänger-Karriere Anfang der 60er Jahre schon
beendet war und der auch im aufkommenden TV-Zeitalter kaum noch eine Rolle
spielte. Im Gegensatz zur damals 21jährigen, ausnahmsweise einmal erblondeten Karin
Dor, die in den 60er Jahren zum Kino-Star aufstieg, hier dem männlichen Helden
aber noch als williges Love-Interest diente. An ihrer Seite stand mit der früh
verstorbenen Renate Ewert eine weitere Schönheit, die sich für Chris Howland
erwärmen sollte, der als einziger Solist neben dem Star gesanglich in
Erscheinung treten durfte. Lieber gab Bertelmann allein den Titelsong viermal
zum Besten.
Helga landet mit Freundin Suzy (Renate Ewert) zuerst im falschen Auto |
Diese Konzentration auf einen Star war im Schlagerfilm der
späten 50er Jahre keineswegs unüblich, weshalb sich der Vergleich zu Peter
Alexander aufdrängt und damit die Frage, warum dessen Popularität über
Jahrzehnte andauerte und seine Filme heute noch beliebt sind? – Die Antwort
darauf ist einfach. Alexander nahm sich selbst nicht allzu ernst. Im Gegensatz
zu Bertelmann, dessen Versuch in „Das blaue Meer und du“ zu Beginn einen weltfremden
Wissenschaftler zu mimen, krachend scheiterte. Daran änderte auch die
Selbstbewusstseins-Pille nichts, die dem Ganzen einen ironischen Beigeschmack
verleihen sollte. Ob mit oder ohne Pille – Dr. Fred Bürkner (Fred Bertelmann)
blieb immer Herr der Lage.
Doch bald gibt es Anhalter-Romantik pur |
Offensichtlich diente diese Vorgeschichte nur dazu, zu
begründen, warum Direktor Heidebrink ausgerechnet ihn damit beauftragt, auf
Tochter Helga (Karin Dor) aufzupassen, die sich partout nicht davon abbringen
ließ, mit ihrer französischen Freundin Suzy (Renate Ewert mit falschem
französischen Akzent) von Berlin per Anhalter an die jugoslawische Adria-Küste
zu fahren. Schließlich schien der brave Mann gegenüber Frauen resistent zu
sein. Da stellt sich nur die Frage, warum er in einem schicken, immer offenen
Cabriolet statt mit einer braven Familienkutsche unterwegs ist? – So viel
Coolness musste bei Bertelmann offensichtlich sein. Mit den
Schüchternheitsanfällen, die Peter Alexander sehr überzeugend spielen konnte,
hatte das nichts zu tun. Auch nicht als die beiden jungen Damen nach einigen
Verwirrungen endlich neben ihm auf der Vorderbank Platz genommen hatten. Klar,
dass sich Helga sofort in Fred verliebt.
Die ersten touristischen Ziele tauchen auf.... |
Das im Tourismus-Film beliebte Motiv, per Anhalter zu
reisen, hatte in „Das blaue Meer und du“ seinen ursprünglichen Zweck verloren. Keine
knappen Finanzen führten mehr zu der Wahl dieses Mittels wie in "Unter Palmen am blauen Meer" (1957), sondern allein die Abenteuerlust zweier junger Damen
aus reichem Hause. Der moralische Zeigefinger ließ nicht lange auf sich warten.
Erst geraten Helga und Suzy an einen geifernden Handlungsreisenden, dann an
einen LKW-Fahrer, der ihnen die Leviten liest. Die pädagogische Wirkung
verpuffte bei den beiden höheren Töchtern, da Fred in die Rolle des anständigen
Autofahrers schlüpfte und ordentlich Anhalter-Romantik verbreitete, aber bei
den Zuschauern, die den Trick kannten, sollte sie ankommen.
...und mit Christopher (Chris Howland) ein Mann für Suzy |
Dank der ausführlichen Wegschilderung werden erst nach einer
guten halben Stunde touristische Ziele sichtbar, dann aber gleich mit einem
Aha-Effekt: die berühmte Brücke von Mostar, von wo aus die beiden jungen Frauen
weiter an der Adria-Küste entlang zu Professor Petrovic fahren wollen, dem
eigentlichen Ziel ihrer Reise. Gut, dass Fred zufällig denselben Weg hat.
Weniger überzeugend ist die Drehbuch-Wendung, dass besagter Professor gerade zu
einem Termin nach Dubrovnik fahren muss, obwohl er seine Gäste erwartet. Diese
Gelegenheit nutzt sein Nachbar Christopher Greenwood (Chris Howland), um sich stattdessen
als Archäologie-Gelehrter auszugeben, denn er hatte ein Bild von Suzy gesehen
und hofft so, sie näher kennenzulernen. Dass beide Männer gegenüber den Frauen
noch in Erklärungsnot geraten werden, ist da schon abzusehen, aber ein wenig
Drama sollte noch in die Ferienidylle einziehen.
Der Urlaub kann beginnen |
Anders als in "Unter Palmen am blauen Meer", der vor dem
Hintergrund eines kleinen idyllischen Orts am Mittelmeer in Italien spielte, durfte
Jugoslawien in „Das blaue Meer und du“ seine touristische Vielfalt ausspielen.
Neben Sehenswürdigkeiten und Meeresblick sollten Bootsfahrten, Strandleben, Folklore-Veranstaltungen,
Restaurants und Tanzabende bei Live-Musik (zur wenig jugoslawischen Musik der
Nilsen-Brothers) Urlaubs-Feeling vermitteln. Eine Kulisse, vor der sich die
zwei Paare schnell näher kommen. Auch Direktor Heidebrink und seine in ihn
verliebte Chef-Sekretärin (Ursula Herking) fliegen aus Sorge noch hinterher –
sie hatten von Fred ein paar Tage nichts gehört – um vor Ort dann ebenfalls in
den Urlaubs-Modus zu verfallen.
Besuch in Dubrovnik inclusive |
„Das blaue Meer und du“ wurde ein Tourismusfilm par excellence.
Alltägliche Dinge oder reale Anlässe verschwanden zunehmend aus dem Fokus.
Weder die zu Beginn eingeführte „Selbstbewusstseins-Pille“ (Fred schmeißt sie
irgendwann weg, gebraucht hatte er sie sowieso nicht), noch der eigentliche
Anlass für den Aufenthalt in Jugoslawien – der Besuch des Archäologie-Professors
zwecks Weiterbildung – waren noch von Bedeutung. Selbst die Bedenken des Vaters
hinsichtlich der Gefahren, die auf junge Mädchen auf einer solchen Reise
lauern, hatten sich in Luft auf gelöst. Dabei passierte genau das, wovor er
sich gefürchtet hatte: ein paar Kerle machten sich an seine Tochter und deren
Freundin heran. Doch schließlich handelte es sich bei diesen um die männlichen
Stars des Films - der „reale“ Hintergrund ihrer Rollen war da schon vergessen. Chris Howland wurde gar nicht erst einer angedichtet.
Das galt auch für die sonst im
deutschen Unterhaltungsfilm gewohnten Happy-End-Zutaten. Mindestens eine angekündigte Hochzeit war zu erwarten, um
die verliebten Blicke und sanften Küsse zu legitimieren. Darauf verzichtete „Das blaue Meer und du“ konsequent und endete wie er bei den Credits
begonnen hatte – Fred Bertelmann singend vor traumhafter Kulisse mit einer
Blondine an seiner Seite. Weitere Abwechslung in Zukunft nicht ausgeschlossen.
"Das blaue Meer und Du" Deutschland 1959, Regie: Thomas Engel, Drehbuch: Fritz Böttger, Per Schwenzen, Fred Ignor, Darsteller : Fred Bertelmann, Karin Dor, Renate Ewert, Hans Nielsen, Ursula Herking, Chris Howland, Laufzeit : 88 Minuten
"Das blaue Meer und Du" Deutschland 1959, Regie: Thomas Engel, Drehbuch: Fritz Böttger, Per Schwenzen, Fred Ignor, Darsteller : Fred Bertelmann, Karin Dor, Renate Ewert, Hans Nielsen, Ursula Herking, Chris Howland, Laufzeit : 88 Minuten
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