Andreas Pucher (Toni Sailer) poussiert erst mit Vroni (Monika Jobst)... |
...dann lässt er bei Manuela Grassi (Hannelore Cremer) nicht mehr locker |
"Das blaue Meer" - Sehnsuchtsbegriff des Tourismusfilms
Jugoslawisches Filmplakat mit Hannelore Cremer und Toni Sailer |
Zwar spielte "Auf Wiedersehen am blauen Meer" größtenteils in Italien, ist aber als Tourismusfilm eine Mogelpackung. Das "blaue Meer" ist hier ein Versprechen, das sich als Illusion herausstellt. Trotz der Schlagermusik und touristischen Landschaftsaufnahmen, ist der Film dem Heimatfilm näher. Das erste Drittel zitierte klassische Motive des Genres als Hort der Vertrautheit und Sicherheit, um den Kontrast zur Dekadenz und sexuellen Unmoral am Zielort in Italien stärker hervorzuheben. "Auf Wiedersehen am blauen Meer" ist ein Sammelsurium verschiedener Einflüsse und war hierzulande offensichtlich kein Erfolg, wie auch am jugoslawischen Filmplakat deutlich wird, denn auf Deutsch ist keines im Netz zu finden. Aus heutiger Sicht fasziniert der Film in der Spiegelung einer sich im Wandel befindlichen Sozialisation. Am Beispiel der fünf Filme, die zwischen 1957 und 1966 das "blaue Meer" (einmal die "blaue Adria") in ihrem Titel führten, zeichnet der Blog diese Entwicklung nach:
- "Unter Palmen am blauen Meer" (1957)
- "Das blaue Meer und Du" (1959)
- "Mein Schatz komm mit ans blaue Meer" (1959)
- "Auf Wiedersehen am blauen Meer (1962)
- "Komm mit zur blauen Adria" (1966)
Nach drei Jahren tauchte erstmals wieder das "Blaue
Meer" in einem Filmtitel auf. Nicht nur im Filmgewerbe eine lange Zeit,
auch die seit Mitte der 50er Jahre stark anwachsende Zahl deutscher Urlauber mit
Ziel Südeuropa hatte inzwischen zu einer Gewöhnung geführt. Schon Ende der 50er
Jahre ("Mein Schatz komm mit ans blaue Meer", 1959) hatte es im
Schlager- und Tourismusfilm nicht mehr genügt, allein die Schönheit der
Mittelmeerlandschaft ins Bild zu rücken, es bedurfte zusätzlich einer möglichst
abwechslungsreichen Story. Das "blaue Meer" wurde zwar noch besungen,
war aber als Kulisse in den Hintergrund gerückt. Warum die Macher um Regisseur
Helmut Weiss den Begriff hier wieder hervorholten, blieb vorerst ihr Geheimnis?!
– Erst nach einer guten halben Stunde wechselt der Handlungsort nach Italien ans
Mittelmeer, genauer nach Neapel und auf die Insel Ischia, aber die Landschaft selbst
blieb austauschbar. Die Story um den Jäger Andreas Pucher hätte auch vor einem
anderen Hintergrund erzählt werden können – irgendwo in der Fremde.
Seine Entstehungszeit in den frühen 60er Jahren ist dem Film
in den ersten Minuten nicht anzusehen, so traditionell bediente „Auf
Wiedersehen am blauen Meer“ klassische Heimatfilm-Mythen. Der Jäger Andreas
Pucher (Toni Sailer) kommt beim Weg durch sein Revier an einem hoch gelegenen
Bergbauernhof vorbei, wo die junge Magd Vroni (Monika Jobst) ihre schwere
Arbeit an der Seite ihres alten Vaters verrichtet. Vor der Kulisse eines
beeindruckenden Bergpanoramas drückt sie sehr vorsichtig ihre Gefühle für den
feschen jungen Mann aus. Doch erste Schatten stören das Idyll. Der Vater hält
nichts von dem jungen Burschen, der im Ruf eines Casanova steht. Im Jahr zuvor
hatte er mit Christa (Eva Astor), der Nichte des Dorfwirts, angebändelt, jetzt
poussiert er mit seiner Tochter. Wenig später dringen weitere Störungen in das
Idyll. Ein Mercedes-190er Cabriolet – die Anspielung auf „Rosemarie Nitribitt“
konnte kein Zufall sein - steht mitten im Wald und steckt fest. Am Steuer sitzt
Manuela Grassi (Hannelore Cremer), eine schöne mondäne Erscheinung aus Italien,
die in der Umgebung ein altes Schloss geerbt hat. Vor allem aber ist sie für
die Menschen hier „die Ausländische“.
Heimatidyll: Jäger mit Hund in den Schweizer Alpen |
Die Ferne: Jäger im Cabriolet in Neapel |
Eva Astor singt "Casanova bye bye" im Berghotel ihrer Heimat... |
„buntes Routinestück, in dem nichts zusammenpassen will“
...und in Manuala Grassis Nachtclub... |
...vor den Augen der reichen Sommergäste |
Das „blaue Meer“ als Menetekel
Anulfi (Rolf Wanka) und Bob (Regisseur Helmut Weiss) planen Böses |
Andreas will mit Christa weg vom "blauen Meer" zurück in die Heimat |
Der Arzt Eric (Bob Franco) meint es ernst mit Manuela |
"Auf Wiedersehen am blauen Meer" Deutschland 1962, Regie: Helmut Weiss, Drehbuch: Margarete Reinhardt, Richard Billinger, Wolf Neumeister, Darsteller : Toni Sailer, Eva Astor, Hannelore Cremer, Joachim Brennecke, Rolf Wanka, Bob Franco, Helmut Weiss, Laufzeit : 87 Minuten
weitere im Blog besprochene Filme von Helmut Weiss:
"Die Feuerzangenbowle" (1944)
"Schloss Hubertus" (1954)
"Drei Mann in einem Boot" (1961)
Ich recherchiere gerade in anderem Zusammenhang über Margarethe Reinhardt. Haben Sie nähere Informationen über sie als Filmproduzentin?
AntwortenLöschenHerr Wegner, ich kann nur auf diesem Weg reagieren. Dass jemand über Margarethe Reinhardts recherchiert, finde ich äußerst bemerkenswert, denn ich hielt sie für völlig vergessen. Aufgefallen ist sie mir im Zuge meiner Recherche zum Übergang vom Heimatfilm zum Sexfilm im deutschen 60er-Jahre-Kino. Leider habe ich ihren zweiten Film "St.Pauli Herbertstraße" auch noch nicht zu Gesicht bekommmen. Ich kann Ihnen entsprechend nicht weiter helfen, sondern wäre selbst sehr an Hintergründen interessiert, gerade auch im Zusammenhang mit ihrer moralisierenden Haltung, die tief in die bundesrepublikanische Vergangenheit blicken lässt
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