Maderer (Peter Carsten), Blasius (Gunter Phillip) und Genoveva (Elfie Pertramer) |
Auch Dr. Dorn (Ralf Wolter) und Gruber (Willy Millowitsch) äußern ihre Erwartungen |
Empfangen wird Blasius bei Haftantritt von dem Oberaufseher
Gruber (Willy Millowitsch), der ihn hart rannehmen will, schnell aber
umschwenkt, als der Abgeordnete Dr. Dorn (Ralf Wolter) erscheint, um zum
Geburtstag des Bundespräsidenten einen Insassen zu amnestieren. Seine Wahl war
auf Maderer gefallen, von dessen lokalpolitischem Einfluss er sich Vorteile
verspricht. Zudem gedenkt er, demnächst einen Kurzurlaub auf Maderers Hof zu
verbringen - ein Wunsch, dem sich der beflissene Oberaufseher schnell anschließt.
Blasius, der falsche Maderer, willigt in alles ein und kehrt zur Überraschung des
Echten schon nach wenigen Tagen zurück. Noch mehr staunt dieser aber, als kurz
darauf auch Dr.Dorn mit der blonden Dodo (Ann Smyrner) auftaucht, denn jetzt
fangen seine Schwierigkeiten erst an…
Rückblick auf den 16.Hofbauer Kongress vom 06.01. bis 08.01.2017
"Heubodengeflüster" lief am ersten Tag des 16. Hofbauer-Kongresses als "Stählerner Überraschungsfilm". Angesichts von Kritiken wie „Ein öder Klamaukfilm mit plattesten Gags aus der Klamottenkiste; insgesamt eine Attacke gegen den gesunden Menschenverstand.“ (Lexikon des internationalen Films) offensichtlich eine gute Wahl, reduziert man das "stählern" auf die Beschaffenheit der Nerven, die der Betrachter beim Anblick des Films mitbringen muss.
Das einseitig vernichtende Urteil über das "...besonders beklagenswerte deutsche Lustspiel" (Evangelischer Filmbeobachter) ließ zwei Aspekte aus: der Zeitpunkt des Erscheinens in der Hochphase des soziokulturellen Wandels und das sich Olsen und seine Mitstreiter schlicht nicht ernst nahmen. "Heubodengeflüster" ist gleichzeitig Heimatfilm, Polit-Satire, Erotik-Komödie und platter Klamauk. Und liefert ein maßloses Vergnügen.
Idyllischer Beginn im Heimatfilm-Gewand |
Ausseerland im Salzkammergut. Vor sonnenbeschienenen Alpen-Gipfeln
und der dunklen Oberfläche des Altaussees findet ein zünftiges Volksfest statt.
Paare drehen sich im Kreis zur Musik der Blaskapelle, während die Bedienung kaum
mit dem Servieren der gefüllten Bierkrüge hinterher kommt. Zwei Mannsbilder
geraten in Streit und wenige Augenblicke später ist die schönste Schlägerei im
Gang, bis ein Großteil der Hitzköpfe Abkühlung im See findet. Rolf Olsens Film
"Heubodengeflüster" ist nicht einfach ein Heimatfilm, sondern ein
Heimatfilm in Potenz. Besetzt mit Peter Carsten ("Das fröhliche Dorf"
(1955)), Elfie Permoser ("Der Herrgottschnitzer von Ammergau"
(1952)), dem seit den frühen 50er Jahren im Kino omnipräsenten Gunter Philipp
("Ja, ja, die Liebe in Tirol" (1955)) und dem Autor und
Volksschauspieler in Personalunion Paul Löwinger ("Der keusche Adam"
(1950)) in den Hauptrollen, die zum Urgestein des Genres gehörten. Mehr
Heimatfilm ging nicht.
Vinzenz (Paul Löwinger) glaubt vergeblich an seine Chancen bei Resi (Christiane Rücker) |
Nur das "Heubodengeflüster" nicht in den 50er
Jahren herauskam, als das Genre seine Boom-Phase erlebte (siehe "Im Zenit des Wirtschaftswunders - der Heimatfilm der Jahre 1955 bis 1957"), sondern 1967,
als der Heimatfilm schon lange aus der Mode gekommen war. Die Erotikwelle
rollte in großen Schritten heran (siehe "Bis die Schulmädchen kamen") und einer
ihrer auffälligsten Wegbereiter war Rolf Olsen. Vor „Heubodengeflüster“ hatte
er sich im Frankfurter Großstadt-Dschungel herumgetrieben („In Frankfurt sind
die Nächte heiß“, 1966) und mit „Wenn es Nacht wird auf der Reeperbahn“ (1967)
seine St. Pauli-Phase eingeleitet, die er noch bis Anfang der 70er Jahre
pflegen sollte („Käpt’n Rauhbein aus St. Pauli“ (1971)).Auch „Das Rasthaus der grausamen Puppen“ (1967) bediente mit
einer Mischung aus „Sex“ und „Crime“ einen Publikumsgeschmack, der die rasanten
soziokulturellen Veränderungen in den 60er Jahren widerspiegelte. Was sollte da
noch der Heimatfilm?
Rolf Olsen als schmieriger Bürgermeister mit Machtanspruch |
Ganz aus den Augen verloren hatte Rolf Olsen das „Genre“
nie. Gemeinsam mit Franz Antel hatte er das Drehbuch zu „Im singenden Rössl am
Königssee“ (1963) geschrieben, eine Mischung aus Schlager- und Heimatfilm, die
er auch als Regisseur und Autor in Personalunion mit „Hochzeit am Neusiedler
See“ (1963) bediente. Der seit den frühen 50er Jahren in vielen kleinen
Nebenrollen aktive Olsen trat auch in Franz Antels „Ruf der Wälder“ (1965) und „Happy
End am Wolfgang-See“ (1966) auf, dessen späterer Vertriebs-Titel „00 sex am
Wolfgang-See“ die eigentliche Richtung vorgab, die der Heimatfilm eingeschlagen
hatte (siehe "Der Weg in die Moderne - der Heimatfilm der Jahre 1958 bis 1969 "). Dass auch in „Heubodengeflüster“ nicht
mehr das hohe Lied auf die moralisch integre Landbevölkerung gesungen wurde,
lassen schon die Credits zu Beginn erkennen, die die weiblichen Darsteller vor
Kühen, die männlichen Mitwirkenden vor Hausschweinen oder einem Gockel
auflisten. Rolf Olsen selbst sieht sich als kleines Ferkel.
Der Abgeordnete kommt mit Dodo (Ann Smyrner) und Blasius spielt den Hausherrn |
Die Story, die größtenteils auf dem Hof des Landwirts und
Lokalpolitikers Florian Maderer (Peter Carsten) spielt, watet in den Tiefen
lokalpolitischer Interessen. Vetternwirtschaft, Erpressung und Vorteilsnahme
sind an der Tagesordnung. Weil Maderer auf Grund der anfangs gezeigten
Schlägerei ein paar Wochen Knast drohen, sieht er seine Chancen bei den
kommenden Bürgermeister-Wahlen schwinden und schickt stattdessen seinen
verschrobenen Vetter Blasius Schantl (Gunter Phillip) gegen entsprechende
Bezahlung zum Haftantritt in die entfernt gelegene Kreisstadt. Doch dieser
kehrt überraschend schon nach wenigen Tagen wieder zurück, weil er in den
Genuss einer Amnestie kam. Diese wurde von dem Abgeordneten Dr. Dorn (Ralf
Wolter) ausgesprochen, der sich von dem Kommunalpolitiker Maderer mehr Einfluss
verspricht und auf ein Liebes-Wochenende in den Alpen spekuliert. Natürlich mit
der blonden Dodo (Ann Smyrner) an seiner Seite statt Ehefrau Trude (Trude
Herr), die ihm im Gegenzug den Privatdetektiv Hugo Zehe (Herbert Hisel) auf die
Spur setzt.
Paar 1: Hannerl (Renate von Holt) und Andreas (Bernd Ander) |
Zur Polit-Satire hat es bei „Heubodengeflüster“ nicht gereicht,
obwohl die hier gezeigte Respektlosigkeit, die auch vor Anspielungen an die Nazi-Zeit
nicht zurückschreckte, Mitte der 60er Jahre keineswegs selbstverständlich war. Zu
sehr vereinte Olsen hier ein Figuren-Ensemble, das kein Komödien-Klischee
ausließ und geradezu in Klamauk badete. Ausgehend vom stotternden Stallburschen,
über den selbstverliebten Knecht Vinzenz (Paul Löwinger) und die doofe Blondine
erreichte der Film seinen Höhepunkt mit Hisels Darstellung eines dämlichen Privatdetektivs,
dessen schräge Verkleidungen erwartungsgemäß in Frauenkleidern münden. Das Paar
Vinzenz / Hugo war entsprechend vorprogrammiert. Inmitten dieses Chaos-Haufens wirkt
das gestandene Bauern-Ehepaar Maderer wie ein Ruhepol, obwohl Peter Carsten
ständig knapp unterhalb der Wutanfall-Grenze agiert, weil er seinen Vetter als
Hausherrn ausgeben muss, als kurz nach dessen Rückkehr der Großstadt-Politiker
mit seiner Geliebten auftaucht. Schließlich darf nicht herauskommen, dass er
nicht selbst ins Gefängnis gegangen war.
Paar 2: Privatdetektiv Hugo (Herbert Hisel) und Vinzenz |
Obwohl mit dem Liebespaar Hannerl (Renate von Holt) und
Andreas (Bernd Ander), dessen Glück Vater Maderer entgegen steht, noch ein
typisches Heimatfilm-Relikt vorhanden war, wurde „Heubodengeflüster“ zum
Anti-Genre-Stück. Alles was in den 50er Jahren noch heilig war, wurde von Olsen
deftig durch den Kakao gezogen - verbunden mit Frivolitäten, die über Franz
Antels „Liebe durch die Hintertür“ (1969) und Hans Albins „Pudelnackt in
Oberbayern“ (1969) die Linie in Richtung der Lederhosen-Sex-Filme von Franz
Marischka in den 70er Jahren vorgab. Mit „Paradies der flotten Sünder“ (1968) legte
Olsen selbst noch einen Film im gleichen Gestus nach, der aber nicht an den
kompakten Charakter von „Heubodengeflüster“ heranreichte, sondern mehr den
Eindruck einer Resteverwertung hinterlässt. In einzelnen thematisch
unabhängigen Episoden, von denen nur die vierte und letzte das Heimatfilm-Genre
streifte, durften Herbert Hisel, Ralf Wolter und Gunther Philipp noch einmal
zeigen, welches Potential in ihnen steckte.
Heubodengeflüster" Deutschland 1967, Regie: Rolf Olsen, Drehbuch: Rolf Olsen, Darsteller : Peter Carsten, Elfie Pertramer, Gunther Philipp, Ralf Wolter, Ann Smyrner, Trude Herr, Paul Löwinger, Herbert Hisel, Christiane Rücker, Renate von Holt, Bernd Ander, Willy Millowitsch, Laufzeit : 91 Minuten
weitere im Blog besprochene Filme von Rolf Olsen
"Der letzte Ritt nach Santa Cruz" (1964)
"Das Spukschloss im Salzkammergut" (1966)
"Der Arzt von St.Pauli" (1968)
"Auf der Reeperbahn nachts um halb eins" (1969)
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