Georg (Heinz Erhardt), Harry (Hans-Joachim Kulenkamff) und Jo (Walter Giller)... |
...fahren in einem kleinen Motorboot vom Bodensee aus den Rhein entlang |
In seiner Not erwirbt der gelernte Kapitän spontan ein
kleines Motorboot, um sich auf dem Bodensee zurückziehen zu können. Während Jo
eher unwillig mit an Bord kommt, ergreift der Kunsthändler Georg Nolte (Heinz
Erhardt) die Gelegenheit, nachdem er zufällig ein Gespräch der beiden Männer
über Harrys Plan belauscht hatte. Seine Frau Carlotta (Loni Heuser) lässt ihm
keinen Moment der Ruhe, um ein wenig am Bodensee zu angeln. Für sie zählen nur
gesellschaftliche Anlässe und Geschäftstermine, weshalb er ohne sie zu
informieren spontan mit Jo und Harry in See sticht. Doch so einfach gibt es
kein Entrinnen. Carlotta und die zurückgestoßene Julischka machen sich auf die
Verfolgung...
Im Gegensatz zu Helmut Weiss' kurz zuvor herausgekommenem Film "Vertauschtes Leben" (1961) und dem 1962 folgenden "Auf Wiedersehen am blauen Meer" hat sich "Drei Mann in einem Boot" seine Popularität bis heute bewahrt. Das ist einerseits den drei Hauptdarstellern zu verdanken, andererseits fehlt dem Film der gehobene Zeigefinger der beiden anderen Helmut Weiss-Werke, die in dieser Phase der soziokulturellen Veränderungen in der BRD mit ihrer Warnung vor dem moralischen Verfall nicht allein standen. Ein Großteil dieser Filme, die gleichzeitig den Voyeurismus ihrer Betrachter bedienten, sind heute vergessen. Auch in "Drei Mann in einem Boot" lassen sich diese Tendenzen wiederfinden, aber der Film nahm sich schlicht weniger ernst.
Ursprünglich wollten Jo und Harry Arbeit und Freizeit kombinieren... |
"Drei Mann in einem Boot...ganz zu schweigen vom
Hund" beruft sich auf den gleichnamigen, zu seiner Zeit sehr populären
Roman von Jerome K.Jerome, den der britische Schriftsteller 1889 herausbrachte.
Aus der Ich-Perspektive beschrieb er den zweiwöchigen Ausflug dreier Freunde
mit einem Ruder-Boot auf der Themse, der aber nur die Rahmenhandlung für eine
Vielzahl komischer Geschichten und Anekdoten abgab. Auch in der Verfilmung von
1961 ist Jerome (Walter Giller) mit an Bord eines kleinen Motorschiffs, mit dem
drei Männer erst auf dem Bodensee und dann auf dem Rhein herumschippern. Doch
darüber hinaus hat der Film mit der Buchvorlage kaum etwas gemeinsam. Jerome
lässt sich "Jo" nennen (wahrscheinlich war der Name damals im deutschen
Film zu ungewöhnlich) und der Anlass für die Bootsreise war kein Ausflug unter
männlichen Freunden, sondern die Flucht vor den Frauen.
...und Georg wollte in Ruhe angeln. Sie hatten aber die Rechnung ohne... |
Obwohl die Männer im Filmtitel dominieren, beherrschen die
Frauen die Szenerie als fordernde, kritisierende und kontrollierende
Persönlichkeiten. Ganz konkret in Person von Carlotta Nolte (Loni Heuser), der
Frau des Kunsthändlers Georg Nolte (Heinz Erhardt), und der ehemaligen
Geliebten des Werbefachmanns Harry Berg (Hans-Joachim Kulenkampff), Julischka
(Ida Boros), genannt „Fee“ von Wendorf, eine üppig gebaute ungarische Blondine
mit entsprechend klischeehaftem Temperament. Besagte „Fee“ legt nicht nur Wert
auf Luxus, sie räkelt sich auch im rosa Negligee in Erwartung ihres geliebten
Harry auf dem Hotelzimmer. Womit sie als ernsthafte Partnerin schon
disqualifiziert ist, zumal sie jede Zuwiderhandlung gegen ihren Willen
ignoriert - auch das Harry ihre Beziehung beendet hatte. Angesichts ihres
exaltierten und nervigen Auftretens, wäre es interessant gewesen, warum er überhaupt
mit ihr zusammen war, aber solche komplexen Hintergedanken sparte der Film aus.
Entscheidend war, dass Harrys Fluchtinstinkte auf eine breite Zustimmung
trafen.
...Carlotta (Loni Heuser) und Julischka (Ida Boros) gemacht |
Das galt auch für Georg Noltes Motivation. Seine Gattin Carlotta
verkörpert den weiblichen Gegenentwurf zur emotionalen Julischka – die allein
Vernunftgründe gelten lassende Unternehmergattin, die nur den nächsten
Geschäftstermin im Blick hat. Anstatt irgendwelchen gesellschaftlichen Anlässen
im gehobenen Ambiente beizuwohnen, will Georg am Bodensee in Ruhe angeln gehen.
Flieht der eine Mann vor permanenter Aufdringlichkeit, sehnt sich der Andere
nach den einfachen Genüssen des Lebens. Beide suchen nur ihre Ruhe auf dem
kleinen Motorboot und haben die Sympathien auf ihrer Seite. Jo, der Dritte im
Bunde, schließt sich ihnen aus Solidarität an, denn er hat den weiblichen
Idealtyp abbekommen – die junge und schöne Grit (Ina Duscha). Dass es sich um
die Tochter seines Mitstreiters Georg handelt, weiß er zu diesem Zeitpunkt noch
nicht, nur dass sie aus wohlhabender Familie kommt und angemessen selbstbewusst
auftritt. Ihr Flirt wird schnell konkret, denn viel Zeit bleibt der Handlung
nicht, bevor die Männer in See stechen, aber das aus ihrer Liebelei etwas
Ernsthaftes werden wird, ist schon klar – nur der vermeintlich gestrenge Papa
muss noch überzeugt werden.
Steuerfrau Beetje Ackerboom (Susanne Cramer)... |
Im weiteren Verlauf der Handlung kommt noch eine vierte
weibliche Protagonistin hinzu, die einerseits die nicht mehr genehme Julischka
bei Harry ersetzen sollte, die dank der Schweizer Polizei – sie hatte keinen
gültigen Pass – aus dem Verkehr gezogen wird, andererseits für die
Rückbesinnung auf die weiblichen Werte stand. Zuerst gibt Beetje Ackerboom
(Susanne Kramer) die toughe Steuerfrau eines Lastschiffs, die die Männer
anzupacken weiß, aber als sie ausrutscht und von den drei Helden aus dem Rhein
gefischt wird, entdeckt sie ihre weiche Seite. Der gelernte Seemann Harry hat
es ihr gleich angetan und bei ihrer nächsten Verabredung trägt sie statt
Arbeitsklamotten ein langes Kleid. Auch die Männer blieben nicht von Klischees
verschont, aber mit den spaßigen Anspielungen auf ihre Unfähigkeit zu kochen
und Ordnung zu halten, die regelmäßig in Slapstick-Einlagen mündeten, konnten
sie gut leben. Am Ende - nach der allgemeinen Versöhnung - übernahmen wieder
die Frauen ihr angestammtes Ressort und sorgten für Ordnung.
...legt eine rasante Wandlung hin |
Angesichts der Besetzung der männlichen Hauptrollen mit den beliebten
Stars Erhardt, Kulenkampff und Giller konnte diese Sympathie-Gewichtung kaum
überraschen, zudem „Drei Mann in einem Boot“ den Geschlechter-Kampf von der
lässigen Seite nahm und sogar Julischka noch ein versöhnliches Ende gönnte. Trotz
der Leichtigkeit eines Rhein-Ausflugs mit Landschaftsaufnahmen, die nochmals
tief in die Heimatfilm-Kiste griffen, lässt der hier verbreitete Humor den
Konflikt zwischen den traditionellen Geschlechterrollen und einer im Wandel
befindlichen Sozialisation, Anfang der 60er Jahre, nicht übersehen. Frivolitäten
wechselten mit Moralpredigten und Anflüge weiblicher Emanzipation trafen auf
das Beharren männlicher Hoheit. Regisseur Helmut Weiss und sein Autor Wolf
Neumeister nahmen diese Entwicklung in ihrem folgenden gemeinsamen Film "Auf Wiedersehen am blauen Meer" (1962) deutlich schwerer und winkten kräftig mit
der Moralkeule, hier dagegen blieben sie noch zurückhaltend.
Jo bei der schnellen Überzeugung von Grit (Ina Duscha) |
"Drei Mann in einem Boot" Deutschland 1961, Regie: Helmut Weiss, Drehbuch: Margarete Reinhardt, Richard Billinger, Wolf Neumeister, Darsteller : Heinz Erhardt, Walter Giller, Hans-Joachim Kulenkampff, Susanne Cramer, Ida Boros, Loni Heuser, Ina Duscha, Bum Krüger, Sepp Rist, Rolf Wanka, Willy Reichert, Laufzeit : 91 Minuten
weitere im Blog besprochene Filme von Helmut Weiss:
"Die Feuerzangenbowle" (1944)
"Schloss Hubertus" (1954)
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