Inhalt: Nachdem
schon die dritte Frauenleiche in London aufgefunden worden war, der gelbe
Narzissen auf den toten Körper gelegt wurden, glaubt Chefinspector Witheside
(Walter Gotell) von Scotland Yard an einen psychopathischen Serienmörder. Doch
der für eine internationale Fluggesellschaft arbeitende Agent Jack Tarling
(Joachim Fuchsberger) denkt in eine ganz andere Richtung, nachdem Drogen
entdeckt wurden, die in präparierten gelben Narzissen versteckt worden waren.
Zudem kann es kein Zufall sein, dass die ermordeten jungen Frauen alle im
Dunstkreis eines Nachtclubs beschäftigt waren, der dem reichen Geschäftsmann
Raymond Lyne (Albert Lieven) gehört.
Lyne zeigt
sich selbstverständlich unschuldig und kooperativ in der Zusammenarbeit mit der
Polizei, abgesehen von einem verräterischen Telegramm, das auf eine Lieferung
mit gelben Narzissen hinwies, aber plötzlich verschwunden ist. Selbst Lynes
Sekretärin Anne Ryder (Sabine Sesselmann), die gegenüber Tarling das Telegramm
zuvor noch erwähnt hatte, kann sich nicht mehr daran erinnern. Tarling und sein
Mitarbeiter aus Hongkong, Ling Chu (Christopher Lee), verlegen ihre
Nachforschungen deshalb immer mehr in das Umfeld des Nachtclubs, scheinen damit
aber weitere Morde zu provozieren…
"Das
Geheimnis der gelben Narzissen" war Mitte des Jahres schon die dritte
Verfilmung eines Edgar-Wallace-Romans des Jahrgangs 1961und brach erneut den
Besucherrekord, den erst wenige Monate zuvor der fünfte Edgar-Wallace-Film
"Die toten Augen von London" aufgestellt hatte. Die Rialto Film, die
in immer kürzeren Abständen neue Wallace-Filme produzierte, hatte sich wieder
etwas Neues einfallen lassen, nachdem der ursprüngliche Plan, Harald Reinl und
Jürgen Roland abwechselnd als Regisseure einzusetzen, mit Rolands Verzicht
fallen gelassen werden musste. Bevor Reinl bei der siebten Rialto-Produktion
"Der Fälscher von London" wieder auf dem Regiestuhl Platz nehmen sollte,
entstand "Das Geheimnis der gelben Narzissen" als erster
Edgar-Wallace-Film in Großbritannien, was dem Film nicht nur ein
internationales Ambiente verlieh, sondern die ausschließlich an
Originalschauplätzen entstandenen Außenaufnahmen ungewöhnlich authentisch
erscheinen ließ.
Der
international tätige, ungarische Regisseur Ákos Ráthonyi übernahm die Aufgabe,
den englisch-deutsch co-produzierten Film in zwei verschiedenen Fassungen
herzustellen, die für den jeweiligen Markt mit drei national bekannten
Darstellern in den Hauptrollen besetzt wurden - für Deutschland waren neben
Newcomerin Sabine Sesselmann, mit Joachim Fuchsberger und Klaus Kinski zwei
wichtige Wallace-Identifikationsfiguren am Start. Der restliche Cast, der an
beiden Versionen mitwirkte, setzte sich etwa gleichberechtigt aus englischen
und deutschen Darstellern zusammen, darunter mit Christopher Lee der bekannte
englische Mime aus den Hammer-Film-Produktionen, sowie die im deutschen Film
viel beschäftigten Albert Lieven und Ingrid van Bergen, die ihr verruchtes Lied
"Bei mir ist alles Natur" auch in einer englischen Version sang.
Während es für Ingrid van Bergen bei diesem einmaligen Engagement in einem
Wallace-Krimi blieb, spielte Albert Lieven neben einem späten Auftritt in
"Der Gorilla von Soho" (1968) noch die Hauptrolle in "Das
Verrätertor" (1964).
Die
außergewöhnlichen Umstände bei der Entstehung des Films, an dessen Drehbuch
neben Egon Eis - wie immer unter dem Pseudonym Trygve Larsen - auch jeweils
zwei deutsche und englische Autoren beteiligt waren, verliehen diesem eine hohe
Werbewirksamkeit, die einen Teil des Erfolgs ausmachten. Besonders Christopher Lee
konnte in seiner Rolle des geheimnisvollen chinesischen Ermittlers überzeugen,
weshalb er in "Das Rätsel der roten Orchidee" (1962) ein Jahr und
drei Wallace-Filme später sogar in der Hauptrolle besetzt wurde. "Das
Geheimnis der gelben Narzissen"
wurde entsprechend zum Beginn einer experimentellen Phase in den
deutschen Wallace-Verfilmungen, denn auch die zwischen den beiden Christopher
Lee-Filmen entstandenen "Der Fälscher von London" (1961) und "Die seltsame Gräfin" (1961)
unterscheiden sich deutlich vom gewohnten Wallace-Film-Klischee.
Während die
Idee einer englisch-deutschen Co-Produktion damals die Möglichkeit einer
stimmigen Umsetzung des 1920 erschienenen frühen Wallace-Romans "The
daffodil mystery" versprach, kehrte sich die allgemein positive Stimmung
später ins Gegenteil. Das konsequent ernsthafte, die Originalstory geschickt
modernisierende Drehbuch verzichtete nicht nur auf Eddie Arent als komischen
Side-Kick - das einzige Mal in der frühen "Schwarz-Weiß"-Phase - sondern auch auf eine übertrieben verwirrend
gestaltete Handlung. Zwar geraten auch hier wieder - wie bei Edgar Wallace gewohnt -
unterschiedliche Interessen aneinander und ergeben ein tödliches Gemisch, aber
die Nachforschungen von Joachim Fuchsberger als Agenten einer Fluggesellschaft,
dessen Mitarbeiter aus Hongkong Ling Chu (Christopher Lee) und dem zuerst an
einen psychopathischen Mörder glaubenden Chefinspector Witheside (Walter
Gotell) verlieren nie den Zug zu einer Auflösung, die nicht an den Haaren
herbeigezogen wirkt. Auch Klaus Kinskis frühe Darstellung eines psychisch
gestörten Menschen - eine Steigerung seiner Rolle in "Die toten Augen von London" - verfügt hier noch über einen nachvollziehbaren Hintergrund.
Auch
optisch kann der Film - neben den körnigen Bildern eines nächtlichen London -
mit den jeweils von Narzissen drapierten Leichen, schönen Frauen und einem
erotischen Auftritt von Ingrid van Bergen überzeugen, verzichtete aber auf die
gewohnt Nebel verhangenen, mit starkem hell-dunkel Kontrast versehenen Gruselszenen.
Die Drogenthematik, besonders die Sucht der jungen Katya (Dawn Beret), wird nur
oberflächlich als Hintergrund für die Kriminalstory genutzt, wie auch die
Folterung durch Ling Chu verharmlost wird, aber sie sind Teil eines stimmigen
Gesamtbilds, das ohne die typischen Relationen vieler Wallace-Krimis auskommt,
die zwar mit gruseligen Schwerverbrechen schocken wollten, gleichzeitig aber
moralischen Anstand predigten. Selbst Joachim Fuchsberger hält sich als Macho
vom Dienst auffallend zurück, während Sabine Sesselmann nicht nur das
beschützenswerte Opfer gibt.
Belohnt
wurde diese gelungene zeitgenössische Umsetzung eines Wallace-Romans nicht,
denn für die ab den 70er Jahren entstehende Fangemeinde wurde die
Veröffentlichungspraxis im TV prägend, die sich nicht an der chronologischen
Erscheinung der Filme orientierte, sondern an dem von Harald Reinl und Alfred
Vohrer entwickelten typischen Wallace-Stil. Dagegen fällt "Das Geheimnis
der gelben Narzissen" aus dem Rahmen, der auch nicht über die beliebten "trashigen"
Elemente der späten Filme verfügt, sondern über eine seltene individuelle
Qualität innerhalb des Wallace-Kosmos.
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