Inhalt: Die
fünf Räuber Onkel Max (Georg Thomalla), Hugo (Curt Bois), Jockel (Hans
Richter), Toni (Paul Esser) und als einzige Frau Katrin (Hanne Wieder) sollen
unter der Aufsicht von Von Teckel (Hubert von Meyerinck) hingerichtet werden,
aber dem Volk ist diese Strafe nicht hart genüg. Sie fordern, die Fünf in dem
alten Wirtshaus im Spessartwald einzumauern, damit sie dort elendig verhungern.
Von Teckel ist einverstanden und sperrt sie scheinbar für immer hinter einer
Mauer ein, aber er konnte nicht mit den intensiven Arbeiten am Ausbau des
Autobahnnetzes in der jungen Bundesrepublik Deutschland rechnen, denen
Jahrhunderte später das Wirtshaus zum Opfer fiel. Inzwischen zu Gespenstern
geworden, wollen sie sich eine neue Bleibe suchen, weshalb sie sich an das
Schloss der Comtesse Franziska von Sandau erinnern, das in der Nähe gelegen
ist.
Dort lebt
inzwischen deren Nachfahre Charlotte (Liselotte Pulver), die nicht nur das alte
Gemäuer von ihrem Vater geerbt hatte, sondern auch dessen Schulden. Deshalb
steht ihr das Wasser bis zum Hals und die Pfändung des Schlosses kurz bevor.
Die Ankunft der Gespenster erzeugt des nachts seltsame Vorkommnisse im Schloss,
weshalb sie und ihre Tante Yvonne (Elsa Wagner) froh sind, als mit Martin
„Dings“ (Heinz Baumann) ein junger Mann vor der Tür steht, der behauptet, in
der Nähe einen Unfall gehabt zu haben, weshalb er um eine Unterkunft für eine
Nacht bittet. Sie ahnen noch nicht, dass sein Besuch geplant war, aber die
Gespenster, die sich Charlotte als ihre Freunde vorstellen, erweisen sich bald
als hilfreiche Gesellen…
Nach dem
großen Erfolg mit "Das Wirtshaus im Spessart" (1958), der seine
kabarettistischen Seitenhiebe auf die Bundesrepublik Deutschland mit einer
komödiantischen Geschichte aus alten Räuber-Zeiten und viel Musik verband, ließ
Regisseur Kurt Hoffmann mit "Wir Wunderkinder" (1958) einen Film
folgen, der seine Kritik unmittelbarer und vor einem ernsthafteren Hintergrund
formulierte. Zu verdanken waren die respektlosen Anspielungen auf die "Wirtschaftswunderjahre"
in beiden Filmen dem Duo Wolfgang Neuss / Wolfgang Müller, das besonders in
"Wir Wunderkinder" zu Hochform auflief. Nach einigen weiteren Filmen
des viel beschäftigten Regisseurs (unter anderen "Das schöne
Abenteuer" (1959), ebenfalls mit Liselotte Pulver), die an den Kinokassen
deutlich schwächer abschnitten und heute nahezu unbekannt sind, griff Hoffmann
bei "Das Spukschloss im Spessart" erneut auf die alte Erfolgsformel
zurück.
Zwar waren
außer Hauptdarstellerin Liselotte Pulver, Hans Clarin, Hubert von Meyrinck in
seiner ewigen Rolle als preußischer Kommiskopp (auch wenn er hier einen Bonner
Staatsbeamten mimt) und Paul Esser Niemand der früheren Besetzung aus
"Das Wirtshaus im Spessart" wieder mit an Bord, aber mit Hanne
Wieder, Curt Bois, Hans Richter und Georg Thomalla wurde geeigneter Ersatz
gefunden. Allerdings nicht für Wolfgang Neuss und Wolfgang Müller, nach dessen
Unfall-Tod auch auf Neuss verzichtet wurde - ein herber Verlust, der sich
deutlich in der Qualität der ironischen Anspielungen niederschlägt, die in „Das
Spukschloss im Spessart“ gröber und weniger wirkungsvoll ausfielen, obwohl die
Handlung diesmal in der Gegenwart spielte - zeitweise sogar unmittelbar in Bonn
am Rhein, der damaligen Hauptstadt der BRD.
Um einen
Zusammenhang zum ersten Film herzustellen, transferierten die Drehbuchautoren
Heinz Pauck und Günter Neumann fünf der Räuber aus dem Spessartwald in die
Gegenwart, wo sie diesmal als Geister ihr Unwesen treiben sollten. Der Film
beginnt noch in der Vergangenheit, wo die Räuber statt am Strang zu enden, im
titelgebenden Wirtshaus eingemauert werden, um sie dort qualvoller sterben zu
lassen - Initiator dieses Vorgangs ist natürlich Hubert von Meyerinck als
zackiger Offizier. Doch ein paar Jahrhunderte später, als das Wirtshaus einer
Autobahntrasse weichen muss, kommen die Fünf wieder frei, die als Gespenster
"überlebt" haben. Sie erinnern sich an das Schloss der Comtesse
Franziska von Sandau, die in Teil 1 am Ende den Räuberhauptmann heiratete, und
freuen sich, sie dort wieder zu sehen. Tatsächlich handelt es sich um deren
Ur-Urenkelin Charlotte (Liselotte Pulver), die sie ebenfalls sofort in ihr Herz
schließen, womit sich der Kreis zwischen den beiden Filmen schließt.
Auch in „Das
Spukschloss im Spessart“ sind es wieder die Räuber, die für die respektlosen
Sprüche und Anspielungen zuständig sind und sich nicht an die damals gängigen
Moralvorstellungen halten mussten. Hanne Wieder darf deshalb eine hemmungslos
promiskuitiv handelnde Schöne mimen, die vor allem im Duett mit Prinz Kalaka,
den Hans Clarin als hektischen, sexgeilen Trottel gibt, ihre Reize einzusetzen
weiß. Besonders an dieser Konstellation wird der stark angestaubte Charakter
des Films sichtbar. Clarins zwar nicht unsympathische, aber klischeehafte
Verkörperung eines reichen Scheichs, der nach Deutschland kommt, um die
Finanzierung einer Talsperre zu übernehmen, lässt kaum ein Vorurteil aus, so
wie Hanne Wieders Darstellung einer selbstbewusst erotisch auftretenden Frau
keine emanzipatorische Züge trägt, da ihr nur als Räuberin aus dem Mittelalter ein
solches Benehmen zugestanden wurde. Liselotte Pulver, die in „Das Wirtshaus im Spessart“ noch überzeugend in einer „Hosenrolle“ auftrat, verkörpert hier
dagegen nicht nur Bravheit und Anstand pur, sondern wird in eine
Liebesgeschichte mit dem jungen Martin Hartog (Heinz Baumann) verwickelt, die bemüht
und konstruiert wirkt.
Deutlich
wird daran auch, wie wenig „Das Spukschloss im Spessart“ letztlich riskierte.
Für die wenigen konkreten Anspielungen – etwa wenn sich hinter dem Putz des
Bonner Gerichtsgebäudes noch ein Hakenkreuz befindet, oder Hanne Wieder
gegenüber Prinz Kalaka andeutet, es gäbe noch viel „Braune“ in Deutschland – sind
ausschließlich die „Gespenster“ zuständig und als Karikatur auf den Bonner
Beamten muss wie gewohnt einzig Hubert von Meyerinck herhalten. Dagegen wird
das Potential um die Versteigerung des Schlosses der Comtesse - ein häufig
gewähltes Motiv dieser Phase, siehe „Das Schloss in Tirol“ (1957) oder „Die
Mädels vom Immenhof“ (1955) - verschenkt. Kaum hat Martin Hartog die
bezaubernde Comtesse kennen gelernt, hat er seine ursprüngliche Intention, ihr
Schloss unter einem Vorwand zu besuchen, um die Umbaumaßnahmen zu planen, schon
vergessen. Er handelte im Auftrag seines Vaters, dessen Unternehmen Charlotte
100.000 Mark schuldet, weshalb die Pfändung kurz bevor steht. Eventuelle
Seitenhiebe auf einen rücksichtslosen Kapitalismus wagte der Film natürlich
nicht, denn nachdem sich Martin mit seinem Vater kurz entzweite, erweist sich
dieser wenig später ebenfalls als anständiger Charakter, der Charlotte ihr
Schloss nicht wegnehmen will. Als sich dann auch noch ein blöder US-Amerikaner
findet, der 100.000 Mark für die fünf Gespenster bezahlt, um sie mit einer
Rakete zum Mond zu schießen, ist nicht nur diese Schuld getilgt, sondern stellt
sich auch die Frage, warum der Film nicht gleich mit hinauf geschossen wurde?
„Das
Spukschloss im Spessart“, das sich selbst „Grusical“ nennt, da der Anteil an
Gesangseinlagen gegenüber „Das Wirtshaus im Spessart“ deutlich gesteigert
wurde, bedarf eines sehr nostalgischen Blicks, um sich an dem nur in seltenen
Momenten ironischen, meist albernen und klischeehaften Treiben zu erfreuen –
einzig die Tricks um die Gespenster können noch atmosphärisch überzeugen. Besonders
Liselotte Pulver, deren erfrischendes Spiel immer auch selbstbewusste,
emanzipatorische Züge trug, ist hier als nettes Mädel zu einseitig
charakterisiert, während Heinz Baumann viel zu blass agiert, um nur einen
Moment lang den knallharten Geschäftsmann zu verkörpern. Der Spagat zwischen
kritisch-ironischen Anspielungen und einer unterhaltenden Komödie, der in „Das Wirtshaus im Spessart“ noch zeitweise gelang, wird in „Das Spukschloss im
Spessart“ zu sehr an die Gespenster-Effekte und dem krampfhaften Bemühen, die
Story im letzten Drittel noch nach Bonn zu versetzen, verschenkt, weshalb der
Film den Eindruck eines Sammelsuriums hinterlässt, dessen Einzelteile nicht
überzeugen können.
"Das Spukschloss im Spessart" Deutschland 1960, Regie: Kurt Hoffmann, Drehbuch: Günter Neumann, Heinz Pauck, Darsteller : Liselotte Pulver, Heinz Baumann, Georg Thomalla, Hanne Wieder, Hans Clarin, Hubert von Meyerinck, Hans Richter, Laufzeit : 97 Minuten
weitere im Blog besprochene Filme von Kurt Hoffmann:
"Quax, der Bruchpilot" (1941)
"Ich denke oft an Piroschka" (1955)
"Heute heiratet mein Mann" (1956)
"Das Wirtshaus im Spessart" (1958)
"Wir Wunderkinder" (1958)
"Schloss Gripsholm" (1963)
"Herrliche Zeiten im Spessart" (1967)
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