Inhalt: Die
16jährige bayerische Prinzessin Elisabeth, genannt „Sissi“ (Romy Schneider),
führt ein freies Leben im Haus ihres Vaters, des Herzogs Max (Gustav Knuth),
mit dem sie am liebsten viel Zeit in der Natur verbringt. Für eine Rolle am Hof
wurde ihre ältere Schwester Helene (Uta Franz) erzogen, die sich ganz ihrer strengen
Mutter Ludovika (Magda Schneider) unterordnete. Als diese die Nachricht vom
Wiener Hof erreicht, dass ihre Schwester Erzherzogin Sophie (Vilma Degischer)
die Vermählung ihres Sohnes, Kaisers Franz Joseph (Karlheinz Böhm), mit ihrer
Tochter Helene wünscht, sieht sie sich am Ziel ihrer Wünsche.
Kurzfristig
planen sie ein Treffen in Bad Ischl, um die Verlobung von Franz Joseph mit
Helene bekannt zu geben. Um es wie einen normalen Ausflug aussehen zu lassen,
nehmen sie Sissi mit, die sich zuerst darüber freut, dann aber feststellen
muss, dass sie in ihrem Hotelzimmer bleiben muss. Doch sie lässt sich nicht
einsperren, klettert aus dem Fenster und besorgt sich eine Angel, mit der sie
sich zu dem nahe gelegenen Fluss begibt. Statt eines Fisches verfängt sich die
Kutsche des Kaisers in der Angelschnur, die sich kurz vor der Ankunft in Bad
Ischl befand. Gegen den Rat des Majors (Josef Meinrad) seiner Wache steigt
Franz Joseph zu der hübschen junger Frau aus und bittet sie um ein gemeinsames
Treffen bei der Jagd, wohin er sich ohne seinen Hofstaat begeben kann…
"Sissi"
ist seit Jahrzehnten ein Phänomen im deutschsprachigen Kino. Einerseits gibt es
nur wenige Filme dieser Zeit, die heute noch ähnlich bekannt sind, andererseits
spaltet er die Haltung des Publikums in klare Pro- und Contra-Lager, als
behandele "Sissi" Themen von gesellschaftlicher Brisanz. Nicht einmal
eine eindeutige Genre-Zuordnung lässt sich feststellen, da sich Ernst Marischkas
Film zwar an historischen Ereignissen orientierte, gleichzeitig aber auf die
Mitte der 50er Jahre populären Insignien des Heimatfilms setzte mit einer
romantischen Liebesgeschichte inmitten einer idyllischen Landschaft. Stoffe,
die innerhalb einer adeligen Gesellschaft spielten, waren generell populär im
Unterhaltungsfilm – Regisseur Marischka selbst hatte ein Jahr zuvor Romy
Schneider in „Mädchenjahre einer Königin“ als junge Königin Victoria von England
besetzt - aber die Geschichte der schönen bayerischen Prinzessin Elisabeth,
die zur österreichischen Kaiserin aufstieg, ging weit darüber hinaus und hatte die
Gemüter seit der damaligen Inthronisierung von "Sissi" ununterbrochen
bewegt.
Schon 1932
hatte Regisseur und Drehbuchautor Ernst Marischka das Theaterstück "Sissis
Brautfahrt" - von Fritz Kreisler vertont - in Wien auf die Bühne gebracht,
eine Hollywood-Verfilmung unter dem Titel "The King steps out" (1936)
folgte nur wenig später. Deshalb war Marischka gezwungen die Rechte für einen
"Sissi" - Film neu zu erwerben, weshalb er auf den Roman von Marie
Blank-Eimann über die Jugendjahre der späteren Kaiserin zurückgriff, der 1933
erstmals als Fortsetzungsroman erschienen war, auf dessen Basis er sein
Drehbuch umschrieb. Jede der Publikationen über das Leben von "Sissi"
war von Erfolg gekrönt, aber der "Sissi"- Hype, den Marischka Mitte
der 50er Jahre auslöste, stellte alle bisherigen Ergebnisse in den Schatten.
Nicht nur die zwei Fortsetzungen, die an der Kinokasse für Rekorde sorgten,
sind beredte Zeugen der hohen Nachfrage nach weiteren
"Sissi"-Geschichten, sondern auch der maßgebliche Einfluss auf das
Leben der Hauptdarstellerin Romy Schneider in der Titelrolle - nicht zuletzt
der Grund für die bis heute anhaltende Popularität des Films.
Auf Grund
dieser äußeren Umstände, existieren nur wenige objektive Auseinandersetzungen
mit dem Film, der je nach persönlicher Vorliebe als klischeehafte, kitschige
Unterhaltung im Heimatfilm-Stil oder als romantischer Liebesfilm, getragen von
einer berührenden Romy Schneider, betrachtet wird. Tatsächlich stimmen beide
Betrachtungsweisen gleichzeitig, was den Erfolg des Films ausmachte. Die erste
Hälfte von "Sissi" ist reinstes Heimatfilmkino mit zwei
Protagonisten, die in Liebe füreinander entflammen, obwohl die Gesellschaft
gegen diese Verbindung ist - eines der klassischen Motive des Genres. Obwohl
Franz Joseph (Karlheinz Böhm) schon als Kaiser die KuK - Monarchie regiert, ist
es seine Mutter, Erzherzogin Sophie (Vilma Degischer), die über sein
Liebesleben bestimmt und ihn mit Prinzessin Helene (Uta Franz), der Tochter
ihrer Schwester Herzogin Ludovika (Magda Schneider), verheiraten will.
Dass dieser
Plan durchkreuzt wird, entspringt einer ebenso für das Genre typischen
Story-Konstruktion. Anstatt die 16jährige Prinzessin Elisabeth (Romy Schneider)
bei ihrem sympathischen Vater Max zu lassen - eine Paraderolle für Gustav Knuth
als wenig elitär auftretender Kumpeltyp, der als Gegenentwurf zu den gestrengen
Frauen seiner Generation die tradierten Geschlechterrollen bestätigte - wird
sie von ihrer Mutter zwar nach Bad Ischl zum Treffpunkt mit der Kaiserfamilie
mitgenommen, dort aber unter Verschluss gehalten, da sie als Repräsentantin
nicht ernst genommen wird. Ergänzt wird diese Haltung noch von der
komödiantischen Rolle eines übertrieben lächerlich agierenden Wachoffiziers (Josef Meinrad), der für die Sicherheit des Kaisers zuständig ist, letztlich aber nur
den Grad der Fehleinschätzung von Sissi erhöhen soll, die selbstverständlich
ausreißt und zufällig auf den jungen Franz-Joseph trifft. Diese ideale Fügung
einer unvoreingenommenen ersten Begegnung führt Genre gerecht zu sofortiger
inniger Liebe, die sich in einer weiteren heimlichen Verabredung manifestiert.
Konstellationen
dieser Art sind häufig im Heimatfilm anzutreffen, aber selten verfügten sie
über ähnlich überzeugende Protagonisten. Es ist weniger ihre Attraktivität und
ihr natürliches Spiel, als die Authentizität ihrer kurzen Auflehnung gegen das
Establishment, die eine bleibende Wirkung hinterlässt. Paare, die entgegen den
Vorstellungen ihrer Umgebung zusammen kamen, waren im Heimatfilm keine
Seltenheit, aber sie stellten die traditionelle Ordnung damit selten in Frage -
die Gegengründe für ihre Verbindung lagen meist in ungerechtfertigten
Vorurteilen oder lang anhaltenden Fehden ihrer Familien. Romy Schneider und
Karlheinz Böhm waren zudem keine typischen Genre-Darsteller, von denen viele
nach dem Ende der Heimatfilm-Ära wieder aus dem Kino verschwanden, sondern ihr
weiterer Lebensweg bewies eine Individualität, die ihnen schon in
"Sissi" anzumerken ist.
Ihrer
Liebesgeschichte kommt es entgegen, dass sich der Film in seiner zweiten Hälfte
Richtung Historiendrama neigt. Ihre Verbindung ist zwar ein Affront für die
beiden Mütter, sowie eine Zurückweisung von Helene, aber der junge Kaiser kann
sich damit als Autorität profilieren, der seine Haltung durchzusetzen in der
Lage ist. Auch Sissi wird zunehmend gezwungen, ihren jugendlichen Überschwang
zurückzunehmen und sich mit ihrer zukünftigen Rolle der höchsten Frau im Staat
auseinanderzusetzen. Der Vorteil dieser Konstellation liegt darin, dass
Marischka auf die typische, häufig sehr konstruiert wirkende Dramatisierung am
Ende eines Heimatfilms verzichten konnte, da allein schon die gestrengen Regeln
am Wiener Hof, denen sich Sissi unterordnen muss, genug Dramatik vermittelten.
Die letzten Minuten des Films sind entsprechend eine Konzession an das
Publikum, denn die Pracht der Inszenierung der Hochzeit von Franz und Sissi
täuscht über die schwere Last hinweg, die in Zukunft auf sie wartet.
Kritikpunkte
zu "Sissi" lassen sich genügend finden - der historische Hintergrund
kam über die Funktion eines äußeren Rahmens nicht hinaus, vor dem Marischka
eine typische Heimatfilmstory entwickelte, die alle vertrauten Klischees
bediente, weshalb sich auch Romy Schneider und Karlheinz Böhm später von dem
Film distanzierten. Genre immanent betrachtet, lässt sich eine
überdurchschnittliche Umsetzung konstatieren, weshalb der anhaltende Erfolg des Films kein Zufall
ist. Getragen von einer sehr guten
Besetzung, entwickelte „Sissi“ eine abwechslungsreiche, stimmige Story, die
erst in den letzten Minuten ihren ausgewogenen Rhythmus verliert, als sich der
Film nur noch den Massenszenen der Hochzeit unterordnet.
"Sissi" Österreich 1955, Regie: Ernst Marischka, Drehbuch: Ernst Marischka, Darsteller : Romy Schneider, Karlheinz Böhm, Magda Schneider, Gustav Knuth, Josef Meinrad, Vilma Degischer, Uta Franz, Laufzeit : 98 Minuten
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