Inhalt: Die
bisher wenig erfolgreiche Schriftstellerin Juliane Thomas (Lieselotte Pulver)
beendet enttäuscht die Beziehung mit ihrem untreuen Freund Jürgen Kolbe
(Wolfgang Lukschy) und fährt nach Berlin zu ihrem Onkel Dr.Julius Weyer (Werner
Finck), einem Zahnarzt, um die Angelegenheit zu verdauen. Damit sie auf andere
Gedanken kommt, dient sie sich als Zahnarzthelferin an, zeigt dabei aber nur
wenig Engagement. Das ändert sich, als mit Dr. Jean Berner (Paul Hubschmid) ein
attraktiver Mann im Wartezimmer erscheint, der seinen Freund Paul Frank
(Bernhard Wicki) begleitet, den die Zahnschmerzen zum Arzt trieben. Obwohl
schon mit Alkohol beruhigt, erweist sich Frank wenig souverän im
Patientenstuhl, während dessen Freund Ruhe und Gelassenheit ausstrahlt, weshalb
sich Juliane Hals über Kopf in ihn verliebt.
Wieder zu
Hause in Hamburg, nimmt sie dieses Erlebnis zum Anlass, ein Drehbuch zu
schreiben. Den ungehobelten Paul Frank nennt sie darin „Büffel“ und aus ihrer
Begegnung mit Dr. Berner lässt sie eine Liebesgeschichte entstehen -
selbstverständlich mit Happy-End. Zu ihrer Überraschung wird ihr Drehbuch
angenommen und sie soll bei dem Regisseur vorsprechen, bei dem es sich
ausgerechnet um den besagten „Büffel“ handelt…
"Die Zürcher
Verlobung" gehört zu den unverwüstlichen Komödien des Fernsehzeitalters,
die meist an irgendwelchen Sonntagnachmittagen wiederholt werden, was der
Reputation nicht unbedingt dienlich war. Dabei drehte Regisseur Helmut Käutner
nach seinem Erfolg mit der Zuckmayer-Verfilmung „Der Hauptmann von Köpenick“
(1956) im Jahr darauf neben „Monpti“ noch eine zweite Komödie, die neben ihrem
intelligenten, charmanten und witzigen Drehbuch nach dem Roman von Barbara
Noack noch eine weitere, Mitte der 50er Jahre im deutschen Film, seltene
Eigenschaft aufwies – sie befand sich auf der Höhe der Zeit, oder genauer, war
ihr vielleicht sogar ein wenig voraus. Selten beschäftigte sich ein humorvoll
angelegter Film dieser Phase so unmittelbar mit der bundesrepublikanischen
Gegenwart und wurde zudem von Käutner, obwohl die Handlung unter Filmprominenz
und Besserverdienenden angelegt ist, gleichzeitig selbstironisch und ohne
kitschige Peinlichkeiten inszeniert.
Neben Liselotte
Pulver, die zwischen den Kurt Hoffmann Filmen „Heute heiratet mein Mann“ (1956)
und „Die Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull“ (1957) erstmals mit Helmut
Käutner zusammen arbeitete, wählte er nicht zufällig Bernhard Wicki für die
Rolle des Regisseurs Paul Frank aus, dessen im Film vertretene Meinung viel
über Käutners eigene Haltung verrät. Wicki hatte nicht nur in „Die letzte
Brücke“ (1954) unter ihm seine erste Hauptrolle gespielt, er ging noch im
selben Jahr bei den Dreharbeiten zu „Monpti“ als Assistent bei ihm in die Lehre,
bevor er selbst mit „Die Brücke“ (1959) als Regisseur reüssierte – entsprechend
viel Persönliches wird in „Zürcher Verlobung“ spürbar, von Käutner noch auf die
Spitze getrieben, indem er selbst in einem Cameo-Auftritt als Journalist äußert,
er fände es nicht gut, wenn ein Regisseur in seinem eigenen Film mitspielt.
Auch Sonja Ziemann tritt als sie selbst auf und spielt darin mit ihrem Image,
nicht die talentierteste zu sein.
Dieser
hintergründige, selbstironische Humor zeichnet den gesamten Film aus, der nach
außen hin eine scheinbar normale Liebesgeschichte erzählt. Im Mittelpunkt steht
Juliane Thomas (Liselotte Pulver), die in einem großen 50er Jahre - Wohnblock in
Hamburg lebt. Zu Beginn sieht man sie enttäuscht Reliquien einer vergangenen Liebes-Affäre
verbrennen, um dann - um Abstand zu gewinnen - nach Berlin zu ihrem Onkel, dem
Zahnarzt Dr.Julius Weyer (Werner Finck), zu fahren, der sie mit den
freundlichen Worten empfängt, wann endlich eine ihrer Beziehungen klappt und
sie einen ordentlichen Job findet. Finck wiederholte damit seine Rolle als
Zahnarzt in „Heute heiratet mein Mann“, in dem Liselotte Pulver ebenfalls eine
selbstbewusste, junge Frau spielte, allerdings noch nicht mit der Konsequenz
wie in „Die Zürcher Verlobung“. Die Szene, in der sich Lieselotte Pulver in
knappem Negligé über ihren ins Nebenzimmer ausgelagerten Ex (Wolfgang Lukschy) beugt,
um die Schallplatte auszumachen, während er versucht, sie zu sich ins Bett zu
ziehen, erzählt eine andere Geschichte als im konservativ geprägten Heimatfilm
oder moralisch genormten Komödien dieser Zeit – Sex vor der Ehe ist hier
genauso selbstverständlich wie unsichere Arbeitsverhältnisse.
Ihre
Erlebnisse als Zahnarzthelferin bei ihrem Onkel, hatte die selbstbewusste
Juliane in einem Drehbuch umgesetzt, welches sie an diverse
Produktionsgesellschaften geschickt hatte. Im Mittelpunkt ihrer Story stehen
zwei Männer – Einer, den sie "Büffel" nennt, da er einen besonders
unfreundlichen und gleichzeitig feigen Eindruck hinterließ, als er auf denkbar
unvorteilhafteste Weise auf dem Zahnarztstuhl randalierte, und im Gegensatz dazu,
dessen Freund und Begleiter Dr. Jean Berner (Paul Hubschmid), einem attraktiven
Schweizer Arzt, in den sich die junge Frau sofort verliebt, weshalb sie aus
dieser Begegnung eine romantische Liebesgeschichte entwickelte. Ihre Freude,
als ihr Drehbuch angenommen wird, ist zuerst sehr groß, trübt sich aber, als
sie sich bei dem Regisseur des geplanten Films vorstellt, bei dem es sich um Niemand
Anderen als den von ihr beschriebenen "Büffel" handelt. Paul Frank
(Bernhard Wicki), der sich gut getroffen findet, gefällt das Drehbuch gerade
deshalb, hält aber die Liebesgeschichte für unrealistisch und kitschig –
besonders das typische Happy-End lehnt er ab.
Von ihm
darauf angesprochen, ob sie selbst in seinen Freund verliebt wäre, widerspricht
Juliane diesem Verdacht und erfindet in ihrer Erklärungsnot einen anderen Mann,
mit dem sie sich demnächst in Zürich verloben würde. Die Titel gebende „Zürcher
Verlobung" ist entsprechend eine Fälschung, die der Film zum Anlass für
eine Vielzahl an Diskussionen nimmt, die bis heute aktuell geblieben sind. Allein
die Frage, ob sich die Story nach dem Willen des Publikums richten soll oder
künstlerische Gesichtspunkte wichtiger sind, wird wiederholt aufgeworfen. Beide
Haltungen gelten nicht als vereinbar und geben die unterschiedlichen
Herangehensweisen an einen Film wider – während der Produzent von Julianes
Liebesgeschichte sehr angetan ist und schon die Begeisterung des Publikums vor
Augen hat, lässt Regisseur Paul Frank ständig das Drehbuch ändern, um die Story
authentischer und realistischer werden zu lassen.
Trotz
dieser Thematik blieb Käutner in „Die Zürcher Verlobung" schwerelos und
siedelte die Handlung, deren Liebesgeschichte sich unerwartet und untypisch
entwickelt, vor den verschneiten Berge um St.Moritz an. Und bewies damit, dass
auch deutsche Komödien der 50er Jahre geistreich, witzig und modern wirken
konnten.
"Die Zürcher Verlobung" Deutschland 1944, Regie: Helmut Käutner, Drehbuch: Helmut Käutner, Heinz Pauck, Barbara Noack (Roman), Darsteller : Liselotte Pulver, Bernhard Wicki, Paul Hubschmid, Rudolf Platte, Wolfgang Lukschy, Werner Finck, Maria Sebaldt, Sonja Ziemann, Laufzeit : 103 Minuten
weitere im Blog besprochene Filme von Helmut Käutner:
"Kleider machen Leute" (1940)
"Große Freiheit Nr. 7" (1944)
"Unter den Brücken" (1945)
"Bildnis einer Unbekannten" (1954)
"Himmel ohne Sterne" (1955)
"Ein Mädchen aus Flandern" (1956)
"Schwarzer Kies" (1961)
"Die Rote" (1962)
"Große Freiheit Nr. 7" (1944)
"Unter den Brücken" (1945)
"Bildnis einer Unbekannten" (1954)
"Himmel ohne Sterne" (1955)
"Ein Mädchen aus Flandern" (1956)
"Schwarzer Kies" (1961)
"Die Rote" (1962)
Schön, wie der Film mit Liselotte geschildert wird. Fast schon ein Zahnarztroman, doch von höherer Qualität (?). Hatte auch gerade meinen eigenen "Zahnarztroman" bei einem Zahnarzt in Zuerich, da ging es auch drunter und drueber, doch mit Happy End, gluecklicherweise!
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