Inhalt:
Nach dem Ende der sonntäglichen Messe wird direkt neben dem Kirchengebäude ein
Toter entdeckt, der offensichtlich mit einem Hammer erschlagen wurde. Nachdem
Inspector Graven (Herbert Tiede) erfahren hatte, dass nur ein sehr großer Mann
einen solchen Schlag hätte ausführen können, steht sein Urteil fest und er
schreitet zur Verhaftung. Doch Pater Brown (Heinz Rühmann) durchschaut im
Gegensatz zu ihm den tatsächlichen Tatvorgang und kann den Täter überführen.
Damit
schützt er den zu unrecht Verdächtigten vor einer Verurteilung, was ihm
entsprechende Zeitungsberichte einbringt, nicht aber die Anerkennung des
Bischofs (Friedrich Domin), der zwar die positiven Aspekte seines
detektivischen Spürsinns sieht, diese aber im Sinne der Kirche nicht dulden
kann. Um weitere Nebentätigkeiten zu unterbinden, versetzt er Pater Brown zu
einer neuen Gemeinde, in der es schon viele Jahre keine Verbrechen mehr gegeben
hat…
Dass Heinz
Rühmann in "Das schwarze Schaf", der Ende 1960 in die Kinos kam,
erstmals die Romanfigur "Father Brown" des englischen
Kriminalbuchautors G.K. Chesterton verkörperte, hatte mehrere Ursachen. Zwei
Jahre zuvor hatte er einen Polizeioffizier in "Es geschah am hellichten Tag" (1958) gespielt, an dessen Drehbuch neben Friedrich Dürrenmatt auch Hans
Jacoby beteiligt war, der seit "Vater sein dagegen sehr" (1957) an
den meisten Rühmann-Filmen dieser erfolgreichen Phase mitgearbeitet hatte.
Gemeinsam mit István Békeffy schrieb er Heinz Rühmann die Rolle des "Pater
Brown", wie die Figur in der deutschen Version heißt, auf den Leib - ein
gottesfürchtiger, moralisch integrer Mann, dem Obrigkeitsdenken, Vorurteile und
blinder Gehorsam fremd sind.
Diese
Konstellation hatte neben der altersgerechten Rolle für den knapp 60jährigen
Rühmann den Vorteil, dass sie keine Relativierungen benötigte, wie sie in seinen
Filmen mit Familienanhang in der Regel vorgesehen wurden. Der katholische
Priester Pater Brown (Heinz Rühmann) ist nur seiner Haushälterin Mrs. Smith
(Lina Carstens) verpflichtet, die gezwungen ist, seine ständigen Umzüge
mitzumachen. Und natürlich Gott, dessen Güte er für die Entstehungszeit des
Films erstaunlich liberal auslegte. Nicht nur der ehemalige Einbrecher Flambeau
(Siegfried Lowitz) gehört zu seinen Freunden, auch sonst erweist sich Pater Brown
als tolerant. Souverän bewältigt er den ersten, zur Einführung des
Protagonisten nur kurz geschilderten Kriminalfall des Films damit, dass er eine
junge Prostituierte zu Hilfe holt, um ihren als Mörder überführten Vater dazu
zu überreden, sich der Polizei zu stellen. Die sachliche Schilderung dieser
Situation kommt ohne moralische Fingerzeige aus, womit sich der Film deutlich
von seinen in dieser Zeit entstandenen Filmen wie "Ein Mann geht durch die Wand" (1959) oder "Max, der Taschendieb" (1962) unterschied, in
denen Rühmanns Verstöße gegen die bürgerliche Ordnung jeweils in
gesellschaftlicher Anpassung endeten.
Hier
dagegen nicht. Auch wenn die Kirchenführung in Person des Bischofs (Friedrich
Domin) gelassen auftritt und Browns Verdienste durchaus zu schätzen weiß,
hinterlässt sie einen ungerechtfertigt strengen Eindruck. Aus heutiger Sicht
einer säkular geprägten Gesellschaft wirkt diese Kritik an der katholischen
Kirche zwar sehr dezent, bewies 1960 aber Mut, auch wenn Chesterton seine
"Father Brown"-Romane freier auslegte. Sein "Father" war
als "Weltgeistlicher" kein an einen festen Ort gebundener Priester,
so dass er auch in einem Gefängnis in Chicago arbeiten konnte. Die meisten
Fälle fanden aber in England statt, dessen Bewohner größtenteils der "Church
of England" angehören, weshalb das Umfeld keineswegs so homogen wie im
Film ausfiel. Um das in Deutschland gewohnte christliche Ambiente mit dem
britisch geprägten Hintergrund verbinden zu können, wurde die Handlung ins
streng katholische Irland verlegt. Angesichts dieser Bemühungen wird deutlich,
dass Heinz Rühmanns Interpretation eines unvoreingenommenen Geistlichen, der
konsequent seinen Überzeugungen folgt, auch wenn diese gegen die Anordnungen
seiner Vorgesetzten verstoßen, im Zeitkontext modern angelegt war.
Zu Hilfe
kam ihm dabei die allgemeine Begeisterung für Kriminalfilme im deutschen Kino,
die seit der Edgar-Wallace-Verfilmung "Der Frosch mit der Maske"
(1959) große Erfolge feierten - ein weiterer Anlass für die Entstehung der
Pater Brown-Filme. Mit Fritz Rasp und Siegfried Lowitz gehörten zudem zwei
prägende Edgar-Wallace-Darsteller der ersten Stunde zur Besetzung, aber die
Einflussnahme erfolgte gegenseitig. Komponist Martin Böttcher wurde mit der
Pater Brown-Erkennungsmelodie bekannt, bevor er im Jahr darauf begann („Der
Fälscher von London“, 1961), auch die Musik zu Edgar-Wallace-Filmen zu
schreiben. 1962 landete er mit der Musik zum Karl May-Film "Ein Schatz im
Silbersee" seinen größten Erfolg. Auch Helmut Ashley, der nach vielen
Jahren als Kameramann erstmals Regie führte, sollte zwei Jahre später die
Leitung eines Edgar-Wallace-Films ("Das Rätsel der roten Orchidee"
(1962)) übernehmen. Beim zweiten Pater-Brown Film "Er kann's nicht
lassen" (1962) war zudem Egon Eis, unter dem Pseudonym Trygve Larsen einer
der Initiatoren der Wallace-Reihe, für das Drehbuch verantwortlich und die
"Omnia Deutsche Film Export", maßgeblich an der "Mabuse" -
Filmreihe ("Die 1000 Augen des Doktor Mabuse" (1960)) beteiligt,
übernahm den Vertrieb.
Entsprechend
wenig fiel „Das schwarze Schaf“ stilistisch aus dem Rahmen. Etwas weniger
reißerisch als die Wallace-Filme oder das „Mabuse“ – Franchise angelegt, ist
den klar strukturierten Schwarz-Weiß-Bildern ihr Bemühen um die Darstellung
einer anrüchigen „Halbwelt“ deutlich anzumerken. Auch die klischeehaften
Charaktere können ihre deutsche Herkunft nicht verleugnen, vermitteln weder
irisches Lokalkolorit, noch Internationalität und könnten eins zu eins in einem
Edgar-Wallace-Film mitspielen. Ähnliches ließe sich zu dem wie gewohnt
konstruierten Kriminalfall feststellen, dessen Aufklärung nicht nur das
„Kaninchen aus dem Hut“, sondern den vollkommen unnötig geäußerten Hinweis
eines Beteiligten benötigt - gäbe es nicht Heinz Rühmann als Pater Brown. Seine
differenziert gespielte Figur besitzt deutlich mehr Profil als die üblichen
Polizeioffiziere in den Wallace-Krimis, weshalb seine Eigensinnigkeit, gepaart
mit Humor dem „Schwarzen Schaf“ bis heute einen vergnüglichen, altmodischen
Charme verleihen kann.
"Das schwarze Schaf" Deutschland 1960, Regie: Helmut Ashley, Drehbuch: Hans Jacoby, István Bekéffy, G.K.Chesterton (Roman), Darsteller : Heinz Rühmann, Lina Carstens, Siegfried Lowitz, Fritz Rasp, Karl Schönböck, Friedrich Domin, Maria Sebaldt, Laufzeit : 89 Minuten
weitere im Blog besprochene Filme von Helmut Ashley:
weitere im Blog besprochene Filme von Helmut Ashley:
"Mörderspiel" (1961)
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