Inhalt:
Bevor Herr Blümlein (Robert Fackler) zu seiner Kur aufbricht, die er wegen
seiner Bandscheiben dringend benötigt, greift er noch schnell tief in die Kasse
des Fleischerladens, den er mit seiner Frau Rosa Blümlein (Annemarie Wendl) betreibt,
von der er sonst immer sehr knapp gehalten wird. Schon im Zug kann er den Blick
nicht von den Beinen der ihm gegenüber sitzenden Dame lassen, der er nur unter
größten Schwierigkeiten den Koffer in die Ablage hieven konnte. Spontan
entscheidet er deshalb, sich einer Massage zu unterziehen, weshalb er schon in
München aussteigt.
Dank
einschlägiger Informationen gelangt er in ein entsprechendes Etablissement, wo
er sich als Kassenpatient vorstellt - ein geeigneter Fall für die von Dr. Fummel
angeleiteten Mädchen, die unter der Leitung des Grafen (Michael Cromer)
fröhlich ihrem Tagwerk nachgehen. Auf Blümlein wird die attraktive Lisa
angesetzt, die weiß, wie sie einen Klienten abhängig werden lässt…
Obwohl
"Dr. Fummel und seine Gespielinnen" Anfang 1970 noch vor Ernst
Hofbauers "Schulmädchen-Report: was Eltern nicht für möglichhalten" (1970) in die Kinos kam,
der dem jungen deutschen Sexfilm zu ungeahnter Popularität verhelfen sollte,
war es schon der vierte Film des Produzenten, Drehbuchautors und
Teilzeit-Nebendarstellers Alois Brummer, der ab seinem nächsten Film "Graf
Porno bläst zum Zapfenstreich" (1970) auch zum Regisseur wurde - eine
Position, die hier ausnahmsweise Atze Glanert übernahm, der bei Brummers
früheren Filmen "Eros Center Hamburg" (1969) und "Graf Porno und
die liebesdürstigen Schwestern" (1969) als Kameramann agierte. Nur beim
ersten Film "Graf Porno und seine Mädchen"(1969) war er noch nicht
dabei, im Gegensatz zu Rinaldo Talamonti, der in Brummers frühen Filmen fest
als Darsteller gesetzt war und bis in die späten 70er Jahre ein Hauptakteur des
Genres blieb.
Mit Doris
Arden, die in "Dr.Fummel und seine Gespielinnen" zum dritten Mal von
Brummer besetzt wurde, war eine Aktrice mit
dabei, die schon Erfahrungen unter Ernst Hofbauer in "Heisses Pflaster
Köln" (1967) gesammelt hatte und in "Carmen Baby" (1967)
mitspielte - von dem us-amerikanischen Regisseur Radley Metzger in Szene
gesetzt, der als ein Wegbereiter des Erotikfilms gilt. Auch Alois Brummer
suchte einen eigenständigen Weg, der stilbildend für das Genre werden sollte.
Im Gegensatz zu den Ende der 60er Jahre noch unter dem Deckmantel des
Aufklärungsfilms verbreiteten Sexfilmen in Deutschland - eine Idee, die
Hofbauer in seinen "Report"-Filmen weiter entwickelte - erzählten
seine Filme eigenständige Geschichten, die auf einen derben Humor setzten,
woraus sich eine bayrisch folkloristisch geprägte Sexfilm-Komödienvariante
entwickelte, die Brummer später - parallel zu Franz Marischkas
"Liebesgrüße aus der Lederhose"(1973) - mit "Unterm Dirndl wird
gejodelt" (1973) oder "Beim Jodeln juckt die Lederhose" (1974)
weiter konkretisierte.
Zwar gelten
Hans Billians parallel entstandene "Pudelnackt in Oberbayern" (1969)
und "Die Jungfrauen von Bumshausen" (1970) als erste Sexfilme im
alpenländlichen Heimatgewand, aber auch "Dr. Fummel und seine
Gespielinnen" versetzte den Handlungsort von München schon zeitweise auf
einen Bauernhof, wo Franz Muxeneder - später Dauergast in den
"Lederhosen"-Filmen - erstmals als krachlederner Möchtegern-Liebhaber
auftrat, der hier aber noch nicht zum Zuge kommt. Zudem gilt die Rahmenhandlung
den Erlebnissen des Kleinstadt-Bürgers und unterdrückten Pantoffelhelden Herr
Blümlein (Robert Fackler), der - endlich von seinem Hausdrachen Rosa Blümlein
(Annemarie Wendl) befreit - statt zur Kur zu fahren in der Großstadt München
aussteigt, wo er erwartungsgemäß nach Strich und Faden von den Prostituierten
ausgenommen wird.
Brummer
scheute sich nicht, bekannte Strickmuster und Klischees deutscher
Komödien-Klamotten wieder zu verwenden, um mit thematisch grob aneinander
gereihten Spielszenen Humor vorzutäuschen. Das misslang völlig, da die
Darsteller schlicht überfordert waren, einen Sketch gekonnt auszuspielen. Schon
in einer frühen Szene, in der Talamonti als Müllmann auf den gerade in München
angekommenen Blümlein trifft, wird deutlich, mit welchen Qualitäten der Film
aufwarten wird - fehlendes Timing, gekünstelte Sprache und viel unfreiwilliger
Humor, unterstützt noch von einem Schnitt, der abrupt von einer Szene zur
nächsten überblendet. Eine Ausnahme bildete der Gelegenheitsschauspieler und
Gründer des Koffer-Imperiums MCM, Michael Cromer, der hier als "der
Graf" souverän auftritt und in seinem eigenen grünen Porsche (mit
Autotelefon) unterwegs ist. Seine Position als Chef des Bordells und
Frauenliebling ist überzeugend, während der titelgebende Dr. Fummel (Alexander
Kessler) als sächselnde Witzfigur nur eine Nebenrolle innehat.
Diese
filmtechnischen Feinheiten ließen sich allesamt vernachlässigen, da sie nur als
Basis für die tatsächliche Intention, möglichst viel nackte Haut zu zeigen,
dienten, wovon der Film auch ausreichend Gebrauch machte. Eine große Zahl
ausgesprochen hübscher Frauen bevölkert entsprechend die Leinwand, aber
erotische Situationen wollen sich trotzdem nicht einstellen. Im Gegensatz zu
den italienischen oder französischen Erotikfilmen dieser Phase, die sich auch
als Provokation gegen moralische Standards verstanden, blieb der deutsche
Sexfilm ganz auf dem Boden der Bürgerlichkeit. Zwar wuseln in "Dr. Fummel
und seine Gespielinnen" Männlein und Weiblein wild durcheinander, zupfen
neckisch am Busen oder reiten ausgelassen aufeinander, aber sexuelle Begierde
oder ein angedeuteter Geschlechtsakt existieren hier nicht - nicht einmal ein
intensiver Kuss wird gezeigt.
Einzig in
einer lesbischen Szene kurz vor dem Ende des Films kehrt einen Moment Ruhe ein
und beschäftigen sich die beiden sonst selbstverständlich heterosexuellen
Frauen intensiv miteinander - ein deutliches Anzeichen für die unveränderten
Geschlechterrollen. Dass in den Sexfilmen generell dem Voyeurismus des Mannes
gefrönt wurde, ist dessen ureigene Aufgabe, auffällig ist aber der beinahe
völlige Verzicht auf eine intensive Mann-Frau-Beziehung. Der Geschlechterumgang
behält in "Dr. Fummel" einen "Knuddel" - Charakter, um der
Kamera zwar genügend Gelegenheit zu geben, entblößte Körper einzufangen, aber
auch keine Neidgefühle auf eine reizvolle, den bürgerlichen Regeln
widersprechende Lebensweise entstehen zu lassen. Die Rollen beschränkten sich
zudem auf promiskuitive, zur Prostitution bereite Frauen, die auf junge
Selbstdarsteller oder lächerliche alte Männer treffen - mit weiblicher
Emanzipation hatte das nichts zu tun.
Mit
"Dr. Fummel und seinen Gespielinnen" bediente Vieldreher Alois
Brummer Ende der 60er Jahre geschickt den steigenden Bedarf an sexuellen
Darstellungen - der Sexfilm wurde in dieser Zeit zu einem wesentlichen
Bestandteil der deutschen Filmproduktion - ohne die Grundfesten der Moral in
Frage zu stellen, denn dank des derben Humors, wurde jede ernsthafte Attitüde
einer gesellschaftlichen Liberalisierung sofort im Keim erstickt. Erst aus
heutiger Sicht wird deutlich, dass Brummers spielerische Filme auch Mut in
ihrem unbeschwerten Dilettantismus bewiesen und trotz der Konzessionen an ein konservatives
Publikum eine Aufbruchstimmung vermittelten, die nicht mehr aufzuhalten war,
was den spezifischen Reiz dieser Filme ausmacht.
"Dr. Fummel und seine Gespielinnen" Deutschland 1970, Regie: Atze Glanert, Drehbuch: Alois Brummer, Pierre O. Pistek, Darsteller : Doris Arden, Michael Cromer, Rinaldo Talamonti, Alois Brummer, Veronika Faber, Franz Muxeneder, Laufzeit : 76 Minuten
Der Film hat auch eine interessante Zensur-Geschichte (die Dokumente der BPJM liegen vor), die wir anläßlich des 40. Jubiläums bei einer Veranstaltung am Ort der Uraufführung, dem Gabriel Filmtheater München, ausführlich beleuchtet haben, cf.
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